51. Knowledge
Love is forever as I lie awake
Beside you
I believed, there's no heaven
No hideaway, for the lonelyBut I was wrong, crazy
It's gotta be strong
It's gotta be rightOnly wanted to stay a while (Woah, woah, woah)
Only wanted to play a while (Woah, woah, woah)
Then you taught me to fly like a bird (Woah, woah, woah)Baby, thought I'd died and gone to heaven
Such a night I never had before
Thought I'd died and gone to heaven
Cause what I got there ain't no cure for
Bryan Adams - Thought I'd Died and Gone to Heaven
< R O B Y N >
Das achte Semester begann und somit rückte die Bachelorprüfung in greifbare Nähe.
Für mich bedeutete dies das Absolvieren des letzten Praktikums, bevor ich selbst, nach dem hoffentlich bestandenen Examen, tageweise unterrichten durfte.
Natürlich hoffte ich auf eine Schule in einer einigermaßen akzeptablen Gegend, aber auch dieses Mal hatte ich Pech. Es verschlug mich nach Westmont, ebenfalls im sogenannten Gangland.
„Auf ein Neues", murmelte ich, als mich am Montagmorgen auf den Weg zu der Schule machte. Gott sei Dank hatte ich ein Auto, in dem ich mich einigermaßen sicher fühlte.
Parkplätze gab es vor dem Schulgelände reichlich und als ich ausstieg, schulterte ich meinen Rucksack, der meine Arbeitsunterlagen enthielt. Nach den ersten beiden Praktika schockte mich nichts mehr so leicht. Zumindest dachte ich das.
Wie jede staatliche Schule begrüßte mich eine spartanische Ausstattung. Ich nahm das gar nicht mehr richtig wahr, so sehr hatte ich mich daran gewöhnt. Der Direktor, ein Farbiger mit einer Nickelbrille und krausem Haar, begrüßte mich freundlich.
„Ihr drittes Praktikum, dann sollte es keine Probleme geben", merkte er an. „Sie wissen also, was auf Sie zukommt."
„In etwa", erwiderte ich lächelnd und hoffte, dass die Schüler es mir nicht allzu schwer machten.
Man teilte mir einen Lehrer zu, der mich betreute und dann ging alles seinen gewohnten Gang. Die Musikklasse war groß und die Schüler größtenteils farbig. Der Anteil der Weißen betrug nicht mehr als fünfzehn Prozent, wie mir mein Betreuer erklärte. Das Verhältnis farbiger zu weißer Lehrer war etwa vier zu eins und somit gehörte ich zur Unterzahl.
Nach meiner Vorstellung musterten mich die Schüler gründlich und einer fragte frech: „Hey Chica, willst du mit mir ausgehen?"
Ich überhörte die Frage geflissentlich, da meinte ein anderer: „Nein, will sie nicht. Sie steht vermutlich nur auf privilegierte weiße Typen mit viel Kohle."
Der Großteil der Schüler lachte laut, während ich innerlich wütend wurde. Zeigen tat ich das jedoch nicht, sondern agierte, als ignorierte ich die gesprochenen Worte.
Das Piano im Raum lachte mich förmlich an und da es üblich war, dass die Lehrkraft zuerst etwas spielte, machte ich mich ans Werk. Gott sei Dank hörten die Schüler zu und ich kam nicht in die Verlegenheit um Ruhe bitten zu müssen. Allerdings lagen hier die Schwierigkeiten auf anderem Niveau.
Als ich in die Runde fragte, wer denn Lust hätte, das Stück nachzuspielen, kicherten einige der Mädchen. Der unverschämte farbige Junge, der mich unlängst mit Chica ansprach, meinte: „Das ist doch Kinderkram. Ich kann ganz andere Dinge spielen."
„Jackson, halt deine Klappe! Nicht jeder ist in der Academy wie du", fauchte eines der Mädchen.
„Ich kann auch nichts für dein fehlendes Talent", schoss Jackson zurück.
Was immer es mit dieser Academy auf sich hatte, ich war nahe daran, ihm einen Verweis zu erteilen. Aber das stand mir als Praktikant nicht zu. Das durfte ich erst nach meinem Bachelorabschluss tun.
„Nun, Jackson, da du scheinbar hier der Profi bist, könntest du uns doch locker etwas vorspielen", ermunterte ich Mr Obercool.
Mit verschränkten Armen stand er da und musterte mich: „Also, wenn Sie mit mir ausgehen, würde ich mir das vielleicht überlegen, Chica."
Das 'Chica' betonter er besonders, wohl um mich zu provozieren.
„Ich glaube, da hätte mein Freund etwas dagegen", erwiderte ich und wies mit dem Kopf in Richtung Piano: „Ich warte auf deine Vorführung."
Wir lieferten uns ein Blickduell und schließlich sprach er: „Ich muss meine Finger schonen, für die Academy. Vielleicht morgen oder so."
Der Kerl war wirklich der Gipfel der Unverschämtheit. Wenn ich das durchgehen ließ, hatte ich verloren. Das war mir bewusst.
„Nein, Jackson. Deine Academy interessiert mich nicht, denn wir befinden uns hier im normalen Musikunterricht. Alles, was du hier tust oder nicht tust, wird benotet. Die Dinge in der Academy laufen außerhalb der Schulnoten."
Seine Haltung veränderte sich. Jackson ließ die Arme hängen und ging mit langsamen Schritten zum Piano. Dort ließ er sich auf dem Stuhl nieder und schaute mich an: „Okay, ich mache das jetzt nur, um Ihnen mein Talent zu zeigen. Das ist sozusagen exlusiv."
Mein einziger Kommentar bestand aus einem Augenrollen.
„Also, was soll ich spielen?", kam es lässig aus seinem Mund.
Komischerweise kam mir ein Song in den Sinn, den Niall sehr oft und liebend gerne gespielt hatte: „Roll over Beethoven von Electric Light Orchestra."
Für eine Sekunde erkannte ich die Überraschung in Jacksons braunen Augen, doch er tat so, als schien ihn nichts aus der Ruhe zu bringen. Kurz spreizte er seine langen Finger und berührte Sekunden später die Tasten damit.
Diese Melodie war so in meinem Kopf verankert, dass ich sofort in alte Zeiten zurückversetzt wurde. New York, das Penthouse, die Juilliard, Niall. Aber es war nicht Niall, der am Piano saß, sondern ein überaus frecher, aber sehr talentierter Jugendlicher namens Jackson.
Seine Begabung war immens, das hörte ich sofort. Während er am Piano saß, beobachtete ich ihn. Er wirkte fast geistesabwesend und doch wussten seine Finger genau, was sie taten. Jackson hatte keine Probleme, das Lied zu spielen und er machte nicht einen Fehler dabei.
Nachdem er fertig war, drehte er sich in meine Richtung: „Kriege ich nun eine gute Benotung?"
„Für das Spielen ja, für dein Benehmen eher weniger", antwortete ich trocken.
Ich war irre aufgeregt, versuchte mir jedoch nichts anmerken zu lassen. Als Lehrerin durch eine wilde Horde Jugendlicher zu kommen, ohne zu versagen, war nicht einfach. Und schon gar nicht an einer Schule wie dieser.
Nach einem aufregenden ersten Tag verließ ich das Schulgebäude um drei Uhr. Als ich in Richtung Parkplatz lief, machte ich in einiger Entfernung einen Mann aus, den ich kannte: Mr Stringer.
Was tat der denn hier?
Ein Professor, der an der UCLA unterrichtete, trieb sich auf einer High School herum. Noch dazu in einem Viertel, in dem man ganz sicher nicht freiwillig unterwegs war. Das fand ich äußerst merkwürdig.
Noch merkwürdiger war die Tatsache, dass ich Mr Stringer am übernächsten Tag erneut auf dem Schulgelände erblickte. Dieser Sache wollte ich unbedingt auf den Grund gehen und schlich ihm möglichst unauffällig hinterher.
Normalerweise war um diese Zeit der Unterricht beendet, es sei denn, man gehörte der Baseballmannschaft der Schule an. Diese Schüler hatten nachmittags Training. Aber draußen und nicht drinnen, im Nebengebäude, das Mr Stringer aufsuchte. Dort befanden sich zusätzliche Musikübungsräume.
Auf leisen Sohlen folgte ich dem Professor, der plötzlich eine Tür aufstieß und dahinter verschwand. Kurz überlegte ich, was ich tun sollte, und entschied mich dafür, wenigstens einen Blick auf das Schild zu werfen, das neben der Tür angebracht war.
„Tonstudio", wisperte ich leise vor mich hin.
Diese Schule besaß wohl eine besondere Ausstattung, was die Musik anging, und das machte mich sehr neugierig.
Unschlüssig blieb ich im Gang stehen. Was sollte ich jetzt tun? Ich konnte wohl kaum hier Wurzeln schlagen, bis Mr Stringer wieder zurückkehrte. Vielleicht sollte ich meinen Betreuer morgen fragen, was es damit auf sich hatte. Legitim erschien mir dies auf jeden Fall.
Als Colby an diesem Abend nach Hause kehrte, redete ich mit ihm darüber. Auch er war der Meinung, ich sollte mich bei meinem Betreuer erkundigen.
„Das zeigt nur dein großes Interesse, Robyn. Niemand wird dir das negativ auslegen", beruhigte er mich. Anschließend küsste er mich sachte auf die Lippen und entlockte mir damit ein Grinsen.
„Alles klar, dann wende ich mich morgen vertrauensvoll an meinen Betreuer", erwiderte ich und küsste ihn ebenfalls.
Sanft strich Colby eine Haarsträhne aus meinem Gesicht: „Miss Fitzgerald, ich glaube, du wirst mal eine hervorragende Lehrerin sein."
„Denkst du?"
„Klar und auf jeden Fall eine, nach der sich die männlichen Schüler umdrehen." Er grinste breit und ich kniff ihn in die Seite.
„Das ist aber nicht Sinn des Unterrichts."
Mein Freund sah das eher locker: „Ach, es gibt so vieles, was sinnfrei ist." Dabei zwinkerte er mir zu.
Ein Anruf auf Colbys Handy zerstörte unsere Zweisamkeit. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, da es sich wohl um eine geschäftliche Sache handelte und zog mich in die Küche zurück, um mir etwas zu trinken zu holen.
Kaum saß ich wieder auf dem Sofa, gesellte sich Colby zu mir: „Ich muss in vier Wochen nach Alabama fliegen. Dort wird eine unserer neuen Maschinen eingesetzt und ich soll am Anfang überwachen, ob alles glatt läuft."
Es war nichts Außergewöhnliches, dass Colby geschäftlich verreiste und somit nahm ich dies lediglich zur Kenntnis. Auch wenn seine Abwesenheit in meine Spring Break fiel. Da ich aber für die Bachelorprüfung lernen wollte, empfand ich dies nicht als tragisch.
„Wie lange wirst du weg sein?"
„Leider eine ganze Woche. Ich fliege sonntagsabends, damit ich Montag in aller Frühe da sein kann, denn der Bautrupp startet bereits um sieben. Freitags komme ich dann zurück."
„Also wie meistens", stellte ich fest. „Ich werde es überleben, auch wenn du mir fehlen wirst."
Am nächsten Tag konnte ich es kaum erwarten, meinen Betreuer in der Schule auszuhorchen.
„Sag mal", begann ich in der Mittagspause, „ich habe gesehen, dass es hier sogar ein Tonstudio gibt."
„Oh, da war jemand im Nachbargebäude unterwegs", grinste Kenneth, mein Betreuer.
Prompt spürte ich wie meine Wangen rot wurden. „Ja, ich habe einen meiner Dozenten hier gesehen und wollte wissen, was er an dieser Schule zu tun hat", erklärte ich ohne Umschweife.
„Doch nicht etwa Professor Stringer?"
„Doch, genau den."
Kenneth grinste erneut: „Er ist ein toller Mensch und überaus fähiger Lehrmeister."
„Aber was tut er hier, an einer Schule?", hakte ich nach.
„Er unterrichtet Schüler, die in der Academy aufgenommen wurde."
Da war es wieder, dieses Zauberwort, das ich mit Jackson in Verbindung brachte.
„Was hat es mit dieser Academy auf sich?", wollte ich wissen und machte mich bereit, die Spagetti Bolognese zu vertilgen.
Bereitwillig begann mein Betreuer zu erzählen und ich hörte aufmerksam zu.
„Die Academy wurde von drei Professoren gegründet. Einer davon ist Mr Stringer. Sie hat den Zweck, zusätzlich zu den normalen Schulstunden, Musik zu unterrichten."
„Und das auf dem Schwerpunkt Praxis", stellte ich fest.
„So ist es. Wenn du mehr darüber wissen möchtest, musst du Mr Stringer fragen."
„Das werde ich allerdings tun."
Es fiel mir schwer, mich bis nach dem Praktikum zu gedulden, aber etwas anderes blieb mir nicht übrig. Im Grunde genommen war ich froh, aber auch stolz, als die drei Wochen um waren. Die Schüler machten es mir nicht gerade leicht und man merkte an ihrer Verhaltensweise, dass sie aus unteren sozialen Schichten stammten. Sie dafür zu verurteilen, lag mir jedoch fern. Ich wollte, dass sie etwas lernten, ihnen alles beibringen, was ich konnte und wusste, und sie ermuntern, an sich zu arbeiten.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich niemals an einer Privatschule tätig sein wollte. Die Kids dort hatten es nicht nötig, sich richtig anzustrengen. Ihre Eltern spielten das tolle Vitamin B aus, damit sie die besten Jobs ergatterten und demnach empfand ich es nicht als Herausforderung, an solch einer Schule zu unterrichten.
Der erste Tag nach dem Praktikum fühlte sich immer komisch an. Jetzt saß ich wieder in einem Vorlesungssaal oder praktischen Übungsraum und wartete sehnsüchtig auf die Gelegenheit mit Mr Stringer sprechen zu können. Einen Termin zu bekommen, dauerte sicher ewig und deshalb entschloss ich mich dazu, ihn direkt nach einer Vorlesung anzusprechen. Dies schien mir auch besser zu sein, da sich meine Frage nicht auf das Studium begrenzte.
Dienstags hatte ich meine erste Vorlesung bei ihm und ergriff die Gelegenheit beim Schopf.
Absichtlich hatte ich einen Platz in der ersten Reihe gewählt, damit ich den Professor erreichte, bevor er seine Sachen zusammenpackte und verschwand.
„Mr Stringer, ich hätte eine Frage an Sie", begann ich.
Er ließ sich nicht stören, nahm die Aktentasche zur Hand und meinte: „Wenden Sie sich bitte an meine Assistentin zwecks Terminabsprache."
„Nein, nein, es geht nicht um das Studium. Ich habe Sie in der Schule gesehen, in der ich mein Praktikum absolvierte."
Der Dozent hob seinen Kopf und musterte mich: „Und? Welche Frage ergibt sich für Sie daraus?"
Meine Hände wurden ein wenig schwitzig: „Es geht um die Academy."
Mr Stringer schaute mich völlig verständnislos an: „Tatsächlich? Nun, da es nichts mit dem Studium zu tun hat, ist dieses Thema für Sie eigentlich völlig uninteressant."
„Nein, ist es nicht!", sprach ich bestimmt. „Es interessiert mich, wie Sie die Schüler für diese Gruppe auswählen und was das Ziel ist."
Der Dozent packte seinen Laptop in die Aktentasche und wandte sich zum Gehen: „Das Ziel ist es, den Schülern die bestmögliche Ausbildung zukommen zu lassen und sie auf ein College vorzubereiten. Aber es handelt sich dabei um Schüler, die Sie niemals unterrichten werden. Sie passen nicht in diese Welt. Sie kommen aus einer sehr privilegierten Schicht, diese Kinder sind aus sozial schwachen Verhältnisse."
Ein empörtes Schnaufen entwich meiner Kehle: „Sie sind sehr voreingenommen."
Mr Stringer lief los und ich blieb an seiner Seite wie eine Klette. Dabei entschied ich mich zum Frontalangriff: „Aber ich würde mir das gerne einmal anschauen. Bitte lassen Sie mich doch nur zuschauen. Ich würde auch still sein und keine Fragen stellen."
Der Dozent holte ein blütenweißes Taschentuch aus seiner Jackentasche und tupfte sich die Stirn damit ab: „Sie wollen es wohl nicht kapieren, oder? Dann muss ich wohl deutlicher werden."
Unsere Blicke trafen sich, als er mir die Worte ins Gesicht schmetterte: „Sie sind eine sehr junge Lehrkraft, ohne Erfahrung. Hinzu kommt, dass Sie weiblich sind und weiß. Diese Kids werden Sie auseinandernehmen und zum Heulen bringen."
Mir platzte der Kragen.
„Und Sie sind rassistisch und frauenfeindlich!", wehrte ich mich.
„Ich bin rassistisch?" Mr Stringers Ton war sehr ironisch, worauf ich meine Behauptung untermauerte.
„Es gibt auch Rassismus gegen Weiße. Das haben Sie mir gerade bewiesen."
Der Professor stoppte seinen Schritt und fast prallte ich gegen ihn: „Nein, das bin ich nicht, aber diese Kinder sind es. Allerdings wissen sie es nicht besser."
Bevor ich ein weiteres Wort sagen konnte, überraschten mich seine nächsten Aussagen: „Also gut, versuchen Sie es. Wenn Sie Ihre Bachelorprüfung geschafft haben, melden Sie sich bei mir. Dann nehme ich Sie mit zur Academy. Allerdings nur, um Ihnen zu beweisen, dass ich Recht habe."
Mehr wollte ich gar nicht. Dabeisein und sehen, wie Mr Stringer alles aus den Schülern herausholte.
Unbewusst weckte der Professor meinen Ehrgeiz dahingehend. Schüler aus sozial schwachen Familien, so wie Niall. Trotzdem hatte er es geschafft, ein Stipendium an der Juilliard zu ergattern. Weshalb sollten diese Kinder es nicht auch schaffen? Der Grundgedanke der Academy gefiel mir sehr und ich würde alles daransetzen, dort unterrichten zu dürfen. Koste es, was es wolle.
Am Abend unterhielt ich mich mit Colby darüber, der meinte, ich sollte mich im Moment nur auf die Prüfung konzentrieren. Im Prinzip hatte er recht, denn als ich anfing die Academy zu googeln, saß ich eine halbe Stunde vor dem Laptop, um alle Informationen aufzusaugen. Es handelte sich dabei um ein relativ neues Projekt, kaum ein Jahr alt. Gegründet in Los Angeles und im Moment nur dort ansässig.
Seufzend ging ich um halb eins ins Bett, eigentlich viel zu spät. Colby schlief bereits, doch ich lag noch eine Weile wach.
Die Woche vor der Spring Break verging rasend schnell, sobald man sich im Uni Trott befand. Auch das Wochenende raste und als ich mich am Sonntag von Colby verabschiedete, kam es mir vor, als würden die Prüfungen schon morgen vor der Tür stehen. Gott sei Dank war das nicht der Fall und ich begann gleich am Montag gewissenhaft zu lernen.
Dazwischen machte ich immer Pausen, während denen ich aß oder Entspannungsübungen absolvierte. Das wirkte sich positiv auf meine Konzentration aus.
Abends schaute ich einen Film an, sprach mit Colby über Videocall und machte mich gegen elf Uhr bettfertig. Kaum lag ich unter der Decke, nahm ich das Handy nochmal zur Hand und sah, dass Kani mir vor einer halben Stunde geschrieben hatte.
In New York war es jetzt zwei Uhr, aber da sie sich ebenso wie ich in der Spring Break befand, wunderte mich das nicht.
Gespannt öffnete ich ihre Nachricht, die ein Video enthielt.
„Schau mal, wen wir gestern gesehen haben", lautete der dazugehörige Text.
Prompt klickte ich das Video an, stellte den Ton auf volle Lautstärke und wurde buchstäblich mitgerissen.
Niall.
In einer Bar in New York.
Er spielte Piano und sang dazu.
Kani hatte das komplette Lied aufgenommen und auch wie er sich danach erhob und beim Publikum bedankte.
Mein Herz raste, meine Kehle wurde trocken und meine Hände zitterten, als ich das Video ein zweites Mal anschaute. Er sah irre gut aus und seine Ausstrahlung wirkte immens auf die Leute. Sie spendeten Beifall und bejubelten ihn.
Wie gerne wäre ich dort gewesen und hätte Niall live erlebt.
Noch einmal schaute ich mir das Video an, dann textete ich Kani: „Bist du noch wach?"
Anstatt einer Antwort rief sie mich per WhatsApp Video zurück. Das Lächeln meiner besten Freundin zu sehen, tat mir gut.
„Hey, Robyn, klar bin ich noch wach."
„Nachts um zwei? Wo ist Ruben?", erkundigte ich mich erstaunt.
Kani lachte kurz: „Weißt du, er ist stellvertretender Staatsanwalt und wurde angerufen, kurz nachdem wir nach Hause kamen. Irgendein reicher Kerl hat seine Frau umgebracht. Da ist die Kacke am Dampfen. Ich denke, man wird das morgen in den Medien lesen. Aber wir hatten vorher einen schönen Abend im Brandy's."
Das war das Stichwort für mich: „Ist das die Bar, in der Niall gespielt hat?"
„Exakt und Robyn, er ist so irre gut. Ich war richtig geflasht. Ruben steht ja voll auf Piano und war mal mit seinen Kollegen in der Bar. Daher hatte er Niall bereits gesehen, aber er wusste natürlich nicht, dass ich ihn kenne."
Ein dicker Kloß bildete sich in meiner Kehle und ich atmete tief durch: „Hast du mit ihm gesprochen?"
„Mit Niall? Klar. Er hat sich sehr gefreut, mich zu sehen und fand es toll wie Ruben von seiner Musik schwärmte."
Sie packte einen Schokorigel aus und biss herzhaft hinein.
„Und was ist dann passiert?" Herrgott, ich klang wie ein Stalker und dafür hasste ich mich selbst.
Kani antwortete sofort: „Wir haben uns ein bisschen unterhalten. Niall sagte, dass er im Stress ist wegen der Prüfungen, aber das geht uns ja allen so."
„Da sagst du was", seufzte ich. „Ich habe heute bereits mit dem Lernen angefangen."
„Ich lege morgen los. Zum Glück kann Ruben mir unter die Arme greifen. Der hat den ganzen Stoff ja selbst inhaliert."
Synchron begannen wir beide zu lachen. „Das hört sich an, als sei Ruben auf Drogen", meinte ich.
„Zum Glück ist er das nicht, oder besser gesagt, ich bin seine Droge."
Meine beste Freundin zwinkerte mir zu und fragte im gleichen Moment: „Und wie läuft es mit deinem Herzbuben?"
Ich angelte mir ein Bonbon aus der Nachtischschublade: „Er ist gerade geschäftlich unterwegs und kommt erst wieder Ende der Woche zurück." In diesem Moment war ich froh, dass Colby nicht hier war. Das Video von Niall verwirrte mich heftig. Ich wusste gerade nicht, was mit mir passierte.
„Schade, dass wir beide jetzt lernen müssen, sonst hätten wir nochmal eine gemeinsame Reise unternehmen können", seufzte Kani und holte mich aus den Gedanken.
„Ja, die war damals toll."
Das Damals fühlte sich an, als sei es Jahrzehnte her. Einerseits raste die Zeit, aber andererseits verging sie nicht schnell genug. Zumindest für mich.
„Hör zu Robyn, ich muss jetzt schlafen, denn morgen will ich früh zu lernen anfangen", verabschiedete sich Kani von mir.
„Ja, geht mir genauso."
Nachdem wir das Gespräch beendet hatten, schaute ich mir das Video von Niall noch dreimal an. Jedes Mal krampfte sich mein Magen zusammen. Gleichzeitig schlug mein Herz wie verrückt.
Mit zitternden Fingern legte ich das Handy aus der Hand, schaltete die Nachttischlampe aus und versuchte zu schlafen. Von einer Seite wälzte ich mich auf die andere, versuchte nicht an das Video zu denken und schlief irgendwann ein.
Am nächsten Morgen holte mich der Wecker aus dem Schlaf und aus einem Traum.
Hilflos schnappte ich nach Luft, während die Szenen sich in meinem Kopf wiederholten.
Mit geschlossenen Augen genoss ich jeden verdammten Augenblick, den mir dieser Traum bescherte.
Nialls Hand streichelte über mein Gesicht, dann küsste er mich sanft auf die Lippen. Schmetterlinge in meinem Bauch, ein rasendes Herz, hektisches Atmen. Ich erlebte alles noch einmal. Ein Teil von mir wünschte sich, nie aus diesem Traum erwacht zu sein. In der nächsten Sekunde schämte ich mich für meine Gedanken und in der übernächsten startete ich das Video erneut.
In den Minuten, während das Video lief, realisierte ich eine sehr wichtige Sache.
Niall befand sich noch immer inmeinem Herzen. Wie sollte ich damit nur umgehen?
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Uff, das Kapitel bzw der Schluss war sehr schwer zu schreiben. Nun habe ich Robyn fast da, wo ich sie haben wollte...
Ihre Entwicklung zu schreiben macht sehr viel Spaß und ich hoffe, euch macht es auch Spaß dies zu lesen.
Denkt ihr es wäre für Robyn eine gute Sache, als Lehrkraft in der Academy Gruppe zu unterrichten?
Schafft sie das überhaupt oder tanzen ihr alle auf der Nase herum?
Was sagt ihr zu Mr Stringers Ansicht, Robyn betreffend? Hat er recht?
Tja und nun das Video...es hat Robyn verwirrt und alte Gefühle kamen wieder hoch. Könnt ihr das nachvollziehen?
Was wird sie wohl jetzt tun?
Danke für eure Motivation und insbesondere die lieben Kommis.
LG, Ambi xxx
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