t h i r t y t w o

»Seul's Sicht«
'Der Morgen danach'

Der bittere Geschmack in meinem Mund, vermischt mit der leichten Übelkeit und dem Drang mich jetzt gleich zu übergeben, ließ mich unsanft erwachen.

Nachdem ich meine, von Wimperntusche verklebten Augen öffnete, erblickte ich nichts als die pure Dunkelheit. Die Rollos waren wohl unten.

Ohne vorher auf die Uhr zu blicken versuchte ich mich in meinem schwarzen Zimmer zurechtzufinden, spürte beim aufstehen wie meine Umgebung noch ein wenig schwankte. Das Problem an Alkohol war, dass er sich zu Begin als dein Freund ausgab, sich anschließend jedoch als dein Feind herausstellte.

Mit flauem Magen also schlurfte ich planlos ins Bad und erschrak direkt, nachdem ich mich im Spiegel entdeckt hatte. Hatte ich etwa geweint?

Nicht nur, dass ich aussah wie ein Panda, weil ich anscheinend zu faul war, um mir mein Gesicht zu waschen, nein. Meine Augen waren so geschwollen, dass man meine Augenlider kaum sehen konnte.

"Oh Götter.", murmelte ich, da ich mich beim besten Willen nicht daran erinnern konnte überhaupt zuhause angekommen zu sein.

Ohne daran überhaupt einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden gab ich mein bestes, von einem Zombie wieder zu einem Menschen zu werden. Abschminken, Duschen, Zähne putzen, Haare kämmen.

Erst beim Anziehen bemerkte ich, dass ich nur im BH aufgewacht war und legte deshalb die Stirn in Falten. Welcher normale Mensch... Ach, stimmt. Bin ich ja nicht.

Wie neu geboren trottete ich mit feuchtem Haar zurück in mein Zimmer und wurde vom Gestank, welcher mir ins Gesicht schlug beinahe überwältigt. Abscheulich.

Wie hab ich hier drin überhaupt richtig atmen können?

Seufend tastete ich mich zum Fenster, dass gleich neben meinem Bett platziert war und zog die Schnur der Rolladen ruckartig hoch, wobei mein Zimmer mit Licht durchflutet wurde.

Ich wollte gerade das Fenster öffnen und Lüften, als mich ein rauer, kläglicher Laut erstarren ließ. Unmöglich war das die Stimme von einem der Mädchen gewesen, weshalb ich schon vom schlimmsten ausging.

Bitte nicht. Nicht Jimi-

"Yah... Mach das Licht wieder aus."

Mein Blick schnellte zu meinem Bett, wo ich einen blonden, schlacksigen Jungen auf der anderen Seite des Bettes liegen sah und sich wenige Sekunden darauf genervt die Bettdecke über den Kopf zog.

Zu aller erst verspürte ich Erleichterung, doch dann dann war mir wieder eingefallen, dass ich halb-nackt mit ihm in einem Bett geschlafen hatte.

Nicht gut, gar nicht gut. Mein Verstand versuchte all meine Erinnerungen zu verdrängen, bis sich urplötzlich ein Schalter umlegte und ich die gestrigen Geschehnisse wie bei einem Film vor mir abspielen sah.

Erdboden, wo bist du?

Schnell huschte ich zu meinem Kleiderschrank und wühlte in diesem rum, bis ich meinen riesigen und heißgeliebten Bademantel vorfand.

Bedeckt mit diesem seufzte ich auch schon, zuckte im nächsten Augenblick als ich Yoongi's Stimme laut vernahm.

"Halmi! Ich will noch-", der Ältere hielt inne, ehe er sich mit seiner zerzausten Mähne aufgesetzt hatte und er mit seinen verschlafenen Katzenaugen anstatt seiner Oma, mich vorfand.

Verdattert blinzelte mich der blonde junge Mann an, musste sich selbst wohl erst einmal fangen.

Peinlich berührt wandt ich den Blick ab, wobei ich deutlich das brennen meiner Wangen spüren konnte.

Ich wusste wieso er noch hier war und es war nicht seine Schuld, so viel war sicher. Als er gehen wollte habe ich -wie ich es meistens tat, wenn ich zu viel getrunken hatte- wie ein Wasserfall losgeheult, konnte nicht mehr damit aufhören.

Er hatte unbeholfen versucht mich zu trösten und wir waren dann wohl beide eingeschlafen. Die Klamotten war ich losgeworden, weil mir nach dem trinken in der Nacht immer so heiß wurde.

"T-tut m-mir leid.", stammelte ich bedrückt, um das Schweigen zwischen uns zu brechen und verdeckte mit einer Hand meine angeschwollenen Augen.

Die Situation stank bis zum Himmel. Es war schon bei meinen Freunden unangenehm, was also bei Yoongi, der... Der was? Was war mit ihm? Wieso, war es mir bei ihm denn gerade so unbehaglich?

"Wofür?", Yoongi's Stimme klang verpeilt. Er musste wohl ein ziemlicher Morgenmuffel sein wie es schien.

Der Gedanke hätte mich beinahe zum Schmunzeln gebracht, wäre es mir nicht so peinlich.

Um das Thema erst einmal zu vermeiden, gehe ich seiner Frage aus dem Weg und tue das was ich immer nach einer unangenehmen Trinkaktion unternehme.

Es Verdrängen, nicht daran denken, es die hinterste Ecke meines Gewissens drängen.

"Lust auf Frühstück?", fragte ich ihn dann mit einem falschen Lächeln.

Er nickte nur wortkarg.

[...]

"Das ist nicht dein ernst, oder?", mit zusammengezogenen Brauen beobachtete ich wie Min Yoongi, mein Seelenverwandter... sich Cornflakes in seine mit Milch gefüllter Schüssel schüttete.

"Wae?", gleich darauf schnappte er sich einen Löffel und schaufelte sich die erste Landung Cornflakes in den Mund, während wir am Küchentisch saßen. Yoongi saß mit einem schwarzen Hoodie und seiner Jeans an diesem, als wäre es das Normalste der Welt einfach wo anders aufzuwachen.

"Man macht erst die Cornflakes rein und dann erst die Milch! Wie verquer bist denn du?", bei meiner letzteren Aussage muss ich unwillkürlich lachen.

Doch Yoongi hebt nur kauend seine Augenbrauen und blickt mir zweifelnd ins Gesicht.

"Bullshit.", meint er, kurz nachdem er sein Essen hinunter geschlungen hatte. Überrascht klappt mein Kiefer nach unten. Was hat er da gerade gesagt? "Ich muss doch wissen wie viel ich eigentlich Essen will.", gibt Yoongi an.

"Ganz nebenbei gefragt. Kann es sein, dass du Englisch gelernt hast? Und genau deshalb macht man doch die Cornflakes als erstes rein!", protestierte ich.

"Yah! Ich bin hier der Ältere! Ich weiß schon was ich mache. Taktische Vorgehensweisen sind meine Spezialität.", sagte er.

Doch ich gluckste bloß.
"Bullshit."

Ein amüsiertes Lächeln zierte nun Yoongi's dünnen Lippen, erwischte mich beim starren.

"Ja, habe ich. Mein Coach meinte es seie gut, mein grausames Englisch etwas aufzupolieren.", beatwortete er meine zuvor gestellte Frage.

Ich sah ihm in die Augen und nickte verstehend. Er tat es mir gleich.

Es war erschreckend wie gut sich diese Unbeschwertheit mit ihm anfühlte. Das Leben bekam mit einem Mal so eine Leichtigkeit. Als gäbe es nichts schlechtes auf der Welt.

Eine Unbeschwertheit, welche ich nicht auf's Spiel setzten wollte.

Wenn mich jemand fragen würde, ob ich Gefühle für Yoongi hätte würde ich antworten;

"Ich weiß es nicht. Es sind welche da, sehr starke sogar. Aber ich kann sie nicht zuordnen. Habe ich diese Gefühle ihm gegenüber, weil er mein Seelenverwandter ist? Obwohl er so anders ist als ich? Ich fürchte mich vor der Antwort. Was, wenn es mehr ist? Das schaffe ich nicht. Nein, nicht noch einmal."

Wenn es diesmal schief geht... dann wird nichts mehr von mir übrig bleiben. Es wird mich zerstören.

Und vielleicht habe ich gerade so Angst, weil ich bereits weiß das du mir mehr bedeutet, als mir lieb ist.
Denn wie sagte meine Großmutter früher immer zu mir?

Manchmal braucht unser Verstand einfach mehr Zeit, um zu akzeptieren, was unser Herz schon lange weiß.

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