49. Business
In the burning heart
Just about to burst
There's a quest for answers
An unquenchable thirst
In the darkest night
Rising like a spire
In the burning heart
The unmistakable fire
Survivor - Burning Heart
< N I A L L >
„Das meinen Sie nicht ernst, oder?"
„Doch, ich meine das sogar sehr ernst, Niall. Überlege es dir und rufe mich an."
Nach diesen Worten verabschiedete sich Marvin Higgins von mir, bevor er das Brandy's verließ.
Aufgewühlt und beinahe fassungslos blieb ich zurück. Ein Talentsucher eines bekannten Record Labels sprach mich an. Das musste ich erst einmal verdauen.
Auf dem Heimweg schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Was, wenn das ein Fake war? Jemand, der sich einen Scherz mit mir erlaubte? Jemand, der mich verarschen wollte?
Mein Herz klopfte noch immer wie verrückt, als ich die Tür zur Wohnung aufschloss. Zu meiner großen Überraschung saß Taylor auf dem Sofa. Die beiden Katzen belagerten sie, doch von Freddy fehlte jede Spur.
„Du bist noch auf?", wunderte ich mich.
„Schon wieder. Ich habe ziemlich fest und gut geschlafen. Was war in dem Kamillentee drin? Ein Beruhigungsmittel?", foppte sie mich und grinste frech.
„Vielleicht", beantwortete ich schmunzelnd ihre Frage.
Seufzend ließ ich mich neben ihr nieder, hatte die Jacke noch an und zog nur die Boots aus, damit ich meine Beine nach oben legen konnte. Unsere Füße trafen sich, bevor unsere Blicke sich kreuzten.
Taylor sah mir direkt in die Augen und sprach: „Was ist los, Niall?"
Stumm zog ich die Visitenkarte aus der Jackentasche, die der Typ mir im Brandy's gegeben hatte und reichte diese an meine beste Freundin weiter: „Das habe ich heute bekommen. Man möchte mich zu Probeaufnahmen einladen."
„Echt jetzt?" Taylor nahm die Visitenkarte in Augenschein. „Und wo ist jetzt dein Problem? Du wirkst nicht sehr begeistert."
„Ich weiß nicht, ob das Ding echt, oder besser gesagt, ob der Kerl echt ist", erklärte ich meine Bedenken. So viel Glück war doch nicht normal. Da gab es sicher einen Haken bei der Sache.
„Das haben wir gleich." Mit diesen Worten angelte Taylor sich ihren Laptop, der auf dem Wohnzimmertisch lag und tippte wild auf der Tastatur umher.
„Hier, bitte." Sie drehte den Monitor in meine Richtung. „Marvin Higgins, Talent Coach bei Atlantic Records in New York City."
Nachdenklich kratzte ich mich am Hinterkopf. Zumindest stimmten Name und Beruf überein. Vielleicht handelte es sich doch nicht um einen Scherz.
„Denkst du, ich sollte anrufen?"
Taylor klappte den Laptop wieder zu: „Also mal ehrlich, Niall. Was hast du zu verlieren? Du bist Student, verdienst im Brandy's ein paar Kröten, aber das ist vielleicht deine große Chance."
Zögerlich richtete ich meine nächste Frage an Taylor: „Denkst du, es ist normal, dass Talentsucher einfach so ein eine Bar stolpern, um Leute zu finden?"
Die Blondine räkelte sich auf dem Sofa: „Wo sollen sie denn sonst suchen, außer an Orten, die unbekannten Künstlern eine Bühne bieten? Ich finde das gar nicht abwegig, Niall."
„Aber ich habe noch nie einen Talentsucher im Brandy's gesehen, du etwa?"
„Keine Ahnung." Taylor schlug die Kuscheldecke zurück und schaute mich an: „Vielleicht waren schon welche da und wir haben es nicht mitbekommen, weil sie sich nicht für uns interessierten."
„Vermutlich hast du recht", seufzte ich.
Aufmunternd lächelte sie mir zu: „Du wirst schon die richtige Entscheidung treffen." Sekunden später spürte ich ihre Lippen auf meiner Wange: „Gute Nacht, meine kleine Pop-Diva."
In dieser Nacht schlief ich sehr schlecht, wurde andauernd wach und wälzte mich von einer Seite auf die andere. Dabei dachte ich an den Talent Coach. Vielleicht hatte Taylor recht, vielleicht sollte ich es einfach wagen. Zu verlieren hatte ich wirklich nichts, im Gegenteil.
Am Morgen begegnete ich Taylor nur kurz, da sie vor mir das Apartment verließ. Im Tonstudio wartete haufenweise Arbeit für sie, wie sie sich ausdrückte und das glaubte ich ihr aufs Wort.
In der Uni fiel es mir schwer, mich zu konzentrieren, aber schließlich ging der Tag irgendwie herum. Ich sprach mit keiner Menschenseele darüber, selbst mit Harry nicht. Erst wenn die Sache akut werden sollte, würde ich das tun.
Kaum verließ ich die Juilliard, zückte ich die Visitenkarte, die zu einer Art Lotterie für mich wurde. Ein tiefes Durchatmen und ich holte mein Handy hervor, um die Nummer einzugeben. Nach dreimaligem Rufzeichen vernahm ich eine Stimme: „Hallo, Marvin hier."
„Hallo, hier ist Niall", sprach ich ein wenig unsicher. „Sie haben mir im Brandy's Ihre Visitenkarte gegeben.
„Ich weiß noch, wer du bist und schön, dass du dich meldest", hörte ich Marvins raue Stimme. „Hast du Interesse an Probeaufnahmen?"
„Ja, die habe ich."
„Gut, dann lass mich bitte kurz checken, wann das Studio frei ist."
Fast vergaß ich zu atmen, so aufgeregt fühlte ich mich in diesem Moment. Bei Marvin im Hintergrund raschelte es und eine gefühlte halbe Minute später meldete er sich endlich wieder zu Wort: „Also, Niall, wie sieht es bei dir übernächste Woche Freitag aus?"
„Sie meinen, den Tag nach Thanksgiving?"
„Exakt."
Da musste ich nicht lange überlegen: „Das geht klar." Da die Uni an diesem Tag stets geschlossen blieb, stellte es kein Problem dar, den Termin wahrzunehmen.
„Gut, dann sei bitte um zehn Uhr morgens da. Die Adresse sende ich dir auf dein Handy."
„Das wäre cool." Mein Wortschatz schien noch immer eingeschränkt, weil ich nicht fasste, was gerade passierte. Übernächste Woche würde ich zum ersten Mal in einem Tonstudio eine Probeaufnahme hinter mich bringen. Hoffentlich versaute ich das nicht, das war meine größte Angst.
Außer mit Taylor redete ich mit niemanden über die bevorstehenden Probeaufnahmen. Erstens, weil sie aufgrund ihres Berufes Erfahrung darin besaß, zweitens, weil sie meine beste Freundin war, der ich bedingungslos vertraute und drittens, weil ich Schiss hatte, man könnte mich vielleicht ablehnen. Ich wollte nicht die Pferde scheumachen, allen davon erzählen und dann als Loser dastehen.
Meine Neugier bezüglich Atlantic Records kannte keine Grenzen, weshalb ich mich gründlich durch die Webseite schnüffelte. Insbesondere interessierte mich, welche Künstler sie unter Vertrag hatten.
Namen wie Bruno Mars, Cardi B, Coldplay und Ed Sheeran zu sehen, bauten meine Nervosität nur noch heftiger auf. Selbst Kelly Clarksons Name tauchte dort auf. Für sie hatte ich früher krass geschwärmt und ihre Musik mochte ich noch immer sehr.
Eines Tages meinen Namen auf dieser Homepage zu sehen wirkte wie ein irrer Fantasietraum. Allerdings würde ich alles dafür tun, damit er sich erfüllte. Außer, meine Seele zu verkaufen und nicht mehr ich selbst zu sein.
Taylor half mir bei der Musikauswahl für die Probeaufnahmen.
„Es kann gut sein, dass sie dich etwas spielen lassen, was sie sich ausdenken. Also mache dich auf alles gefasst", lauteten ihre Worte.
Na toll, jetzt hatte ich noch mehr die Hosen voll. Es fühlte sich an, als würde sich bei diesen Probeaufnahmen meine Zukunft entscheiden. Bis dahin schlief ich jede Nacht schlecht und wachte am Morgen mit rasendem Herzen auf.
Der Tag X kam schneller als gedacht.
Während ich mit meiner Familie beim Thanksgiving-Truthahn saß und alle ausgelassen am Tisch ihre Witze rissen, stopfte ich das Essen stumm in mich hinein.
„Was ist los, Kleiner? Geht es dir nicht gut?", erkundigte sich Liam.
„Nein, alles okay. Ich habe nur viel um die Ohren. Die nächsten Semesterprüfungen stehen an."
Das war nicht einmal gelogen.
„Ach komm, du packst das locker und bald hast du deinen Bachelor geschafft. Dann noch zwei Jahre und du hast den Master in der Tasche."
„Das sagst du so einfach", stöhnte ich und raufte mir die Haare, bevor ich mich vom Tisch erhob: „Ich gehe eine rauchen."
Als ich draußen im Regen stand und an der Zigarette zog, dachte ich plötzlich an Robyn. Die Worte, die sie mir einst sagte, tauchten in meinem Kopf auf: „Es ist nicht wichtig, woher ein Mensch kommt, sondern wohin er geht."
Komisch, dass ich mich gerade jetzt daran erinnerte. In einem Moment, in dem ich Beistand brauchte. Robyn hätte ihn mir gegeben. Sie hätte mich beruhigt und mir Mut zugesprochen. Nun taten es ihre Worte.
Für einen Moment schloss ich meine Augen, atmete tief ein und wieder aus.
„Okay, Niall, du schaffst das morgen", sprach ich zu mir selbst.
Am nächsten Morgen stand ich früher auf als Taylor, obwohl ich noch reichlich Zeit hatte. Zuerst fütterte ich die Tiere und kümmerte mich anschließend um das Frühstück. Ich backte Pancakes, worauf meine Mitbewohnerin euphorisch reagierte. Wenigstens aß ich auf diese Art und Weise etwas. Mit leerem Magen zu einem Vorspielen aufzukreuzen, hatte sich noch nie als gut erwiesen.
Ich war aufgeregter als bei meinen Semesterprüfungen, die mir plötzlich wie ein Klacks vorkamen, während ich in der Subway saß.
1633, Broadway, lautete die Adresse von Atlantic Records und als ich vor dem Gebäude stand, wurde mir leicht mulmig zumute. Es wirkte durchaus beeindruckend. Als ich durch die Glastüren schritt und auf den Empfangsbereich zusteuerte, kam ich mir vor wie in einem Traum.
Meine Stimme klang nervös: „Guten Morgen, mein Name ist Niall Horan und ich habe einen Termin bei Mr Higgins."
Die freundliche Dame, die ein dunkelblaues Kostüm trug lächelte: „Mit Marvin, also." Dann griff sie nach dem Telefon. Es dauerte nur wenige Sekunden, bevor ich das Okay bekam, mit dem Aufzug nach oben zu fahren.
Im fünften Stock stieg ich aus und wandte mich nach rechts, wie es mir beschrieben wurde. Plötzlich vernahm ich eine raue Stimme: „Hallo, Niall, schön, dass du pünktlich bist."
Marvin Higgins stand im Gang und grinste fröhlich. „Komm, ich zeige dir das Studio, in dem du gleich spielen darfst."
Als erstes fiel mein Blick auf das Piano. Das Musikinstrument gehörte zur Extraklasse und war schweineteuer. Mich juckte es plötzlich in den Fingern, darauf zu spielen, aber ich musste mich gedulden. Zumindest so lange, bis Marvin und die Tontechniker nebst Assistenten ihr okay gaben.
Marvin erklärte mir kurz, wie alles im Studio funktionierte und dass er in den kleinen separaten Raum verschwinden würde, um mir zuzuhören.
„Spiel was du magst, dann sehen wir weiter", meinte er. „Und bitte mit Gesang."
Zuerst brachte ich meine Atmung unter Kontrolle. Das war für das Singen ungemein wichtig. Anschließend knetete ich kurz meine Finger, bevor ich diese auf die Tasten des edlen Klaviers legte.
Meine Wahl fiel auf Elton John. Vielleicht hatte ich Marvin damit im Brandy's beeindruckt, wer wusste das schon?
Nachdem ich den Song beendet hatte, kam Marvin aus dem winzigen Raum gelaufen und fragte direkt: „Kannst du was von Queen spielen? Wir hätten gerne 'Spread Your Wings', okay?"
„Kein Problem", erwiderte ich und merkte, wie das Herz in meiner Brust hämmerte. Wenn man einen zweiten Song wollte, dann war der erste vielleicht nicht gut genug, oder aber man wollte das Bild meiner Person als Musiker ein wenig abrunden.
Als ich den zweiten Song beendete, war ich so aufgeregt, dass meine Hände schwitzten. Warum sagte niemand etwas? Weshalb kam Marvin nicht zu mir?
Ich wagte es nicht, mich zu bewegen, erst als ich einen Luftzug neben mir spürte, drehte ich den Kopf.
Marvin stand neben mir und grinste mich an: „Das war gut, Niall. Wir haben alles aufgenommen und spielen die Songs den Entscheidungsträgern vor. Also denen, die das letzte Wort haben."
Verständnislos starrte ich ihn an: „Und wie lange dauert das? Also bis ich dann Bescheid weiß?"
„Ich würde sagen, innerhalb der kommenden Woche. Du wirst von mir hören."
Seine Hand lag auf meiner Schulter. So, als ob er mir versicherte, dass alles gut werden würde.
„Danke, dass du gekommen bist, Niall. Und wie gesagt, ich melde mich bei dir."
Fünf Minuten später stand ich völlig aufgelöst auf dem Broadway und rauchte eine Zigarette. Was hatte ich denn gedacht? Dass man mir sofort einen Vertrag unter die Nase hielt? Wie naiv war ich eigentlich?
Nervös zog ich das Handy aus der Hosentasche und rief Taylor an. Sie hatte heute frei und verbrachte das verlängerte Wochenende bei ihren Eltern in Reading. Da ch dringend jemanden zum Reden brauchte, kam nur sie infrage.
„Hallo, Niall, alles klar bei dir?"
Ihre Stimme zu hören, tat gut und ich fing mich langsam wieder.
„Ja, mir geht es gut. Ich war gerade bei Atlantic Records."
„Und? Wie war das Vorspielen?"
Haarklein berichtete ich Taylor alles und zum Schluss sagte ich: „Ich denke nicht, dass sie Interesse an mir haben. Sonst hätte man doch heute schon etwas gesagt, oder nicht?"
„Unsinn", kam es zurück. „Der Talent Coach kann das nicht vollkommen allein entscheiden. Da haben die CEO's noch ein Wörtchen mitzureden. Ich würde es als gutes Zeichen werten, dass er ihnen deine Songs vorspielt. Denn wenn er es nicht täte, würde das daraufhin deuten, dass du doch nicht seinen Vorstellungen entsprichst."
„Denkst du wirklich?", seufzte ich.
„Ja, das denke ich."
Taylor besaß die Gabe, mich stets aufzumuntern, wenn ich es gerade am meisten benötigte. Auch jetzt strahlten ihre Worte Trost und eine gewisse Zuversicht aus.
„Dann werde ich mich wohl bis nächste Woche gedulden müssen", meinte ich seufzend. Geduld gehört nicht gerade zu meinen Stärken, wenn es um solche Dinge ging.
Die nächsten Tage fühlten sich wie ein Horrorfilm für mich an. Ständig verweilten meine Gedanken bei Marvin Higgins und Atlantic Records. Dabei sollte ich mich auf den Lernstoff und die Prüfungen konzentrieren.
Endlich, am Dienstagnachmittag, meldete sich mein Handy. Marvin Higgins. Seine Nummer hatte ich inzwischen eingespeichert und nahm das Gespräch mit rasendem Herzen entgegen.
„Hallo, Marvin."
„Hallo, Niall. Ich habe gute Nachrichten. Wie wäre es, wenn du heute nach der Uni bei uns vorbeischaust, damit wir alles weitere besprechen können?"
Kurz stockte mein Atem, dann sprach ich: „Heißt das, Sie haben Interesse an mir?"
„Oh ja, sehr großes sogar. Also, bis heute Nachmittag."
Noch immer konnte ich nicht glauben, was gerade in meinem Leben passierte. Selbst als ich bei Marvin im Büro saß, kam mir alles wie ein Traum vor. Dabei umhüllte mich die blanke Realität.
„Also, Niall", Marvin schob mir einen Papierwust über den glänzenden Tisch, „hier ist der Vertrag. Du kannst ihn gerne durch einen Anwalt deiner Wahl prüfen lassen und wenn etwas nicht passt, reden wir darüber. Wenn du unterschreibst, wird unser Studio in der Spring Break für dich geblockt. In dieser Zeit kann man gut einen, vielleicht auch zwei Songs aufnehmen. Einer davon wird deine Single werden. Sie würde im Juni veröffentlicht werden, damit du auch gleich anständig promoten kannst."
Die Informationen überrannten mich fast, doch eine Frage ploppte glasklar in meinem Kopf auf: „Was ist mit meinem Studium?"
Marvin nahm einen großen Schluck von seinem Wasserglas, bevor er antwortete: „Wenn alles gut läuft, hast du im Mai deinen Bachelor, richtig?"
„Ja, das stimmt."
„Nun", Marvin fixierte mich mit seinen braunen Augen, „du könntest danach Karriere im Musikgeschäft machen. Wir legen keinen Wert auf den Master, denn für uns zählt nur Talent. Warten können wir allerdings nicht. Wir wollen dich jetzt und nicht erst in zweieinhalb Jahren."
Kurz schluckte ich und spürte, wie meine Hände schwitzig wurden. Keinen Masterabschluss, dabei war das immer mein Traum gewesen. Aber vielleicht musste man seine Träume zwischendurch neu definieren.
„Du hast zwei Tage Bedenkzeit. Bis dahin erwarten wir eine hoffentlich positive Antwort."
Marvin sprach wie immer Klartext und ich nahm den Vertrag an mich. Da tauchte das nächste Problem in meinem Kopf auf. Wo um Himmels Willen sollte ich einen Anwalt auftreiben, abgesehen davon, dass mir die finanziellen Mittel fehlten, um diesen zu bezahlen?
Allerdings lag mir der Gedanke, mein Studium vorzeitig zu beenden, im Moment schwerer im Magen als der Rest. Jemanden um Rat zu fragen, schien angebracht und im Augenblick fiel mir meine Dozentin Mrs Carrington ein. Gleich morgen früh wollte ich mich darum kümmern. Auch Taylor, mit der ich abends darüber sprach, hielt das für eine ausgezeichnete Idee.
Wieder verbrachte ich eine fast schlaflose Nacht in meinem Bett, trotzdem fühlte ich mich am nächsten Tag aber nicht müde, sondern voller Tatendrang. Ehe die Vorlesungen und praktischen Übungen begannen, stürmte ich in das Büro meiner Dozentin, oder besser gesagt in das ihrer Vorzimmerdame.
„Ich muss unbedingt mit Mrs Carrington sprechen", sprach ich keuchend.
„Guten Morgen", erwiderte die Assistentin aalglatt. „Wie ist Ihr Name und haben Sie einen Termin?"
„Nein, habe ich nicht. Mein Name ist Niall Horan und es ist wirklich wichtig."
„Wichtig ist es immer." Sie blickte über den Rand ihrer Brille hinweg und musterte mich, als sei ich geistesgestört: „Ich kann Ihnen einen Termin in zwei Wochen anbieten. Da hat jemand abgesagt."
Langsam riss mir der Geduldsfaden: „Sie haben mich nicht verstanden. Ich habe keine zwei Wochen Zeit, sondern nur noch einen Tag. Es geht um mein weiteres Leben. Ich brauche dringend ein Gespräch mit Mrs Carrington!"
Mir wurde gar nicht bewusst, wie laut ich sprach, erst als sich die Tür zum Büro der Dozentin öffnete und Mrs Carrington persönlich erschien, zog ich instinktiv den Kopf ein.
„Was ist denn das für ein Lärm? Kann man nicht mal in Ruhe seinen Kaffee trinken?" Ihr Blick fiel auf mich und ich murmelte: „Es ist unglaublich wichtig, Mrs Carrington. Ich muss Sie sprechen. Jetzt."
Kurz rollte sie mit den Augen, nickte mir jedoch zu: „Ab in mein Büro, Niall. Sie haben genau zwei Minuten."
Aus den zwei Minuten wurde eine Viertelstunde. Ich bekam einen Kaffee vor die Nase gestellt und Mrs Carrington hörte mir aufmerksam zu. Dabei verzog sich ihr Gesicht mehrmals zu einem Lächeln.
„Ich brauche Ihren Rat, Mrs Carrington. Ich weiß nicht, ob es ich es riskieren soll, mein Studium vorzeitig zu beenden." Das war mein letzter verzweifelter Satz.
Zum ersten Mal erlebte ich meine Dozentin als einen herzlichen, ehrlichen Menschen, er mir alle Ängste nahm.
„Sie besitzen ein unglaubliches Talent, Niall. Ich habe Sie immer auf der Bühne gesehen und denke, das ist Ihre Bestimmung. Musiker zu sein, die Menschen mit Ihren Liedern zu unterhalten. Dafür braucht man keinen Masterabschluss. Und wenn es schiefgehen sollte, haben Sie noch immer den Bachelor. Mit dem können Sie in einem Tonstudio arbeiten, auch beim Fernsehen, oder Musiklehrer werden. Allerdings kein Dozent an Hochschulen oder für spezielle Förderprogramme. Aber es gibt genügend Jobs. Doch ich gehe eigentlich davon aus, dass Ihr Talent Sie sehr weit bringen wird." Sie atmete tief durch: „Unterschreiben Sie, Niall, wenn es das ist, was Ihr Herz möchte."
In diesem Augenblick gab es nichts, was mein Herz mehr wollte.
Einen Tag später saß ich bei Atlantic Records in Marvins Büro. Der Talent Coach informierte mich über den Vorab-Vertrag, den wir an Ort und Stelle schlossen.
„Den richtigen Vertrag kannst du dann in Ruhe prüfen lassen, Niall. Erfahrungsgemäß dauert das in etwa zwei Wochen. Ich kann dir eine Liste von Anwaltskanzleien geben, die über entsprechende Mitarbeiter verfügen, die sich damit auskennen."
Scheiße, woher sollte ich die Kohle nehmen? Marvin schien meine Gedanken lesen zu können, denn er meinte plötzlich: „Wenn Geld ein Problem sein sollte, wird Atlantic Records den Betrag vorschießen. Das machen wir oft bei jungen Künstlern, also keine Sorge."
Gleich mit Schulden irgendwo einzusteigen, widerstrebte mir zwar, aber ich hatte keine andere Wahl. Im Geiste quälte mich noch eine andere Frage, jene, die ich Taylor auch schon gestellt hatte.
„Darf ich etwas fragen, Marvin?", begann ich zögerlich.
„Natürlich, nur zu", ermunterte er mich.
„Waren Sie eigentlich zufällig an diesem Abend im Brandy's?"
Marvins breites Schmunzeln ließ erahnen, dass seine Antwort kein Ja sein würde, und ich täuschte mich in dieser Hinsicht nicht.
„Nein, ich war nicht zufällig dort. Vielmehr bekam ich einen Tipp von einer guten Freundin."
Leicht runzelte ich die Stirn und sein nächster Satz haute mich fast vom Hocker: „Du kennst sie ebenfalls. Ihr Name ist Miriam Kushner und sie ist die Tochter unseres stellvertretenden CEO."
Diese Wahrheit fühlte sich so ungeheuerlich an, dass ich fast den Boden unter den Füßen verlor.
Miriam.
Die Tochter des stellvertretenden CEO von Atlantic Records.
Sie verlor nie ein Wort darüber.
Nachdem ich mich von Marvin verabschiedet hatte, führte mich mein Weg direkt zu dem Haus, in dem Miriam wohnte. Dort wartete ich, bis sie von der Arbeit nach Hause kam.
Bis um viertel nach sieben wurde meine Geduld strapaziert, dann tauchte Miriam auf.
„Niall, was machst du denn hier?" Überrascht schaute sie mich an und kramte ihren Schlüsselbund aus der Handtasche. „Komm doch mit rein."
Das tat ich und als wir im Wohnzimmer standen, kam ein einziges Wort aus meinem Mund: „Danke."
Miriam schloss mich in eine herzliche Umarmung: „Dann hat es also geklappt? Oh Gott, das freut mich so, Niall."
„Warum hast du das getan?", hauchte ich ihr ins Ohr.
Ihre Stimme zitterte ein wenig: „Weil du es verdienst und weil es die einzige Möglichkeit ist, dir halbwegs zu danken."
„Wofür?", wollte ich wissen.
Noch immer umarmten wir uns und Miriam antwortete: „Dafür, dass du mich aufgerichtet hast und mir den Glauben an die Männer zurückgabst. Das werde ich dir nie vergessen."
„Habe ich das?", wollte ich wissen und küsste sie auf die Stirn.
„Ja, das hast du."
Miriam war einfach unglaublich.
„Weshalb hast du mir nie erzählt, dass du Beziehungen in der Musikbranche hast?", horchte ich nach.
Ihre Antwort war simpel: „Weil ich nicht wollte, dass das vielleicht irgendwann eine Rolle für unser Verhältnis spielt. Es war komplett unwichtig. Aber nun konnte ich es als Dankeschön verwenden."
Vorsichtig strich ich eine rote Haarsträhne aus ihrem Gesicht: „Und dein Dad?"
Miriam schmunzelte: „Mein Dad weiß nicht, wie intim wir uns kennen. Er wird das auch nie erfahren und glaube mir, der Weg über Marvin war der richtige. Ich kenne ihn, seit ich fünfzehn bin und wusste, er tut mir den Gefallen und schaut im Brandy's vorbei, wenn ich ihn darum bitte."
Tief seufzte ich: „Ich habe den Vorvertrag unterschrieben. Der richtige muss noch durch einen Anwalt geprüft werden. Also steige ich mit Schulden ein."
Nun überraschte mich Miriam ein weiteres Mal: „Einen Teufel wirst du tun. Du gibst mir den Vertrag und ich checke ihn und lasse das von einem meiner Kollegen absegnen. Ich darf das nämlich in deinem Fall nicht tun, weil Atlantic Records da mit drinhängt und da bin ich wegen Befangenheit raus. Aber mein Kollege macht das schon."
Ihr Augenzwinkern ließ mich wissen, dass unsere Freundschaft etwas Besonderes war. Etwas, was nie verging.
So, wie meine Liebe zur Musik.
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Nun ist es raus, ich denke die meisten haben es schon geahnt: Miriam hat den Talent Coach ins Brandy's geschickt.
Meinungen dazu?
Für Niall geht es jetzt richtig los.
Denkt ihr, es ist eine gute Entscheidung, wenn er sein Studium nach dem Bachelor Abschluss verlässt?
Oder glaubt ihr, das ist ein zu großes Risiko?
Was hättet ihr an seiner Stelle getan?
Ich mochte übrigens das Gespräch zwischen Mrs Carrington und Niall sehr. Ging es euch auch so?
Nun müssen wir Niall die Daumen drücken und hoffen, dass seine neue Single ein Hit wird.
Aber wir müssen auch Louis die Daumen drücken...im nächsten Kapitel.
Bis dahin wünsche ich euch eine schöne Zeit und bedanke mich bei allen, die mich unterstützen.
LG, Ambi xxx
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