2. "Wer bist du denn?"
Wenig angetan von diesem Parkplatz und die grünen Bäume, genau wie die salzige Meeresluft ignorierend, schleppe ich meine Sachen in Richtung des aufgebauten Stands aus Holz, der wie eine improvisierte Anmeldung wirkt. „So ein Mist", murmle ich und muss schlagartig abrupt abstoppen, weil ein Riese von Kerl plötzlich meinen Weg kreuzt und johlend zwei andere nicht minder großgewachsene Jungs begrüßt. Ich verstehe kein Wort und unterdrücke einen Aufschrei, weil ich mir einen meiner Koffer knackig in die Hacken gerammt habe. Autsch.
Zornig funkle ich die drei vor mir an. Unübersehbar Sportler. Muskulös, drahtig, frisch. Vermutlich in meinem Alter. Die Frisuren sind allerdings etwas gewagt. Einer hat sein Haar scheinbar silbergrau gefärbt mit schwarzem Ansatz, sie stehen in alle Richtungen zackig von seinem Kopf ab. Nummer Zwei, ein durchtrainierter Kerl mit einem schiefen Grinsen und schwarzen Haaren. Und er checkt mich ab. Bitte nicht. Der dritte im Bunde ist ein blonder Brillenträger mit einem übellaunigen Gesichtsausdruck. Mittlerweile starren alle drei mich stumm an. Dann stupst der Schwarzhaarige den Silbernen an und murmelt ihm was zu. Der lacht und macht einen Schritt auf mich zu, sagt etwas, was ich nicht verstehe. Vermutlich auf Japanisch. Obwohl die drei echt nicht wie Japaner aussehen. Klar, nicht jeder Japaner ist nur 1,50m klein, aber die drei sind wirklich groß und sehen eher aus wie Europäer. Der Schwarzhaarige kommt ebenfalls näher und spricht ebenfalls in dieser fremden Sprache mit mir.
Zickig entgegne ich absichtlich auf Deutsch: „Was willst du? Ich versteh dich nicht! Die drei Fragezeichen sind zwar Kult, aber ihr seht trotzdem albern aus! Außerdem kannst du in Zukunft mal aufpassen, wo du hinrennst!" Erstaunt heben sich die Augenbrauen meines Gegenübers, dann zeichnet sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen ab, was mich wiederum überrascht.
„Tetsurou Kuroo", stellt er sich grinsend vor und verbeugt sich leicht. „Felicia Berger", murmle ich verlegen und ziemlich perplex. „Das sind Kei Tsukishima und Koutarou Bokuto. Mit den drei Fragezeichen haben wir wenig am Hut. Wir spielen Volleyball." „Und du sprichst deutsch", stelle ich fasziniert fest und würde den Typen, dem ich gerade eben noch den Hals umdrehen wollte, am liebsten umarmen. Verlegen kratzt Kuroo sich im Nacken und nickt. „Na ein bisschen. Wir haben Verwandtschaft in Hamburg." Ich glaube, ich bin verliebt.
Ich setze mein freundliches Gesicht auf und begrüße auch Tsukishima und Bokuto. Es stellt sich heraus, dass die beiden sehr gut Englisch sprechen und die Verständigung dementsprechend kein Problem darstellt. „Ich nehm deine Koffer!", tönt Bokuto eifrig und trägt die schweren Dinger tatsächlich zur Anmeldung. Kuroo nimmt mir ungefragt meine Tasche ab und klärt ziemlich cool mit den Zuständigen alles Weitere. Deren Englisch ist nämlich überraschend schlecht und mein Japanisch ist quasi nicht existent. Dank Kuroo klappt alles reibungslos und ich halte wenig später den Zettel in Händen, auf dem mein Bungalow vermerkt ist.
Neugierig schielt Kuroo auf meinen Zettel und ruft dann erfreut aus: „Was? Du gehst auf unsere Schule?!" Irritiert blicke ich zu ihm auf – der muss mindestens fast 1,90 groß sein. Da sehe ich mit meinen 1,70m klein gegen aus. „Wie? Auf eure Schule?", frage ich etwas blöd, Kuroos Grinsen gefällt mir nicht. Schelmisch mit einem frechen Glitzern in den Augen erklärt er mir mit rauer Stimme: „Ein paar meiner Freunde hier und ich gehen auch auf die Nekoma High. Und du bist die Neue, von der unsere Klassenlehrerin gesprochen hat." Was soll man dazu sagen? Mir fällt nichts Vernünftiges ein. „Ach und mein Sternzeichen kennst du sicher auch?", pflaume ich ihn an und zu meinem Entsetzen nickt der Spinner auch noch! „Skorpion", meint er knapp, meine Augen weiten sich, bis mir was auffällt. „Du hast mein Geburtsdatum gesehen! Du Schwindler! Machst hier einen auf allwissend!", schimpfe ich, Bokuto und Kuroo lachen bloß und schieben mich durch den Haupteingang des Camps auf einen staubigen breiten Weg, von dem rechts und links jeweils Pfade abgehen, die zu hübschen Bungalows führen.
Erst jetzt schaue ich nach vorn und erblicke zum ersten Mal das blau glitzernde Meer, nicht weit von uns. „Oh wow", entfährt es mir, ich bleibe unvermittelt stehen, wodurch Kuroo und Bokuto gegen mich prallen. „Ah, Felicia!", beschwert Bokuto sich, ich stammle nur: „Seht euch das an! Seht euch das an! Das ist wunderschön!" Dabei zupfe ich geistesabwesend an Kuroos Shirt. „Sieh doch hin!", murmle ich, als Kuroo mich am Handgelenk weiterzieht und mir erklärt: „Dann warte mal, bis du den Ausblick aus deinem Bungalow gesehen hast!"
Allerdings will ich nicht zu diesem blöden Bungalow, weshalb ich mich befreie und einfach den Weg hinunterrenne, bis ich atemlos am Strand angelange. Mein Zorn über die Tatsache, dass meine Eltern mich hierher abgeschoben haben, ist bereits verflogen.
Ich liebe das Meer. Die Wellen. Den Wind. Den Sandstrand. Das Salz auf meiner Haut. Die Sonne. Den Geruch nach Algen, Salz und Sonnencreme. Ich würde die zwei Wochen definitiv irgendwie aushalten. Wenn ich nur jeden Tag hierher könnte.
„Und du? Bist eine kleine Wassernixe?", witzelt Bokuto mit einem Augenzwinkern, ich grinse ihn an. „Vielleicht", gestehe ich und wende mich wieder dem Wasser zu, atme tief durch. Da ertönt hinter uns eine weitere Stimme. Energisch, aufdringlich und irgendwie ungewöhnlich. Als ich die roten Haare auf dem Kopf des Jungen entdecke, der da auf uns zuschlendert, muss ich grinsen. „Ihr habt hier wohl ein Faible für komische Haarfarben und Frisuren?", unke ich und Kuroo stimmt schulterzuckend zu: „Möglich. Das ist Satori Tendou. Auch einer der Volleyballspieler. Er ist ein bisschen durchgeknallt. Aber eigentlich ganz in Ordnung." Skeptisch mustere ich Kuroos braune Augen und frage ihn dann: „Dein Ernst? ER ist durchgeknallt? Was seid ihr denn bitte?" Grinsend klopft er mir auf die Schulter, ruft Tendou etwas zu, der daraufhin die Arme ausbreitet und mit einem breiten Grinsen auf mich zukommt und nun Englisch mit mir spricht: „Hallo schöne Frau, ich bin Tendou! Lass dir von Kuroo nichts erzählen, der hat keine Ahnung! Wenn du Fragen hast, ich bin für dich da!" Flink ergreift er meine Hand, blickt mir tief in die Augen und ich bin so überrumpelt, dass ich nicht flüchte. „Du bist unfassbar schön", flüstert Tendou kaum hörbar und mir bleibt beinah das Herz stehen, weil ich es noch nie erlebt habe, dass ein Mann so mit mir spricht. Mein Herzklopfen ist nicht von schlechten Eltern. Holla.
Unerwartet lässt er von mir ab und stützt sich bei Kuroos Schulter auf. Wie es möglich ist, dass bisher alle Kerle, denen ich begegnet bin, um die 1.85m groß sind und gut aussehen, ist mir ein Rätsel. Aber schlimm ist es nicht. „Wie kommen wir zu der Ehre? Wo kommst du her?", fragt Tendou unverblümt und beobachtet meine Reaktion dabei ganz genau. „Ursprünglich aus Deutschland. Aber meine Familie ist jetzt aus Argentinien hergezogen. Da habe ich die letzten eineinhalb Jahre gelebt", erkläre ich beinah gelangweilt. Ich mag dieses Thema nicht. „Eineinhalb Jahre? Wo warst du davor?", hakt Tendou nach, auch die anderen mustern mich interessiert. Ich zähle an den Fingern ab und berichte: „Berlin, Amsterdam, London, Paris, Nizza, Marseille, Sofia, Mailand, Rom, Neapel, Buenos Aires und jetzt eben Tokio. Sonst noch was?" Erstaunt meint Kuroo: „Das sind aber viele. Wieso bist du so viel umgezogen?" „Mein Vater ist Diplomat. Und der ist auch schuld daran, dass ich hier die nächsten zwei Wochen festsitze!" Grinsend berichtigt Bokuto mich: „Das siehst du falsch! Dieses Camp ist legendär! Außerdem bist du ja schon den coolsten Typen von ganz Japan zu Beginn begegnet. Wir passen auf dich auf." Über diese bescheuerte Ansage kann ich nur müde lächeln. „Wie heißt du nochmal? Bob? Du bist dann wohl das dritte Fragezeichen. Das für Recherchen und Archiv." „Hä?", entgegnet er verständnislos, Kuroo schüttelt lächelnd den Kopf und summt leise die Titelmelodie der berühmten drei Kalifornier Detektive. Na das kann ja heiter werden.
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Und da begegnen die beiden sich auch schon das erste Mal. Sonderlich begeistert wirkt Felicia nicht, was man ihr vermutlich nicht verübeln kann - sie hat wenig Lust auf dieses Feriencamp. Und dementsprechend auch nicht auf Kuroo und Co.
Das scheint Kuroo bisher nicht zu stören, er hat offenbar Interesse an ihr. Oder ist das nur seine Masche?
Lasst euch überraschen, wie sich das zwischen den beiden entwickelt. :)
Ich hoffe, ich höre von euch ;)
Knutscha,
eure Mercy <3
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