chapter five
...du musst dich der Vergangenheit stellen, Kaira...
Mit deutlich mehr Kraft als nötig riss Kaira das kaputte Kabel heraus, welches die Haupttriebwerke mit den Treibstoffzellen verband. Durch ihre enorme Kraft lösten sich noch weitere Kabel. Natürlich unbeabsichtigt. Kaira spürte, wie sich allmählich ein tiefer Zorn in ihr zusammenbraute. Das waren die intakten Kabel. Die hatte sie gerade mal vor zehn Minuten ausgetauscht.
Genervt schleuderte sie die metallene Zange von sich und fuhr sich mit ihrer verdreckten Hand über das Gesicht. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum wollte einfach nichts so funktionieren wie es sollte? Seufzend warf sie den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Beruhige dich...Sie atmete tief durch. Ihr Kopf war voll. Sie konnte kaum klar denken. Sie war nicht im hier und jetzt, das war vermutlich das Problem. Ihre Gedanken waren nicht bei dem X-Flügler. Warum musste Leia ausgerechnet jetzt damit kommen?
»Also deine Art mit dem Werkzeug umzugehen ist echt bewundernswert. Du weißt schon, dass du damit jemanden hättest verletzten können.« Tanners Stimme hallte durch den großen Hangar. Auch wenn sie keine Gesellschaft erwartet hatte, sie war in gewisser Weise froh jetzt nicht mehr völlig allein zu sein mit ihren Gedanken.
Sie wendete ihren Blick. Er stand neben dem Schiff und sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr hoch. Seine Arme hatte er in die Hüfte gestemmt. »Also, ich höre.« Fragend legte sie die Stirn in Falten. »Wie bitte?« »Naja, was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?« Sollte das etwa ein Scherz sein? Wenn ja, dann war er nicht sonderlich witzig. »Was soll das? Es war doch keiner da und außerdem war-« Tanner hob seine Hand und unterbrach damit ihren verärgerten Redeschwall. Sie war gespannt, was als nächstes kam. Sein ernstes Gesicht verzog sich und ein amüsiertes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.
»Du nimmst deine Mitmenschen viel zu oft viel zu ernst, Kaira Liebes. Mach dich mal etwas locker.« Er fing an zu lachen. Innerlich hatte sie allerlei Beleidigungen aufgezählt, die sie ihm nur allzu gerne an den Kopf geworfen hätte. Aber sie hatte sich im Griff und blieb stumm. Der junge Mann reichte ihr die Zange hinauf und sie griff danach. »Danke«, murmelte sie und wandte sich ab. Sie musste anfangen das kaputte Kabel zu flicken.
»Um ehrlich zu sein«, schlug Tanner wieder einen ernsteren Ton an, »du wirkst seit deiner Unterhaltung mit dem General nicht besonders gut gelaunt.« Kaira hielt unbewusst inne und erstarrte. »Gibt es dafür einen bestimmten Grund? Ist irgendetwas schlimmes vorgefallen?« Sie schluckte. »Kaira ich weiß...ich weiß, dass mich deine Unterhaltungen mit dem General nichts angehen...aber...ich mach mir Sorgen...und außerdem habe ich das Gefühl, dass du nicht wirklich bei der Sache bist. Ich meine«, er deutete auf die Zange in ihrer Hand, »du siehst es ja.« Ihr Gesicht war frei von jeglichen Emotionen, ihr Blick starr auf das offene Heck gerichtet. Sie verharrte, bis sie sich räusperte, »ich habe schlecht geschlafen, das ist alles.« Sie log. Kaira wusste, dass Tanner nicht weiter nachhaken würde.
Ohne ein weiteres Wort an ihn zu richten, wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Sie musst sich ablenken. Sie spürte es schon wieder. Er war in ihren Gedanken. Er würde es schaffen sie zu manipulieren.
»Weißt du, ich hab zwar keine Ahnung, was du alles durchgemacht hast, bevor du zu uns gekommen bist, aber ich weiß das du stark bist. Sehr stark. Und ich weiß auch, dass du mich nervig findest.« Seine letzte Bemerkung entlockte ihr ein Schmunzeln. »Wer tut das nicht?« Tanner lachte auf. Ihre Blicke trafen sich. Für einen winzigen Moment schien alles normal.
»Es geht um eine Mission«, verwundert hielt der junge Mann vor ihr inne. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sie doch noch ein bisschen mit der Wahrheit herausrückte. »Eine Mission?«, hakte er nach. »ja, der General hat mir angeboten teilzunehmen.« »Nun, allgemein betrachtet ist das doch ziemlich cool, oder? Ich meine, du kannst endlich mal von diesem öden Planeten weg.« Sie sah hinab auf das kaputte Kabel, an dem sie die ganze Zeit über herumgespielt hatte. Es beruhigte sie, wenn sie etwas in den Händen hatte. »Du könntest neue Leute kennen lernen. Vielleicht«, er setzte einen seltsamen Gesichtsausdruck auf, der ziemlich verstörend wirkte, »lernst du ja einen attraktiven Piloten kennen. Gibt ja einige wie man so hört.« Kaira zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. »Naja, ich hab ja noch etwas Zeit um darüber nachzudenken...« »Ja, aber denk nicht zu lange nach. Das machst du nämlich ziemlich oft. Du bist keine einfache Mechanikerin, das weiß ich schon seit Dash dich mir zugeteilt hat. Also tu es.« Sie sah ihm nach, als er durch den Hangar schlenderte und nach draußen lief.
Kaira...Kaira...
Sie schlug ihre Augen auf. Es war dunkel. Zu dunkel. Ihr Kopf schmerzte. Es war ein Pochen oder wohl mehr ein Stechen. Sie wusste es nicht. Wo war sie? Sie versuchte sich aufzurichten. Aber ihre Glieder waren zu schwer. Es war als hätte man ihr Bleigewichte dran gebunden. Ihre Füße kribbelten. Sie musste aufstehen. Mühsam drehte sie sich auf den Bauch und drückte sich nach oben. Sie stockte, als ihr Blick auf den Boden fiel. Ihre Hand griff nach dem Untergrund. Sand. Überall Sand. Du kannst dich nicht gegen mich stellen. Die Stimme. Er war hier! Ihr Atem verschnellerte sich. Nein. Nein, das durfte nicht sein. Er darf sie nicht kriegen. Panisch wollte sie sich aufrichten, als plötzlich der Boden unter ihr nachzugeben schien. Der Sand bewegte sich und versickerte. Ruckartig wurde sie in den Boden hineingezogen. Strampelnd wollte sie gegen den Sog ankämpfen, doch es riss sie mit sich. Schreiend fiel sie in die Tiefe.
Ein helles licht blendete sie. Sie konnte ihre Augen kaum öffnen, so sehr schmerzte es. Ein Stöhnen entfloh ihrem Mund. Sie war gefallen. Zitternd hob sie ihre Hand und hielt sie schützend vor ihr Gesicht. Langsam versuchte sie ihre Augen zu öffnen. Erst einen kleinen Spalt, doch dann gewöhnten sie sich immer mehr daran. Es war weiß. Alles war weiß. Ihre Beine wackelten, als sie stand und sich umsah. Es gab nichts. »Hallo?«, rief sie verzweifelt in die Leere. »Hey!« »Hallo! Wo bin ich?« Wie wild rannte sie los und schrie. »Hey! Ist hier wer?« Es kam ihr wie Stunden vor und die Leere schien kein Ende zu nehmen.
Ihre Stimme versagte. Kraftlos sackte sie zu Boden. War das das Ende? Sie zog ihre Knie an die Brust und vergrub ihr Gesicht darin.
»...Kaira...«, eine Strafe. Strafen lehren. Sie werden mich züchtigen. »Kaira.« Strafen lehren. Immer wieder hörte sie diese Stimme. Jetzt bildete sie sich schon ein, dass er da war. Sie wurde verrückt.
»Kaira.«
Diese Stimme klang ganz und gar nicht wie Snoke. Sie hob den Kopf und schaute sich um. Da war nichts. Wahrscheinlich lag es a-. Sie hielt inne. Aus dem Licht kam etwas auf sie zu. Sie kniff ihre Augen zusammen und versuchte es zu erkennen. Aus dem Punkt wurde ein Strich und ganz langsam nahm es Konturen an. Es war eine Gestalt. Ängstlich wich sie zurück. »Hab keine Angst, Kaira. Du bist hier in Sicherheit.« Es war ein Mann, doch sie konnte sein Gesicht nicht erkennen. Er war stehen geblieben. »Wer seid ihr?« Ihre Stimme war schwach und leise, rau. »Du wirst mich noch früh genug erkennen, doch jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Wir haben nur wenig Zeit und es gibt viel zu sagen.« Was meinte er damit? Was war das hier? »Ist das ein Traum?« »Ja und nein. Es ist kein Traum und du bist auch nicht Tod. Du befindest dich in einem Zustand, indem dein Geist deinen Körper verlassen hat um sich mit der Macht zu verbinden.« Sie stockte. »Warum-?« »Alles zu seiner Zeit. Ich werde dich lehren wie du in diesen Zustand zurückkehren kannst, doch nun muss du etwas sehen, dass schon lange für dich bestimmt ist.« Das Ganze wurde immer seltsamer. »Snoke wird stärker, genau wie die Erste Ordnung. Du musst zu dem werden, dass du schon immer warst, Kaira.« Seine Stimme wurde immer leiser, bis sie fast nur noch einem Flüstern glich. »Die Macht ist stark in dir, mein Kind.«
Sie fiel weder zurück in die Dunkelheit.
»Ich bin zu weit gereist und habe zu viel gesehen...in der Galaxis herrscht überall Verzweiflung...« Ein alter Mann. Er sitzt auf einem Hocker in einem Zelt und reicht einem anderen Etwas. Sie kennt ihn. Sein Gesicht. Diese Locken...Poe Dameron! Der Pilot! Plötzlich dreht sich alles um sie herum. Sturmtruppler rennen durch das Dorf. Sie schießen. Schreie. Die Menschen rennen. Verzweifelt wich sie den Mengen aus. In der Ferne landete ein Raumschiff. Dunkel, Schwarz. Die Erste Ordnung. Sie zuckte zusammen, als sie auf den Boden knallte. Als sie aufsah blickte sie ihn an. Seine schwarze Maske. Er konnte sie nicht sehen.
Mit schnellen Schritten ging er an ihr vorbei auf den alten Mann und...Poe zu. Das Bild verschwamm, doch sie konnte noch sehen, wie er die rote Klinge aktivierte. »Neeeeeiiiinnnn!«
Schweißgebadet schreckte Kaira hoch. Ihr Atem ging stoßweise. Ihre Brust hob und senkte sich viel zu schnell. Sie schlug die Bettdecke zur Seite und schwang ihre Beine aus dem Bett. Als sie den kalten Boden unter ihren Füßen spürte, atmete sie tief durch. Sie war wach. Mit der Hand fuhr sie sich über die verschwitze Stirn und trottete zu dem kleinen Waschbecken. Das kalte Wasser tat gut. Sie legte ihre Hand in ihren Nacken.
Ein Blick in den Spiegel sagte genug. Sie hatte tiefe Augenringe. Die Müdigkeit stand ihr also ins Gesicht geschrieben. Es war noch Nacht. Dennoch würde sie jetzt wohl kaum noch Schlaf finden. Sie lehnte sich an die Wand und rutschte erschöpft daran runter. Warum sie? Dieser Traum...er wollte ihr etwas sagen. Nur was?
Tadaaa!!! Und es geht weiter
Ich freu mich über eure Kommentare👍🏼
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