Feuer und Betrug
9.3.2080
City, Sektor 11, Block 7
Speedy
Ich schob mich durch die Menschenmenge auf dem Markt. Es wäre leicht gewesen, die Wachen in dem Gedränge abzuschütteln, aber das war nicht meine Aufgabe. Als Ablenkung sollte man eben nicht nach ein paar Sekunden wieder spurlos verschwinden. Ich rempelte mit voller Absicht eine rundliche frau an, die sofort los zeterte. Ich hörte, wie einer meiner Verfolger „Da ist er!" rief. Bis jetzt lief alles gut. Ich drängelte mich eilig zum Rand der Stufe vor, auf der ich mich bewegte. Der Markt erstreckte sich über eine Art riesiger Treppe. Ich befand mich auf der obersten Stufe. Nach unten zu fliehen, war deutlich leichter als nach oben, und so lockte ich sie von unserem Ziel weg. Ich gelangte zu Rand der Stufe. Von hier oben hatte man einen echt guten Ausblick. Für ein paar Sekunden blieb mein Blick an einen jungen Feuerspucker hängen, um den sich eine Menschentraube gebildet hatte. Wahrscheinlich schob sich sein Komplize durch die umstehenden Menschen und räumte ihnen unauffällig die Taschen leer. Mir schoss durch den Kopf, dass es auch ein weiteres Ablenkungsmanöver sein könnte, aber niemand außer uns wusste davon. Der Kontaktmann hatte versprochen, dass wir die einzigen wären. Ich schüttelte den Gedanken ab und konzentrierte mich wieder auf meine Aufgabe. Die Wachen waren schon ziemlich nah, und ich musste aufpassen, dass sie mich nicht einkreisten. Zügig, aber ohne zu rennen ging ich zu der breiten Treppe, die die Stufen verband. Die Stufen der Treppe waren klug konzipiert. Sie waren genau so lang, dass man nicht runter rennen konnte. Außer man hatte sehr lange Beine natürlich. Trotzdem hüpfte ich so schnell wie möglich nach unten. So langsam sollte es echt losgehen. Ich zog meine Kapuze tiefer und warf einen Blick nach hinten. Noch hatte sich nichts getan, aber die Wachen waren noch da. Also wieder rein ins Gedränge. Es war laut. Überall priesen Händler ihre Waren an, kleine Kinder weinten. Mit einem lauten Fauchen blies der Feuerspucker eine weitere Flamme in den trüben Himmel. Ich grinste. Irgendwie mochte ich diese geschäftige, hektische Stimmung. Und mir gefiel das spiel, dass ich mit meinen Verfolgern spielte. Ich duckte mich unter den Lamellen hindurch, die an einem der Stände im leichten Wind flatterten. Eine kleine Band spielte eine Melodie, die die das Adrenalin in meinem Körper anheizte. Irgendwie angespannt, aber trotzdem gut. Ein Hund oder so, bellte. Mit einem Blick zurück versicherte ich mich, dass sie mir immer noch folgten. Es roch gut, nach irgendwas zu essen. Irgendwie machte mir das alles hier spaß, obwohl ich wusste, dass es kein Spiel war. Der Wind frischte auf. Plötzlich wurde es lauter hinter mir. Die Menschen fingen an zu schreien. Auf der obersten Stufe passierte etwas. Hoffentlich, dass, wegen dem ich hier war. Die Wachen hinter mir schienen sich nicht mehr großartig für mich zu interessieren, ich sollte mich schleunigst daran machen, ihre Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. Der Feuerspucker schien ein gutes Ziel zu sein. Ich ging eilig in seine Richtung und schob mich dann unvorsichtig an ihm vorbei. Er stolperte einen Schritt zur Seite. Er sah so aus, als wäre er in etwa so alt, wie ich, aber seine Augen schimmerten leicht rötlich. Seine Fackel war ihm aus der Hand gefallen und lag nun gefährlich nah an dem Rock einer Frau, die uns den Rücken zugedreht hatte. Als sie bemerkte, dass ihr Rock brannte, brach die Hölle aus. Der Junge schrie mir irgendwas hinterher, vermutlich nichts Freundliches, und machte sich dann daran, die Flammen zu ersticken. Ich zog mich eilig zurück. Wenn die Menge erst mal richtig in Panik geraten würde, würde sich der Rest von selbst erledigen.
Ich hatte mich in eine Seitenstraße zurückgezogen und beobachtet das ganze Chaos aus der Entfernung. Eine große Rauchsäule zog über dem Platz einen dunklen strich in den Himmel, Menschen schrien und rannten panisch durch die Gegend, während die Teller großen Drohnen der der Polizei und der Presse über ihnen in der Luft kreisten. Wenn ich eins konnte, dann war es Chaos veranstalten. Ich rückte meine Kapuze zurecht und zog mich zurück. Mein Job hier war getan. Ich musste nur zurück zum Treffpunkt und meine Bezahlung kassieren.
Eine Stunde später
„du nennst dich Speedy?" ich verlagerte mein Gewicht von dem einen Bein auf das andere. „was tut das zur Sache?" ich war nicht zum Plaudern hier. Wenn man zu viel preisgab, oder zu viel plauderte, wurde man nur abgezogen. Das wusste ich inzwischen gut genug. „du hast deine Sache heute ganz gut gemacht." Mein Auftraggeber lächelte, nicht fröhlich, eher hinterhältig. „ich will dir ein Angebot machen. Du bekommst dein Geld jetzt, und wir sehen uns nie wieder, so wie abgemacht, oder," er verschränkte die Arme vor der Brust, „du machst noch etwas für mich und dein Profit verdoppelt sich." Lange musste ich darüber nicht nachdenken „worum geht's?" Aufträge waren nicht einfach zu kriegen, vor allem nicht so profitable. „das erfährt der, der zustimmt." Ich fuhr mir mit der Hand über den Mund. Es war nicht ungefährlich, das war mir klar, aber was hatte ich zu verlieren? Original nichts. „Bin dabei. Was ist der Auftrag?" er lächelte und nickte. „wie zu erwarten. Aber mir solls recht sein. Du weißt, was das Ziel von vorhin war?" ich nickte. Kisten weise gute Waffen von einem Transport der Justiz. „mein Dealer ist ausgefallen." Die Betonung gefiel mir nicht. Aber es ging mich nichts an und es war auch nicht mein Problem. „aber es hat sich ein Geschäft ergeben, das ich nicht ignorieren kann." Ich nickte. Ich hatte verstanden. Ich war jetzt ein Dealer. „kluger Junge. In drei Stunden. Wir warten auf dich, Block drei, der Pub in der siebten. Verstanden?" ich nickte. „sehr schön. Das gefällt mir wirklich. Ich hoffe nur, dass du dich nicht nachträglich nicht als Enttäuschung herausstellst. Das wäre schade." Er schaute mich ernst an, ich schaute ernst zurück. Mit einer kurzen Handbewegung bedeutet er mir, dass es an der Zeit war zu gehen. Ohne die Leibwächter an der Tür auch nur einen Blick zu würdigen verließ ich den warmen, dunklen Raum. Hinter der Tür schlug mir begleitet von lauter Musik eine Wolke aus Alkohol, Zigarettenrauch und anderen unangenehmen Sachen entgegen. Ich schob mich durch den Club, in dessen Hinterzimmer der Typ hockte, für den ich im Moment arbeitete. Als ich endlich draußen war, atmete ich kurz die schmutzige aber wenigsten kühle Luft ein und joggte los.
Block drei war nicht allzu weit weg, aber in den Drei Stunden nach Hause zu gehen, lohnte sich auch nicht wirklich. Generell hatte ich nicht wirklich ein Zuhause. Zumindest nichts, was sich so anfühlte. Ich würde vermutlich durch die Straßen streunen, wie immer. Ich schob meine Kapuze ein Stück hoch. Es war eigentlich gut gelaufen. Ich hatte immerhin schon einen neuen Job und musste mir da erstmal keine Gedanken machen.
Ich warf einen Blick nach oben. Der Himmel war endgültig zugezogen, es würde heute noch regnen. Ich joggte um eine Ecke und wich einer kleinen Menschentraube aus, die offenbar irgendwas furchtbar interessant fand. Von sowas sollte man sich grundsätzlich fernhalten. Tatsächlich kam mir schon nach der nächsten Ecke die Polizei entgegen. Ich hielt mich eng an der Wand und verlangsamte mein Tempo. Man konnte immer für irgendwas angehalten werden und das konnte ich nicht gebrauchen.
Irgendwer hatte mir mal geraten, vorher zu Übergabeplätzen zu gehen, um im Notfall das Gelände zu kenne und einen Fluchtplan zu haben. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, das das nötig sein würde, aber etwas Besseres zu tun hatte ich ja sowieso nicht.
Sektor 7, Block 3
Ich erreichte den Block, er unterschied sich kaum von den anderen in diesem Sektor. Es wurde langsam dunkel. Der Pub in der Siebten war beleuchtet von einem Neonschild. Dunkel und ranzig, so wie etwa alles in der Gegend. Ein kleines Rudel magerer Hunde nagte am Ende einer kleinen Seitenstraße an etwas herum. Der eine Hund hob den Kopf und knurrte mich an. Ich ging weiter. Direkt vor dem Pub stand eine Bank, die ihr besten Tage schon lange hinter sich hatte. Der Handel würde wohl kaum auf der offenen Straße stattfinden. Die Seitenstraßen waren da um einiges praktischer. Ich bog in eine ein. An der einen Wand reihten sich Mülltonnen aneinander. Sie wären eine praktische Hilfe, um auf die Dächer so kommen. Ich war nicht besonders gut darin, mich auf den Dächern fortzubewegen, aber bisher hatte es immer gereicht. Ich zog mich auf eine der Tonnen. Von hier kam ich grade so an ein Rohr, an dem ich mich hochziehen konnte. Theoretisch zumindest. Praktisch war es nicht so einfach, wie ich gehofft hatte, aber es ging. Ich war oben. Kurz machte ich Pause, bevor ich noch ein Stockwerk nach oben kletterte. Das Gebäude war höher als gedacht. kurz schwankte ich, als ich mich der Kante näherte, um nach unten zu sehen. Ich hockte mich hin und schaute mich um. das Dach war hoch genug, dass ich in der ferne die Downtown der Stadt sehen konnte. Die riesigen glitzernden Hochhäuser strahlten ihr Licht in die sternenlose Nacht.
Plötzlich hörte ich, wie sich auf der Straße unter mir ein Truck näherte. Ich schob mich zum Rand des Dachs. Das Fahrzeug hielt etwas weiter die Straße runter. Fünf Personen stiegen aus. Zwei gingen nach hinten zu der Ladefläche des Trucks und nahmen etwas runter. Die anderen verteilten sich, fast so, als würden sie etwas suchen. Zwei gingen in die Gasse, durch die ich nach oben gekommen war. Ich krabbelte schnell zu der Kante, um die beiden im Blick behalten zu können. „...klar, aber Xia? Ich meine, sicher, dass wir nen Scharfschützen brauchen?" der eine, offenbar ein Mann, redete auf die andere Person ein. „Beschwer dich bei Mika." Kommentierte die andere Person, eine Frau. Sie schien das herzlich wenig zu interessieren. „Xia! Hier kannst du hoch!" die Frau deutet auf die Tonnen, die ich auch benutzt hatte. Jetzt hatte ich ein Problem. Wofür auch immer die, wer auch immer es war, eine Scharfschützin brauchten, sie würde hier hochkommen. Wenn ich nicht schleunigst einen anderen weg runter finden würde, hätte ich eventuell ein ziemliches Problem. Ich stand auf, während die eine Person von der Ladefläche des Trucks sprang und zu den anderen lief. Ich lief zur anderen Seite des Dachs. Tatsächlich fand ich einen Weg, mich in eine andere Seitenstraße zu hangeln, bevor die Scharfschützin das Dach erreichte. Ich schaute vorsichtig um die Ecke. Niemand, schaute in meine Richtung, also wunderte sich auch niemand, dass ich, als wäre nichts aus einer Sackgasse kam, in die ich nicht reingegangen war. Ich zog meine Kapuze zurecht und ging zügig die Straße entlang, am Truck vorbei. Einer der Typen, der auf der anderen Straßenseite in einer der Gassen stand, beobachtet mich, die anderen ignorierten mich. Mir kam der Gedanke, dass diese Leute die Käufer sein könnten, mit denen ich mich treffen würde. Wenn das der Fall war, musste ich vorsichtig sein, denn die waren definitiv gut vorbereitet. Immerhin wüsste ich in dem Fall, wo der Sniper lag.
2 Stunden später
Ich hatte mich bis zur verabredeten Zeit und in der näheren Umgebung herumgetrieben und war jetzt etwas zu früh wieder an der Bank vor dem Pub. Inzwischen herrschte in dem Laden etwas mehr betrieb. Leute ging aus und ein oder lungerten davor herum. Der Truck von vorhin stand nicht mehr da. Dafür fuhr jetzt ein anderer vor. Einer der Männer meines Auftraggebers stieg aus. Er warf mir einen kurzen Blick zu. Ich hob kurz die Hand und ging rüber. „Speedy?" er klang heiser. Ich nickte. Er schaute mich kurz prüfend an, dann lud er drei Kisten aus. „ist das alles?" er nickte. „du bringst das Geld morgen zum Boss. Und denk nicht dran einfach abzuhauen, wir kriegen dich, und du weißt, was dann passiert." Ich hob die Augenbrauen und nickte. Ich würde es nicht drauf anlegen, auch, wenn es verlockend war. „warum machst du nicht die Übergabe?" erkundigte ich mich und klemmte mir die eine Kiste unter den Arm. „weil ich neulich erst eine gemacht hab. Unterschiedliche Lieferanten sind schwere nachzuverfolgen." Er schwang sich wieder ins Auto. „Die Querstraße." Er deute auf einen Dunkeln Tunnel, in dem wohl die Übergabe stattfinden würde. „Danke." Murmelte ich und schnappte mir die letzte Kiste. Am Eingang der Gasse stand eine dunkle Gestalt, ihr Gesicht war wie meins hinter einer Kapuze verborgen. Ich hielt den Kopf gesenkt und ging weiter. Am anderen Ende der Gasse standen drei Personen, zwei Männer, die sich wie Bodyguards links und rechts von der Frau platziert hatten. Ich würde inzwischen ne ganze Menge darauf verwetten, dass es die Leute von vorhin waren. Ich schmiss der Frau die Kisten vor die Füße und verschränkte die Arme. Sie bedeutet einem der Männer mit einer Keinen Handbewegung, in die Kisten zu schauen. Ich hatte mich mit Absicht so an die Wand gestellt, so dass die Scharfschützin mich nicht sehen sollte. Der Typ, der nicht mit den Kisten beschäftigt war, schien das zu merken. Er sah nicht so zufrieden damit aus. „sieht gut aus." Der andere nahm eine der Waffen heraus und reichte sie der Frau. Sie schaute die Waffe kurz an und nickte. „passt. Gib ihm das Geld." Der zweite verließ kurz die Gasse. „woher weißt du von dem Schützen?" fragte sie plötzlich unvermittelt. Ich reagierte schnell. „welcher Schütze?" ich hatte spontan beschlossen erst mal den unwissenden zu spielen. „niemand drückt sich einfach so an die Wand. Hat dein Boss uns beobachten lassen?" sie legte die Hand auf das Halfter an ihrer Hüfte. Eine klare Warnung. „wofür braucht ihr überhaupt einen schützen. Bin ich tot, wenn ich die Gasse verlasse?" so leicht ließ ich mich nicht einschüchtern. Nicht mehr. „wenn, dann schon vorher. Aber wir haben keinen Stress mit deinem Boss und warum sollten wir welchen suchen. Sie ist zur Absicherung da. Jetzt habe ich deine Frage beantwortet. Du bist dran." Der Typ kam zurück und reichte mir einen Umschlag. Ich wog ihn kurz in der Hand und steckte ihn dann ein, bevor ich antworte. „ein kluger Mann hat mal zu mir gesagt, dass man die Begebenheiten eines Jobs kennen sollte. Ich war hier, um die Umgebung anzuschauen, ihr wart hier, um die Umgebung anzuschauen. Ich hab euch bemerkt, ihr mich nicht." Der der kleinere der beiden Bodyguards, der grade die Bezahlung geholt hatte, verzog leicht spöttisch den Mund. Die Frau nickte anerkennend. „dann ist alles geklärt?" erkundigte ich mich. „natürlich." Sie lächelt, das gefiel mir nicht. Es gab mir irgendwie ein schlechtes Gefühl. Ich ließ mir nichts anmerken und drehte mich um. Am Ausgang der Gasse stand immer noch der maskierte typ rum. Offenbar gehörte der dazu. Ich ging schneller. Als ich grade an dem Typ vorbeikam, machte er eine Schritt nach vorne und rempelte mich an. „Was soll das?" schnauzte ich ihn an. Seine Kapuze war leicht verrutscht, ich konnte seine leicht Rötlichen Augen sehen. Die Augen des Feuerspuckers. Ich wich einen Schritt zurück, auf die Straße. So sah ich gerade noch, wie er den Umschlag, ich grade bekommen hatte in seiner Tasche verschwinden ließ. „EY! Was soll das?!" ich zog mein Messer aus der Tasche und ließ es aufschnappen, als mich etwas in den Nacken stach. Mit empört geöffnetem Mund drehte ich mich um und griff mir in den Nacken. Ich konnte einen kurzen Blick auf die Schützin werfen, dann drehte sich die Welt nach oben und ich wurde ohnmächtig.
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