4. Mission

Es war einfach.

Nein, es klang einfach.

"Mino trug zu Lebzeiten etwas bei sich, das unsere Existenz in höchste Gefahr bringt. Wir haben den Gegenstand nicht mehr in seiner Tasche finden können. Einer der Gestrandeten muss ihn ihm entwendet haben, bevor wir den Körper bergen konnten. Sie jetzt zu töten, könnte damit zum größten Fehler unseres Lebens werden. Wir warten noch. Freundet euch mit ihnen an, versucht den Gegenstand zu lokalisieren, sobald er in Sicherheit ist, fahren wir fort."

Aber es war alles andere als einfach.

Der Blick des Blonden sagte mir bereits alles, was ich wissen musste.

Er hatte mich gesehen.

Und nicht erst hier, in dem Dorf, das es seit gestern gab, mit den Menschenbeinen, die ich seit gestern hatte, sondern als mich, als Meermann, der den Körper seines toten Freundes mit sich in's Wasser gezerrt hatte.

Ich verfluchte mich selbst, als ich sah, wie er zurück wich, mehr Abstand zwischen sich und mich brachte, auch wenn in seinen Augen der Unglauben schimmerte.

Die eiserne Regel war es jeden zu töten, der von unserem Geheimnis wusste, aber was konnte ich tun, er war womöglich der mit dem Gegenstand und hatte mir meine Mission gerade so gut wie unmöglich gemacht.

Ich hatte also keine andere Wahl, als über jemand anderen an ihn heran zu kommen.

Mein Blick traf den des jungen Mannes, Jinyoung, eine kalte Schönheit und das schiefe Grinsen, das in unserer Welt gemeinhin als "der Killer" bekannt war, schlich sich auf mein Gesicht.

Ich würde es gnadenlos ausnutzen dieses Gesicht zu haben.

Jinyoung schien allerdings ungerührt von meinen Mühen, er ließ bloß meine Hand fallen und rief seine beiden abgelenkten Kinder zu sich.

Ich knirschte mit den Zähnen.

Wir würden sie schon brechen, nicht alle von ihnen wirkten besonders durchhaltefähig.

Der hübsche Junge an der Seite des misstrauischen Blonden beispielsweise. Seine Augen lagen interessiert auf mir, verfolgten es eifrig mit, als ich mir durch das aufgehitzte Haar strich.

Bingo.

Ich fokussierte wieder Jinyoung, konnte nicht jetzt schon meine Absicht klar machen und deutete auf die Hütten hinter uns.

"Wir sind hier momentan zu siebt. Wir verbringen jeden Sommer hier, seit mein Urgroßvater die Insel aufgekauft hat. Es wird wohl ein Männerurlaub." Ich grinste sie entschuldigend an, bereute es nicht den dusseligen aber sympathischen Jiwon geschickt zu haben.

"Habt ihr vielleicht irgendwo noch vier andere Männer gesehen? Zu uns haben noch mehr gehört.", sprach Jinyoung mich erneut gezielt an, ich tat grübelnd.

"Jinhwan meinte gestern noch, dass er glaubte auf der Nachbarinsel jemanden gesehen zu haben. Er wollte heute hinaus schwimmen und einen Blick darauf werfen. Ich glaubte nicht daran, wer sollte hier auch sein, aber jetzt ergibt es Sinn."

Ungebrochen starrte ich Jinyoung in die verschlossenen Augen.

"Perfekt! Dann sind wir bald wieder komplett und können uns mit euch einen netten Urlaub machen! Nach einem Monat fahren wir dann bequem wieder heim, nicht wahr, Jinyoung hyung?", eiferte die Bohnenstange also sofort drauf los und warf einen dünnen Arm um meine Schultern, um uns näher zusammen zu ziehen.

Knapp checkte ich ihn ab. Das elegante Auftreten, die verschmutzten, aber teuren Klamotten, der Schmuck.

Ich würde diesen hier wohl Jinhwan überlassen müssen.

Also sah ich nur fragend zu Jinyoung, dessen Augenbraue ungut zuckte, dann holte er tief Luft, um eine Rede zu halten.

Zwar hatte ich schon vorrausichtlich den Kopf eingezogen, doch Jiwon und Hanbin, die uns in dem Moment dazwischen kamen, retteten uns wohl alle vor dem gruseligen Mann.

Die beiden machten keine halben Sachen.

Nur Jiwons Haare, what the fuck war diese blonde Hälfte.

Beide marschierten locker-lässig oben ohne und in tief sitzenden Jeans zu uns auf das Feld, präsentierten Sixpack, Tattoos, braune Haut, alles, was man so wollte.

Ich verdrehte die Augen.

Hanbin verharrte kurz neben mir und grinste die Neuankömmlinge an, ich erinnerte mich daran, dass er den hohlen Kokosnusskopf gestern noch Mund zu Mund beatmet hatte.

Jiwon hingegen sprang sofort ekstatisch auf meinen neuen Feind zu, verwickelte ihn ohne jede Mühe in ein aufregendes Gespräch über Koalabären.

Gut, der wäre abgedeckt, aber ob Jiwon so einen guten Job machte, war immer die andere Frage.

"Ich bin Hanbin. Ihr seid...?" Er wirkte beruhigend auf die Truppe, seine sanfte und naive Art fiel sofort auf und Jinyoung brachte sich zu einem kleinen Lächeln.

"Gestrandete. Junhoe hier hat uns eben seine Hilfe angeboten, ich hoffe, wir bereiten euch nicht zu viele Probleme.", erklärte er sich geduldig und das verstehende Geräusch von Hanbin klang so echt, dass ich mich fragte, ob er nicht tatsächlich wieder vergessen hatte, worum es hier ging.

"Gehören zu euch so ein kleiner Blonder, so wie der hier und ein schwarzhaariger Mann mit breiten Schultern?", vertrödelte er unnötig Zeit und ich sah Jinyoung überraschend brechen, sofort die kalte Fassade fallen lassen.

"Ja! Ihr wisst, wo sie sind?!"

Seine Augen waren voller Sorge und sein ganzes Gesicht erhellte sich etwas in Hoffnung, er trat einen zutraulichen Schritt auf uns zu.

Bingo 2.

"Alles klar, ja, wir haben sie an die westliche Küste gebr-"

Ich hieb ihm einen Ellbogen in die Rippen, kaschierte mich mit einem Husten.

Hanbin verstummte kurz, dann verstand er nachträglich.

"Ah, ich meinte an der westlichen Küste der Nachbarinsel gefunden. Der Schwarzhaarige war verletzt, wir behandeln gerade noch seine Wunden."

Konfus starrte ich auf meinen Freund hinab.

Der Mann war nicht verletzt gewesen, als wir ihn gestern an der Insel abgeliefert hatten.

Unschlüssig zog ich die Augenbrauen zusammen, nahm es kaum wahr, wie der überzählige Arm der Bohnenstange wieder von meinen Schultern verschwand.

"Kann ich zu ihnen? Ich muss sehen, dass sie in Ordnung sind und ich kann auch mit den Wunden helfen!"

Es war eigenartig, dass er uns so anflehte, obwohl er jedes Recht dazu hatte seine Freunde einfach zu sehen, aber ich würde mich hier nicht beschweren, es war ein gutes Gefühl ihn Bitten zu sehen.

"Klar, sie sind in Chans Hütte, Junhoe bringt euch hin."

Damit trat Hanbin cool an mir vorbei und zu den beiden Scherzartikeln, denen er je einen Arm um die Schultern legte, bevor er sie maximal Playboy grinsend mit sich fort zog.

Ich starrte ihm ungläubig nach.

Jinyoung musste mich quasi kicken, damit ich wieder zu mir kam.

Ouch, aber danke.

"Worauf wartest du bitte, morgen?"

Augenverdrehend wandte ich mich ab und ging ihm voraus, scherte mich nicht weiter darum, ob er folgte oder nicht. Doch ich hörte ihn leise mit dem pretty boy tuscheln, als sie mir nacheilten, meine Güte, ich hatte doch selbst keine Ahnung in welcher Hütte Chanwoo war, damn you Hanbin.

Ich versuchte es also auf gut Glück bei Yunhyeong und fand sehr stolz dort auch Chanwoo vor, der mich aus großen Pandaaugen anstarrte, als ich wie ein Racheengel in der Tür auftauchte.

Dann wurde ich schon achtlos beiseite geschubst, als sowohl von drinnen etwas Blondes an mir vorbei nach draußen sprang, als auch Jinyoung in das Haus hinein.

Ich schlug mir hart den Kopf am Türrahmen an und hinter meiner Stirn explodierten weiße Lichtblitze, dann wurde schlagartig alles schwarz.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top