1000 Votes Kurzgeschichte : Einsamkeit

Kommt etwas verspätet, es tut mir Leid. 

Insperiert hat mich der Film : In meinem Himmel. Es ist nicht die Zusammenfassung ! Der Sinn ist ein ganz anderer. 

Einsamkeit 

Ich stand mitten auf dem Gehweg. Die Menschen gingen an mir vorbei. Die meisten waren in eile, telefonierten, simsten oder rannten an mir vorbei. Auch wenn es an diesem Tag die Sonne schien, war das für mich, wie jeder andere Tag. Er war grau, gefühllos und einsam. Als ich den Menschen in die Gesichter sah, konnte ich Stress, Kummer, Sorge und Überforderung erkennen. Ich blickte auf meine Hände und wusste, dass ich nie wieder so fühlen würde, wie die Menschen. 
Nie wieder. 
Denn ich bin tot. 
Mein Name ist Michelle Neumann. 
Ich war 16 Jahre alt, als ich starb und dies hier ist eine Art Tagebuch. 
Wieso ich nicht einfach nach Hause gehe, um nicht so einsam zu sein ? 
Weil niemand mich vermisst. Egal wie oft ich früher drüben war, sah ich nichts anderes als eine glückliche Familie. 
So ging ich die Straßen entlang und blickte um die Gegend. Als ich auf das Krankenhaus blickte, starrten mich neugierige Kinderaugen an. Ich sah dem kleinen Jungen ins Gesicht und wusste nicht, ob er mich ansah. Ich spazierte durch die Tür des Krankenhauses und schaute in alle Räume rein. Die Kranken lagen in ihren Betten, schliefen, aßen oder sprachen mit Freuden oder Familenangehörigen. Doch niemand bemerkte mich. Als ich im dritten Stock war, ging ich in das Zimmer des Jungen. Wie erwartet sprang er auf und starrte mich erfreut an. Ich lächelte und bagan mit ihm zu spielen. Am Ende des Tages lag der kleine Junge im Bett und schlief friedlich. Ich saß an seinem Bett und wachte über ihn. Er erinnerte mich stark an meinen kleinen Bruder. Ich vermisste ihn, doch ich traute mich nicht nach Hause zu gehen. Den Rest der Nacht verbrachte ich auf der Straße. Ich ging die leeren Straßen entlang und sah das Verbrechen vor meinen Augen. In der Nähe eines Hauses hat man eine junge Frau erschossen. Nicht weit davon entfernt im Park hat man einen Drogendieler erstochen und unter mir befand sich ein Mafiatreffen. Trotz der vielen Toten hier, gab es nicht einmal eine Seele. Alle gingen in das Licht. 
Alle bis auf mich. 
Ich befand mich immer noch unter den Lebenden und konnte nicht in Ruhe gehen. 
Die Einsamkeit, die mich umhöllte tat mir weh. 

Tage vergingen und ich spielte jeden Tag mit dem Jungen, dessen Name ich nicht kannte. Wir bauten große Hochhäuser aus Lego, spielten Autorennen oder malten Bilder. Eines Tages jedoch, als ich in sein Zimmer kam, war eine Krankenschwester dabei die Bettwäsche zu wechseln. Zuerst versuchte ich den Jungen zu finden, doch als ich ihn nirgendwo fand, begab ich mich in den Leichenkeller, der der Krankenhaus besaß. Dort untern lag auf dem großen Metallbett eine zugedeckte kleine Gestalt. Ich blieb davor stehen und mich wurde traurig. Ich wollte mich vergewissern und legte das weiße Tuch zur Seite, dass das Gesicht der Gestalt überdeckte. Alles was ich sah, war ein Junge, dessen Namen ich nicht einmal kannte und doch vermisste ich ihn. Seine unschuldige Seele war bereits fort und alles was mir ein kleines bisschen Freude bereitete, war nicht mehr am Leben. Langsam und einsam machte ich mich auf dem Weg aus dem Krankenhaus. Im Erdgeschoss nicht weit vom Eingang entfernt, blickte ich einen älteren Mann man. Er sah fit aus, doch ich wusste, dass er schon bald sterben würde, da er mir tief in die Augen sah. Ich schenkte ihm ein Lächeln, denn er musste keine Angst haben, dass er so leiden wird wie ich. Denn er wird erlöst. Jeder geht ins Licht.
Nur ich war verdammt auf ewig unter den Lebenden zu verweilen. 

Die nächsten Tage lang saß ich in einer Gasse. Ich rollte mich zu einer Kugel zusammen und starrte die Menschen an, die an mir vorbei gingen. Niemand beachtete mich. Die Einsamkeit, die hinter mir stand, starrte mich an. Ich würde so gern weinen, doch ich konnte es nicht. Allein ín der Dunkelheit der Nacht saß ich in der Gasse und blickte die Licht spendeten Laternen an. Nicht oft kam jemand vorbei. Am Tag gab es hier sehr viele Menschen, die an mir vorbei gingen, doch sie lebten und bemerkten mich somit nicht. Eine sehr lange Zeit verging, doch ich blieb dort. Eines Abends, stand ein Mädchen an der Straße. Mit ihren Kopfhörern in den Ohren wollte sie die Straße überqueren. Sie passte nicht auf und rannte vor ein Auto. Langsam stand ich auf und ging auf den bewegungslosen Körper zu. Der Fahrer des Autos stieg aus, versuchte ErsteHilfe, doch als er erfolglos war, ergriff er sein Handy und rief einen Krankenwagen. 
Ich sah auf das Mädchen, dessen Rippen aus dem Fleisch ragten. Sie spuckte Blut und litt unter den Schmerzen. Ihr Bein war vollkommen verdreht und es sah nicht mehr menschlich aus. Wir sahen uns an. Ihr Blut floss in meine Richtung doch erreichte mich nie. Als sie mich sah, versuchte sie nicht einmal weiter für ihr Leben zu kämpfen. Sie hörte auf zu zappeln und das Blut floss aus ihrem Mund. 
''Kämpfe. '', flüsterte ich. 
Die Augen des Mädchens wurden groß und die Tränen waren bereit zu fließen, doch sie taten es nicht. Der Mann, der verzweifelt war, wusste nicht wie er dem Mädchen helfen sollte. Er geriet in Panik. Die Jugendliche ballerte ihre Hände zu Fäusten und unterdrückte dir Tränen bis der Krankenwagen kam. Mittlerweile war die Straße voller Blut. Das Mädchen wurde blass und schloss die Augen. Der Blutverlust war zu groß. Alles was ich sah, waren die Lichter des Krankenwagens, als er davon fuhr. 
Ich erinnerte mich... 

Damals als ich noch lebte, war die Straße auch voller Blut. Das Feuer brach aus und breitete es sich im Wald aus. Alles brannte nieder. 

Nach dem Unfall ging ich wieder zurück in die Gasse und setze mich so hin, wie ich all die Tage gesessen habe. Was aus dem Mädchen wurde, wusste ich nicht, bis man mich besuchte. Wochen vergingen, doch als die Jugendliche von damals wieder auf dem Gehweg stand, erkannte ich sie sofort wieder. Ihr Körper wurde wieder in Ordnung gebracht und die musste nicht einmal im Rollstuhl sitzen. Sie schaute auf die Straße und erinnerte sich wahrscheinlich an den Unfall. Dann drehte sie sich um und stand somit an Anfang der Gasse, in der ich saß. Etwas verwundert starrte ich sie an, denn ich wusste nicht, was sie hier wollte. Sehen konnte sie mich nicht. Aus ihrem Mantel nahm sie einen Klebezettel raus und klebte ihn über mich an die Wand. Dann verschwand sie. 

''Danke'' 

Ich wusste nicht, weshalb sie mir dankte, doch es tat gut. Auch wenn sie mich sah, starb sie nicht, sondern überlebte. Ich brachtete also nicht nur Tod, was ich mir immer vorwarf. Auch wenn ich nicht wirklich viel mit dem Unfall zu tun hatte, berührte mich dieses Wort auf dem Klebezettel. Dieses Wort veranlasste mich dazu nach Hause zu gehen. 

Noch am selben Tag stand ich vor dem Familienhaus. Langsam wurde es Abend und die Sonne war bereits unten. Der große Garten vor dem Haus blühte vor sich hin und das Haus war neu gestrichen. Es war wie damals. Alles war friedlich und ruhig, trotz allem betrat ich das Haus. Sofort konnte ich den Geruch von Mutters Apfelkuchen wahrnehmen. 
Wie sehr ich ihn vermisst habe... 
Vater deckte den Tisch und hörte währendessen klassische Musik, was er immer tat. Doch meinen Bruder konnte ich nirgendwo finden. Meine Eltern haben sich kein Stück verändert. Sie sahen aus, wie ich sie immer in Erinnerung hatte. Meine Mutter trug einen Rock und mein Vater seinen Wollpulover. Nachdem das Essen, das meine Mutter gekocht hat, fertig war, servierte sie es. Ich erinnerte mich daran. Jeden Tag saßen wir alle gemeinsam am Tisch und saßen. Ich lächelte bei diesem Gedanken, doch meine Eltern fingen einfach an zu Essen, ohne meinen Bruder zu rufen. Verwundert ging ich die Treppen hoch und ging durch die Tür, ohne sie zu öffnen. Im Zimmer war niemand, doch das Innenleben war anders. Seine Instrumente, die er spielte, waren verschwunden und die Auszeichnungen, die er für sein musikalisches Talent bekam, konnte ich ebenfalls nicht finden. Die Wände waren in einer dunkeln Farbe und überall lagen Energiedosen auf dem Boden. Plötzlich hörte ich, wie die Eingangstür des Hauses sich öffnete und jemand reinkam. Dann fing ein Geschrei an. Meine Eltern fingen an zu diskutieren, doch eine sehr tiefe und mir nicht bekannte Stimme antwortete in Form von Geschrei. Ich bekam Angst und eilte schnell in mein Zimmer. Dort setzte ich mich auf mein Bett und wartete. So kannte ich meine Eltern nicht. Sie waren nie so. Dann hörte ich schwere Schritte, die in die Richtung meines Zimmers gingen. Die Tür öffnete sich und ein junger Mann betrat das Zimmer. Er hatte langes recht langes Haar, dass ihm über das Gesicht hin. Einen Sidecut und die Spitzen seines Haares waren rot. Er trug schwere Lederstiefel und eine schwarze Lederjacke. Seine Fingernägel waren rot und auf seinem T-shirt war ein Teddy mit einem weit aufgerissenem Bauch. Der Mann schloss schnell die Tür hinter sich und lehnte sich an diese an. Langsam sank sein Körper nach unten und mit der rechten Hand entfernte er das Haar aus dem Gesicht, indem er sich am Kopf fasste und das Haar mitnahm. Ich erkannte das Gesicht meines Bruders. Er war viel älter, doch seine Augen sind so geblieben wie sie waren. Groß, blau und .... traurig ? 
Dieser Anblick tat mir in weh. Ich wollte ihn nicht so sehen. Damals, als ich starb, war er gerade 8 Jahre alt. Ohne mich zu Rühren blieb ich auf dem Bett sitzen und beobachtete seine Bewegungen. Nach einer Weile stand er vom Boden auf und sah sich mein Zimmer an. Alles ist so geblieben wie es war, nur das überall eine Millimeter Schicht Staub lag. Mein Bruder nahm eine meiner Wackelkopftiere und setzte sich erneut auf dem Boden. Der Unfall hat ihn traumatisiert, was ich vollkommen verstehen konnte, schließlich musst er zusehen, wie seine große Schwester vor seinen Augen starb. 
''Michelle... '', flüsterte in den Raum hinein. 
''Ich bin hier. '', sagte ich, doch er konnte mich sowieso nicht hören. 
Da mir das alles was ich sah weh tat, beschloss ich weg zu gehen. Meinen kleinen Bruder musste ich allein in meinem Zimmer lassen. Kurze Zeit später war ich wieder auf der Straße. Die Zeit verging und ich war mal da mal woanders. Aber ich existierte nicht für die Lebenden. Irgendwann beschloss ich wieder heim zu gehen. Ich betrat die Tür und das was ich sah, schockierte mich. Meine Mutter saß in einem Schaukelstuhl sie hatte überall Falten im Gesicht, graues Haar und schlief. Ich betrat das Wohnzimmer und stellte sich vor sie. Irgendwann wachte sie auf. Es dauerte, bis sie realisierte, wer vor ihr stand. 
''Wo ist Vater ?'', fragte ich ohne zu zögern. 
Mutter erschrak und ihre zitternden Hände verdeckten ihr offenen Mund. 
''Michelle...'', flüsterte sie. 
''Mutter.'', entgegnete ich. 
''Ich dachte Vater wär bei dir. '', sagte sie beinah weinend. 
''Nein. Er ist wohl ins Paradies gegangen. Ich dennoch bin verdammt auf Ewig unter den Lebenden zu bleiben. '', musste ich gestehen. 
''Keien Sorge Mutter. Du wirst demnächst neben Vater aufwachen. Ihr werdet für immer in Ruhe sein. Und jetzt schlafe und deine Seele wird sich von dieser Welt ein für alle Male lösen. '', waren meine letzten Worte. 
Ohne das die alte Frau es wollte, schloss sie die Augen. Zuerst schlief sie friedlich, doch dann hörte sie auf zu atmen und ihr Herz war stehen geblieben. Dies war das letzte Mal, dass ich sie sah. 
Die nächsten Tage verbrachte ich im Wohnzimmer. Seitdem waren viele Leute da gewesen. Es gab Menschen, die die Leiche wegbrachten, Möbel raus schleppten, Wände neu strichen und so weiter. Während das alles passierte, bekam ich manche Gespräche mit. 
''Die Familie hatte nur Unglück. 
Ihr Tochter starb bei einem Autounfall. 
Der Vater hatte einen bösen Arbeitsunfall, was zu seinem Tod führte. 
Der Sohn begann Selbstmord
Und am Ende stirbt die Mutter friedlich im Haus. 
Die Arme war ganz allein. ''
Als ich hörte, dass mein Bruder Selbstmord begangen hat, erschien ich sofort auf dem Friedhof. Ich suchte nach seinen Grabstein. Letztenende fand ich mehr als nur das. Eine zusammengerollte Gestalt saß am Grabstein. Ich lächelte. 
''Hast du lange auf mich gewartet ?'', fragte ich ihn. 
Er drehte seinen Kopf um und als er mich sah, sprang er auf. 
''Michelle, ich dachte du seist im Licht. '', zitterte seine Stimme. 
''Tja, manchmal sind die Sachen nicht so wie sie scheinen. '', lächelte ich und nahm die Hand meines Bruders. 
Gemeinsam gingen wir ins Licht. 
Ins Paradies. 
Dort, wo wir kein Glück brachen. 
Es ist ein Ort an dem wir alle zusammen sind. 
Dies ist der Ort an dem man nie einsam ist. 

Nachwort 

Nicht immer sind die Sachen so, wie sie scheinen zu sein. 
Man ist nie allein. Immer stehen irgendwelche Menschen hinter einem, auch wenn man die Menschen nicht so gut kennt. 

-Schylwia

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top