35. Brooklyn
It's not in the words that you told me
It's not in the way you say you're mine, ooh
It's not in the way that you came back to me
It's not in the way that your love set me free
It's not in the way you look or the things that you say that you'll do
Hold the line, love isn't always on time, oh oh oh
Hold the line, love isn't always on time
Love isn't always on time
Hold the line, love isn't always on time
Love isn't always, love isn't always on time
Hold the line, love isn't always on time
Love isn't always on time
Love isn't always on time
Love isn't always on time, oh oh oh
Toto - Hold The Line
< N I A L L >
Es war Samstagmorgen und ich räkelte mich in Miriams breitem Bett.
Unsere Treffen an den Wochenenden mutierten mittlerweile zu einer konstanten Sache. Ich fühlte mich wohl dabei. Ein wenig Abwechslung vom Lernen und auch vom Groove tat gut. Das Leben hatte viel zu bieten und ich wollte möglichst alles auskosten, was im Bereich des Möglichen lag.
Während Miriam das Badezimmer belegte, drehte ich mich noch einmal gemütlich um. Wenigstens für fünf Minuten wollte ich die Augen schließen, doch der Klingelton an der Haustür machte meine Pläne zunichte.
Die Dusche rauschte und somit blieb mir nichts anderes übrig, als aufzustehen. Schnell angelte ich nach meiner Boxershorts, die auf dem Boden lag und lief barfuß im Eiltempo zur Tür. Als ich diese mit einem Ruck öffnete, blickte ich in das Gesicht das Postboten. Er war unschwer an seiner Kleidung zu erkennen.
„Guten Morgen", grüßte er mich freundlich. „Das hier passt leider nicht in den Briefkasten und da es von einer Anwaltskanzlei kommt, wollte ich es nicht knicken."
Mit diesen Worten drückte er mir einen fetten braunen Umschlag in die Hand.
„Danke", murmelte ich, da drehte er sich bereits um und verschwand.
Gähnend wanderte ich in den Wohnbereich, legte den dicken Umschlag auf dem Esstisch ab und wandte mich der Kaffeemaschine zu. Die braune Brühe brauchte ich jetzt ganz dringend, um richtig wach zu werden.
Während die Kaffeemaschine lief, durchforstete ich den Kühlschrank. Frühstück mit Miriam war immer relaxed und ich genoss es, mich dabei mit ihr zu unterhalten. Es war nicht nur der Sex, der mich zu ihr hinzog, sondern auch ihr interessanter und liebenswerter Charakter.
„Das Bad ist frei", vernahm ich ihre Stimme plötzlich hinter mir. Prompt drehte ich mich um und blickte in ihre blauen Augen. Sie zog sich das Handtuch vom nassen Haar, das in diesem Zustand dunkler wirkte als sonst.
„Gut, dann hast du die Aufgabe den Tisch zu decken, während ich unter die Dusche springe", erklärte ich grinsend.
Miriam gab mir einen Klaps auf den Hintern: „Das mache ich liebend gerne."
Als ich aus der Dusche zurückkehrte, war der Tisch noch immer nicht gedeckt. Stattdessen saß Miriam in ihrem weißen Bademantel bekleidet auf einem der Stühle und durchforstete den Papierwust, der wohl in dem braunen Umschlag gesteckt hatte.
„Das hat der Postbote vorhin für dich abgegeben, Miri", erklärte ich.
Gerade als ich mich fragte, in welcher Beziehung sie wohl zu einer Anwaltskanzlei stand, hob sie den Kopf und strahlte mich an: „Heute ist mein absoluter Glückstag! Das Schwein muss richtig bluten!"
Stirnrunzelnd verharrte ich in der Bewegung: „Welches Schwein?"
„Mein Ex", kam es entzückt zurück. „Ich habe ihn auf Schmerzensgeld verklagt und dem wurde stattgegeben. Er darf ordentlich blechen. Das heilt zwar meine seelischen Narben nicht, aber es gibt mir eine gewisse Genugtuung."
Ich konnte das gut verstehen.
„Glückwunsch, dann hast du ja jetzt allen Grund zum Feiern." Sanft küsste ich ihre Nasenspitze, da fühlte ich ihre Hand an meiner Hüfte. Diese Berührung löste ein Prickeln auf meiner Haut aus
„Ich möchte das gemeinsam mit dir tun. Wir gehen Mittagessen in meinem Lieblingsrestaurant. Bitte begleite mich, Niall."
„Heute?"
„Klar, gleich nachher."
„Dann darf unser Frühstück aber nicht zu üppig ausfallen."
Miriams ansteckendes Lachen erklang in meinen Ohren: „Dein Wunsch ist mir Befehl."
Tatsächlich verspeisten wir nur Toasts und dazu reichlich Kaffee, der mich ordentlich in Schwung brachte.
„Wo heißt eigentlich dein Lieblingsrestaurant?", richtete ich die Frage an Miriam und hoffte, dass es nicht das Fitzgeralds war. Zu viele Erinnerungen steckten dort für mich und außerdem hatte ich Schiss, Robyns Dad dort zu begegnen.
Miriams Antwort ließ einen Stein von meinem Herzen fallen: „Es heißt Broccolino und befindet sich in Brooklyn."
„Das klingt nett." Ich leerte meine Kaffeetasse und schickte mich anschließend an, den Tisch abzuräumen.
Es dauerte ein wenig, bis wir fertig gestylt das Haus verließen. Ich hatte meine Sporttasche mit Klamotten zum Wechseln dabei, die ich neuerdings immer mitnahm, wenn ich bei Miriam übernachtete. Von Brooklyn aus wollte ich später direkt in die WG fahren und deshalb nahm ich die Tasche gleich mit. Natürlich schickte ich eine Nachricht an Taylor, dass ich erst nach dem Mittagessen zugegen sei, was sie mit einem Daumen nach oben quittierte.
Wir nahmen die Bahn, damit erreichte man Brooklyn schnell. Ich war erst einmal in diesem Stadtteil gewesen und das lag auch bereits Ewigkeiten zurück. Mit der Schule hatten wir die Brooklyn Bridge zu Fuß überquert. Vielleicht sollte ich das irgendwann noch einmal tun. Mit zwölf sah man die Dinge anders als mit zweiundzwanzig.
Das Broccolino befand sich unweit des Barclay Centers, in welchem ständig irgendwelche Veranstaltungen stattfanden. Konzerte, Basketballspiele und ähnliches. Da Louis, Liam und ich nie genügend Geld besessen hatten, Karten dafür zu ergattern, kannten wir die Halle nur von außen.
Miriam hatte vorab telefonisch einen Tisch im Restaurant reserviert und man begrüßte uns freundlich und zuvorkommend, als wir dort eintrafen. Gott sei Dank war der Schuppen nicht so exklusiv wie das Fitzgeralds. An schönen Tagen konnte man wohl draußen sitzen, aber dafür war das Wetter seit geraumer Zeit bereits zu kühl und zu stürmisch, sodass wir den Innenbereich vorzogen.
Gegen Italienische Küche hatte ich noch nie etwas einzuwenden und vertiefte mich konzentriert in die Speisekarte.
„Wir hätten gerne Champagner", orderte meine Begleitung, worauf ich kurz sagte: „Für mich etwas Alkoholfreies, bitte."
Ich war noch nicht bereit für Alkohol. Zu tief saß die Erfahrung des letzten Jahres, die mich beinahe ins Jenseits beförderte.
„Wir haben auch alkoholfreien Champagner", erklärte der Kellner selbstbewusst. Ich nickte ihm zu: „Dann nehme ich den."
„Wir", verbesserte Miriam sofort. „Wir nehmen beide die alkoholfreie Variante."
Aufmunternd lächelte sie mir zu und ich flüsterte: „Du hättest dir ruhig einen hinter die Binde kippen können. Der Anlass rechtfertigt das."
Doch sie schüttelte nur den Kopf: „Ich bin lieber solidarisch."
Das Essen schmeckte hervorragend und während ich die Spagetti genoss, unterhielt ich mich mit Miriam. „Wie kommt es eigentlich, dass dein Lieblingsrestaurant in Brooklyn liegt?"
„Meine beste Freundin wohnte hier. Wir haben uns oft hier getroffen. Leider zog sie vor einiger Zeit um, nach Philadelphia. Ich bin aber dem Broccolino treugeblieben. Außerdem mag ich Brooklyn. Es hat sehr schöne, interessante Ecken."
„Vielleicht können wir nach dem Essen noch ein wenig Spazierengehen und du zeigst mir alles, was du kennst", schlug ich vor.
„Das mache ich gerne."
Wir stießen mit alkoholfreiem Champagner an, was einen gewissen Reiz hatte. Plötzlich kam ich mir so erwachsen vor, sah die Welt viel differenzierter als noch vor einem Jahr.
Obwohl von vornherein klar war, dass Miriam mich einlud, war es mir doch ein bisschen unangenehm, als sie die Rechnung bezahlte. Himmel, ich wünschte, ich würde so viel Geld verdienen, dass ich jede Frau zum Essen einladen konnte, ohne mir Gedanken machen zu müssen, dass die Kohle nicht bis zum Monatsende reichte.
Gemächlich schlenderten wir die Straße entlang in südliche Richtung.
„Wir kommen nun in den Bezirk Park Slope", erklärte Miriam. „Der gehört zu South Brooklyn, wie die alteingesessenen New Yorker das Viertel nennen. Damals waren das die südlichsten Bezirke Brooklyns, heute geht es noch weiter nach unten, aber der Name ist geblieben."
„Interessant", sprach ich grinsend, „ich glaube, das habe ich irgendwann mal in Geschichte in der Schule gelernt. Aber es war mir glatt entfallen."
Miriam zwinkerte mir zu und steckte ihre linke Hand in meine rechte Jackentasche. Ihre Finger fühlten sich kalt an und ich umschloss diese sofort mit meiner Hand, um sie zu wärmen.
Dann ließ ich meinen Blick durch die Gegend schweifen.
Das eher schlichte Wohnviertel verfügte über baumgesäumte Straßen, wobei die historischen Brownstone-Häuser den Ganzen einen edlen Beigeschmack verliehen. Eine Mischung aus unabhängigen Boutiquen, gemütlichen Bars und zwanglosen Restaurants entlang der 7th Avenue attestierte diesem Bezirk eine gewisse Vielfältigkeit.
Dies beeindruckte mich.
Das Schönste war jedoch der Park, dessen Weitläufigkeit ideal zum Joggen und für Picknicks war. Der Prospect Park erinnerte mich ein wenig an den Central Park, nur im Kleinformat.
„Im Sommer finden hier auch Open-Air-Konzerte statt", sprach Miriam und ich lächelte.
„Das ist bestimmt cool, vor allem, wenn man eine Wohnung in der Nähe hat und praktisch umsonst zuhören kann."
„Ja, das wäre der Hit."
Der Wind zerzauste ihr langes rotes Haar und ich gluckste leise.
„Was ist?", fragte die Rothaarige.
„Ein Hexenbesen würde dir jetzt echt gut stehen."
Ich hatte es einfach aussprechen müssen, doch Miriam nahm es mit Humor.
„Du bist unverschämt, Niall Horan", sprach sie, grinste jedoch breit.
Leicht drückte ich ihre Hand, die sich noch immer in meiner Jackentasche befand: „Bin ich das?"
„Ja, unverschämt gutaussehend."
Prompt kroch die Röte meinen Nacken entlang. Von einer Frau ihres Kalibers solch ein Kompliment zu erhalten, war etwas anderes, als von einer Gleichaltrigen angehimmelt zu werden.
„Danke, das hat mir noch keine Frau gesagt", murmelte ich.
„Was? Das glaube ich nicht." Miriam schüttelte den Kopf, doch ich stellte die Schlage klar.
„Ich habe von Frauen geredet, nicht von Mädchen."
„Oh." Miriam zog ihre Augenbrauen nach oben. „Und ab wann fängt bei dir eine Frau an, also altersmäßig gesehen?"
Einen Moment überlegte ich, dachte an Taylor und erwiderte: „So ungefähr mit fünfundzwanzig, würde ich sagen."
Ihr Mund verzog sich zu einem breiten Schmunzeln: „Da habe ich ja nochmal Glück gehabt."
Wir führten die Unterhaltung nicht weiter, denn meine Aufmerksamkeit lenkte sich auf die umliegenden Häuser. Die Gegend, die Architektur, das alles wirkte umwerfend auf mich. Ich fühlte mich fast wie zuhause und plötzlich tauchte ein Gedanke in meinem Kopf auf, den ich aussprechen musste. So unglaublich er auch klang.
„Hier möchte ich mal eine Wohnung haben. Genau hier, in Park Slope."
Zu meiner Überraschung fand Miriam diesen Gedanken wohl nicht abwegig.
„Wenn das dein Traum ist, dann halte daran fest, Niall", lauteten ihre Worte an mich. „Es ist wichtig, dass man Träume und Ziele im Leben hat und diese irgendwann verwirklicht."
Eine andere Person hätte mich vielleicht ausgelacht, aber Miriam gab mir Mut und nicht das Gefühl, ich sei ein Spinner. Dafür war ich ihr dankbar.
Nach einer Weile bummelten wir zurück zur Subway Station, wo unsere Wege sich trennten.
„Komm gut nach Hause und wir sehen uns morgen im Brandy's", verabschiedete sie sich von mir.
„Du auch und bis dann."
In der WG angekommen, wartete Taylor bereits auf mich. Sie zerrte mich in ihr Zimmer und wollte wissen, welche Klamotten sie ausmisten sollte.
„Da fragst du gerade den Richtigen", meinte ich und spähte in den vollen Kleiderschrank. „Warum machst du das eigentlich?"
„Mir ist danach. Einige Sachen habe ich gekauft, da war ich mit diesem Arschloch zusammen. Das grüne Kleid zum Beispiel gefiel ihm immer sehr gut. Ich möchte es nicht mehr tragen, weil es mich an bestimmte Dinge erinnert."
Nachdenklich schaute ich zu ihr: „Das klingt, als würdest du dein Leben überarbeiten und ausmisten."
Seufzend erwiderte sie: „Es wird echt langsam Zeit. Du wohnst fast ein Jahr hier, also bin ich auch fast ein Jahr solo."
„Was ich nicht schlimm finde", kommentierte ich und reichte ihr ein graues Shirt, das ich gar nicht an ihr mochte. „Oder hast du damit ein Problem?"
Tief holte sie Luft: „Also ich habe kein Problem damit, das Shirt auszumisten, aber ich hatte seit über einem Jahr keinen Sex mehr."
Ein süffisantes Grinsen umspielte meine Lippen: „Also, wenn es nur um den Sex geht, könnte man das leicht bereinigen."
Empört pfefferte Taylor das graue Shirt in meine Richtung: „Vergiss es! Dafür würde ich unsere Freundschaft nie aufs Spiel setzen!"
Kurz rollte ich mit den Augen und hob das Shirt vom Boden auf: „Ich habe nicht von mir gesprochen. Eine Affäre reicht mir. Mit zwei Frauen wird das viel zu anstrengend."
Unkontrolliert prustete Taylor los: „Echt jetzt? Dir reicht einmal Sex in der Woche? Was ist nur aus euch Jungs geworden?"
Ohne Vorwarnung schnappte ich ihre Hand, zog sie zu mir und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich habe nicht behauptet, dass mir das auf Dauer reicht, aber im Moment genügt es meinen Ansprüchen."
Ihre Augen suchten den Blickkontakt mit mir. Wir schauten uns an, wobei sie tief seufzte: „Und was mache ich jetzt? Ich kann das nicht, Sex ohne Gefühle."
„Dann wirst du wohl noch so lange darauf verzichten müssen, bis du den Richtigen triffst", lautete meine nüchterne Aussage. „Alternativ gibt's Dildos."
„Warum musst du nur immer so brutal ehrlich sein?", warf sie mir an den Kopf, worauf ich mit den Schultern zuckte.
„Weil ich's kann. Aber du kannst das auch."
Eine Weile half ich Taylor noch, ihren Schrank auszumisten und als ich fragte, was sie mit dem überflüssigen Zeug machen wollte, bekam ich eine Antwort, die von ihrem guten Charakter zeugte: „Das geht an einen Wohltätigkeitsverein. Der versorgt Menschen in New York, die sich keine neue Kleidung leisten können."
Sanft umarmte ich sie: „Das finde ich echt cool von dir."
In diesem Moment vibrierte das Handy in meiner Hosentasche. Schnell zog ich es hervor, um festzustellen, dass meine Nan mich anrief.
„Hey, Nan, alles klar bei euch?"
„Ja, Niall. Ich wollte nur fragen, ob du und Taylor nachher mitessen wollt. Es gibt Irish Stew."
Da konnte ich wohl kaum nein sagen.
Die Blondine reagierte begeistert auf die Einladung und wir machten uns zeitiger auf den Weg in die South Bronx als sonst an einem Samstagabend. In der vollen Subway standen wir eng beieinander, bis diese sich in Harlem ein wenig leerte. Wir ergatterten zwei Sitzplätze und ich musterte die umstehenden Leute. Dabei fiel mir auf, dass die Männer Taylor regelrecht abscannten. Sie hatte alle Chancen der Welt beim anderen Geschlecht, aber ich kannte sie gut genug, um zu wissen, wie wählerisch sie war.
Nan und auch meine Mum freuten sich riesig, als wir ins Haus schneiten. Der Tisch war bereits gedeckt und es duftete herrlich nach meinem Lieblingsessen. Manchmal vermisste ich es, in der South Bronx zu sein, Nans gutes Essen sowie ihre Fürsorge täglich zu genießen und mit Louis auf den Stufen draußen zu sitzen, um über Probleme zu quatschen. So viel hatte sich in den letzten beiden Jahren in meinem Leben verändert, dass ich es selbst nicht mehr erkannte.
Und seit heute spukte Brooklyn in meinem Kopf umher und ließ mich nicht mehr los.
Ich wollte unbedingt mit jemanden darüber reden, wobei meine Wahl nicht auf Taylor fiel. Am Ende glaubte sie noch, ich würde so schnell wie möglich ausziehen wollen und dieses Gefühl wollte ich ihr keineswegs vermitteln. Es würde Ewigkeiten dauern, bis ich selbst genügend Kohle verdiente, um mir eine eigene Wohnung leisten zu können. Bis dahin brauchte ich nicht die Pferde scheu machen.
Als Opfer für das Anhören meiner Träume suchte ich mir Harry aus. Liam war nicht im Club zugegen und mit Louis hatte ich seit unserer letzten Meinungsverschiedenheit keinen Bock zu quatschen. Vermutlich würde er mich auslachen, wenn ich mit Brooklyn daherkam.
Nachdem ich mich auf der Tanzfläche ausgetobt hatte, nahm ich den Lockenkopf, der heute eine orangene Hose, ein schwarzes Hemd und einen zur Hose passenden hauchdünnen Schal trug, zur Seite: „Kann ich mal mit dir reden?"
„Klar."
Wir gingen in Richtung Ausgang, wo Liam uns mit Jace entgegenkam. Immer, wenn ich die beiden zusammen sah, bekam ich Magendrücken. Als Jaces rechte Hand steckte Liam knietief in der Scheiße, was die Gang anbelangte. Raushelfen konnte ihm da keiner mehr, auch ich nicht.
„Was hast du auf dem Herzen, Niall?", erkundigte sich Harry fürsorglich, als wir vor dem Club standen. Ich zündete mir eine Kippe an, lehnte mich gegen die Backsteinmauer und sprach lässig: „Ich habe mich heute unsterblich verliebt."
Wie zu erwarten, sprangen Harrys Gedanken total in die falsche Richtung: „In deine Affäre?"
Er wusste, dass ich mich mit jemandem traf, Konkretes hatte ich jedoch immer noch nicht ausgeplaudert, weil uns die Gelegenheit dazu fehlte. In der Uni waren wir kaum unter uns und selbst im Groove gestaltete sich dies als schwierig. Außer heute, da Louis mich auffällig mied.
Grinsend schüttelte ich den Kopf: „Nein, nicht in Miriam." Ich machte eine kurze rhetorische Pause, in der Harry mich gründlich musterte: „In wen dann?"
„In einen Stadtteil."
Harrys Blick drückte Erstaunen aus: „Okay, jetzt bin ich gespannt."
Binnen der nächsten Minuten erzählte ich vom gemeinsamen Mittagessen im Broccolino mit Miriam sowie dem anschließenden Spaziergang durch Brooklyn.
„Wir waren in Park Slope und Harry, halte mich nicht für verrückt, aber die Gegend ist der Hammer. Ich möchte irgendwann mal dort wohnen. Also, wenn ich es mir leisten kann."
Harry lachte mich nicht aus, im Gegenteil. Er zeigte sich begeistert.
„Park Slope? Da ist der Prospect Park. Da war ich schon auf einem Open-Air-Konzert. Das war mega geil und die Gegend ist wirklich nicht schlecht."
„Natürlich nicht mit Riverdale oder der 5th Avenue zu vergleichen", warf ich ein.
Mein Freund neigte den Kopf zur Seite: „Das muss es auch nicht. Nicht jeder kann oder möchte da wohnen. Und wenn dir Brooklyn und insbesondere Park Slope so gut gefällt, finde ich das super. Sich in einen Stadtteil zu verlieben, kommt nicht so häufig vor."
„Da sagst du was."
Ich rauchte die Kippe zu Ende und meinte: „Dann hältst du mich also nicht für übergeschnappt?"
„Keineswegs! Eher für ambitioniert und realistisch."
Der Lockenkopf grinste, senkte seine Stimme und flüsterte: „Und was ist das mit Miriam?"
Mein Grinsen wurde breiter, aber dann wurde ich ernst. Ich erzählte ihm, wo und wie wir uns kennenlernten und dass wir beide im Moment keine feste Beziehung anstrebten. Aufmerksam hörte Harry zu und zum Schluss gab er einen Kommentar ab: „Du bist ein echter Glückspilz, Niall. Eine Frau, die zehn Jahre älter ist als du, ist der Knaller schlechthin. Und dann habt ihr beide die gleichen Ambitionen. Was willst du mehr?"
An Louis denkend, richtete ich eine Frage an ihn: „Dann verurteilst du mich nicht dafür? Oder denkst, ich würde mich Hals über Kopf verknallen und untergehen wie letztes Jahr?"
„Quatsch", kam es zurück. „Da ihr beiden volljährig seid, ist das völlig legitim." Seine grünen Augen blitzten beim nächsten Satz auf: „Und nein, ich glaube nicht, dass du dich so schnell verlieben wirst. Zumindest nicht in eine Frau, denn gerade steht ein Stadtbezirk bei dir an erster Stelle."
Synchron brachen wir beide in Gelächter aus. Harry besaß die Gabe, Dinge in Worte zu fassen, wie es ansonsten keiner zu tun vermochte.
„Also, Niall", sprach er zum Schluss, „solltest du eines Tages in Brooklyn wohnen, möchte ich gerne eingeladen werden."
„Das auf jeden Fall", versprach ich.
„Apropos einladen. Wann kommst du mich mal wieder in Riverdale besuchen?", horchte er nach.
„Ich würde sagen, in den Weihnachtsferien. Da haben wir viel Zeit."
Harry zog seinen orangefarbenen Schal enger um den Hals und streckte seine Hand aus: „Perfekt."
Wir gaben uns ein High Five und in dieser Sekunde spürte ich, dass er mir im Augenblick näher war als Louis.
Dieses Gefühl ließ mich nachdenklich werden. Würde ich meinen besten Freund irgendwann verlieren?
________
Ein neues Kapitel, in dem sich einiges herauskristallisiert.
Ob Niall und Louis wohl beste Freunde bleiben? Was denkt ihr?
Wie findet ihr die Tatsache, dass Niall sich in ein Stadtviertel verliebt hat?
Gönnt ihr Miriam das Schmerzensgeld?
Und wird Taylor noch irgendwann einen passenden Partner finden?
Harry hat so reagiert, wie ihr es euch erhofft habt. Er ist sehr offen und tolerant was Nialls Affäre angeht. Leider ist es noch zu früh, für ein Kapitel aus Harrys Sicht, aber ich verspreche, dass eines kommen wird. ;)
Danke an alle, die mich hier bei dieser Geschichte begleiten. Ich wünsche euch allen ein frohes Osterfest und vielleicht schaffe ich es noch, Ostermontag ein neues Kapitel hochzuladen.
LG, Ambi xxx
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