chapter four

»Luke«, murmelte Kaira leise und blickte zu dem General auf. »Ja«, auf Leias Gesicht erschien ein sanftes Lächeln. Eine Welle der Unsicherheit ergriff die junge Frau. Sie senkte ihren Blick rasch und versteifte sich ungewollt.

»Seit seinem Verschwinden ist eine lange Zeit vergangen«, Kairas Stimme war belegt und rau, »viele haben versucht ihn zu finden und keiner hat es geschafft. Wieso sollte es diesmal gelingen?« Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Am Liebsten wäre es ihr gewesen, wenn Leia ein solches Thema erst gar nicht angesprochen hätte.

Ohne auf ihre Worte zu achten schritt Leia um sie herum auf den Holoprojektor zu, der etwas abseits des Tisches stand. Mit einer kleinen Handbewegung deutete sie der jungen Frau wortlos ihr zu folgen.

»Dieses System lebte einst von der Demokratie. Nach den Kriegen gegen das Imperium gab es eine Zeit, in der wir glaubten diese Demokratie wieder hergestellt zu haben. Mir scheint es beinahe so, als hätten wir uns schon damals geirrt.« Sie legte eine kurze Pause ein, bevor sie fortfuhr. »Ich weiß, dass du nicht gerne über solche Dinge sprichst und vor allem kann dieses Thema äußerst langweilig werden, wenn kein Interesse vorhanden ist«, Leia tippte auf unterschiedlichen Knöpfen herum. Kaira, die das Ganze eher aus der Ferne betrachtet hatte, näherte sich ihr nun langsam. »Ich habe es vorhin bereits kurz erwähnt, aber wie viel weißt du über Senator Erudo Ro-Kiintor?« Es war als hätte man einen Schalter in ihrem Kopf umgelegt, denn plötzlich überkam Kaira erneut eine Welle von Erinnerungen. Ja, sie kannte ihn. Das eine oder andere Mal hatte sie einer Konferenz beigewohnt. Sie schluckte und verdrängte diese Erinnerung sofort wieder. »Nicht viel. Wie du schon sagst, ich bin Mechanikerin. Ich schraube an kaputten Dingen herum, für die Taten von irgendwelchen Anhängern des Republikanischen Senats habe ich nicht viel übrig. Also, was versteh ich schon von Politik.« Sie zuckte mit den Schultern. Ihre Aussage entlockte Leia ein Schmunzeln. »Du weißt sicherlich viel, Kaira. Wahrscheinlich mehr, als viele andere die ich kenne.« Ihr Schmunzeln verschwand und ihre Stimme ernst.

Leia aktivierte den Projektor. Vor ihnen erschien die schematische Darstellung eines Raumschiffes in Form eines Holos, welches sich langsam drehte. Kein gewöhnliches Schlachtschiff, nein, es war schon eher eine Luxusjacht, wenn man es so sah. Ziemlich schnittig, in der Mitte war es eher gedrungen und es hatte Erweiterungen an den Flügeln, die Kaira als überflüssig einschätzte. Es war ein Luxusschiff der Gipfel-Klasse, wie es ihres Wissens nach von der Vekker-Gesellschaft gebaut wird. »Das hier«, sie zeigte auf das Hologramm, »ist die Hevurions Pracht. Ro-Kiintors Schiff. Ich habe ihn im Senat mehr als nur einmal getroffen. Er gehörte der republikanischen Zentristen-Partei an. Ein sehr bemerkenswerter Mann, wenn es darum ging etwas zu erreichen. RE hat sich sehr dafür eingesetzt, dass die planetaren Verteidigungseinrichtungen von Welten der Zentristen-Anhängern weiter ausgebaut werden. Aber insgeheim war er wahrscheinlich schon von Anfang an ein Unterstützer der Ersten Ordnung. Womöglich hatte er Kontakt zu General Hux oder sogar Snoke persönlich« Bei seinem Namen zuckte die junge Frau unbemerkt zusammen. Aber ja, mit dieser Vermutung lag Leia ziemlich richtig. Kaira hatte zwar nie wirklich viel mit ihm zu tun gehabt aber sie wusste, dass er einer der Ersten gewesen ist. Leia seufzte. »Ich habe schon lange versucht ihn zu überführen, aber die Beweise waren nie ausreichend. Selbst Agenten, die Ematt zweimal versucht hatte einzuschleusen hatten kein Glück. Bis vor kurzem.« Sie spielte an einem der Regler und das Hologramm verschwand und wurde durch ein anderes ersetzt, dass sich in ähnlicher Weise bewegte. Es zeigte eine Liste von Geldtransferen. »Über sein Konto wurden erhebliche Summen an Drittfirmen umgeleitet, sodass deren Bestimmungszweck nicht mehr nachvollzogen werden konnte. Er hat diverse Anträge verhindert und häufig Reisen in die neutralen Territorien unternommen.« Das Hologramm wechselte erneut. Es zeigte Dateien. »Logbucheinträge?«, hakte sie neugierig nach und sah zu Leia rüber. »Allerdings. Ich habe die drei besten Piloten des Widerstandes auf Ro-Kiintor angesetzt. Inoffiziell natürlich. Sie sollten ihm folgen, falls er wieder eine seiner dubiosen Reisen unternehmen sollte. Commander Dameron leitete die Mission und konnte nach einer Reihe von Komplikationen die gewünschten Daten sicherstellen. Die Logbucheinträge waren eindeutig. Da konnte sich nicht mal mehr ein so größer Redner wie Senator Erudo Ro-Kiintor rausreden.« Poe Dameron. Ihre Gedanken wanderten zu ihrer Begegnung und irgendwie konnte sie sich ein winziges Schmunzeln nicht verkneifen. Der Grund dafür war ihr schleierhaft.

Das Schmunzeln erstarb als Kaira bewusst wurde, was gerade in ihr vorzugehen schien.

»Dieser Verrat wurde zwar aufgedeckt, aber wie viele der Anderen Senatoren, führen ebenfalls ein solches Doppelleben und hintergehen die Republik, die Demokratie, nur um sich ihren eigenen Vorteil in der ganzen Sache zu schaffen.« Ihre Stimme klang verbittert, verärgert. Was verständlich war. Dennoch fing Kaira unbewusst an, auf ihrer Unterlippe herum zu kauen. In Leias Worten steckte mehr als nur die Wahrheit. Das hatte sie am eigenen Leib erlebt. Aber was würde es nützen, wenn sie der Frau Namen nannte? Es mangelte ihnen definitiv an Beweisen. Außerdem hatte sich Kaira geschworen nie wieder ein Teil davon zu werden. Sie wollte nicht mehr mitmischen und so sollte es auch bleiben.

»Leia...«, begann sie zaghaft, doch sie wurde unterbrochen. »ich weiß, du willst nicht mehr zurück und glaube mir, wenn ich dir sage, dass ich deine Entscheidung voll und ganz respektiere, Kaira. Du hast mehr als genug mitgemacht. Aber in dieser Sache brauche ich deine Hilfe. Ich brauche dich um meinen Bruder finden zu können.« Mit ernster Miene betrachtete Kaira die ältere Dame, deren Blick sehnsüchtig auf den kleinen Datenspeicher gerichtet war. Sie konnte ihre Trauer spüren. Die Trauer um die, die sie verloren hatte. Ihren Bruder...ihren Mann und ihren...Sohn. Ben. Sie schluckte um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.

»Was ist, wenn Luke nicht gefunden werden will, Leia? Wenn er sich mit all dem hier abgefunden hat? Wenn er ging um uns uns selbst zu überlassen?« Kaira sprach aus, was auch viele andere dachten. Luke Skywalker war verschwunden, er hatte zugelassen, dass die Erste Ordnung sich erheben konnte und die Galaxis erneut ins Dunkle stürzte. Er ging, als man ihn brauchte. Kaira konnte verstehen, dass Leia ihren Bruder finden wollte, dass er ihre einzige Hoffnung war. Gemeinsam hatten sie es schon einmal geschafft die Dunkelheit zu besiegen. Sie hatte ihre Familie verloren und wollte sie wiederhaben. Aber zu welchem Preis?

Kraftlos sank Leia auf einen Stuhl. »Ich bin alt geworden Kaira. Wie lange kann ich wohl all das hier«, sie wedelte mit ihren Händen in der Luft, »noch halten? Ich fürchte nicht lange genug um die Erste Ordnung zu besiegen. Diese tapferen Männer und Frauen glauben an etwas. Ich kann nicht dabei zusehen, wie sie untergehen.«

»Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, Leia. Denn wenn du es tust, werden es auch viele andere tun. Ich habe gesehen, wie stark der Widerstand ist. Deinetwegen. Wenn es einer schafft, diesen Krieg zum Guten zu wenden, dann du. Du hast mich damals aufgenommen, als ich am Ende war. Du hast mir gezeigt, dass wir selbst bestimmen wer wir sind und was wir tun. Und dieses Gefühl gibst du jedem hier. Nicht nur mir. Wir brauchen dich.«

Kaira wusste nicht, ob ihre Worte die ältere Dame aufzumuntern würden. Doch Leia stand auf, die Schultern gerade und das Kinn gereckt und lief auf sie zu. Sie blieb direkt vor ihr stehen. Sanft strich sie ihr über die Wange. Wenn die junge Frau sich nicht täuschte, dann konnte sie kleine Tränen in den Augen der älteren Frau glitzern sehen. »Du erinnerst mich an sie, Kaira, du bist so viel mehr als du siehst. Weise und stark. Ich sehe diese Stärke in dir und weiß, dass du etwas Besonderes bist. Dass du es schon immer gewesen bist. Lass die Vergangenheit hinter dir. Du kannst es dir überlegen, ob du mir helfen willst. Ich werde dich nicht zwingen. Aber bitte denk darüber nach.« Die junge Frau starrte ihr Gegenüber stumm an. Was hatte sie gemeint? An wen sollte Kaira sie erinnern? Als sie sich einigermaßen gefasst hatte, drehte sie sich um und verschwand wortlos aus dem Raum.

Es muss einige Zeit verstrichen sein, seit Kaira die Wartungshalle verlassen hatte. Es musste um die Mittagszeit rum sein. Das fiel ihr erst jetzt auf. Die Meisten der Mechaniker waren anscheinend schon in die Pause gegangen, denn nur vereinzelt waren Personen noch zu sehen. Mit den Augen suchte sie den Raum ab. Ihre Einheit war ebenfalls fort. Mit ihren Gedanken an einem völlig anderen Ort trottete sie einsam durch die Flure.

Leias Worte wollten nicht aus ihrem Kopf verschwinden. Sie waren andauernd präsent. Kein anderer Gedanke konnte sich ausbreiten. Es war zum verrückt werden.

Die Kantine war nicht wirklich voll, aber als leer konnte man diesen Zustand auch nicht bezeichnen. Obwohl sie ihrer Umwelt kaum Beachtung schenkte, konnte sie doch das eine oder andere bekannte Gesicht ausmachen als sie die riesige Halle betrat. Sie schlängelte sich durch die Menge hindurch, die sich vor der Essensausgabe gebildet hatte. Mit einem Tablett in der Hand ging sie sich nacheinander die verschiedenen Speisen holen. Kaira rümpfte leicht die Nase, als der nächste breiähnliche Haufen auf ihrem Teller landete. Besonders appetitlich sah, was auch immer es war, nicht aus. Sie nahm das Tablet und wollte sich gerade an einem freien Tisch niederlassen, als sie ihren Namen in der Ferne vernahm. Sie schreckte auf und sah in das Gesicht von Tanner. Innerlich verdrehte sie die Augen genervt. Der hatte ihr gerad noch gefehlt.

»Tanner«, grüßte sie ihn neutral. »Kaira. Schön dich hier anzutreffen. Dein Treffen mit dem General hat wohl doch länger gebraucht als gedacht.« Sofort spannte sich die junge Frau an. »Scheint so.« Eine unangenehme Stille breitete sich aus, als der junge Mann sich räusperte. »Du wolltest doch nicht allen Ernstes deinen Stammplatz am Tisch unserer Einheit gegen das hier eintauschen, oder?« Er machte einen angewiderten Gesichtsausdruck und zeigte auf den leeren Platz vor ihnen. »Du wolltest lieber einsam und alleine hier sitzen. Das kannst du vergessen.« Er griff nach ihrem Arm und schleifte sie hinter sich her zu den Anderen.

Einheit 85-Blau. Was konnte man darüber schon groß erzählen? Sie waren allesamt herzensgute Menschen und jeder von ihnen hatte eine andere Geschichte. Aber sie alle verband der Glaube an die Hoffnung, die der Widerstand verbreitete. Aber auch wenn es so war, im Augenblick hatte Kaira ganz andere Probleme, die sie beschäftigten. Auf Gesellschaft konnte sie momentan gern verzichten.

»...und ich hab ihr zugezwinkert. Dann hat sie dich umgedreht und ist davonmarschiert ohne ein weiteres Wort. Ich sags euch Leute. Das ist ein Zeichen. Die Kleine steht auf mich und meinen wunderschönen Körper. Hat halt doch seine Vorteile ein Held der Galaxis zu sein«, Wick beendete eine seiner vielen Frauengeschichten und die ganze restliche Einheit verfiel in lautes Gelächter. Verständnislos sah Wick seine Kumpanen an. »Alter«, meinte Nelson, »das war ne klare Abfuhr. Mit deinem Gehabe verscheuchst du die Mädels nur.« Wieder Lachen. »Jaja, macht euch nur über mich lustig.«

Einzig Kaira saß stumm am Rand und stocherte tief in Gedanken versunken, lustlos in ihrem Essen herum. Sie bekam nicht einen vollständigen Satz mit, den die Anderen von sich gaben. Sie hatte nicht wirklich Interesse daran. Sie war nachdenklich. Noch immer grübelte sie über die Worte der alten Frau nach. Warum musste es nur so schwer sein?

»Ich glaube du hast ein starkes Identitätsproblem, Wick.« Die Anderen amüsierten sich weiterhin prächtig. Es schien so als würden sie nicht einmal bemerken, dass sie gar nicht anwesend war. Kurzerhand nahm Kaira ihr Tablet und stand wortlos auf. Sie konnte die verwirrten Blicke ihrer Einheit in ihrem Rücken spüren, aber sie hielt es hier drinnen nicht mehr aus und Hunger hatte sie auch keinen.

Tanner wusste, dass die junge Frau irgendetwas beschäftigte. Stark beschäftigte. Es wirkte so als wären ihre gesamten Gedanken voll damit. Er kannte die Kleine immerhin nur zu gut.





Ich hab es geschafft! Ein kleines Ostergeschenk:)

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