13. Different Level


If I could turn back Time - Cher


~~~ Niall ~~~


Es fühlte sich an, als hätte sie eine Bombe platzen lassen und für einen Moment war ich einfach nur geflasht, weil ich es nicht erwartet hatte.

„Oh, ok", waren die ersten Worte, die ich schließlich hervorbrachte. Anschließend hielt ich Eve das leere Glas hin. „Schenkst du mir noch was ein?"

Sie musterte mich eingehend, goss den Scotch über die noch vorhandenen Eiswürfel und sprach: „Ich hätte jetzt eine andere Reaktion von dir erwartet."

„Welche denn?"

„Eine eher weniger ruhige", kam es zurück, während sie ihr Glas ebenfalls mit der goldenen Flüssigkeit füllte.

Wir stießen an und tranken die zweite Runde. Währenddessen durchzogen die Gedanken meinen Kopf. Ich war auch kein Engel und vor allem nicht fehlerfrei. Wenn man es genau nahm, betrog ich meine beiden Freundinnen regelmäßig und abwechselnd; je nachdem, wo ich mich gerade aufhielt. Wie hätte ich da Eve verurteilen können, zumal ich nicht einmal die Hintergründe kannte?

Kurz räusperte ich mich, blickte zu ihr und sagte: „Hast du erwartet, dass ich ausraste? Wir sind alle nur Menschen und du wirst vielleicht deine Gründe dafür gehabt haben."

Eve stellte ihr Glas ab, lehnte sich auf dem Sofa zurück, um dann zu antworten. „Ob es Gründe dafür gab oder nicht, es war nicht richtig. Aber wir sind Menschen und wir machen Fehler. Das tut jeder von uns. Allerdings lernen manche daraus, andere jedoch nicht. Ich habe daraus gelernt und würde es nie wieder tun."

Sie griff nach dem Glas, nahm den letzten Schluck daraus und fixierte mich mit ihrem Blick.

„Danke, dass du mich in erster Instanz nicht dafür verurteilst."

Jetzt lachte ich laut auf. „Das wäre ungefähr so, als ob der Teufel sich die Beichte abnimmt und sich seine Sünden vergibt. Ich habe nicht das Recht dazu, dich für irgendetwas zu verurteilen, Eve. Ich bin ein Freund, der dir zuhört und sich nicht anmaßt über die Taten anderer zu richten."

Das vage Lächeln, welches sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, sagte mir, dass sie meine Ansichten dahingehend teilte. Wie so oft schwammen wir auf einer Wellenlänge, was im Moment eine ziemlich komfortable Atmosphäre hervorbrachte. Sie hatte mir gerade erzählt, dass sie ihren Mann betrogen hatte und ich nahm es als gegeben hin.

Nachdem wir den dritten Scotch abgekippt hatten, griff ich das Thema erneut auf.

„Willst du mir die Hintergründe erzählen oder eher nicht?"

„Doch, wenn es dich interessiert. Aber viel gibt es nicht zu berichten, das sage ich gleich. Es war die klassische Wir-haben-uns-fast-auseinander-gelebt-Situation. Ich baue das Wort 'fast' absichtlich ein, denn ich denke, wenn es nicht passiert wäre, dann hätten wir unsere Ehe vielleicht noch retten können."

Aufmerksam betrachtete ich meine Gesprächspartnerin, sah in ihren Augen, dass es ihr schwerfiel sich komplett darüber auszulassen.

„Egal, wie es passiert ist, ich werde dich nicht verurteilen. Es interessiert mich einfach nur", versuchte ich sie zu ermuntern.

„Als Freund oder als Songschreiber?", kam es prompt zurück.

„In erster Linie als Freund, denn ob du das Szenario für dein neues Album verwenden möchtest, liegt bei dir. Ich werde nicht einfach einen persönlichen Text entwerfen, der zu sehr in deine Privatsphäre eingreift. Es sei denn, du gibst mir dein Ok dafür."

Eve nickte. „Das sind klare Worte, Niall, so, wie ich es von dir erwarte."

Noch vor einem Jahr hätte ich mir nicht vorstellen können, mit einer Frau wie Eve über die Probleme aus ihrer Vergangenheit zu reden. Aber in diesem Moment fühlte es sich so normal an; so, als hätten wir uns schon immer gekannt.

„Weißt du, Niall", nahm Eve den Gesprächsfaden wieder auf, „ich hatte an diesem Abend nicht einmal viel getrunken. Die Ausrede, dass der Alkohol dran schuld war, fällt also aus. Sicher war ich beschwipst aber nicht so, dass ich nicht mehr wusste, was ich tat. Es hat lediglich die Hemmschwelle heruntergesetzt."

Sie machte eine kurze Pause, ehe sie weiterredete. „Wir waren zusammen auf einer Party. Jeff wollte früher nach Hause, da er am nächsten Tag einen wichtigen geschäftlichen Termin hatte. Ich hingegen wollte noch bleiben. Da er nichts dagegen einzuwenden hatte, fuhr er heim, während ich mich weiterhin amüsierte. Ein Taxi zu nehmen ist ja kein Problem. Aber der Abend ging ganz anders aus, als erwartet."

Kurz starrte sie auf ihre Hände, mit denen sie nervös über ihre Knie strich. Als ich dies bemerkte, war ich versucht ihr zu sagen, dass sie sich keine Sorgen machen müsste, dass ich sie immer noch respektierte, immer noch ihr guter Freund war.

„Eve-." „Nein, nein, lass mich erst ausreden", unterbrach sie mich. „Es wurde spät, ich tanzte und unterhielt mit einem Typen, den ich bereits vor zwei Wochen auf einer anderen Party kennengelernt hatte. Du kennst ja sicher diese riesigen Partys in unseren Kreisen. Dort trifft man hin und wieder die gleichen Leute aber auch neue Gesichter."

Nickend gab ich ihr zu verstehen, dass ich mich darin auskannte. Auf einer dieser Partys lief mir Ally über den Weg.

„Er faszinierte mich unglaublich, war charmant und witzig, wir lachten die ganze Zeit", stahl sich Eves Stimme in meine Gedanken. „Er war aufmerksam, etwas, was mir bei Jeff seit geraumer Zeit fehlte. Aber anstatt miteinander zu reden, schwiegen wir uns an, was die wichtigen Dinge anging. Wir lebten nebeneinander her anstatt miteinander. Ich fühlte mich total vernachlässigt, da Jeff oftmals nicht zuhause war. Er war viel geschäftlich unterwegs und in seiner knappen Freizeit, da traf er sich oft mit seinen Kumpels, anstatt etwas mit mir zu unternehmen. Deswegen gab es oft Streit zwischen uns. Ich hatte fast nichts mehr von ihm."

Sie machte eine kurze Redepause, atmete tief durch, um dann zu sagen: „Dieser Typ hatte mir völlig den Kopf verdreht. Mein Verstand setzte aus, als er mich küsste und ab da war es vorbei. Wir verzogen uns in eines der Zimmer. Es war ein klassischer One Night Stand. Ich weiß bis heute nicht, was ich mir dabei gedacht hatte. Es war kindisch und dumm. Als ich in der Nacht mit dem Taxi nach Hause fuhr, bereute ich es bereits. Doch es war zu spät. Es gibt Dinge, die kann man niemals mehr rückgängig machen."

Mit ihren Fingern fuhr sie durch ihr langes Haar, wobei ihr ein Seufzen entwich.

„Hast du es ihm gebeichtet oder hat er es anderweitig erfahren?", fragte ich nach.

„Ich habe es ihm gebeichtet, weil ich ein irre schlechtes Gewissen hatte. Und ab da ging es abwärts. Jeff und ich versuchten zwar, unsere Beziehung zu kitten, waren sogar bei einer Partner-Therapie, doch es half alles nichts. Sein Vertrauen war hin. Nach zwei Jahren trennen wir uns räumlich, nach einem weiteren Jahr erfolgte die Scheidung."

Ein sarkastisches Lachen entfuhr ihr, bevor sie den Satz „Es ist im verflixten siebten Jahr passiert, komisch, oder?", herausließ.

Für einen Moment betrachtete ich Eve, sah ihre blauen Augen, die noch immer diesen zweifelnden Ausdruck wiedergaben. Für mich gab es jedoch überhaupt keine Zweifel bezüglich meiner Freundschaft ihr gegenüber. Ohne groß nachzudenken lehnte ich mich in ihre Richtung und umarmte sie spontan.

„Ich glaube, ich habe es dir schon einmal gesagt aber ich wiederhole mich gerne nochmal. Du bist eine tolle Frau, Eve. Ich mag dich, egal, was in deiner Vergangenheit geschehen ist."

Anschließend hauchte ich ihr einen Kuss auf die Stirn, ganz leicht und zart. Als ich Eve wieder losließ und ein wenig Abstand von ihr nahm, schenkte sie mir ein kleines Lächeln, welches mein Herz erfreute.

„Du bist so lieb, Niall."

„Ach was, dafür sind Freunde da, oder nicht?"

In dieser Nacht fuhr ich nicht nach Hause, sondern schlief in Eves Gästezimmer. Ich wollte sie nicht alleine lassen, ihr einfach nur das Gefühl geben, dass ich auch am nächsten Morgen noch da sein würde, um mit ihr zu reden.

In fremden Betten schlief ich nie besonders lange und so kam es, dass ich vor Eve erwachte und durch das Haus pilgerte. Ich hatte keine Scheu, ihre Küche zu benutzen, um das Frühstück zuzubereiten, während sie noch in ihren Träumen schwelgte. Der Kühlschrank war gut gefüllt und demnach fand ich auch etwas für meinen Geschmack. Allerdings wusste ich nicht, nach was Eve der Sinn stand und räumte einfach das heraus, was man essen konnte.

Nachdem ich den Tisch auf der Terrasse gedeckt hatte, lief ich in die Küche zurück, um den Toaster in Betrieb zu nehmen. Gerade als ich die Scheiben hineingesteckt hatte, vernahm ich Eves Stimme.

„Es ist lange her, dass ein Mann in Boxershorts in meiner Küche herumgelaufen ist."

Sie trug ein hellblaues Shirt sowie eine dunkelblaue Caprihose. Ihr langes Haar drapierte sich in feuchtem Zustand auf ihren Schultern, was darauf schließen ließ, dass sie gerade eine Dusche genommen hatte.

„Gewöhne dich an den Anblick, ich frühstücke zuhause immer in Boxershorts", konterte ich grinsend.

Erstaunt zog sie ihre Augenbrauen nach oben. „Zuhause, aha. Seit wann wohnst du denn hier?"

„Seit gestern gehört mir das Gästezimmer und falls Harry oder ein anderer auf die Idee kommen sollte, es zu benutzen, dann denk' dran, ich habe die älteren Rechte."

Frech grinsend schaute ich Eve an, der in diesem Augenblick die Worte fehlten.

„Glaub' nicht, dass du mich so einfach los wirst", setzte ich noch hinzu, um zu verdeutlichen, dass unsere Freundschaft so schnell nichts erschüttern konnte – und schon gar keine Geständnisse über das Fremdgehen. Nüchtern betrachtet, tat ich nichts anderes, nur dass ich mit keiner der beiden Damen verheiratet war oder zusammenlebte. Das Gespräch mit Eve in der gestrigen Nacht regte mich noch immer zum Nachdenken an. Ich wusste, dass es in meinem Liebesleben nicht ewig so weitergehen konnte. Irgendwann würde ich eine Entscheidung treffen müssen.

Nach einem köstlichen Frühstück, welches ich tatsächlich in meiner Boxershorts und oben ohne einnahm, zog ich mich an und verabschiedete mich von Eve mit folgenden Worten: „Danke für die tolle Nacht, ich komme gerne wieder."

Daraufhin platzte sie mit einem lauten Lachen heraus. „Sei froh, dass das niemand gehört hat, sonst bekommen wir wieder eine Affäre angedichtet."

„Was heißt hier angedichtet? Wir haben doch eine, die sich allerdings nur auf das Herz und die Seele beschränkt." Mit diesen Worten griff ich mir theatralisch an die Brust, was Eve erneut zum Lachen reizte.

„Deal", sagte sie nur und begleitete mich zur Tür, wo wir uns zum Abschied umarmten.

„Du wirst mich nicht los", wisperte ich in ihr Ohr, worauf Eve mir ein „Danke für alles", entgegen flüsterte.

Als ich in meinen Range Rover stieg, wurde mir eines bewusst. Unsere Freundschaft hatte ein neues Level erreicht. Sie hatte sich mir anvertraut und genau das Gleiche würde ich jederzeit bei ihr tun.

Die verbleibende Zeit bis zu unserer Abreise nach London verging rasend schnell. Ich traf mich noch zweimal mit Ally, wobei wir jedes Mal die Nacht miteinander verbrachten. Als Allison mir jedoch anbot, mich zum Flughafen zu bringen, lehnte ich kategorisch ab.

„Ich habe Security dabei, die werde ich brauchen, denn Eve reist mit", erklärte ich ohne Umschweife. Somit gab sie sich geschlagen.

Ich traf Eve direkt am Flughafen, an dem Gate, der für unseren Flug nach London vorgesehen war. Die Begrüßung fiel den Umständen entsprechend nicht ganz so vertraut aus wie gewöhnlich, aber eine kleine Umarmung war drin.

„Bist du schon aufgeregt?", erkundigte ich mich, worauf sie mit den Schultern zuckte.

„Bis jetzt noch nicht aber das kommt spätestens, wenn ich britischen Boden betrete.

„Dann hast du ja noch einige Stunden Zeit", flachste ich.

Es war kaum zu glauben, dass wir erneut in das kühle London flogen, anstatt die Sonne in LA zu genießen. Aber der Job erforderte dies nun einmal und deswegen beschwerte ich mich nicht.

Der Flug ging schnell vorüber, da wir einige Zeit schliefen und am frühen Morgen in London landeten. Dort wartete Basil bereits auf mich und auch für Eve stand ein Personenschützer bereit. Auf direktem Weg ging es zunächst zu Louis' Record Label. Er hatte das Studio für die Gesangsproben geblockt, damit Eve sich in Ruhe auf alles vorbereiten konnte.

In der Zwischenzeit hatte sich Radio BBC für ein Interview angemeldet, ebenso wurden wir beide gefragt, ob wir einem renommierten Magazin ein Interview geben würden. Dagegen gab es nichts einzuwenden, deshalb sagten wir zu, nachdem wir die Dinge mit dem Management abgeklärt hatten. Vor allem Eve würde während der kommenden Tage sehr beschäftigt sein. Bei mir hingegen hielt es sich noch in Grenzen.

„Hey, ihr beiden, da seid ihr ja", begrüßte Louis uns freudestrahlend. „Ich habe schon alles hergerichtet, wir können direkt loslegen."

Nach diesen Worten nahm Eve ihren Platz am Mikrofon ein, während Louis den Regieraum betrat, um die Begleitmusik erklingen zu lassen. Ich setzte mich auf den Hocker, der rechts an der Wand stand und lauschte den Tönen, die Eve ihrer Kehle entlockte.

Da war sie wieder, die Gänsehaut, die über meinen gesamten Körper kroch. Ihre Stimme nahm mich jedes Mal aufs Neue gefangen, ließ mich innerlich beben, zittern und beinahe schon andächtig zuhören. Der Gedanke daran, dass sie meinen Song performte, tat ein Übriges, um meine Euphorie anzukurbeln. Es war unglaublich, was wir zusammen geschafft hatten und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als Eves Single auf den vorderen Plätzen der Charts mitmischen zu sehen.

„Die Top Ten wären schon genial", meinte Louis am Schluss der Probesession.

„Nur Top Ten? Du bist ja echt bescheiden, Tommo", rügte ich ihn. „Wir wollen mindestens unter die Top Five, nicht wahr, Eve?"

„Niall, wir werden das nehmen, was wir kriegen", lautete die Aussage der Sängerin.

Leicht schmollend, dass die beiden so gar nicht meine Ansicht teilten, trat ich hinter Eve aus dem Studio. Unsere Wege trennten sich hier, da sie zu ihrer Unterkunft, dem gleichen Hotel, welches sie beim letzten Mal belegte, fuhr und ich mein Haus am nördlichen Randbezirk Londons mal wieder von Innen anschauen durfte.

Wir vereinbarten später miteinander zu telefonieren, da bei beiden der Jetlag gerade fürchterlich zuschlug. Schlafentzug war das Schlimmste, was man mir antun konnte.

Gähnend stieg ich ins Taxi, während der Fahrt fielen mir mehrmals die Augen zu und als ich endlich in meinem Bett landete, hielt mich nichts mehr davon ab, in das Reich der Träume zu wandern.

Die nächsten Tage waren grausam, was mein Schlafverhalten anging. Ich beneidete Eve nicht, die jeden Tag bei Louis antreten musste, um den Song zu proben. Außerdem hatte sie Termine bei ihrem Management wahrzunehmen. Wir alle fieberten dem Freitag entgegen, an welchem die Single veröffentlicht wurde. Bereits jetzt konnte man Vorbestellungen auf iTunes vornehmen und das Management machte Werbung auf den einschlägigen Seiten im Internet. Auch Louis gab kurz bekannt, dass ein Song, den er produziert und ich geschrieben hatte, schon sehr bald das Licht der Welt erblicken würde. Vielleicht würden unsere Fans daran Interesse haben und die Verkaufszahlen ankurbeln.

Das Schlechte war, dass genau an diesem Freitag ebenfalls neue Singles von Justin Bieber sowie von Taylor Swift veröffentlicht wurden. Die Konkurrenz war also stark und das Ende der Rechnung würde in der darauffolgenden Woche präsentiert werden. Bis dahin sollte die Promotion in England fleißig laufen. Amerika kam danach an die Reihe, was für uns beide hieß, wieder nach LA zu fliegen. Normalerweise tauchten die Songschreiber zu solchen Gelegenheiten nicht auf, aber da Ellen mich in ihrer Show dabeihaben wollte, verstand es sich von selbst, dass ich Eve begleiten würde. Es war ja schon sehr ungewöhnlich, dass wir beide uns zusammengetan hatten, deshalb verfolgten die Medien jeden Schritt.

Der Tag, an dem die Single veröffentlicht wurde, brach an und jeder von uns war durch Nervosität gezeichnet. Die Verkäufe auf iTunes fielen zwar am ersten Tag nicht schlecht aus, doch Justin und Taylor hatten mehr. Sie lieferten sich ein Kopf an Kopf Rennen; dies würde vermutlich bis zum Schluss so bleiben.

Ich setzte meine ganzen Erwartungen in die Graham Norton Show, dort würde sie 'Time' nämlich live vortragen. Vielleicht gelang es uns dann, eine höhere Chartposition zu ergattern.

Da Eve schrecklich nervös war, begleitete ich sie zu der Show, hielt mich allerdings die ganze Zeit im Backstage Bereich auf. Beruhigend sprach ich auf die Sängerin ein, die an diesem Abend einen schwarzen Bodysuit mit langen Ärmeln trug. Eves Figur wirkte für ihr Alter tadellos, soweit ich das zu beurteilen vermochte. Die Schuhe mit den hohen Absätzen ließen sie fast so groß erscheinen wie mich, worauf ich sagte: „Du schummelst, du bist mindestens zehn Zentimeter kleiner als ich."

Ich erhielt ein Lachen als Antwort, was mich ein wenig schmunzeln ließ. Sie wurde ein bisschen lockerer vor dem Auftritt; nichts anderes beabsichtigte ich mit dieser Bemerkung.

Als es endlich soweit war, holte Eve alles aus sich heraus, ihr zuzuhören war ein Traum und ich verstand nicht, wie man diese Stimme ignorieren oder gar boykottieren konnte. 'Time' war ein zeitloser Song, man würde diesen in zehn Jahren noch anhören können, ohne ihm überdrüssig zu werden. Andächtig lauschte ich den Zeilen, die ich geschrieben hatte und obwohl die Melodie nicht unbedingt dem Soul zuzuordnen war, kam dieser dennoch in ihrer Stimme zur Geltung.

Der Applaus für Eve war groß und sie verdiente ihn wirklich.

Nach der Graham Norton Show, deren Ausstrahlung am Freitagabend erfolgte, stand am nächsten Tag Eves Interview beim Radio BBC an. Anschließend spielte der Sender zwar die Single, doch die anderen Radiostationen schienen den Song irgendwie zu ignorieren. Das machte mich unglaublich wütend. Vielleicht hatte Justins Management wieder die DJs der Radiosender bezahlt, damit man seinen Song spielte. Privat waren wir zwar befreundet, doch sein Geschäftsgebaren konnte ich nicht ab. Diese Bestechungsnummer hatte er voll drauf. Justins Single wurde überall stündlich angepriesen, ebenso Taylors Werk.

„Niall, mach dich doch nicht so verrückt, immerhin liegt Eve im Moment auf Platz elf, das ist doch toll."

Als ich Louis so reden hörte, da fiel mir auf, wie bescheiden er doch eigentlich war. Immerhin handelte es sich um seine Produktion, da hätte ich eigentlich lautes Gezeter erwartet. Missmutig ließ ich die Ignoranz der Radiosender über mich ergehen.

Seit einigen Jahren kam es nicht nur auf die Verkäufe an, sondern ebenfalls auf die Anzahl der Streams, welchen Platz man letztendlich erreichte. Ich packte Eves Song in meine Spotify Liste, in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit einiger Leute zu erreichen. Daraufhin kletterte die Single von elf auf neun, wenigstens waren wir jetzt unter den Top Ten. Dennoch fand ich, dass der Song so viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Nicht weil ich ihn geschrieben hatte, sondern wegen Eves außergewöhnlicher Stimme.

Die Zeit lief und ich hatte gute Lust irgendeinen Radiosender zu überfallen, um die Herrschaft im Studio an mich zu reißen. Dann würde Eves Single nämlich stündlich ausgestrahlt werden.

„Könntest du den Song bitte in deine Spotify Liste einordnen?", forderte ich Louis auf.

„Das habe ich schon längst getan. Liam und Harry sind ebenfalls mitgezogen", antwortete der Produzent ruhig. „Wenn wir Platz neun bleiben, dann ist das schon ein großer Erfolg. Immerhin war Eve schon lange Jahre nicht mehr im Geschäft."

Am liebsten hätte ich Louis aufgrund dieser Aussage gewürgt, denn ich wollte mehr. Ich wollte das Beste für Eve, mindestens die Top Five. Aber auf diese Art und Weise würden wir das nicht erreichen.

Während ich mir noch den Kopf darüber zerbrach, wie ich es bewerkstelligen könnte, eine bessere Platzierung zu erhalten, diskutierte Louis mit Eve, in welchem Lokal wir später unser Abendessen einnehmen wollten. Die Wahl fiel auf ein Steakrestaurant, das mir durchaus ein Begriff war. Gleich um die Ecke befand sich nämlich eine tolle Cocktailbar, die ich öfter mit meinen Freunden besuchte, wenn ich mich in London aufhielt.

Inklusive unserer Security machten wir uns auf den Weg dorthin. Zum Essen trank ich Bier und als ich später den Vorschlag machte, in der Cocktailbar einzukehren, da legten weder Eve noch Louis Protest ein. Überhaupt waren die beiden bester Laune, was man von mir nicht gerade behaupten konnte.

„Ach, Niall, jetzt gräme dich doch nicht so. Ich bin zufrieden mit meiner bisherigen Platzierung. Das Lied, das du für mich geschrieben hast ist toll, ich liebe es", versuchte Eve mich aufzumuntern.

Schweigend kippte ich den zweiten Cocktail ab, um meinen Ärger hinunterzuspülen. Warum konnten die Medien nicht genau jetzt eine fette Schlagzeile produzieren? Eine, auf die alle fliegen würden? Eine, die man unter keinen Umständen ignorieren konnte? Dann würde Eve in aller Mund sein, die Streams und Verkäufe nach oben schnellen und somit auch die Chartplatzierung.

Eine einzige Schlagzeile konnte alles ändern.

Als ich meinen dritten hochprozentigen Cocktail in Angriff nahm, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich musste nur warten, bis wir nach draußen gingen, denn vor dieser Bar trieben sich stets Paparazzi herum. Ich wusste genau, was ich tun würde, um deren Aufmerksamkeit auf Eve zu lenken.

Da mein Plan stand und mein Kopf zunehmend schwerer wurde, drängte ich schließlich zum Aufbruch. Eve schien ebenfalls nach Hause zu wollen, nur Louis blieb noch dort.

Begleitet durch unsere Security traten wir den Weg auf die Straße an. Just in dem Moment, als die Tür hinter uns zufiel und wir auf dem Bürgersteig standen, ergriff ich Eves Hand, zog die Sängerin zu mir und drückte ihr einen heftigen Kuss auf die Lippen.

Das Blitzgewitter der Kameras setzte sofort ein.

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Hier kommt der nächste Knaller :)

Was glaubt ihr, wie Eve jetzt reagiert?

Und wie findet ihr es, was Niall gemacht hat? Was wird da wohl in den Medien passieren?

Ich freue mich schon sehr auf eure Kommentare und kann es kaum erwarten, diese zu lesen. Danke, dass ihr mich immer damit versorgt.

Das nächste Update kommt am nächsten Wochenende. Ich habe es geschafft, alle Kapitel für den Urlaub vorzuschreiben, also steht dort einem wöchentlichen Update nichts mehr im Wege.

LG, Ambi xxx



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