26. "Ich will dein Mädchen sein!"

Eine dreiviertel Stunde später schleift Sam mich zum Frühstück, obwohl mir so übel ist von der Sauferei und dem Streit gestern, dass mir echt nicht danach ist, etwas zu essen. Als ich in der Ferne Bokuto, Tsukishima und auch Kuroo an ihrem Tisch entdecke, verkrampfe ich. Ich kann das nicht.

„Komm schon", raunt Sam mir ermutigend zu, „Es wird nicht so schlimm." Zielstrebig steuert sie den Tisch der Volleyballer an, begrüßt Bokuto wie jeden Morgen mit einem liebevollen Kuss. Wie bestellt und nicht abgeholt stehe ich hinter ihr. Kuroo und ich schauen uns nicht an. Stattdessen steht er ruckartig auf und verlässt mit versteinertem Gesichtsausruck den Tisch. „Mir ist der Appetit vergangen", knurrt er im Vorbeigehen, ich schlucke schwer. Tränen brennen bereits in meinen Augen. Alle starren uns an. Mit einem angedeuteten Kopfschütteln flüchte ich und lasse die Halle ebenfalls hinter mir. Von wegen, so schlimm wird es nicht. Anscheinend hat Kuroo sich überhaupt nicht beruhigt und ist noch immer extrem sauer auf mich. Auf meine Nachricht hat er natürlich auch nicht reagiert.

Der Tag zieht an mir vorüber, ohne dass ich aktiv daran beteiligt gewesen wäre. Den Volleyballkurs schwänze ich und auch beim Yoga lasse ich mich nicht blicken. Weder das Mittagessen, noch das Abendessen beehre ich mit meiner Anwesenheit. Ich ertrage diese Gaffer nicht. Noch weniger kann ich es allerdings ab, wenn Kuroo mich noch einmal so ansieht. Voller Abscheu. Voller Abneigung.

So stopfe ich abends Kekse in meinem Zimmer in mich hinein, bis mir schlecht wird und bin so blöd und quäle mich, indem ich meine gemeinsamen Fotos mit Kuroo auf meinem Handy durchgehe. Trotz des Herzschmerzes, trotz seiner Abweisung ändere ich mein Profilbild beim Messenger zu einem von uns beiden. Ich liebe dieses Foto, wo er mich im Arm hält und so in die Kamera strahlt, als wäre ich das Einzige, was ihn auf dieser Welt wirklich glücklich machen würde.

Ehe ich mir die Bettdecke einfach über den Kopf ziehe, schicke ich Kuroo ein weiteres Mal eine Nachricht. Ich will nicht aufgeben.

„Bitte Kuroo, lass es mich doch erklären! Ich bin nicht mehr so! Ich will so nicht mehr sein! Ich will DEIN MÄDCHEN sein! Ich brauche keinen Adrenalinkick, muss keine Regeln brechen, um mich lebendig zu fühlen, seit ich dich getroffen habe! Ich vermisse dich so sehr..." Zugestellt 21.49 Uhr. Gelesen 22.15 Uhr.

Auch auf diese Worte bekomme ich keine Antwort. Dass er beide Nachrichten gelesen hat, macht es für mich nicht besser. Niedergeschlagen rolle in meinem Bett zusammen und lasse die Tränen einfach kullern, mir egal, ob mein Kopfkissen nass wird. Egal, ob das Flecken macht.

„Es reicht!", meckert Sam urplötzlich, zerrt die Decke weg und schaut mich vorwurfsvoll an. „Während du dich hier in deinem Selbstmitleid ertränkst, schmeißen sich schon die nächsten an Kuroo ran! Und Kuroo steht weiter total neben sich, also redet gefälligst endlich miteinander!" Weinerlich jammere ich: „Wie denn? Er rennt vor mir weg und ich bekomme auch keine Reaktion auf meine Nachrichten!" „Müssen wir ihn eben zwingen zu reagieren!", erklärt sie entschlossen und bringt mich dazu aufzustehen.

„Wir gehen jetzt zu den anderen. Die sitzen am Strand. Er wird auch da sein. Bokuto wird ihn daran hindern, wieder einfach zu verschwinden!" Vehement stemme ich mich gegen ihre Hand, die auf meinen Rücken liegt und mich nach draußen schiebt. „Nein, nein, nein!", bettle ich, „Die wollen doch alle nix mehr mit mir zu tun haben!" „Blödsinn! Ich hab mich drum gekümmert. Die sehen das nicht so eng und verstehen auch, warum du erstmal nix gesagt hast. Es ist alles im grünen Bereich! Glaub mir doch!" Während sie auf mich einredet, haben wir gegen meinen Willen auch schon das Häuschen verlassen und nähern uns dem Strand.

Dort erkenne ich im Halbdunkel Hinata, Akaashi, Bokuto, Kageyama, Tsukki, Daichi, Tendou und Kenma und Kuroo. Na toll. Alle, die gestern mitbekommen haben, dass es zwischen Kuroo und mir gekracht hat, sind heute auch da. Spitze.

Schüchtern lasse ich mich neben Sam nieder. Weit weg von Kuroo, der mir kurz einen stechenden Blick zuwirft. Der mich trifft. Direkt ins Herz. Wie lange will er das denn noch durchziehen? Es tut mir leid, das kann ich doch nicht noch hundert Mal wiederholen! Still höre ich den Unterhaltungen der anderen zu, fühle mich absolut fehl am Platz. Dass auch heute schon wieder Alkohol mitgebracht wurde, gefällt meiner Leber eher weniger. Meiner geschundenen Seele allemal.

Wortlos kippe ich Becher für Becher in mich hinein, lege mich irgendwann rücklings in den Sand und starre in den Nachthimmel. Wie schön hätte mein Abschlussjahr mit Kuroo an meiner Seite doch werden können, denke ich traurig. Einzigartig. Mit verklärten Blick suche ich das Schwarz über mir nach Sternenkonstellationen ab, obwohl ich davon rein gar nichts verstehe. Mein Körper fühlt sich so merkwürdig leicht an. Als würde der Boden unter mir schwingen. Ich bin also schon wieder angetrunken. Yay.

Ohne es zu wollen, laufen Tränen über meine Schläfen. Sie kitzeln mich. Dieser Schmerz, dieser Kummer, den ich wegen Kuroo verspüre, ist wirklich ein anderes Level als alles, was ich je ertragen musste. Überraschend, wie schlimm ein Herz sich anfühlen kann, wenn einem nicht körperlich, sondern seelisch wehgetan wird.

„Alles klar bei dir?" Tendous roter Haarschopf taucht vor mir auf. Schnell wische ich die Tränen weg. „Ja, klar", nuschle ich undeutlich, er runzelt die Stirn. „Glaub ich nicht." Dennoch fragt er nicht weiter, sondern legt sich neben mich. Stumm blicken wir hinauf und reden auch weiter nicht mehr miteinander.

„Lasst uns baden gehen!" Dieser beknackte Vorschlag kommt von wem? Genau. Bokuto. Und besoffen, wie alle nun mal sind, finden das alle total super. Dass keiner Badesachen dabei hat, stört niemanden. Nacktbaden sei doch voll natürlich, behauptet irgendwer. Auf einmal wollen sie nicht mehr prüde sein, interessant. Sam zieht mich kichernd auf die Beine und meint: „Los, runter mit den Klamotten! Ab ins Wasser mit dir!" Ich weiß echt nicht, wieso ich tue, was sie sagt. Ich muss verrückt geworden sein. Aber in dem Getümmel habe ich die Hoffnung, dass keiner zu genau hinsieht und so flitze ich neben Sam ins Wasser. Vollkommen nackt.

Im ersten Augenblick ist das Meer eiskalt. Meine Nippel werden hart und ich schlinge die Arme um meinen Oberkörper, ich mich zu bedecken, solange das Wasser noch nicht tief genug ist. Einige schwimmen, andere liefern sich eine Wasserschlacht. Mir ist einfach nur kalt. Kuroos nackter Oberkörper ragt einige Meter rechts von mir entfernt aus dem Wasser. Selbst in dem Mondlicht kann ich seine Muskeln gut von hier erkennen. Wie gerne würde ich jetzt bei ihm sein. Mich an seinen warmen Körper schmiegen. In seinen Armen liegen.

Ratlos stehe ich also ziemlich verklemmt in der Gegend rum. Und habe nun ein neues Problem. Ich will so schnell wie möglich wieder in meine trockenen Klamotten, aber wie komme ich an den Strand, ohne, dass alle meinen splitterfasernackten Hintern sehen?! „Verdammt", murmle ich genervt und dass sich alles ein bisschen mehr dreht, als es sollte, macht es nur noch schlimmer.

Glücklicherweise haben die anderen auch irgendwann genug und kehren nach und nach zurück an Land. Bokuto ganz Gentleman, reicht Sam ein Handtuch, sodass keiner seiner Kumpels jetzt in Ruhe glotzen kann. Ich bibbere im Wasser. „Komm raus!", lacht Tendou, sein Tonfall ist regelrecht gierig. Ich bin mir sicher, dass er sich nur darauf freut, mich nackt zu sehen. „Hör auf zu sabbern, Tendou!", schnaubt Kuroo da unüberhörbar, was auch ich erstaunt bemerke. „Sam? Könntest du ihr das Handtuch leihen?", bittet er meine Freundin, die nickend auf mich zukommt und mich mit dem Handtuch vor weiteren notgeilen Blicken abschirmt.

„Siehst du!", flüstert sie mir zu, „Du bist ihm nicht egal!" Ich fröstle so sehr, dass ich mich kaum darüber freuen kann. Schnell trockne ich mich ab, schlüpfe eilig in meine Klamotten. Kurz darauf hocke ich wieder im warmen Sand und versuche diesen peinlichen Moment von gerade eben möglichst schnell zu verdrängen. Am besten mit noch mehr Alkohol. Viel zu eilig kippe ich mehrere Shots hinunter und huste davon, weil sie so scharf sind.

„Na, na, na. Mach langsam", dringt mit einem Mal Kuroos tiefe Stimme an mein Ohr. Er sitzt überraschend dicht hinter mir. Ich muss mich sehr konzentrieren, um ihn ansehen zu können. Sonst verschwimmt er vor meinen Augen. „Kuroo", flüstere ich undeutlich. Mein Herz rast, meine Wangen sind nicht mehr nur vom Alkohol ganz heiß. „Ich", setze ich an, aber er schüttelt den Kopf. „Nicht jetzt", wehrt er ab, „Das bringt nichts. Ich hab viel zu viel getrunken." Aber ich, denke ich belustigt.

Ich weiß nicht, wie lange wir da einfach sitzen. Uns nicht ansehen, nicht miteinander sprechen, uns nicht berühren. Doch schließlich löst sich unsere Gruppe auf. Manche wollen ins Bett, andere weiter trinken. Ich bin müde, sehe aber, wie Bokuto und Sam sich auf den Weg zu unserem Bungalow machen. Na super.

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Werden sie sich noch aussprechen? An diesem Abend? Oder sollten sie das lieber im nüchternen Zustand machen?
Aber Kuroo ist in ihrer Nähe - ein gutes Zeichen?

Worauf tippt ihr?

Bleibt schön gesund und passt aufeinander auf!

Knutscha,

eure Mercy <3

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