16. "Er hat was Kitschiges gesagt."
Wir sind mit einigen anderen Nachzüglern die Letzten beim Frühstück. Danach schlendert Kuroo mit mir im Arm zur 400Meter-Bahn für die Staffel. Dort warten bereits Tendou, Tsukki und Bokuto auf ihn. Und natürlich etliche Sympathisanten des Volleyballteams. Mir fällt Bokutos seliger Gesichtsausdruck auf und ich quetsche mich prompt neben Sam, um sie zu interviewen. „Warum sieht der so glücklich aus?", frage ich und deute auf den graugefärbten Kapitän der Fukurodani High School. „Warum?"
Ihr Grinsen ist äußerst verräterisch. Fassungslos piepse ich: „Echt jetzt? Gestern Nacht?!" „Und es war gut!", bestätigt sie mir, macht dabei eine ulkige Grimasse, die uns beide schrecklich kichern lässt. „Na da warst du aber deutlich schneller als ich!", stelle ich fest und streiche mir mehrere Haarsträhnen hinters Ohr. „Ach? Du klingst ja nicht so glücklich! Was ist passiert?", will sie sofort wissen, ich winke ab. „Das stimmt so nicht ganz. Aber er wollte nicht. Er meinte, er wolle warten." Leise pfeift Sam und beobachtet Bokuto und Kuroo, die einige Meter von uns entfernt stehen und ihre Aufwärmübungen beendet haben. Die Staffel beginnt gleich.
„Das überrascht mich ein bisschen. Er lässt wohl sonst nix anbrennen", überlegt Sam und zwirbelt eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern. Lustlos stütze ich mein Kinn auf meine Knie. „Und das hilft mir jetzt inwiefern? Aber er hat übrigens was gesagt. Was ziemlich Kitschiges", beichte ich ihr, sie wird hellhörig. „Was denn?" Kurz zögere ich, erwidere dann aber doch: „Er hat behauptet, er hätte nie an die Liebe auf den ersten Blick geglaubt. Bis er mich getroffen hat. Und dass wir nächstes Jahr zusammen sein werden. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte noch weiter geplant." Sam stutzt, öffnet den Mund, klappt ihn wieder zu und denkt nach. „Das ist ja der Knaller!", haut sie dann begeistert raus, ich komme nicht mehr mit. „Koutarou hatte schon so was angedeutet, die beiden reden ja irgendwie über alles. Aber er war sich nicht sicher, ob Kuroo ihm nur was vorgemacht hätte. Weil das nicht zu ihm passt. Er ist sonst kein gefühlsduseliger Typ." „Seit wann nennst du Bokuto Koutarou?", stoppe ich ihren Redefluss, sie grinst. „Naja, immerhin durfte er mich letzte Nacht sehr glücklich machen, da darf ich ihn beim Vornamen nennen oder?" „Stimmt wohl. Ich raffe das ja irgendwie immer noch nicht, ganz ehrlich. Kuroo ist für mich Kuroo. Es fühlt sich komisch an, ihn Tetsurou zu nennen. Verstehst du das?", will ich wissen, sie wackelt mit dem Kopf. „Na warte mal ab, das ändert sich noch. Du weißt doch, es ist was Besonderes, wenn man das tun darf. Ich bin ja der Meinung, dass es bei euch vollkommen in Ordnung wäre. Er nennt dich ja auch Felicia, und nicht Berger. Ist halt irgendwie kompliziert, aber mach es einfach und frag ihn, ob es für ihn klargeht", schlägt Samantha vor, ich habe nur halb zugehört und Kuroo beobachtet.
Tetsurou, denke ich ratlos. Wenn meine Eltern mich fragen, wie mein Freund heißt, was sage ich dann? Tetsurou Kuroo? Kuroo Tetsurou? Kuroo? Himmel. Wie unnötig verheddert ist das denn? Ich nehme mir vor, es in dem entsprechenden Moment zu entscheiden und das Thema vorerst gut sein zu lassen. Überhaupt ist es keine sonderlich prickelnde Vorstellung mit meinen Eltern über so was zu sprechen. Die sind nicht verklemmt, erwarten aber trotzdem was Vernünftiges an meiner Seite. Ist ein Kapitän des Volleyballteams meiner Schule ausreichend? Nachdenklich zupfe ich an meiner Unterlippe und puste die Luft hörbar aus. Was weiß ich denn. Mir ist es schnuppe. Mir ist er genug.
Da steht er auch schon vor mir und streckt mir die Hand entgegen, damit ich aufstehe. „Wo ist dein peinliches Schild?", zieht er mich auf, ich deute auf seine Brust und erinnere ihn: „DU hast mich letzte Nacht nicht basteln lassen!" „Hattest du das denn vor?", lacht er, ich seufze, umarme seine Taille und gebe ihm einen Kuss auf den Hals. Mittlerweile halten Kuroo und ich uns einigermaßen an die üblichen Sitten und knutschen nicht mehr vor allen rum. Das gehört sich nicht, wie ich nach meiner Standpauke beim Campleiter nachgelesen habe. Händchen halten und hin und wieder ein kleiner Kuss werden aber wohl toleriert. Und ganz von ihm ablassen kann ich eben nicht.
„Soll mich obenrum freimachen, um die anderen Teilnehmer abzulenken?", schlage ich vor, Kuroo schüttelt schmunzelnd den Kopf. „Nein, diesen Gefallen tun wir ihnen nicht. Wir machen sie einfach so fertig. Du wirst schon sehen." Sein Siegeswille überrascht mich nicht. Ich habe genug Geschichten gehört, in denen er gekämpft hat und am Ende als Sieger vom Platz gegangen ist. Er liebt Volleyball und opfert sich oft förmlich auf für seinen Sport. Kann man seinen Teamkollegen und Freunden glauben, gibt er einen mehr als passablen Kapitän ab. Ich muss gestehen, dass ich mich schon darauf freue, wenn ich ihn mal in Aktion erleben kann. Also bei einem echten Spiel, in dem er dann das Team unserer Schule anführt.
„Sei vorsichtig", sage ich sanft, kraule kurz seine Taille und blicke ihn hoffnungsvoll an. „Klar", lächelt er gelassen. „Ich muss langsam wieder zu den Jungs", erklärt er mir, drückt seine Lippen flüchtig auf meine Schläfe, nur widerwillig lösen wir uns voneinander. Ich bin mit jeder Stunde, die wir gemeinsam verbringen, verwunderter, wie schnell man sich an jemanden emotional binden kann, wenn es einfach passt.
„Kuroo so den Kopf zu verdrehen, das hat wirklich noch keine geschafft", murmelt Kenma, der wie aus dem Nichts neben mir aufgetaucht ist. Ich zucke zusammen, werfe ihm einen skeptischen Blick zu. Manchmal will es mir nicht in den Kopf, dass ausgerechnet dieser leise, unauffällige und irgendwie merkwürdige Junge Kuroos bester Freund ist. „Mann Kenma! Schleich dich nicht immer so an!", maule ich, er tippt weiter eifrig auf seinem Handy und antwortet darauf nicht. Sam unterbricht diese komische Situation, indem sie sich zwischen uns zwängt und meint: „Na? Schon aufgeregt?" „Übertreib nicht!", beruhige ich sie grinsend. Mit einer Grimasse entgegnet sie: „Du musst wohl noch einiges lernen, Schätzchen. Ein siegreicher Mann ist regelrecht aphrodisiert. Das gibt Power, verstehst du? Ich hätte Lust auf eine Wiederholung von gestern." Von Kenma kommt nur ein angeekeltes Geräusch, Sam achtet nicht darauf, drückt sein Gesicht mit der flachen Hand von sich weg und fügt an mich gewandt hinzu: „Du wirst schon sehen! Dein Kuroo ist auch nur ein Kerl."
Dieses Gespräch wird torpediert vom Campleiter, der jetzt auf ein Podest gestiegen ist und über ein Mikro verlauten lässt, dass die Teams sich versammeln und sich auf ihre Positionen aufstellen sollen. Es gehe gleich los.
Mit einem Mal wuseln unzählige Jungen auf die Strecke, klatschen sich ab, rufen sich irgendwas zu und auch auf der Tribüne wird es richtig voll. Zum Glück haben wir uns von Anfang an einen guten Platz gesichert, den wir nun mit unseren Ellenbogen verteidigen. Diese aufgeregte Anspannung überträgt sich auf mich, mein Herz schlägt schneller, ich bin plötzlich bereit quer über den Platz zu schreien, nur um Tendou, Bokuto, Tsukki und natürlich Kuroo anzufeuern. Ich will, dass sie gewinnen.
Erst jetzt entdecke ich das Team der Schwimmer nicht weit weg von uns. Auch unsere Mannschaft steht noch in unserer Nähe. Da erblicke ich Tendou, der in seiner schlaksigen Art die Arme zu bewegen, langsam zu dem Schwimmteam hinübergeht. Laut genug, dass alle Umstehenden es hören, erklärt er: „Wir machen euch platt, ihr Poser! Dann lachen wir mal über euch. Vielleicht merkt ihr euch mal, wie scheiße sich das anfühlt, wenn man so behandelt wird!" Der Seitenblick in unsere Richtung gilt mir. Das weiß ich. Mit einem dankbaren Lächeln auf den Lippen schaue ich Tendou direkt an, der mir zuzwinkert. Auch wenn ich mit seiner Energie, seiner Ausstrahlung oft überfordert bin und ihn auch viele der anderen Volleyballer schlichtweg als durchgeknallt beschreiben – ich mag ihn. Er ist eine ehrliche Haut, nimmt nie ein Blatt vor den Mund und gibt nichts mehr auf das, was andere über ihn sagen. An einem Abend am Strand hat er mir erzählt, dass er früher wegen seiner roten Haare gehänselt wurde, aber mithilfe seiner intuitiven Art beim Volleyball Selbstbewusstsein getankt hat und mittlerweile auf niemanden mehr was gibt, der ihn nervt.
Verständnislos mustern zwei der Schwimmer, die ich aus dem Training kenne, Tendou. Einer davon hat immer noch über mich gelacht gestern. „Was willst du Witzfigur?", blafft er Tendou bissig an, mein Körper verspannt sich. Wie ich diesen Blödmann nicht ausstehen kann! Doch da mischt sich Kuroo ein, tritt weltmännisch zwischen die beiden und warnt ihn: „Reg dich ab, du Wasserratte. Lauft schneller als wir, wenn du nicht willst, dass wir lachen. Und jetzt Schnauze." Im Gehen zieht er Tendou mit sich mit, der noch ein albernes Gesicht fürs Schwimmteam zieht und Sam und ich lachen uns kaputt. Kuroo und Tendou, meine Ritter.
„Na jetzt müssen sie es ihnen aber wirklich zeigen, sonst wird's peinlich!", wirft Sam ein, als sich endlich alle aufgestellt haben. Ich winke ab: „Ganz ehrlich, unsere vier Jungs sind wirklich schnell. Tendou und Kuroo sind angestachelt von der Nummer da gerade und Bokuto will sich vor dir aufspielen. Tsukki muss zwar niemandem was beweisen, aber er hat mir gestern nach dem Training versprochen, sich anzustrengen. Die schaffen das. Ehrgeizig sind sie doch alle." „Dir werden die Jungs richtig fehlen, oder?", hakt sie überraschend nach, ich seufze. „Ja. Ich hab die alle so ins Herz geschlossen. Nicht nur die vier, auch viele von den anderen. Aber leider gehen ja fast alle auf andere Schulen. Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit, alle nochmal wiederzusehen." Kenma streckt den Kopf vor und erklärt: „Als Managerin des Teams fährt man mit zu allen Vorbereitungscamps und den Spielen. Unsere Managerin hat aufgehört, du könntest ihre Nachfolge antreten." Erstaunt blicken wir den kleinen Kerl an, da ertönt aber auch schon das Signal zum Start und ich sehe nur noch, wie Tendou aus dem Starblock springt und schnell Tempo aufnimmt. Der Junge ist im Training scheinbar nur auf Sparflamme gelaufen, so wie der jetzt loslegt! Unglaublich!
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Na hier passiert ja einiges :)
Tendou wollte sich ja rächen, ihr erinnert euch? Süß <3
Und Sam? Die lässt definitiv auch nix anbrennen xD
Und was haltet ihr davon? Felicia als Managerin des Volleyballteams?
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen?
Knutscha,
eure Mercy <3
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