05. Trace


♪ Give me the night – George Benson



~~~ Niall ~~~



Als die letzten Takte des Songs verklangen und Eves Stimme verstummte, da fühlte ich mich noch immer wie in einem Traum. Es war unglaublich, was aus ihr herauskam, welche Töne sie produzierte, ohne sich groß anzustrengen.

„Wow, das war – ich bin sprachlos", stammelte ich und vergaß ganz, dass meine Hände noch immer auf ihren Hüften lagen.

„Aber warum denn?", fragte sie beinahe irritiert.

„Dieser Soul in deiner Stimme, das ist etwas ganz Besonderes. Das ist der Wahnsinn."

Ein kleines Lächeln zierte ihr Gesicht, welches die Fältchen um ihre Augen verstärkte, dennoch wirkte gerade dies sehr anziehend. Es war die Art, wie ihre Augen strahlten, als ich ihr das Kompliment machte.

„Dankeschön, es freut mich, dass dir der Soul in meiner Stimme gefällt."

Für einige Sekunden schauten wir uns an, dann stellte ich die Frage, die mir regelrecht auf der Seele brannte. „Warum hat man bei deinen früheren Werken nichts davon gehört?"

„Weil es damals nicht gefragt war, schon gar nicht für eine hellhäutige Frau wie mich. Es hätte sich nicht allzu gut verkauft, da war anderes angesagter."

„Das kann nicht wahr sein", entfuhr es mir beinahe schon entsetzt. „Ich werde dafür sorgen, dass jeder diesen Soul hört. Du musst zeigen, was in deiner Stimme steckt."

Eve fuhr sich kurz mit der Hand durch ihre langen Haare, ehe sie sprach.

„Das werde ich, denn ich möchte nichts mehr verstecken, was zu mir gehört."

„Gut, denn das möchte ich auch nicht."

Es war mir schleierhaft, wie ignorant sich die Musikindustrie früher über ein solches Talent hinwegsetzen konnte. Vielleicht trug auch ihr Management die Schuld daran. Doch dies war nun nicht mehr relevant, denn ab jetzt würden Eve und ich ein Team sein. Ich wollte unbedingt die Songs für sie schreiben, nichts brachte mich mehr davon ab.

Obwohl Eve sich vehement dagegen wehrte, bezahlte ich die Rechnung und wir verließen das Diner.

„Findest du den Weg zurück?", witzelte sie, als sie in den Range Rover stieg.

„Wo steht dein Wagen?", reagierte ich mit einer Gegenfrage, welche sie sofort beantwortete. „Noch immer vor dem Café in West Hollywood."

„Gut, die Adresse habe ich noch eingespeichert, demnach werde ich wohl dorthin finden."

Von Eve kam nur ein Grinsen, während sie sich anschnallte.

„Darf ich dir einen Vorschlag unterbreiten?", startete ich die Konversation, als ich auf die rote Ampel zufuhr, die mich zum Anhalten zwang.

„Das kommt ganz darauf an."

„Wie wäre es, wenn du auf deinem neuen Album eine Coverversion von Etta James' I'd rather go blind herausbringen würdest?"

Eigenartigerweise platzte sie mit einem lauten Lachen heraus. „Das wird keiner produzieren wollen, glaube mir."

„Ich kenne jemanden, der wäre verrückt genug, es zu tun", erwiderte ich ruhig und bestimmt.

„Ernsthaft?" Eve beäugte mich von der Seite. „Derjenige muss ja gar keine Skrupel haben."

„Sagen wir es so, er ist risikofreudig und probiert immer gerne neue Dinge aus."

„Und wo finden wir diesen Wahnsinnigen?"

„In London."

Sofort hob sie abwehrend ihre Hände. „Von London habe ich genug. Nicht noch einmal."

„Ach komm schon. Wir machen einen Deal. Wenn er bereit ist, dich vorsingen zu lassen, dann fliegst du mit mir dorthin, ok?"

Seufzend lehnte Eve sich im Sitz zurück. „Habe ich eine andere Wahl?"

„Nein, nicht mit mir als Songschreiber."

Ich wusste selbst nicht, woher ich plötzlich dieses Durchsetzungsvermögen nahm, aber es sprudelte einfach aus mir hervor. Ohne Wenn und Aber. Eve musste diesen Song aufnehmen und ich war mir sicher, dass sich derjenige nicht dagegen sträuben würde.

„Du redest bereits von einem ganzen Album, Niall und wir haben noch nicht einmal eine Single in Aussicht", meinte Eve.

„Nun ja, das Album ist das große Ziel, die erste Single das kleine. Und man soll sich immer in kleinen Schritten vorwärts bewegen", philosophierte ich.

„Oha, woher hast du denn diese Weisheit?"

„Keine Ahnung, Lebenserfahrung?"

Und wieder erklang ihr ansteckendes Lachen, das jedoch keineswegs darauf abzielte, sich über mich lustig zu machen, sondern eher anerkennend und gleichzeitig amüsiert wirkte.

„So, so, Lebenserfahrung. Ich bin gespannt, wie du diese in deine Texte einfließend lässt."

„Ich auch."

Dieses Mal lachten wir synchron und es fühlte sich an, als ob wir bereits viel mehr Zeit zusammen verbracht hätten, als nur einige Stunden, in welchen wir miteinander geredet, gegessen und letztendlich zu einem alten Song getanzt hatten. Zu einem Lied, das in meinen Augen sehr besonders war und das zu Eves Stimme wie die Faust aufs Auge passte. Keine zehn Pferde brachten mich von meiner Ansicht ab, dass sie eine Coverversion davon aufnehmen sollte.

Während ich den Wagen durch die hell erleuchteten Straßen steuerte, schritt unsere Unterhaltung weiter voran.

„Wann und wo wollen wir uns eigentlich treffen, um mit der Arbeit zu beginnen?"

Sie grinste, als ich diese Frage stellte. „Wann immer du Zeit hast, ich bin flexibel."

„Gut, wie wäre es mit morgen Nachmittag?"

„Gegen drei?"

„Das passt super."

Mit einem süffisanten Grinsen ließ ich den Satz „Bei dir oder bei mir?", heraus, welchen Eve jedoch nonchalant mit einem „Wenn du so fragst, dann bei mir", beantwortete.

Somit hatten wir alles geklärt, als ich sie direkt neben ihrem Wagen absetzte, zu dem sie mich dirigierte. Bevor sie aus meinem Range Rover stieg, schaute sie zu mir und sagte: „Meine Adresse steht auf meiner Visitenkarte. Du solltest also den Weg mit deinem Navi problemlos finden."

„Mach dich nur über mich lustig", konterte ich mit einem Augenzwinkern, worauf Eve kurz lachte.

„Bis morgen, Niall."

„Bis morgen, Eve."

Gut gelaunt und ein wenig aufgewühlt machte ich mich auf den Weg zu meinem Haus. Auf halber Strecke erreichte mich ein Anruf von Allison, den ich mit der Freisprechanlage bediente.

„Hey, Ally, bist du wieder im Lande?"

Sie hatte Silvester mit einer Freundin in Hawaii verbracht und noch einige Tage drangehängt.

„Ja, bin vor einigen Stunden angekommen. Wo steckst du denn, Niall?"

„Auf dem Heimweg, wieso?"

Im Hintergrund hörte ich laute Geräusche, die darauf schließen ließen, dass Allison nicht alleine war. Viel mehr klang es, als würde sie sich auf einer Party aufhalten. Die Bässe der Musikanlage im Hintergrund waren jedenfalls deutlich zu vernehmen und ihre Antwort sagte mir, dass ich durchaus richtig mit meiner Vermutung lag.

„Ich bin auf einer Party, komm her, dann können wir uns amüsieren."

„Bei wem bist du?"

„Rate mal. Bei deinem herzallerliebsten Justin."

Darauf gab es nur eine Erwiderung. „Ich bin schon auf dem Weg."

Justin Biebers Partys waren legendär. Der Alkohol floss in Strömen, das Essen konnte mit jedem Drei-Sterne-Restaurant konkurrieren und man amüsierte sich immer prächtig. Poolbenutzung war inklusive und wenn man ihn nett fragte, durfte man sich auch in eines seiner zahlreichen Gästezimmer zurückziehen. Ich hatte sowieso einen Sonderbonus und brauchte nicht einmal zu bitten, ob ich mich vielleicht in den bequemen Betten austoben könnte.

Nach einer filmreifen Wendung auf der Straße rauschte ich in die entgegengesetzte Richtung, um zehn Minuten später vor Justins Tür zu stehen. Einige Luxuskarossen gammelten in der riesigen Auffahrt, vor der pompösen Villa, doch es war durchaus noch Platz für meinen Range Rover vorhanden. Viele waren bestimmt mit dem Taxi gekommen, damit sie ordentlich saufen oder sich die Suchtmittel hineinziehen konnten. Ich war kein Freund von Drogen, ich trank nur gerne mal einen über den Durst. Zur Not würde ich heute bei Justin pennen, das war gar kein Problem, denn nüchtern kam ich ganz sicher nicht aus dieser Sache raus.

Laute Musik dröhnte mir entgegen, als man mir die Haustür öffnete.

„Jo, Niall, Bro! Cool, dass du da bist", wurde ich durch den Gastgeber begrüßt, der schon ziemlich tief ins Glas geschaut haben musste. Sein grau-weiß gemustertes Tanktop hing lässig über den grauen Bermudas, seine Füße steckten in Flip Flops und sein Atem roch stark nach Alkohol, während er versuchte, seine Augenlider komplett zu öffnen.

Wir klatschten ab, dann bahnte ich mir den Weg durch die zahlreichen Gäste, um nach Allison Ausschau zu halten. Zu meiner Überraschung sah ich Selena, Justins Ex, in der Küche stehen, die sich gerade ein Häppchen in den Mund schob. Als sie mich erblickte, froren ihre Gesichtszüge ein wenig ein. Kein Wunder, sie hatte mir, als wir vor Monaten zusammen ausgingen, erzählt, dass sie nie wieder mit Justin reden würde und nun erwischte ich sie auf seiner Party.

„Hallo, Niall, das ist ja eine Überraschung", flötete sie mir entgegen, nachdem sie sich mit einer Serviette den Mund abgetupft hatte.

Lässig zuckte ich mit den Schultern. Sollte sie doch Justin vögeln, mit ihr war im Bett sowieso nicht viel los. Sie war mir viel zu langweilig gewesen, deshalb wurde es auch auf Dauer nichts mit uns beiden.

„Hast du Allison gesehen?", fragte ich lediglich, worauf Selena in Richtung des gigantischen Wohnzimmers deutete.

„Sie steht irgendwo da hinten."

Als ich die Küche verließ, prallte ich prompt mit Justin zusammen, dessen Blick noch glasiger wirkte, als vor einigen Momenten.

„Wo warst du heute eigentlich? Ich hab' versucht dich anzurufen", plapperte er.

Da ich mein Handy während des Treffens mit Eve in den lautlosen Modus verbannt hatte, war mir das natürlich entgangen.

„Ich habe gearbeitet", erwiderte ich grinsend.

„Oh cool, mit wem?" Wie so oft, kam Justins Neugier zum Vorschein.

„Mit Eve Lancaster."

„Wer is'n das?"

Ich fand es unglaublich, dass ihm dieser Name nichts sagte aber Justin war schon immer ignorant gewesen, was ältere Songs oder generell die Musik aus den Siebziger und Achtziger Jahren anging. Er konnte nichts mit Fleetwood Mac anfangen, die ich abgöttisch liebte, ebenso mochte er die Eagles nicht besonders.

Seufzend klopfte ich ihm auf die Schulter, als ihm plötzlich ein Licht aufzugehen schien.

„Ist das nicht die, die Break gesungen hat?"

„Ja, genau."

„Schreibst du für die Alte? So ganz taufrisch ist die ja auch nicht mehr."

Ein lautes Rülpsen entwich seiner Kehle, worauf ich ihn angeekelt betrachtete. Justin war ein lieber Kerl aber manchmal besaß er einfach keine Manieren. In diesem Augenblick missfiel es mir ungeheuerlich, wie er über Eve redete, doch in Anbetracht der Tatsache, dass er schon mehr als einen über den Durst getrunken hatte, ignorierte ich die Bemerkung und machte mich erneut auf die Suche nach Allison.

Sie entdeckte mich im selben Moment und kam freudestrahlend auf mich zugestürmt. Sofort saugten sich ihre vollen Lippen an meinem Hals fest, während ihre Hände mich umfassten. Ich liebte ihre spontane Art total und ließ meine Hände durch ihr langes, dunkelbraunes Haar gleiten.

„Niall, Süßer, ich habe dich echt vermisst. Das nächste Mal musst du unbedingt mit nach Hawaii kommen."

Als sie begann, an meinem Ohrläppchen zu knabbern, spürte ich, wie sehr sie auf Entzug sein musste – genau wie ich. Ally wusste, wie sie mich heiß machen konnte und dass sie sich einfach nahm, nach was ihr gelüstete, machte mich nur noch mehr an. Da ich weder Durst noch Hunger verspürte, sondern einzig und alleine auf das achtete, was bestimmte Regionen meines Körpers wünschten, fackelte ich nicht lange, sondern zog Ally die Treppe hinauf in den ersten Stock. Sie folgte mir willig und als ich sie in das erstbeste Gästezimmer bugsierte, verschloss sie die Tür hinter uns.

„Du hast es eilig, Niall. Das macht mich scharf."

Ihr laszives Lächeln ließ mich fast durchdrehen und ich spürte, dass meine Jeans enger wurde. Es wurde höchste Zeit, mich von dem lästigen Stück Stoff zu befreien. Allison erledigte dies im Handumdrehen, ohne dass ich sie darum bitten musste. Schnell zog sie ihr Oberteil aus, ebenso den Minirock, während ich mich bereits auf dem Bett niederließ. Als sie sich zu mir gesellte, tasteten meine Finger nach dem Verschluss ihres BHs, den ich geschickt öffnete. Der String landete Sekunden später neben dem BH auf dem Boden und als Allison meine Boxershorts nach unten zog, atmete ich erleichtert auf. Jetzt konnte es zur Sache gehen.

Sie war das typische, amerikanische Girl, mit einem kurvigen Körper, den sie gerade auffordernd gegen meinen presste.

„Los, Horan, du bist genauso auf Entzug wie ich, zeig mir, wie heiß du bist", hauchte sie kokett, während sie ihre Hände gekonnt einsetzte. Ein leises Zischen gelangte durch meine Zähne und ich spürte das unstillbare Verlangen, über sie herzufallen.

Kraftvoll packte ich Allison an den Hüften und drehte sie, sodass sie mir ihr wohlgeformtes Hinterteil entgegenstreckte. Anschließend zog ich sie langsam zu mir und während sie wohlig seufzte, ließ einen Finger in sie hineingleiten. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, denn Ally war mehr als nur bereit für mich. Das Kondom hatte ich vorhin schon aus der Tasche meiner Jeans gezogen, es lag auf dem Bett und ich brauchte nur nach dem kleinen Päckchen zu greifen.

„Niall, beeil dich", stöhnte Allison.

Natürlich kam ich ihrer Aufforderung nach, zog mir das Kondom über und drang in sie ein, was sie mit einem erregten Seufzen quittierte. Es ging sofort richtig zur Sache, doch ich hatte nichts gegen einen Stellungswechsel zwischendurch einzuwenden. Ally keuchte leicht entrüstet, als ich mich aus ihr herauszog, um sie erneut in Position zu bringen.

Sie lag auf dem Rücken und blickte mich mit ihren grünen Augen an, während sie ihre Beine um meine Hüften schlang. Und schon ging wieder die Post ab, wie man so schön sagte.

„Niall", sie stöhnte meinen Namen, was mich noch mehr anspornte, alles zu geben. Dass Allys lange Fingernägel zu diesem Zeitpunkt über meinen Rücken kratzten, registrierte ich nur am Rande. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, uns zum Höhepunkt zu treiben, um dieser Sache eine Beachtung zu schenken.

„Ally", keuchte ich, als ich spürte, dass es soweit war. Im gleichen Augenblick fühlte ich, wie ihr Körper zu zittern begann. Meine Stirn lehnte gegen ihre und das war der Moment, an dem wir beide alles herausließen.

Minuten später lagen wir noch immer ausgepumpt und leicht erschöpft in Justins breitem Gästebett. Die Musik war hier oben nur gedämpft zu vernehmen, lediglich die Vibrationen der Bässe spürte man hier und da.

„Du überraschst mich immer wieder, Niall", schnurrte Allison wie eine Katze, als sie sich an mich schmiegte.

„Ich hoffe, nur positiv."

„Natürlich."

Just in diesem Moment verspürte ich ein Brennen auf dem Rücken und die Erinnerung an Allisons Fingernägel kam zurück. Mit einem Blick auf ihre frisch lackierten, roten Krallen sagte ich: „Beim nächsten Mal schneide ich dir die Dinger vorher ab. Meine Haut brennt wie Feuer."

Ein wenig brüskiert erklang ihre Stimme. „Ach komm schon, bist du ein Mann oder eine Memme?"

„Ein Mann, dessen Körper durchaus ein Schmerzempfinden besitzt", konterte ich sofort.

Bevor wir uns weiter darüber auslassen konnten, klopfte jemand gegen die Tür.

„Niall, bist du da drin? Ich brauche dich mal." Justin war kaum noch in der Lage, seine Worte richtig auszusprechen.

„Ich komme gleich", rief ich, worauf Ally anzüglich sagte: „Nochmal? Das bist du doch schon."

Justin unter die Arme zu greifen, wenn er nicht mehr dazu in der Lage war, die Party einigermaßen unter Kontrolle zu halten, zählte zu meinen Spezialitäten. Vermutlich durfte ich auch deswegen das Gästezimmer so oft benutzen, wie es mir beliebte.

Der Wodka war ausgegangen und ich schickte einen von Justins Freunden mit einem Taxi los, Nachschub zu besorgen.

„Danke, Niall", lallte der Gastgeber, worauf ich ihm auf die Schulter klopfte. „Keine Ursache, Justin. Freunde sollten sich gegenseitig helfen."

Je später es wurde, desto mehr hatte auch ich getrunken. Irgendwann schnappte ich mir Ally und wir zogen uns zum Schlafen in das Zimmer zurück, in welchem wir vor einigen Stunden heißen Sex praktiziert hatten. Nur mit dem Unterschied, dass jetzt gar nichts mehr zwischen uns lief, weil wir beide viel zu viel Alkohol intus hatten.

Inzwischen spürte ich auch das Brennen auf der Haut nicht mehr, doch genau dieses ließ mich am nächsten Tag, um die Mittagszeit, erwachen.

„Scheiße", murmelte ich, als ich mich im Halbdunkel aufrichtete.

Die Jalousien waren heruntergelassen, sodass nur einige spärliche Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Ritzen fanden. Mein Kopf dröhnte ein wenig, während ich aus dem Bett kletterte und das Badezimmer aufsuchte, das zum Gästezimmer gehörte. Mit einem Blick in den Spiegel stellt ich fest, dass ich auch schon besser ausgesehen hatte, doch da ich heute keinen beruflichen Verpflichtungen nachkommen musste, konnte mir das egal sein.

Binnen der nächsten Sekunde fiel mir jedoch ein, dass ich um drei Uhr nachmittags bei Eve zu Hause sein sollte, was mich plötzlich hektisch werden ließ. Ich rannte zurück ins Schlafzimmer, schlüpfte in Jeans und Shirt, zog meine Schuhe an und begab ich direkt zu meinem Range Rover, der zum Glück nicht zugeparkt war. Dort schrieb ich eine Nachricht an Ally, dass ich beruflich unterwegs sei und ich mich später melden würde.

„Mist, verdammter", schimpfte ich, als die Striemen auf meinem Rücken erneut zu schmerzen begannen. Da musste ich jetzt wohl durch. Auf dem Weg zu meinem Heim stoppte ich bei Dunkin' Donuts, um zwei Bagel und einen Kaffee mitzunehmen, denn ich hatte mächtig Kohldampf nach der durchzechten Nacht.

Zuhause angekommen, sprang ich sofort unter die Dusche und drehte das Wasser nur lauwarm auf, damit meine malträtierte Haut eine nicht noch stärkere Reizung erfuhr. Als ich mich abtrocknete, hätte ich laut schreien können, doch ich hatte keine Zeit, mich jetzt darum zu kümmern. Der Termin bei Eve war weitaus wichtiger und ich wollte diesen unter keinen Umständen sausen lassen. Also schnappte ich meine Gitarre, Block sowie einen Stift und machte mich auf den Weg.

Ich hatte Glück, dass der Verkehr noch nicht zu schlimm war und parkte pünktlich um drei Uhr den Range Rover vor ihrem Haus, um die Klingel zu betätigen. Kurz darauf hörte ich Schritte, dann öffnete Eve die Tür. Ihr langes Haar trug sie heute nach oben gesteckt, was ihr ausgesprochen gut stand. Ebenso hatte ihre Kleidung einen lässigen, wenngleich auch eleganten Stil. Weiße Caprihosen, kombiniert mit einem weißen, längeren Top, dessen kleine, funkelnde Steinchen das perfekte I-Tüpflchen bildeten. Im Gegensatz zu mir sah Eve munter und vor allem ausgeschlafen aus.

„Hey, Niall, schön, dass du pünktlich bist, komm doch rein."

„Hey, ja ich bin pünktlich, auch wenn ich letzte Nacht auf einer Party war."

Eve schenkte mir ein leichtes Grinsen, bevor sie mich in den Wohnbereich führte, dessen Blickfang eindeutig der weiße Flügel bildete, der in der Mitte stand.

„Oh, wow, das Teil ist cool, darf ich mich da austoben?", fragte ich begeistert.

„Natürlich, wenn du es gut behandelst", kam es schmunzelnd zurück. „Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?"

„Nur Wasser." Das Dröhnen in meinem Kopf war zum Glück fast verschwunden, dafür brannte mein Rücken jedoch wie Feuer. Es wurde immer schlimmer, am liebsten hätte ich mir das Shirt vom Leib gerissen, doch diese Dreistigkeit besaß ich dann doch nicht.

Zunächst lehnte ich sie Gitarre an das dunkle Ledersofa, während ich versuchte, den Schmerz, der sich auf meiner Haut wie Nadelstiche ausbreitete, zu ignorieren. Leider klappte das nicht so ganz, denn es wurde schlimmer, anstatt besser. Eve, die mit dem Wasserglas in der Hand aus der offenen Küche zurückkehrte, schien zu merken, dass etwas nicht stimmte, denn sie sprach mich direkt an.

„Niall, ist alles ok? Du wirkst so zerstreut."

„Mein Rücken", ächzte ich nur.

„Was ist denn damit?"

„Er brennt wie Feuer."

Langsam stellte Eve das Glas auf dem kleinen Beistelltisch neben der Couch ab, bevor sie mich näher beäugte.

„Hast du Sonnenbrand oder wurdest du gestochen?"

„Weder noch", antwortete ich zögerlich, worauf Eve ein „Darf ich mal sehen?", herausließ, als sei dies das Normalste der Welt.

Vermutlich hatte sie schon unzählige nackte, männliche Oberkörper zu Gesicht bekommen und deswegen kam ich ihrer Aufforderung nach, ohne an irgendwelche Peinlichkeiten zu denken.

„Oh, das sieht nicht gut aus. Die Dame hatte ja Nägel, die als Waffe durchgehen", lautete Eves trockener Kommentar. Mit der Bemerkung, dass sie eine Salbe holen würde, verschwand sie, um kurz drauf mit einer Tube in ihrer Hand zurückzukehren. Ich schaute nicht mal drauf, sondern setzte mich brav auf den Hocker, der vor dem Flügel stand, damit Eve meinen Rücken ohne Probleme eincremen konnte.

Im ersten Moment zuckte ich kurz zusammen, doch sie ging sehr vorsichtig zu Werke. Außerdem entfaltete die Creme ihre Wirkung innerhalb kürzester Zeit. Diese kühlte meinen Rücken und das Brennen ließ auf der Stelle nach.

„Ach, tut das gut", seufzte ich erleichtert. „Ich danke dir, Eve. Das Zeug ist mein Lebensretter."

Sofort erklang ihr Lachen in meinen Ohren. „So schlimm ist es nicht. Du solltest nur nicht gleich dein Shirt drüberziehen, damit die Creme richtig in die Haut einziehen kann."

„Ich spiele auch mit nacktem Oberkörper Piano", erklärte ich mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen.

„Nun dann, legen wir los."

Gerade als ich mir den Hocker zurechtgerückt hatte, um eine Melodie, die seit gestern in meinem Kopf herumspukte, zu spielen, vernahm ich, wie eine Tür aufgerissen wurde und eine Stimme rief: „Hallo, ist jemand zuhause?"

___________________

Muhahaha, ein kleiner Cliffhanger. Wer mag das wohl sein?

Und wer soll wohl Eves Single/Album aufnehmen? Habt ihr irgendwelche Ideen?

Ich danke euch ganz herzlich für den Support zu dieser Story, an der wirklich mein Herz hängt und ich freue mich über jeden, der voll dabei ist.

Es gibt übrigens für SOUL auch eine Spotify Playlist, angefertigt von der lieben Cassy Horan, der ich dieses Kapitel widme. Unten seht ihr einen Screenshot davon.

LG, Ambi xxx

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top