f o u r t y e i g h t
Ich musste einige Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben, was ich nicht weiter schlimm fand. Es wurde sehr emotional, als meine Mutter kam und wir uns heulend in die Arme fielen. Sie versprach mir in Therapie zu gehen und wir hatten uns wieder versöhnt.
Es tat mir leid was ich gesagt hatte und hoffte, dass es nie wieder zu dieser Konversation kommen würde. Auch Jongmin, die anderen und Taehyung's Familie kamen mich besuchen. Alle, bloß der Eine nicht, den ich so sehr sehen wollte. Ja, sogar Halmoni war gekommen. Gestern saßen sie und Mama sogar zusammen und haben Tee getrunken, während sie sich über komische Dinge wie eingelegtes Gemüse unterhielten.
Halmoni sprach nicht über Yoongi. Nur darüber wie froh sie war, dass sie mich kennengelernt hatte und dankte meiner Mutter dafür mich in diese Welt gesetzt zu haben. Deshalb fing ich an zu weinen und sie musste mich trösten.
Heute hingegen war ein ruhiger, verregneter Tag. Der Doktor meinte morgen würde ich endlich nach Hause gehen können. Ich langweilte mich hier zu Tode, doch die anderen waren mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Taehyung's Worte hatten sich in mein Gedächtnis eingebrannt, doch ich traute mich nicht den Schritt zu wagen. War ich wirklich bereit dazu?
Mehrmals am Tag dachte ich darüber nach und irgendwann schlief ich vor lauter Grübelei noch ein. Erst am späten Nachmittag wurde ich von einer der Krankenschwestern geweckt, damit ich etwas aß. Normalerweise war das Essen in Krankenhäusern abscheulich, doch hier war es sogar ganz passabel.
"Ihr Freund muss sich sehr um Sie sorgen.", sagte die Junge Krankenschwester errötet, als sie mir das Essen vorbeibrachte.
Entgeistert neigte ich den Kopf zur Seite und blinzelte sie ahnungslos an.
"Ich würde Ihnen gerne etwas darauf erwidern, aber ich habe keinen blassen Schimmer wovon Sie da sprechen."
Dann kicherte sie und wirkte dabei wie eine Grundschülerin, die gerade neue Buntstifte bekommen hat.
"Er ist vor einigen Minuten gegangen. Sie haben die ganze Zeit geschlafen."
Misstrauisch kräuselte sich meine Stirn, weil dies nur auf zwei Personen zutreffen konnte. Taehyung schloss ich komplett aus. Der hätte mich schon beim öffnen der Tür aufgeweckt, so laut wie er war.
Es konnte sich also nur um Park Jimin oder ... Min Yoongi handeln.
Konnte das sein? War er wirklich hier?
Fieberhaft setzte ich mich auf. Auf einmal war ich ganz hibbelig.
"Wie.. Wie sah er aus? Hatte er schwarze Haare? Und sah müde aus?"
Kurz überlegte sie, bevor sie mir antwortete.
"Müde? Er sah überhaupt nicht müde aus. Er war ziemlich blass, das ist wahr. Aber er wirkte eher aufgebracht.", verwundert kratzte sie mit einem Finger ihre Stirn und machte ein nachdenkliches Gesicht dabei.
Mein Herz raste bei dem Gedanken, dass er tatsächlich hier gewesen war.
"Die hat er Ihnen übrigens hier gelassen.", sie zeigte auf den Nachttisch auf dem ein Strauß weißer Rosen, der in einer altmodischen Vase stand.
Sprachlos starrte ich die Blumenpracht an und spürte wie Tränen sich anstauten.
"Wann ist er gegangen?", nun klang ich gebrochen.
"Gerade eben. Kurz bevor ich gekommen bin, um sie zu wecken."
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals mit großer Mühe herunter, spürte wie sich jede Faser meines Körpers anspannte.
"Hören Sie... Wenn Sie mir versprechen vor Nachtruhe wieder hier zu sein, dann laufen Sie ihm schnell nach. Sie scheinen ihn ziemlich dringend sehen zu wollen."
Wie von einer Tarantel gestochen, sprang ich aus dem Bett und war froh, dass ich nicht mehr diesen grässlichen Patientenkittel tragen musste.
"Vielen, vielen dank!", ich umarmte sie eilig und lief ohne weitere Überlegungen aus dem Zimmer, durch die schmalen Flure, wo ich fast jeden umrannte.
Als ich ihn im Krankenhaus nicht fand und hinauslief, fiel mir auf, dass es noch immer so stark regnete wie heute Morgen. Naja, immer noch oder wieder. Aber das war jetzt unwichtig. Ich wollte ihn einfach nur sehen und wissen, ob es wahr war, was Tae mir gesagt hatte. Aber vor allem... ob er noch genauso empfand, wie ich für ihn.
Irgendwie fand ich es ironisch, dass immer wenn ihn finden wollte, es draußen regnete. War das ein Zeichen? Weinte der Himmel für mich? So bescheuert es auch klang ... mich ließ der Gedanke nicht los, dass an der Sache etwas dran sein könnte.
Der Regen bot einem kaum Sicht, weshalb ich öfter stehen bleiben musste und mich umsah. Ohne Brille oder Kontaktlinsen, stellte sich dies als schwierig heraus. Das Gute am Regen war jedoch, dass keinem mein Tränenübersätes Gesicht auffallen würde.
Als ich irgendwann nicht mehr wusste wo ich war und blind herumirrte, gab irgendwann meine Kraft nach und ich schluchzte laut, ehe ich verzweifelt in die Hocke ging und der Melanchonie ihren lauf ließ.
Ich legte den Kopf auf die Knie, während mein Körper von dem kalten Wasser, das aus den Wolken kam, komplett eingefroren war. Zumindest fühlte es sich so an.
Wahrscheinlich war das der Grund, weshalb ich lange nicht bemerkte, dass mich der Regen überhaupt nicht berührte. Denn als ich hochsah, schwebte ein roter Schirm über mir. Wenn es hell gewesen wäre, hätte ich wenigstens den Schatten gesehen. Doch die dunkeln Wolken hatten den Himmel gänzlich umschlossen, weshalb Daegu in Dunkelheit gefangen war.
Ich schnellte in die Höhe und als ich mich umdrehte, um zu sehen wer dort stand, setzte mein Herz einen Schlag aus.
"Wenn du so weitermachst bringst du dich wirklich noch um.", entkam es ihm ruhig, doch in seinen braunen Augen tobte Sorge
"Yoongi..."
Er sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte, sodass ich eine Gänsehaut bekam, weil er mich so intensiv ansah.
Meine Unterlippe fing aufs Neue an zu beben, nachdem eine gefühlte Ewigkeit verstrich, während wir schweigend voreinander standen.
Mich überkam die Sehnsucht ihn zu berühren, welcher ich auch sofort nachgab. Ich kam ihm Näher, verwischt die Lücke zwischen uns und lehnte meine Stirn gegen seinen Brustkorb.
"Bitte lass mich nicht allein. Ich will nicht wieder verlassen werden.", meine Stimme klang verzagt.
"Ich habe so Angst Yoongi, aber ich will auch so gerne bei dir sein. Was soll ich nur machen?"
Wenn ich daran dachte, dass er kein Basketballspieler mehr werden konnte machte mich das noch unglücklicher.
"Du bist diejenige, die gegangen ist. Ich hab dich nie verlassen.", erinnerte er mich rau, wodurch deine Brust zitterte.
Beschämt hob ich den Kopf, damit ich in sein erzürntes Gesicht schauen konnte, doch dies wies ganz und gar nicht die Züge von Wut auf. Das was ich dort sah, war bitterer Schmerz. Ich hatte ihm damit weh getan.
Mut zu haben bedeutete, dass man die Furcht überwand, weil einem die Person die man liebte, wichtiger war.
"Dann sag mir wie ich es wiedergutmachen kann.", flüsterte ich und sah dann wie seine Augen sich weiteten.
"Bleib."
Vielleicht sollte ich gehen und das hier nicht zulassen, um mein Herz zu schützen. Doch noch im selben Augenblick presste er seine Lippen auf die meinen und ich wusste sofort, dass ich verloren war. Das ich es schon von dem Moment war, als wir uns zum ersten Mal begegnet waren. Weil er zu mir gehörte, wie ich zu ihm.
Er ließ den Regenschirm fallen, ergriff stattdessen mein Gesicht und wurde ebenfalls gänzlich von Regenwasser erfasst.
Meine Lippen verschmolzen mit seinen und ich legte meine Arme um seinen Hals, um ihn an mich zu ziehen. Er war so schön warm und es fühlte sich so toll an, weil ich endlich das Gefühl hatte wieder zu leben.
Mein Herz schlug ungewöhnlich schnell, in meinem Bauch kribbelte es. Bisher hatte keiner es geschafft all diese Emotionen in solch einer Massivität in mir hervorzurufen. Er war der Erste und würde wahrscheinlich auch der Letzte sein, der dies geschafft hatte.
Weil es für mich niemals einen anderen geben wird.
"V-versprich mir, dass es immer so bleibt.", keuchte ich, nachdem ich mich von ihm gelöst hatte.
Yoongi drückte seine Stirn auf meine, musste ebenfalls vorher Sauerstoff in seinen Lungen aufnehmen.
"Ich werde... Ich werde dir nichts versprechen, Seul. Keiner von uns weiß was alles passieren kann. Ich werde nichts versprechen, wenn ich nicht weiß ob ich es halten kann, aber ich kann dir eins versichern-", er hielt inne und schloss die Augen, bevor er wieder zum sprechen ansetzte.
"Momentan gibt es keinen Ort an dem ich lieber sein würde, als hier bei dir."
Gerührt blickte ich in seine Augen, die nun wieder auf mir lagen.
"Also lauf nicht weg. Ich werde dich nicht im stich lassen, so leicht wirst du mich nicht los."
Und diesmal nickte ich.
Ich glaube...wir Menschen machen uns viel zu viele sorgen. Man hat so große Angst von den Menschen verlassen zu werden, die man liebt, dass man vergisst die Zeit mit ihnen zu genießen.
"Übrigens, Seul. Ich liebe dich."
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»I'm always tired, but never of you«
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