»I know an old lady.
[Perrie]|| Wie es der Zufall so wollte, hatte er entweder telefoniert, keinen Akku oder den Flugmodus an. Da er heute eigentlich schon in Kanada sein musste, tippte ich auf Letzteres.
Von Jesy kam ihrerseits eine riesen Standpauke, dass ich doch nicht einfach abhauen konnte. Sie hatte recht mit dem, was sie sagte. Doch ich bereute in keinster Weise das, was ich getan hatte. Niall hat Vorrang in solchen Dingen. Nur war mir dies nicht schon vorher bewusst gewesen. Mann, ich war eine schlechte Freundin.
Vielleicht hatte er ja bald Zeit und wir konnten skypen, intensiv über alles reden. Das bezweifelte ich zwar sehr, aber ein kleines Fünkchen Hoffnung bestand dennoch. Ihn sah ich verständlicherweise genauso wenig, wie er mich. Hin und wieder wurde über ihn oder auch über die Band berichtet, aber sonst? Es schien, als wollte man mir die wichtigsten Personen im Leben nach und nach nehmen.
"Perrie!",schrie Jesy und ich zuckte zusammen.
Da mein Ohr schmerzte, hielt ich es mir mit einem Finger zu.
"Aua?",gab ich als Antwort, wie eine indirekte Frage, ob sie denn nicht mehr alle Tassen im Schrank habe, von mir.
Die Lippen geschürzt und die Hand als Faust geballt in die Hüfte gestemmt, wippte sie ungeduldig mit dem Fuß auf und ab.
"Hast du überhaupt nicht zugehört?",fragte sie rein rhetorisch, da klar war, wie die Antwort darauf lautete.
Gewissermaßen hatte ich zugehört, nur nicht aufgepasst.
"Ihr alle behandelt mich wie ein Säugling",stellte ich fest.
Zwar wusste ich nicht, wie ich gerade jetzt darauf kam, aber es stimmte schon.
Jade wollte mich von Niall fernhalten.
Leigh-Anne sorgte sich um mein Wohlbefinden.
Jesy schrie mich an.
"Selbst meine Mutter hält sich aus meinen Angelegenheiten heraus",bemerkte ich.
Mittlerweile litt ich an Stimmungsschwankungen, die schlimmer waren als bei einem pubertierenden Mädchen, das neulich seine Tage bekommen hatte.
Jade sah bedrückt auf den schwarzen Boden. Auf dem Parkett ließ sie ihren linken Fuß kreisen, ehe sie einen tiefen Atemzug nahm und mit brüchiger Stimme sprach:"Pez, wir wollen nicht, dass du ein weiteres Mal so verletzt wirst."
"Dann lasst mich mein Leben leben! Zayn ist Geschichte. Unsere Karriere, meine Freunde und Familie sind das Einzige, was meine Konzentration nun beansprucht."
Jetzt hatte ich mir die erdrückende Stille selbst zu zuschreiben.
Als Sturkopf war es nicht wirklich mein Ding, mich für mein Verhalten zu entschuldigen. Im Prinzip hatte ich ja recht. Okay, es hätte nicht so harsch rüber kommen sollen, dennoch stimmte es.
Ob sie meine Freunde waren oder nicht, machte keinen Unterschied. Mein Liebesleben ging sie ganz einfach nichts an. Wahrscheinlich übertrieb ich es ein weinig, aber ich wurde nun einmal verletzt. Sie sollten einfach keine große Sache daraus machen.
"Leute, ich weiß das sehr zu schätzen- wirklich! Nur muss ich langsam alleine damit fertig werden. Euch zu haben, macht mich unglaublich stolz und froh, ihr seid wahrhaftig die Besten", durchbrach ich schließlich doch noch diesen unerträglich leisen und seltsamen Moment.
Jesy war gekränkt, was ich nur zu gut verstehen konnte. Ich lehnte meinen Kopf gegen ihre Schulter, während ich begann ein Kinderlied zu singen:"I know an old lady. She swallowed a fly-"
"But I don't know why she swallow the fly. I guess she'll die*",sangen die anderen mit.
Allmählich kam es mir so vor, als seien Lieder die Retter des Tages gewesen. Es klang idiotisch, aber fing an, der Wahrheit zu entsprechen.
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Das Interview verlief besser, als ich gedacht hatte. Es wurden überraschender Weise nur Fragen übers neuste Album, das bald erscheinen wird, gestellt.
Wie gewohnt, fuhren wir alle gemeinsam im abgedunkelten Van zur Villa.
"Perrie, warum bezeichnest du die Kälte Londons als kühle Nachtluft**?",hinterfragte Jesy.
Während des Interviews hatte sie nicht viel gesprochen. Viel mehr stand sie wie ein Dekoartikel in der Gegend rum, was jetzt nicht beleidigen gemeint war.
Es war mehr eine Feststellung.
Ohne gedanklich weiter auf sie einzugehen, antwortete ich:"Kennst du das Gefühl, abends frisch geduscht unter die nach Weichspüler riechende Bettdecke zu kriechen? Nun ja, auch wenn ich weiß, dass man davon krank wird, öffne ich das Fenster, wobei ich mich dem Mond und den Sternen besehe. Der kalte Windstoß erinnert mich halt daran."
Die Unterlippe hervor geschoben, zuckte ich mit den Schultern.
Fasziniert zog sie die Augenbrauen hoch und lehnte sich an ihren Sitz.
Mit offenem Fenster fuhren wir über die Autobahn. Nun konnte man es wirklich als Nachtluft bezeichnen. Woher wusste Jesy diese Sache eigentlich?
Zur Seite sehend streckte ich meinen Kopf dem offenen Fenster entgegen.
Der Fahrer fuhr die Scheibe wieder hoch mit der Ausrede, es wäre nicht gesund, das Fenster so lange zu öffnen.
Pf, er hatte keinen Schimmer, wie erfrischend das Gefühl von kaltem Wind ist.
"Kann ich dich etwas sehr persönliches fragen, Pez?",fing Jesy an, als nach Jade, auch Leigh-Anne das Auto verlassen hatte.
Eigentlich hatte ich vor, auszusteigen und sofort unter die Dusche zu springen. Heute hatte ich definitiv so viel Hektik wie noch nie miterleben müssen.
Nur wollte ich nicht so sein.
"Natürlich. Sollen wir nicht lieber ins Haus gehen?", bot ihr ihr an.
Sie lächelte leicht:"Ist auch nicht mehr wichtig. War dumm von mir, trotzdem vielen Dank."
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Jesys Verhalten bereitete mir Sorgen.
"Was sie wohl von mir wollte?",murmelte ich, während ich mich zur Seite drehte.
Sollte ich sie darauf ansprechen?
Lieber nicht, wenn sie es dabei belassen wollte, immerhin war es ihr Problem, nicht meins.
Doch allmählich verstand ich, warum sich die Mädchen so viele Gedanken um mich machten. Es war so wunderbar, sie kennen zu dürfen. Wenn es hart auf hart kam, waren sie da und stützen mich. Genau diese Stütze sollte ich für Jesy sein.
Sie sollte ihre Probleme versuchen, selbst zu lösen, denn ich wusste, wie stark sie war.
So stark, dass ich sie beinahe schon nicht mehr wiedererkannte.
Ach, was dachte ich da? Mir war das alles zu Kopf gestiegen. Ihr ging es gut und das war das einzig Wichtige im Moment.
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Schon seit Stunden hatte ich kreuz und quer auf dem Bett gelegen, aber diese Gedanken plagten mich so sehr, dass sie mein Wohlbefinden beeinflussten und somit auch keine Positionierung angenehm war.
Das weiche Bett schrie förmlich nach mir, als ich es verlassen hatte, um runter in die Küche zu gehen.
Leise tastete ich mich die Treppen hinunter und machte auch in der Küche kein Licht an.
Zwar waren die Zimmer der Mädchen im oberen Geschoss, aber sie aufzuwecken, wollte ich nicht riskieren.
Ein Schluchzen ließ für kurze Zeit mein Herz rasen.
Immer wieder wurde die selbe Mailbox abgespielt und langsam erkannte ich die Stimme.
"Ich bin zur Zeit nicht erreichbar. Hinterlass' eine Nachricht nach dem Piepton!"
"Jake, ich bin's Jesy. Das ist schon meine gefühlt tausendste Nachricht. Bitte melde dich. Oder mach mir irgendwie deutlich, dass es dir gut geht."
Vor Schreck ließ ich das Glas fallen und zog somit ungewollt Jesys Aufmerksamkeit auf mich.
Ihr erschrockener Gesichtsausdruck war kaum so schlimm wie ihr Tränen überströmtes Gesicht, als plötzlich das Licht angeschaltet wurde.
Vielleicht hatte ich Recht und wir hatten uns nicht nur äußerlich verändert.
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*Diese Lyrics habe ich im Internet kopiert. Warum sie nicht mit dem Lied übereinstimmt liegt wahrscheinlich daran, dass es oft mehrere Versionen jeglicher Kinderlieder gibt.
**Perrie hat im ersten Kapitel die Nachtluft erwähnt, was so mit der Tageszeit nicht übereinstimmt.
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