23. Theatre

So close, no matter how far
Couldn't be much more from the heart
Forever trusting who we are
And nothing else matters
Never opened myself this way
Life is ours, we live it our way
All these words, I don't just say
And nothing else matters
Trust I seek and I find in you
Every day for us something new
Open mind for a different view
And nothing else matters
Never cared for what they do
Never cared for what they know
But I know


Metallica - Nothing Else Matters


< N I A L L >

Ich machte mir Sorgen um Taylor.

Sie sollte dringend an ihrem Selbstbewusstsein arbeiten und sich nicht über einen Kerl definieren. In meinen Augen war sie eine tolle Frau, die bloß noch nicht den Richtigen gefunden hatte. Jemand, der ihrem Charakter gerecht wurde.

Macken hatten wir schließlich alle, ich bildete da keine Ausnahme. Die Frage war nur, inwieweit man diese in einer Partnerschaft tolerierte.

Für mich kam derzeit eine ernsthafte Beziehung mit einer Frau nicht in die Tüte. Ich war viel zu beschäftigt mit der Musik, dem Studium und dem Gedanken, mein Leben auf die Reihe zu kriegen.

Heute hatte ich einen Termin beim Arzt, um die Leberwerte kontrollieren zu lassen. Seit Ende November trank ich keinen Alkohol mehr, nicht einen einzigen Schluck und darauf war ich mächtig stolz. Eigentlich hatte ich es mir schwerer vorgestellt darauf zu verzichten, vor allem an den Wochenenden. Aber wie immer war auf meine Freunde Verlass. Sie bestellten antialkoholische Getränke und führten mich somit nicht in Versuchung.

Vor Unibeginn fuhr ich ins Lenox Hill Hospital, wo man mir Blut abnahm.

„Das Ergebnis ist in zwei Stunden da", ließ mich der Arzt wissen. „Sie bekommen es per Mail zugestellt."

„Das geht ja wirklich flott", meinte ich überrascht.

„Als Krankenhaus verfügen wir über ein eigenes Labor. Ansonsten würde es länger dauern."

Wie auf heißen Kohlen saß ich in der Juilliard, blickte andauernd auf die Uhr und war froh, dass die nächste Stunde praktische Übungen auf dem Piano beinhaltete. Danach kam Gesang an die Reihe und später Kompositionslehre.

Erst kurz vor dem Mittagessen kam ich dazu, mein Handy zu checken und als ich sah, dass eine E-Mail eingegangen war, klopfte mein Herz schneller. Sie kam vom Krankenhaus.

Mit schweißnassen Fingern scrollte ich über das Display, erblickte jede Menge Werte, die mir nichts sagten, doch als ich zum Ende gelangte, las ich den Satz, der eine unglaubliche Erleichterung in mir aufsteigen ließ.

„Die Werte sind alle normal."

Am liebsten wollte ich vor Freude tanzen, aber ich beherrschte mich, zumindest so lange, bis ich Harry in der Kantine traf.

„Ich habe gute Nachrichten", posaunte ich ihm entgegen. „Meine Leberwerte sind wieder normal."

„Oh Gott, das freut mich so für dich, Niall. Das müssen wir heute Abend nach der Vorstellung feiern."

Heute hatte Harry seinen großen Auftritt und mit ihm seine Mitstudentin Silja, die jeden Mittag bei uns am Tisch saß. Mir war das nur recht, denn so blieb kein Platz für Vivian, die mich stets wie eine Beute begutachtete. Ich hatte null Interesse an ihr, aber scheinbar dachte sie, Chancen zu haben, weil Robyn nicht mehr da war.

Bei jeder passenden Gelegenheit versuchte sie mir eine Konversation aufzuzwingen, die ich jedoch abblockte. Vivian mutierte zu einer Nervensäge, was mich echt ankotzte.

Die Aufführung des Theaterstücks fand in einem Etablissement statt, das den Namen 'The Old Play Room' trug. Dabei handelte es sich um eine Mischung aus Mini-Theater und Pub. Zur Tradition gehörte, dass hier die Juilliard Studenten ihre Künste vorführten. Schauspieler und Musiker. Es dauerte noch bis zu Beginn des nächsten Semesters und ich würde hier auf der Bühne stehen. Mrs Carrington hatte uns bereits die Terminpläne ausgehändigt, aber heute freute ich mich auf Harry.

Taylor saß rechts neben mir, an einem großen eckigen Tisch, der durch unsere Clique komplett belegt wurde: Kendall, Louis, Eleanor, Liam und Sophia. Das Publikum bestand größtenteils aus Studenten, doch es hatten sich auch andere Leute daruntergemischt. Vielleicht sogar ein Filmproduzent, der Harry entdeckte. In meiner Fantasie spann ich mir dies zurecht, denn gönnen tat ich das meinem Freund von Herzen.

Pünktlich um acht Uhr öffnete sich der dicke Vorhang und das Stück startete unverzüglich. Harry als Quasimodo, mit einem dicken unförmigen Buckel und Silja als Zigeunerin Esmeralda. Sie sah toll aus und spielte ihre Rolle mit Leidenschaft, soweit ich das zu beurteilen vermochte. Harry stand ihr in nichts nach.

Es war absolut herrlich, ihm zuzuschauen, seinen Gang zu beobachten, den er stundenlang einstudiert haben musste. Er wirkte absolut perfekt, ebenso die Tatsache, dass man ihm ein Auge fachmännisch so überklebt hatte, dass es wirkte, als könne er dieses nicht richtig öffnen.

Selbst die Kostüme fand ich umwerfend und es gab auch eine große Glocke, die alles abrundete. Schließlich lebte Quasimodo im Glockenturm einer Kirche und läutete diese zu den vorgesehenen Zeiten. Die große Herausforderung an Harrys Rolle war die Tatsache, dass Quasimodo fast taub war und Harry teilweise eine Art Zeichensprache anwandte. Zwar konnte er reden, da Quasimodo nicht taub geboren wurde, dennoch fand ich es sehr beeindruckend, wie er in diese Rolle hineinwuchs und sie ausfüllte. So, als sei sie ihm auf den Leib geschrieben.

Die Schlussszene wirkte herzzerreißend. Quasimodo und Esmeralda lagen tot nebeneinander und ich sah, wie Taylor sich verstohlen Tränen aus den Augen wischte. Der Vorhang fiel und das Publikum applaudierte wie verrückt, vor allem, als er sich wieder öffnete und die Schauspieler auf der Bühne standen.

Jeder einzelne Student verdiente den Beifall, denn sie alle spielten großartig.

Direkt nach der Vorführung gesellten sich die Schauspieler zu uns. Harry strahlte über das ganze Gesicht und wir überschütteten ihn mit Komplimenten.

„Meine Fresse, du hast echt Talent", sprach Louis und Liam meinte: „Das wirkte alles so echt, da hat man fast Angst bekommen, ihr könntet beide wirklich hinüber sein."

„Das sind wir ganz und gar nicht", ertönte Siljas Stimme hinter mir. Auch sie wurde von allen beglückwünscht.

„Niall, kommst du mit an die Bar und hilfst mir, die Getränke zu transportieren?", erkundigte sich Taylor bei mir.

„Klar, mache ich."

Wir stellten uns an der langen Theke an und plauderten ein wenig über das Stück und den Schwierigkeitsgrad. Plötzlich hörte ich wie jemand mich ansprach: „Niall, wie schön, dich hier zu treffen."

Vivian.

Scheiße.

„Hallo", sprach ich neutral, ohne einen Muskel in meinem Gesicht zu bewegen.

„Wie hat dir das Stück gefallen?", plapperte sie weiter.

„Es war sehr gut", erwiderte ich und hoffte, dass Taylor bald alle Bestellungen aufgegeben hatte. Sie diskutierte noch mit dem Barkeeper, weil sie kein Eis in ihrer Cola wollte, während ich mir wünschte, mich einfach in Luft auflösen zu können.

„Ja, das fand ich auch. Harry hat das toll gemacht. Aber wir sind ja auch bald dran mit unseren Auftritten, auch wenn es nur in der Uni ist.. Ich bin schon mächtig aufgeregt."

Sie redete und redete. Dabei verschlang sie mich fast mit ihren Blicken. Konnte mir bitte jemand Harry Potters Tarnumhang zuwerfen? Wie auf heißen Kohlen stand ich da, doch plötzlich spürte ich eine Hand an meiner Hüfte.

„Hier bist du also, ich warte schon die ganze Zeit auf dich."

Silja zwinkerte mir kurz zu und dann passierte etwas, womit ich rein gar nicht rechnete. Sie küsste mich auf die Lippen.

Im ersten Moment erstarrte ich innerlich, dann begriff ich, was sie da tat. Ich hörte Vivian entrüstet schnauben und einige Sekunden später löste Silja sich von mir.

Tief atmete ich durch und nahm aus dem Augenwinkel wahr, dass Vivian nicht mehr neben mir stand.

Ich schaute zu Silja, die breit grinste: „Was ist? Ich bin Schauspielerin und habe gesehen, dass du in der Klemme steckst."

Ein breites Grinsen huschte über mein Gesicht: „Und eine verdammt gute noch dazu. Danke für deine Hilfe."

„Bitte, gern geschehen."

Just in diesem Augenblick wandte Taylor sich an mich: „Kannst du das eine Tablett tragen, Niall? Ich nehme das andere."

„Sicher."

Vermutlich hatte sie gar nicht mitbekommen, was sich vor einigen Sekunden hier abspielte. Und wenn schon, war es auch nicht schlimm. Silja wich an diesem Abend nicht mehr von meiner Seite, gleichzeitig bemerkte ich, wie Vivian uns ständig beobachtete.

Wir verließen alle gemeinsam 'The Old Play Room', wobei meine Freunde sowohl Harry als auch Silja nochmals mit Komplimenten überschütteten. Sophia war so begeistert, dass sie direkt nach der nächsten Vorstellung fragte.

„Die findet erst nach der Sommerpause statt", erklärte Harry wehmütig. „Wir sind bald im Prüfungsstress und können nicht wirklich ein neues Stück einstudieren."

„Nach der Sommerpause? Das passt mir gut, denn ich bin vorher einige Zeit unterwegs", sprach Liam

Überrascht schaute ich meinen Cousin an: „Du bist unterwegs? Darf ich auch erfahren, wohin deine Reise geht?"

Unsere Blicke kreuzten sich und ich spürte, wie eine Gänsehaut über meinen Rücken zog. Fast unmerklich schüttelte Liam seinen Kopf und genau dies ließ mich wissen, dass sein Ausflug mit der Gang in Zusammenhang stand.

Sofort machte sich ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend breit. Ständig lebte ich mit der Angst, dass Liam etwas passierte. Wir standen uns sehr nahe und das machte die Situation umso schwieriger.

An der nächsten Straßenecke zerstreuten sich unsere Wege. Taylor und ich nahmen die Subway, die in der Nähe unserer Bleibe hielt. Eleanor und Louis schlugen die gleiche Richtung ein, denn ihre Bahn fuhr von der gleichen Station ab, nur in die andere Richtung.

„Wie geht es eigentlich Phoebes Bein?", erkundigte ich mich bei Louis.

„Das heilt super. Danke nochmal, dass du da eingesprungen bist, Niall. Ich hätte nicht früher aus dem Fitzgeralds weggekonnt. Es war die Hölle los."

„Das ist doch an den Wochenenden immer so", merkte ich an und suchte nach einer Zigarette. Im Moment rauchte ich so wenig, dass ein Päckchen für eine Woche reichte, was meiner Geldbörse mehr als bekam. Auch Louis zündete sich eine Fluppe an und seufzte neben mir: „Meine Prüfung ist im Juli, die Zeit wird schnell vergehen, aber ich habe echt Schiss davor."

„Unsinn", mischte Eleanor sich ein, „du wirst bestehen, so gut wie du bist."

Er grinste schwach: „Ich gebe mir Mühe."

„Das wird schon", munterte ich meinen besten Freund auf. „Meine Semesterprüfung ist schon nächsten Monat."

Tatsächlich war es bereits Anfang April und ich fragte mich, wohin die Zeit verschwunden war. Gerade erst hatte ich mit Taylor die Spring Break zusammen verbracht und nun stand das Semesterende fast vor der Tür.

„Nächsten Freitag hat ein Teil von uns einen Auftritt in der Juilliard", ließ ich Louis wissen. „Leider dürfen da keine Leute von draußen rein."

„Cool, abends oder wann?"

„Mehr oder weniger den ganzen Tag. Das wird quasi die Generalprobe, bevor wir ab dem fünften Semester im Old Play Room auftreten dürfen."

„Du kannst sicher sein, dass wir an diesem Abend freihaben werden", warf Eleanor ein. „Das lasse ich mir nicht entgehen."

An der Station angekommen, verabschiedeten wir uns voneinander und Eleanor drückte mich zum Abschied fest an sich.

„Wir schauen bald wieder im Brandy's vorbei", versprach sie, was mich zu einem Grinsen animierte.

„Das würde mich freuen und Taylor sicher auch."

Auf dem Heimweg verhielt sich meine beste Freundin ungewöhnlich still. Ich tippte darauf, dass sie müde war, aber in dieser Hinsicht täuschte ich mich. Kaum erreichten wir die Wohnung, zog sie Jacke und Schuhe aus und meinte: „Kann ich mit dir reden, Niall?"

„Klar."

Ich hängte meine Jeansjacke an der kleinen Garderobe auf und schlüpfte aus den Sneakers, bevor ich mich auf dem Sofa niederließ: „Was hast du auf dem Herzen?"

Sie schluckte und sprach: „Ich werde nicht mehr im Brandy's spielen, denn mir fehlt die Zeit dazu. Ich stecke mitten in der Masterarbeit und sobald ich diese abgeschlossen habe, kann ich in einem Tonstudio Probearbeiten. Ich habe die Zusage heute bekommen."

Meine Kinnlade klappte nach unten: „Echt jetzt? Ich gratuliere dir!"

Ohne Vorwarnung stürzte ich mich auf Taylor und begann sie knuddeln. „Ich freue mich so für dich."

„Und ich mich erst."

Wir ließen uns los und schauten uns in die Augen. Ihr Blick wirkte ernst, als sie redete: „Ich habe bereits mit Titus gesprochen. Er weiß Bescheid und er möchte, dass du meine Spielzeit im Brandy's zusätzlich übernimmst."

Diese Aussage machte mich im ersten Moment sprachlos. Titus traute es mir zu, das Publikum länger zu unterhalten als ich dies für gewöhnlich tat. Irgendetwas musste ich richtig machen.

„Hat er das echt gesagt?", vergewisserte ich mich nochmals und Taylor nickte. Dann nahm sie mich in den Arm.

„Du spielst super, Niall und Titus weiß das. Also hau in die Tasten."

„Du wirst mir fehlen", seufzte ich.

„Ach was, deine Freunde werden hin und wieder da sein und wenn es mich packt, komme ich zum Zuschauen." Sie lächelte und zwinkerte mir zu.

Mein Magen begann zu knurren, worauf Taylor vorschlug, Pizza zu essen. Wir plünderten das Tiefkühlfach und nachdem jeder sich eine Pizza einverleibt hatte, beschlossen wir noch einen Film zu schauen.

Es endete damit, dass wir beide, in Gesellschaft von Janice, Phil und Freddy auf dem Sofa einpennten. Als ich erwachte, lief gerade der Abspann des Films und Taylor schlief noch immer, dicht am mich gekuschelt. Sanft strich ich eine der blonden Haarsträhnen aus ihrem Gesicht, aber sie erwachte dennoch nicht durch die Berührung meiner Finger.

Schließlich beschloss ich, sie in ihr Bett zu tragen und hob sie mit äußerster Vorsicht hoch. Sofort sprangen die Katzen auf, während das Frettchen sich gemütlich streckte. Taylors Augenlider zuckten erst, als sie im Bett lag und ich sie zudeckte.

„Wie spät ist es?", nuschelte sie.

„Halb eins."

„Okay." Eine Sekunde später schloss sie ihre Augen wieder und versank in einen tiefen Schlaf. Grinsend verließ ich Taylors Zimmer, um mich in mein eigenes zurückzuziehen.

Als ich im Bett lag, dachte ich an das Brandy's. Am Sonntagabend würde ich zum ersten Mal zwei Schichten am Piano übernehmen. Hoffentlich konnte ich das Publikum begeistern.

Den halben Samstag spielte ich mir die Finger am Piano wund, denn ich wollte gut vorbereitet sein. Weder Taylor noch ich hatten uns um ein Date auf Tinder bemüht, sodass wir einen freien Abend genossen. Ich verbrachte diesen im Groove, während die Blondine über ihrer Masterarbeit brütete. Bevor ich den Club aufsuchte, schaute ich noch zuhause vorbei und schaufelte Nans gutes Essen in mich hinein.

Mum horchte mich aus, ob ich am Sonntag wieder in der Bar spielen würde.

„Natürlich, damit verdiene ich gutes Geld", antwortete ich stolz.

„Wie lange spielst du da?"

„Ab jetzt von acht bis neun Uhr. Eigentlich darf jeder nur eine halbe Stunde, aber Taylor hat mir ihre Schicht abgetreten, weil sie über ihrer Masterarbeit hockt. Und der Boss war damit einverstanden."

„Ich bin sehr stolz auf dich, Niall", sprach meine Mum lächelnd und das gab mir ein gutes Gefühl.

Im Groove ging es wie immer hoch her. Ich tanzte mir die Seele aus dem Leib, gemeinsam mit Harry und Kendall. Louis und Eleanor kamen später hinzu, aber Liam und Sophia fehlten. Soweit ich wusste, hatte sie heute Nachtschicht und wo mein Cousin sich herumtrieb, wusste nur der liebe Gott. Oder vielleicht eher der Teufel.

Gegen zwei Uhr hatte ich genug und fuhr nach Hause. Morgen wollte ich im Brandy's mein Bestes geben und nicht vor Müdigkeit einschlafen.

Während Taylor abends vor ihrem Laptop saß, duschte ich und zog mich für den Auftritt in der Bar entsprechend an. Hemd und schwarze Jeans war mein Markenzeichen und bevor ich abdampfte, verabschiedete ich mich von Taylor: „Gutes Gelingen, aber mache ab und zu mal eine Pause."

„Ich verspreche es und viel Spaß, Niall."

Es fühlte sich komisch an, ohne Taylor im Brandy's zu sein, aber Titus begrüßte mich so freudig, dass ich sämtliche Zweifel über Bord warf. Schnell verzog ich mich in die kleine Garderobe, richtete meine Frisur und trat anschließend in den Gastraum. Kurz ließ ich meinen Blick durch die Reihen der Gäste schweifen und plötzlich klopfte mein Herz schneller. Mum, Nan und Agnes saßen an einem der Tische und winkten mir zu.

Oh mein Gott! Das verschlimmerte meine Aufregung, denn meiner Familie plus Agnes wollte ich nur das Beste bieten. Zeit, sie zu begrüßen hatte ich leider nicht mehr, denn Ron, der vor mir das Piano besetzte, beendete gerade seine Darbietung. Er bekam jede Menge Applaus und dann erhob er sich und ich nahm meinen Platz am Instrument ein. Meine Finger waren leicht feucht, aber ich konzentrierte mich ganz auf die Musik.

Da ich mich gerade in meiner Queen Phase befand, begann ich mit Bohemian Rhapsody und beendete meinen Auftritt mit Don't Stop Me Now. Dazwischen befanden sich Songs von Elton John, Metallica und diversen anderen Künstlern. Ein Farbenmeer hüllte mich ein, verschluckte meine Nervosität und als ich dem Instrument die letzten Töne entlockte, fühlte ich mich frei und erfüllt.

Der Applaus wollte nicht enden, ich verbeugte mich artig und überließ dem nächsten Künstler das Feld.

Agnes empfing mich mit offenen Armen und Mum und Nan drückten mich ebenfalls an sich.

„Du warst so toll, Niall", sprach meine Mum.

„Ja, wie ein richtiger Pianist", meinte Nan und Agnes setzte noch eins obendrauf.

„Er ist ein richtiger Pianist und irgendwann wird die ganze Welt das sehen und hören."

Jeff brachte mir etwas zu trinken, denn wie immer waren die Leute spendabel. Das zeigte sich heute ganz besonders beim Trinkgeld. Als ich den Krug leerte, fiel ich fast um. Zahlreiche Scheine flatterten mir entgegen. Es war viel mehr, als ich es erwartete und meine Mum sprach: „Jetzt weiß ich, warum du dir neue Klamotten leisten kannst."

„So viele kaufe ich doch gar nicht", lachte ich.

Es wurde noch ein lustiger Abend, denn die Damen blieben noch eine Weile in der Bar. Erst als ich anmerkte, dass ich am nächsten Morgen wieder früh rausmusste, verließen sie gemeinsam mit mir das Brandy's.

Eines war gewiss: es machte viel mehr Spaß eine ganze Stunde zu spielen, anstatt nur eine halbe. Deshalb war ich froh, dass Taylor ihre Zeit an mich abtrat.

Das nächste aufregende Ereignis fand am darauffolgenden Freitag statt. Die Auftritte der Musikstudenten des vierten Semesters in der Juilliard. Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukam, lediglich, dass jeder drei Songs präsentieren durfte. Zwei davon mit Gesang, was den Schwierigkeitsgrad erhöhte. Tage vorher stellte ich das Rauchen ein und achtete darauf, meine Stimme nicht allzu stark zu strapazieren. Eine wütende Mrs Carrington wünschte sich keiner von uns.

Die Veranstaltung fand in der großen Halle statt, die bis auf den letzten Platz belegt war. Man hatte uns bereits erzählt, dass sich die Auftritte der Musikstudenten großer Beliebtheit erfreuten, was meinen Nervositätspegel in die Höhe schnellen ließ.

Es dauerte bis zum Nachmittag, ehe ich an die Reihe kam. Das flaue Gefühl in meinem Magen verstärkte ich, während ich auf die Bühne trat. Jeder musste sich kurz vorstellen und das tat ich dann auch.

„Mein Name ist Niall Horan und ich wohne derzeit am Lincoln Square in einer WG. Piano spiele ich seit meinem vierten Lebensjahr und möchte euch heute mit drei Songs erfreuen."

Harry saß irgendwo im Publikum und auch Taylor war anwesend, das wusste ich. Der Gedanke daran beflügelte mich und die Nervosität war nicht mehr halb so schlimm wie zuvor.

Boulevard Of Broken Dreams lautete mein erster Song und wie bei meiner Audition in der Juilliard ließ ich diesen in einen anderen übergehen: Spread Your Wings von Queen. Beenden tat ich meine kurze Session mit Toccata von Johann Sebastian Bach.

Nichts hätte mich auf den Applaus vorbereiten können, es fühlte sich an wie bei einem richtigen Konzert und ich hörte Harry brüllen: „Niall, ich will ein Kind von dir!"

Der Beifall ging teilweise in Gelächter über, aber die Anerkennung, die ich heute erfuhr, gab mir Selbstvertrauen. Allerdings war nicht auf das gefasst, was Mrs Carrington mir an den Kopf warf, als sie mich später zur Seite zog.

„Der Anfang Ihrer Vorstellung war mies, Niall."

Autsch. Hatte ich mich verspielt oder schief gesungen? Ich war mir nicht sicher und deshalb fragte ich nach: „Was genau meinen Sie, Mrs Carrington? Ich bin für jede Kritik an meiner Musik offen."

Sie stieß einen lauten Schnaufer aus und verschränkt die Arme vor ihrem üppigen Busen: „Meine Kritik richtet sich nicht gegen Ihre musikalische oder gesangliche Darbietung, Niall. Vielmehr dagegen, dass Sie nicht zu sich selbst stehen. Das müssen Sie aber lernen, wenn Sie dauerhaft Erfolg haben möchten."

Komplett verwirrt starrte ich meine Dozentin an: „Wieso stehe ich nicht zu mir?"

Klar und deutlich kamen die Worte aus ihrem Mund: „Ich möchte nie wieder hören, dass Sie am Lincoln Square wohnen, auch wenn das der Wahrheit entspricht. Wenn Sie sich beim nächsten Mal vorstellen, und das wird im Old Play Room sein, dann möchte ich von Ihnen hören, woher Sie kommen, nämlich aus der South Bronx."

Mein Puls stieg ins Unermessliche und ich japste nach Luft: „Das...das kann ich nicht."

„Dann werden Sie es lernen müssen."

Im Moment kam das für mich einer Hinrichtung gleich.

____

Harte Aufgabe für Niall.

Wird er das schaffen oder kneift er?

Wie gefällt euch die Idee, dass die Studenten im Old Play Room auftreten dürfen, um erste Erfahrungen zu sammeln?

Und was haltet ihr davon, dass Taylor Niall ihren Platz im Brandy's gegeben hat? Ich fand das toll von ihr. :)

Nialls Familie ist tatsächlich in der Bar aufgetaucht. Ich denke, das gibt ihm noch mehr Auftrieb, was meint ihr?

Ich freue mich darauf die kommenden Kapitel zu schreiben und hoffe, ihr freut euch aufs Lesen. Uns erwartet eine turbulente Zeit :)

LG, Ambi xxx





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