ஜღKapitel 05ღஜ

Nach der überraschenden Umarmung von Timo war ich völlig perplex gewesen, konnte meine Gefühle gar nicht einordnen, denn diese schienen Achterbahn zu fahren. Erst in der Umkleide, nach einer schnellen Dusche, kühlten diese wieder ab und sanken auf ein eher distanziertes Interesse herab.

Ich gestand mir ja nur ungerne selbst ein, dass mich seine Berührungen schon sehr in Aufruhe versetzten.

Die anschließende Clubtour schien für mich eine quälende Totur zu werden, wie ich ziemlich schnell feststellte. Unsere Uni-Zicke war dabei und wenn die einmal mitmischte, dann war der Zickenkrieg nicht weit entfernt. Dass wir diese dumme Schnepfe immer noch in unserer Clique hatten, war mir ein Rätsel. Eigentlich könnte man sie ruhig mal langsam aus der Gruppe kicken, aber da würde ich wohl auf taube Ohren stoßen, ganz besonders bei den Herren. Denn obwohl Elena wirklich nervig war, noch nerviger als irgendwer sonst, schien sie dennoch manchmal, aber wirklich nur manchmal, einige gute Einfälle zu haben. Und, eins musste man ihr lassen, sie war ein Ass in einigen Fächern, weshalb sie von uns geduldet wurde, oder zumindest von mir geduldet wurde. Denn auch ich hatte schon einmal die eine oder andere Hilfe in einem Fach von ihr gebraucht und sie auch – oh Wunder – erhalten. Und das ganz ohne Zickereien, was wirklich an ein Wunder grenzte.

Die gesamte Clique hatte sich einen sehr beliebten Club ausgesucht, der am frühen Abend sicherlich auch schon voll besetzt war.

Zuvor hatten wir Mädels uns zurückgezogen, um uns aufzustylen.

Mir war klar, das Elena und Maren mit von der Partie sein würden.

Genauso wie, dass Elena keine Gelegenheit auslassen würde, um sich an Timo heran zuschmeißen.

Mist, und schon wieder meldete sich bei mir das kleine Teufelchen namens Eifersucht. Ich konnte nicht genau beschreiben, ob es wirklich die Eifersucht war, die mich innerlich fast brechen ließ, wenn ich sie sah, oder ob es einfach ... ach, ich wusste auch nicht. Es war doch wirklich zum Haare ausreißen mit mir und diesen verfluchten Gefühlen.

Nachdem wir endlich fertig waren, stießen wir am Tor zum Uni-Gelände auf die Jungs. Ich trug lediglich eine schwarze enge Röhrenjeans, passend dazu schwarze Pumps und ein enganliegendes, beiges Top mit kurzen Ärmeln, sowie einen passenden Kurzblaser in derselben Farbe. Kathi hatte sich für fast denselben Look entschieden wie ich, nur dass sie dunkelblaue Jeans, flache, schwarze Ballerinas und ein rotes Top trug.

Und Jasmin ... die Gute war ihrem Punk-Rock Style wie immer treu geblieben. Nietengürtel, Armbänder, ihre Rasterlocken hochgesteckt und wie immer stark mit schwarzem Eyeliner geschminkt. Sie würde sich, selbst wenn sie der Queen von England einmal gegenüberstehen würde, nicht verbiegen lassen.

Elena und Maren waren bereits da und mir stieg jetzt schon die Galle hoch, wenn ich sah, wie sie sich Timo an den Hals schmiss. Ekelhaft, einfach widerlich.

»Hey, da seid ihr ja endlich«, begrüßte uns Jonas und die anderen drehten sich zu uns um.

Ich sah schon, wie mich Simon am liebsten zur Schnecke gemacht hätte und das nur, weil ich seiner Meinung nach ein Outfit trug, welches in die Kiste zu aufgebrezelt passte. Dabei sah ich nicht einmal annähernd so furchtbar aus wie Elena. Diese hatte offensichtlich mit dem Tuschkasten Bekanntschaft gemacht, denn sie sah im Gesicht aus wie ein Clown. Die Wangen waren viel zu stark mit Ruge überzogen, ihre Lippen schimmerten knallrot, die Augenbauen waren zu stark nachgeschminkt und ihre dazugehörige Kleidung ...

Ich hätte sie am liebsten gar nicht erst angesehen, doch das ging irgendwie auch nicht. Sie trug ein paillettenbesetztes rosa Top, einen wahnsinnig kurzen, weißen Minirock und mörderisch hohe Hackenschuhe.

Mir wurde schon beim Zuschauen schlecht. Wie man sich überhaupt auf diesen Dingern bewegen konnte, war mir schleierhaft.

Ihre platinblonden Haare hatte sie gekonnt nach oben toupiert und an ihren Ohren sowie an ihren Handgelenken baumelte Schmuck. Eine passende, rosa Handtasche trug sie lässig über der Schulter.

Ihre Brüste schienen fast aus ihrem viel zu engen Top springen zu wollen, was mich fast zum Lachen gebracht hätte. Als würde sie als Hure ihr Geld in einem Bordell machen oder als hätte sie es mal wieder dringend nötig.

Ehrlich: einer der Jungs hätte sich nur etwas herunterbeugen müssen und ihm wären ihre Titten ins Gesicht gesprungen.

Den Titel Schlampe für eine Nacht hätte sie somit schon einmal weg.

Am liebsten hätte ich mich vor Lachen weggeschmissen, weil ich ganz genau wusste, was sie hier tat. Dass sie Timo so aber niemals beeindrucken, geschweige denn für sich gewinnen konnte, war mir schon vom ersten Augenblick an klar.

Aber nun gut. Ich würde ihr sicherlich nicht helfen, dafür hatte ich zu wenig Mitleid mit ihr. Sie war meine Widersacherin und die Tochter eines der stärksten Konkurrenten der Klink meiner Eltern.

Mitleid hatte diese Frau von mir nicht verdient.

Leon rieb sich die Hände und feixte in die Runde: »Okay, was ist jetzt? Wollen wir hier Wurzeln schlagen oder heute noch einen drauf machen?«

»Hey, klar wollen wir einen drauf machen! Oder Mädels? Und ... von gleich fünf heißen Chicks umgeben zu sein ...«, rief Stefan und ernte von Elena und Maren selbstbewusste Blicke, bei denen ich die Augen verdrehte, mich jedoch zurückhielt. Ich wollte schließlich keinen Streit anzetteln.

»Na dann lasst uns mal losgehen«, klatschte Stefan in die Hände und so zogen wir alle los.

Jasmin hakte sich bei mir und Kathi unter und grinste breit. Dabei warf sie Jonas einen verschmitzten Seitenblick zu, der diesen mit einem frechen Grinsen beantwortete.

Ich wollte schon den Mund öffnen, um zu fragen, ob da was zwischen ihnen lief, doch Kathi stieß mir einen Ellenbogen in die Seite und schüttelte den Kopf.

Ich zuckte daraufhin die Achseln und beließ es erst einmal dabei. Doch durch war das Thema sicherlich noch nicht. Jasmin war sonst, was das Thema Jungs anbelangte, zurückgezogen. Dass sie sich Jonas nun so offensichtlich an den Hals schmiss, obwohl das hier ja noch nicht einmal der Fall war, wunderte mich dann doch etwas.

Die restlichen Jungs, einschließlich meines Bruders, sowie Elena und Maren, zogen mit und so machten wir uns auf in die Innenstadt.

Heidelberg war wirklich traumhaft und ich bereute es nicht, hier zu wohnen und gleichzeitig das Glück zu haben, studieren zu dürfen.

Ich liebte die Stadt, denn sie war mit ihren grünen Flächen, dem Fluss Neckar und den vielen Aussichtsplattformen, sowie dem Schloss, das man besichtigen konnte, eine willkommene Abwechslung und hatte somit immer wieder etwas Neues zu bieten.

Das Jinx war eine von vielen Bars, die Heidelberg zu bieten hatte.

Schon vorm Eingang drang uns laute Musik entgegen. Die Bar war wie immer gut besucht und somit total überfüllt. Hier einen Platz zu bekommen, würde sich sicherlich als sehr schwierig bis gar nicht machbar herausstellen.

Doch wir hatten nicht mit Stefan gerechnet. Denn der drängelte sich vor bis zur Bar, beugte sich über den Tresen und schien mit dem Barkeeper zu quatschen. Dabei zeigte er in unsere Richtung und kam nach einigen Minuten grinsend zu uns zurück geschlendert.

»Hinten in der Lounge ist noch was frei. Wenn ihr wollt ...«, rief er über die Musik hinweg uns zu und die gesamte Clique hob den Daumen.

Gemeinsam schlängelten wir uns durch die dichte Menge bis zur Lounge.

Dabei bemerkte ich, wie Timo, der hinter mir dicht gedrängt ging, eine Hand leicht auf meinem unteren Rücken legte und mich so sanft voran schob.

Und obwohl diese Berührung nur minimal war, versetzte sie mein Herz in Aufruhr, sodass es sehr viel schneller schlug, als es der Normalzustand war.

Die Lounge war mit einem langen Ecksofa, welches mit dunklem Leder überzogen war, ausgestattet und stand auf einer Art Podest, so dass wir über das dichte Treiben in der Bar hinwegsehen konnten.

Zwei runde Glastische standen in der Mitte, welche rundherum von blauen und roten Leuchtketten umgeben waren.

Die Bar war ansonsten eher in dunkles Licht getaucht. Nur an den Wänden und an den niedrigen Tischen, sowie am Tresen waren orangefarbene Windlichter angebracht.

Oben in der Lounge angekommen setzten wir uns und begannen angeregte Gespräche zu führen. Naja, zumindest versuchten wir es, was bei der Lautstärke nicht wirklich klappte. Wir mussten uns sozusagen entgegen brüllen, wenn wir etwas sagen wollten.

Jeder sprach mit jedem, selbst Elena und ich kamen für einige Minuten ins Gespräch, ohne uns gegenseitig an die Gurgel springen zu wollen, was, wenn ich ehrlich war, eine verdammte Seltenheit bei uns war.

Stefan, Jonas und Pascal erkundigten sich über den Lärm hinweg, was wir trinken wollten und verschwanden dann in der Menge, um an der Bar die Getränke zu holen. Je später der Abend voranschritt, desto mehr Getränke sammelten sich auf dem Tisch.

Auf der Tanzfläche weiter vorne wurde getanzt. Die Luft war leicht stickig und von den verschiedensten Duftmarken und Zigarettenqualm erfüllt. Eine Raucherecke gab es hier nicht.

Ich genoss die lockere, entspannte Atmosphäre, die hier herrschte und lehnte mich zufrieden, meinen Cocktail schlürfend, zurück. So den Abend ausklingen zu lassen, hatte auf jeden Fall etwas sehr positives und vor allem auch angenehmes an sich.

»Sag mal, kommt mir das nur so vor, oder versucht Timo die ganze Zeit dich mit seinen Blicken auszuziehen? Immer dann, wenn du nicht hinschaust, gafft er dich an.«

Kathi, die mir schräg gegenüber saß, beugte sich mit ihrem Cocktail in der Hand zu mir vor und deutete mit dem Daumen etwas weiter schräg nach links.

Ich schielte kurz in die, von ihrer angedeuteten Richtung und sah aus den Augenwinkeln, dass sie recht hatte.

Timo saß ganz lässig auf der Couch, das eine Bein abgewinkelt auf das andere gelegt, sein Getränk locker in der Hand haltend. Seinen linken Arm hatte er auf die Lehne der Couch gelegt und nippte an seinem Bier, während er wohl ganz interessiert dem Gespräch von Leon, Pascal und meinem Bruder lauschte.

Während ich ihn heimlich beobachtete, merkte ich, dass Timo hin und wieder zu mir herüber sah. Um nicht den Anschein zu machen, als wollte ich etwas von ihm, sah ich jedes Mal schnell weg.

Ich kam mir langsam aber sicher richtig albern vor. Meine Güte, wir waren keine fünf mehr, sondern erwachsene, junge Leute, die miteinander reden konnten. Zumindest redete ich mir das ein.

»Rena. Hey, Rena, hörst du mir überhaupt zu?«

Ich zuckte leicht zusammen, als mich Jasmin von der Seite anstieß. Sie hatte sich endlich einmal von Jonas lösen und sich mir und Kathi zuwenden können.

Ehrlich, langsam bekam ich den Eindruck, dass da wirklich was zwischen ihnen lief.

»Ähm... ja, klar höre ich dir zu. Ich war nur ...«

... versunken in meiner eigenen, kleinen Gedankenwelt., hätte ich am liebsten gesagt, doch das behielt ich lieber für mich. Stattdessen schnappte ich mir mein Cocktailglas und trank einen Schluck daraus.

Und schon wieder war ich in Gedanken versunken, welche sich um Timo drehten. Gott, ich führte mich auf, als wenn ich ein liebeskranker Teenager war, dabei war ich dies gar nicht.

Timo, der das offenbar eben mitbekommen hatte, verzog seine Lippen zu einem leichten Grinsen, welches irgendwie wissend und zugleich sexy wirkte. Verflucht seist du!, dachte ich bissig und schlürfte an meinem Cocktail.

»Rena, schmeiß mal dein Handy rüber.«

Pascal sah mich auffordernd an, doch ich zeigte ihm den Vogel.

»Nie im Leben geb' ich dir mein Handy. Wer weiß, was du damit vorhast. Hast du kein eigenes, welches du ...«, fuhr ich ihn an, doch Leon unterbrach mich.

»Mach doch einfach. Wenn du da nicht gerade irgendwelche selbstgedrehten Pornos von dir drauf hast, hast du doch nichts zu befürchten, oder?«

Seine Bemerkung löste allgemeines Gelächter in der Clique aus und ich schnaubte verächtlich. Als wenn ich so weit sinken könnte.

Mein Blick fiel auf Elena, welche hinter vorgehaltener Hand kicherte. Immerhin riss sie keine Witze oder machte spitze Bemerkungen, was aber auch daran liegen könnte, dass die Frau schon das eine oder andere Gläschen intus hatte. Aber zumindest konnte sie sich immer noch beherrschen und, zu meiner Erleichterung, ließ sie die Finger von Timo.

Verdammt, schon wieder meine aufkeimende Eifersucht. Ich musste die schleunigst loswerden.

Mürrisch holte ich mein IPhone aus der Hosentasche und schmiss es meinem Bruder entgegen, der es geschickt auffing.

»Du bist lustig, Schwesterchen. Wie soll ich das öffnen, wenn du 'nen PIN Code drin hast?« Gelächter folgte und ich verdrehte die Augen.

»Mein Geburtsjahr, du Nase!«

Damit stand ich auf und winkte Kathi und Jasmin, um mich aufs stille Örtchen zu begleiten.

Ich musste hier mal raus und fünf Minuten durchatmen.

»Ich sag's dir so, wie's ist: Timo will was von dir. So wie der mit dir flirtet, könnte man die Luft zwischen euch knistern hören.«

Kathi stand am Waschbecken der Damentoilette und starrte in den Spiegel, ehe sie in ihre kleine Umhängetasche griff und ihren Mascara hervorholte, um sich die Wimpern neu zu tuschen.

Ich war derweil auf dem stillen Örtchen verschwunden, um mein dringendes Geschäft zu erledigen.

»Das glaubst aber auch nur du«, gab ich zurück und drückte die Spülung.

»Nee, das glaubt sie nicht nur, das wissen wir beide ganz genau. Ihr fahrt voll aufeinander ab und der beinahe Kuss beim Spiel vorhin ...«

Ich stieß einen Schrei aus, als ich aus der Kabine in den Vorraum trat und blickte beide böse an.

»Noch ein Wort mehr von diesem Mist und ich werde Jonas davon berichten, dass du ihn ständig anschmachtest, wenn er das nicht schon selbst mitbekommen hat!«, drohte ich Jasmin, welche erschrocken aufquieckte und mich flehend ansah.

Ich grinste zufrieden, wusch mir meine Hände, kontrollierte mein Aussehen und ging dann mit meinen beiden besten Freundinnen zurück in die Lounge.

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»Da seid ihr ja endlich. Dachten schon ihr wärt ins Klo gefallen.«

Stefans Witz brachte allgemeines Gelächter hervor und Jasmin verpasste ihm einen Rippenstoß.

Ich setzte mich wieder und entspannte mich langsam. Die Bemerkungen meiner besten Freundinnen blieben dennoch in meinem Gedächtnis hängen, wenn auch ganz weit hinten.

Je später der Abend, desto ausgelassener wurde die Stimmung. Mein Handy befand sich wieder unbeschadet in meinem Besitz und ich atmete erleichtert auf. Keiner aus der Clique riss irgendwelche dummen Witze über angebliche Pornos oder dergleichen.

Der Abend schritt weiter voran, der Alkoholpegel stieg noch um einiges und wir hatten einen wirklich entspannten, sowie ausgelassenen Abend zusammen.

Da wir jedoch alle unterschiedliche Fächer studierten, mussten die einen oder anderen sich dann doch so allmählich verabschieden und zurück ins Wohnheim laufen.

So auch ich. Timo bot mir zwar ganz höflich und wahrscheinlich auch ohne Hintergedanken an, mich zu begleiten, doch ich lehnte dankend ab. Nicht zuletzt deshalb, weil Simon zwischen uns beiden irgendwie leicht misstrauisch schaute, aber nichts weiter sagte.

Der Heimweg war doch schon recht unheimlich, weil es teilweise sehr dunkel war. Im Wohnheim angekommen machte ich mir nicht groß die Mühe, mich abzuschminken oder gar duschen zu gehen. Ich fiel sofort ins Bett und schlief ein.

Dass das Leben eines Studenten nicht nur Freizeit, Party und Spaß war, wurde mir morgens gegen halb sieben mehr als nur bewusst.

Mein Handywecker schrillte und riss mich mit einem rockigen Song aus dem Schlaf. Eher gesagt, ich saß somit senkrecht im Bett und verfluchte das Teil.

Wer auch immer von den Jungs sich einen Scherz erlaubt hatte, würde dafür von mir eins reingedrückt bekommen. Ich hasste es, von so etwas geweckt zu werden. Musik war ja schön und gut, aber bitte nicht Rock. So dröhnte mir also in voller Lautstärke Be my Rock'n Roll Queen von The Subways entgegen. Kennen tat ich diesen nur, weil Simon ihn vor ein paar Jahren ständig bei uns zu Hause rauf und runter gehört hatte.

Somit war ich also schon das erste Mal auf hundertachtzig, schmiss mein Handy gegen die Wand, rollte mich auf die Seite und hoffte, dass ich einfach weiterschlafen konnte. Als ich jedoch von der Schrankwand ein »Rena, dein scheiß Wecker nervt!« kam, war der gute Morgen schon mal für'n Arsch. Kathi tat mir in dem Moment wirklich leid, denn sie konnte zur Abwechslung ausschlafen. So quälte ich mich nach gut zehn Minuten hoch, schlurfte ins gemeinschaftliche Badezimmer auf den Flur und sprang unter die Dusche. Etwas frischer und zumindest schon wieder unter den Lebenden weilend packte ich so leise wie möglich meine Tasche, schlüpfte in die Schuhe und begab mich zum Campus.

Meine erste Vorlesung für heute war relativ spannend, denn es war mal etwas, das mich mitreißen konnte.

So schrieb ich eifrig mit und merkte erst gar nicht, dass mein Handy eine WhatsApp Nachricht anzeigte.

Erst nach dem zweiten, leisen Vibrieren blickte ich darauf und nahm das Handy in die Hand, um die Message zu öffnen.

Nummer unbekannt

Guten Morgen, Sweetheart. Hast du gut geschlafen? Ich nehme mal an, ja. Weißt du, ich lieg gerade so schön im Bett, starre an die Decke und hab dein wunderschönes Lächeln von gestern Abend vor mir.

Die zweite Nachricht war einige Minuten danach versendet worden.

Nummer unbekannt

Sweetheart, ich weiß, dass du gerade in einer Vorlesung sitzt. Ja, dein Bruder war so freundlich mich aufzuklären, warum du gestern einfach verschwunden bist. Rena, das nächste Mal solltest du dich aber wirklich von mir verabschieden, meinst du nicht? ;)

Ich starrte auf das Display meines Handys und las immer und immer wieder die beiden Nachrichten.

Entweder erlaubte sich mein Bruder gerade einen dummen Scherz, oder aber ...

Einen Moment überlegte ich, ob ich zurückschreiben sollte, doch als mich eine weitere Nachricht erreichte, war es um mich geschehen.

Nummer unbekannt

Hat es dir jetzt etwa die Sprache verschlagen oder die Finger zum Tippen genommen? Ach ja, was deine Finger gerade so alles Schönes machen könnten, wenn du bei mir wärst ;) *kleiner Scherz*

Was machst du nach der Vorlesung? Musst du wieder „Aushelfen"?

Meine Finger schwebten über den Tasten und ehe ich richtig drüber nachdenken konnte, waren die Sätze auch schon geschrieben.

Zuckerschnute

Lösch sofort meine Nummer. Und nenn mich nicht Sweetheart. Das bin ich nämlich nicht und schon gar nicht deins!

Die Nachricht ging postwendend raus und wurde mir auch per dieser blauen Häkchen als angekommen und gelesen angezeigt. Timo hatte seinen Online-Status ausgeschaltet, sodass ich nicht sah, ob und wann er online war.

Ich war schon ein wenig gespannt auf seine Antwort, doch er ließ sich damit Zeit.

Erst, als ich wieder in der Vorlesung vertieft war, vibrierte mein Handy erneut.

Augenrollend wollte ich es erst liegen lassen, doch die Neugier siegte.

So öffnete ich die Message und bereute es sofort. Ich hätte in diesem Moment gerne etwas Hartes gehabt, das ich dem nächsten, der mir über den Weg gelaufen wäre, über den Schädel gezogen hätte, um meinem Ärger Luft zu machen.

Nummer unbekannt

Na, der Abend gestern war doch sehr unterhaltsam und abwechslungsreich. Dein IPhone war übrings nicht so interessant wie ich gedacht hatte. Hast ja nicht mal Pics in scharfer Pose drin, oder so ;) Haha, ich kann schon sehen, wie du mir am liebsten an die Gurgel springen willst. Ach, Sweetheart, irgendwann wirst du mir verfallen, glaub mir

Xoxo dein Traumprinz

Meine Augen verengten sich zu Schlitzen, während mir innerlich heiß und kalt wurde. Timo spielte gerade mit dem Feuer, mit sehr sehr heißem Feuer.

Tief durchatmend beruhigte ich mich wieder, und wenn ich zugab, musste ich doch ein wenig Schmunzeln. Meine ehemalige Sandkastenliebe schien wirklich alles Menschenmögliche tun zu wollen, um seine Fehler nach seinem jahrelangen Verschwinden wieder gutzumachen. Allerdings auf eine ganz andere Art, als ich es mir vielleicht, aber auch nur vielleicht, minimal erhofft hatte.

Zuckerschnute

Das glaube ich eher weniger. Also, dass ich dir verfallen werde. Wehe, du hast dir da auch nur ein einziges Bild raus kopiert oder so. Ich warne dich, Timo. Zumal ich ja gar nicht solche Bilder, wie du sie dir erhofft hast, besitze. Das gibt sonst Tote. Und hast du zufälligerweise meinen Weckton geändert? So etwas hab ich nämlich noch nie gehört. Hab fast einen Herzinfarkt bekommen, den du, ja lieber Herr Wittenberg, verschuldet hättest.

Ich schickte die Nachricht ab und wartete auf eine Rückantwort. Diese blieb allerdings aus, was mich zwar nicht stören sollte, aber insgeheim tat es das dann doch.

Bis zum Ende der Vorlesung tat sich rein gar nichts mehr. Mit meinen Gedanken war ich bereits beim Mittagessen, als ich meine Sachen zusammensuchte und aus dem Hörsaal schritt.

ஜღ ღஜ


»Ich verstehe deine Abneigung ganz ehrlich überhaupt nicht. Er ist doch so süß zu dir und du gibst ihm voll den Arschtritt.«

»Ich stimm Kathi nur zu. Timo hat sich gestern wirklich sehr, sehr gentlemanlike benommen und du hast nichts Besseres zu tun, als ihn in einer Tour anzumaulen. Mensch, Rena, was ist los mit dir? Der Typ steht auf dich, das sieht sogar ein Blinder mit einem Krückstock. Okay... ähm, vielleicht dein Bruder nicht, aber...«

Kathi, Jasmin und ich waren auf dem Weg zum Mittagessen. Meine beiden besten Freundinnen hatten heute ihren freien Tag, was sehr selten vorkam, da beide fast nie zeitgleich freihatten.


Ich hingegen musste nach dem Mittag wieder los. Zwar in keine Vorlesungen mehr, dafür jedoch in die Bibliothek, um Recherchen für meine Hausarbeiten zu machen.

Über ihre Worte verdrehte ich innerlich die Augen. Die beiden hatten ja überhaupt keinen Schimmer, was das zwischen mir und Timo wirklich war. Gut, das konnten sie auch nicht wirklich, dessen musste ich mir bewusst werden. Ich hatte in der Vergangenheit nur selten von ihm geredet. Und wenn, dann immer nur über die guten Dinge. Die, die ich an ihm geliebt hatte. Dennoch wussten sie sehr wohl, dass mein ehemaliger bester Freund im Kindergartenalter weggezogen und sich dann irgendwann nie wieder bei mir gemeldet hatte. Doch das Thema war nie wirklich so auf den Tisch gekommen bei uns drein.

»So, also. Was läuft da denn jetzt eigentlich zwischen dir und Jonas, meine liebe Jasmin?«, lenkte ich schnell von mir ab und beäugte Jasmin neugierig. Diese grinste jedoch nur und schwieg.

So sehr wie wir beide auch versuchten, etwas aus ihr herauszubekommen ... es nützte alles nichts.

Schließlich gaben wir beide auf, doch Kathi schwor: »Sollte da was laufen, dann sind wir die ersten, die es erfahren, klar? Das gilt übrigens auch für dich, Rena!«

»Für ... für mich?« Ich sah die beiden überrascht an, denn von den Nachrichten, die mir Timo fast stündlich inzwischen schrieb, hatte ich bisher nichts erzählt. Ebenso wenig, wie von dem damaligen Kuss im Flur.

»Ja, klar. Wenn da was läuft, dann wollen wir es als allererstes wissen. Wir sind schließlich deine besten Freundinnen«, grinste Jasmin und Kathi nickte.

Ich schwieg, denn darauf wollte ich jetzt lieber nichts erwidern. Sonst würde hier gleich eine Art Kaffeekränzchen abgehalten werden.

Das Mittagessen in der Mensa verlief für uns drei wirklich entspannt und genauso etwas liebte ich.

Die Männerwelt konnte uns mal gerne haben, denn hier wurde über das gequatscht, was nur uns Frauen etwas anging und das hieß: Shoppen, die neuste Kleidung, die besten Trends, Stars, Sternchen und und und.

Leider war die wenige Freizeit, die wir zusammen hatten, schon bald wieder um und uns trennten die Wege.

Ich musste unbedingt in die Bibliothek, um einige Recherchen für meine Hausarbeit zusammensuchen, was sicherlich den ganzen Nachtmittag sowie in den Abend hinein dauernd würde.

Seufzend schwang ich somit meinen Hintern in die Bibliothek der Uni.

Mein Handy blieb immer noch still, was mich nicht sonderlich störte, denn in der Bibliothek war dies sowieso nicht erlaubt. Doch aus einem undefinierbaren Grund schien es mich dennoch zu beunruhigen.

»Ach zum Teufel mit Herrn Wittenberg!«, murrte ich halblaut vor mich her, während ich an einem Tisch saß und mit meinen Recherchen begann.

Alleine die ganzen Materialien, die Bücher und Unterlagen zusammenzusuchen hatte mich fast eine Stunde gekostet, denn viele von denen waren entweder gerade ausgeliehen oder befanden sich auf der Ablage, um wieder einsortiert zu werden.

Es würde also lange dauern, bis ich hier wieder raus käme.

Gut zwei Stunden später, einem wackligem Stapel Bücher, viele Zettel vor mir, auf denen ich meine Recherchen geschrieben hatte, zwei leergetrunkene Wasserflaschen und einem rauchenden Kopf, war ich nicht mal annähernd da angelangt, wo ich hatte sein wollen.

Ich raufte mir die Haare, kaute am Kugelschreiber, murmelte halblaut vor mich her und war kurz davor, alles in den Müll zu verfrachten, nur um wieder bei null anfangen zu müssen.

Verflixte Hausarbeit.

In Gedanken versunken merkte ich nicht, wie sich von hinten jemand an mich heranschlich.

Ich bückte mich, um in meiner Tasche nach meinem IPod zu suchen. Mit Musik in den Ohren würde es sich vielleicht besser und einfacher arbeiten lassen. Auch wenn ich wusste, dass diese genauso verboten waren, wie Handys. Aber das war mir jetzt ziemlich egal. Hier übersah ich einfach mal die Vorschriften. Kaum hatte ich mich wieder aufgerichtet, nahm ich eine Gestalt wahr.

Sie schien direkt hinter mir zu stehen, denn dieser herb-süße Geruch kam mir ziemlich bekannt vor.

Langsam sog ich ihn ein, schloss einmal die Augen, um diesen Duft genießen zu können, ehe ich sie wieder öffnete und mich dann langsam umdrehte.

»Timo!«

Wer hätte es auch sonst sein können und sollen?

»Hallo Sweetheart!«, lächelte er mich an und meine Nackenhaare stellten sich ungewollt auf.

Das war jetzt nicht fair, so gar nicht fair von ihm.



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