24. Unerwartetes Treffen

Jinhwan war nicht zuhause, als wir zurückkehrten.

Die Jungs konnten uns auch nur vage Antworten geben wohin unsere verletzte Fee verschwunden war, aber scheinbar hatte er im Wasser noch etwas zu klären.

Das war jedenfalls alles, was ich hören musste, um mich sofort wieder in die dunklen Fluten zu werfen.

Ich kannte Jinhwan und wenn er wie befürchtet vorhatte Jaebeom auf eigene Faust zu befreien, dann würde das gewaltig schief gehen.

Nicht, dass er schwach war, aber er war angeschlagen und auch nicht gerade ein schwerer Gegner für Seymour.

Ich beeilte mich also den Weg zurück zu schwimmen, irgendwas sagte mir, dass Jinhwan exakt wusste, wohin er musste und es ließ alle Haare an meinem Körper zu Berge stehen, mich nur noch schneller durch das ungewohnt kalte Wasser gleiten.

Das Meer wurde unruhig, bevor ich Jinhwan einholte. Es begann auf einmal sich aufzubäumen, mich wie eine Puppe hinweg zu schleudern und irgendwie mit sich selbst zu rangeln. Nicht weit von mir entstanden Strudel, die ahnungslose Fische und Korallen mit sich rissen, ich selbst riss mir schmerzhaft die Flosse an einem Stein auf.

Ich wusste nicht, was los war, versuchte nur desorientiert meine Balance und meinen Weg wiederzufinden, ignorierte dabei eisern den stechenden Schmerz an meiner Seite.

Irgendwann verlor ich mein Zeitgefühl, ich wusste nicht, wie lange ich gegen die ungezügelten Wellen kämpfte oder wie viele Umwege ich nehmen musste, um den schlimmsten Gefahrenzonen zu entkommen.

Der Meeresboden war zum Schlachtfeld geworden, da lagen so viele Tote und zerstörte Meeresbewohner, dass es mir schier schlecht wurde, ich mich vor Sorge um Jinhwan und dieser Tatsache fast übergeben musste.

Aber das Meer beruhigte sich irgendwann wieder, die Ruhe um die vielen Leichen und all die Trümmer noch viel gespenstischer als jedes Chaos.

Ich ignorierte die gepeinigten Rufe von Verletzten und machte mich eilig auf den Weg, musste wissen, was geschehen war.

Das Meer hatte mich lange genug aufgehalten, dass es bereits zu spät war, als ich ankam.

Die beiden Wachmänner, die das Anwesen unseres Königs bewacht hatten, trieben tot im Meer, waren von den Wassermengen, die ihre Heimat waren, kaltherzig erstickt worden.

Meine Beine zitterten und an der Seite des Linken zog sich eine fiese Wunde hinab, die noch immer blutete, aber ich verschwendete keine Gedanken daran, ich rannte bloß panisch zu dem Haus, dessen Glasfronten zerbrochen waren, das Wasser bedeckte knöchelhoch den Boden.

Die Möbel lagen gesplittert und gebrochen auf dem Boden verstreut, erschwerten mir die Suche durchs Haus.

Mit den wenigstens teilweise noch intakten Wänden bahnte ich mir meinen Weg durch das Chaos und erreichte dann irgendwann das Schlafzimmer von Seymour, wo sich mir ein merkwürdiges Bild bot.

Jinhwan stand, wenn auch etwas durch den Wind aufrecht, im Raum und Seymour lag ihmn reglos zu Füßen, das Wasser um seinen Körper rötlich.

Konfus sah ich von Jinhwan zu Seymour und dann zu Jaebeom hinüber, der sich auf seinem Diwan aufgesetzt hatte, jedoch in einen Schutzschild gehüllt war und uns nur still beobachten konnte.

Das Wasser platschte unter meinen Füßen, als ich zu Jinhwan hinüber stolperte und fassungslos die Hände nach ihm ausstreckte, es aber nicht wagte ihn zu berühren.

Die Wunde an seiner Seite blutete wieder und einer seiner Arme hing schlaff und nutzlos von seiner Seite, aber er lebte und traf meinen Blick mit Feuer in den Augen.

"Aber was... Ah! Warte!"

Mir ging seine Gesundheit über alles.

Eilig durchsuchte ich meine Taschen nach dem Heilmittel von zuvor, versuchte mir in diesen Sekunden verzweifelt einen Reim auf die Situation zu machen.

Jinhwan hatte unseren König besiegt?

Jinhwan schlug mir grob die Salbe aus der Hand, als ich sie ihm erleichtert entgegen hob, sie zerschellte an einer Wand, beklebte sie mit dem Mittel.

"Es war Gift. Er wusste bereits, wer ich bin.", erklärte Jinhwan mir leise, bevor er zu Jaebeoms Gefängnis hinüber wanderte und den Schild verpuffen ließ.

Jaebeom sah wortlos zu ihm auf, als der Mann vor ihm zu stehen kam und ich bemerkte endlich das, was Seymour als Kunstwerk bezeichnet hatte.

Farbe zeichnete den zuvor makellos hellen Körper des Mannes, war tief in seine Haut eingesickert und bewegte sich lebendig unter dieser, erschloss ständig neue Muster an einer anderen Stelle. Sie waren in der Tat schön, wenn auch sehr gruselig. Und sie zeichneten ihn auf ewig.

Ich stand weiter unwissend mitten im Raum.

Jinhwan hatte unseren König besiegt. Also war er diese verborgene Macht, von der der Senat geflüstert hatte? Er war es, der Mino getötet und Jinyoung und die anderen gerettet hatte? Er war ein guter Widersacher?

Es ergab alles keinen Sinn auf mich.

Warum hatte ich nichts davon gewusst? Wirklich gar nichts?

Ich stutzte.

Ich erinnerte mich noch immer an diesen Tag, von dem mir die Erinnerungen fehlten und mit einem Mal kam mir ein schrecklicher Verdacht.

Zögernd sah ich zu Jinhwan hinüber, der gerade in einem sogar noch ganzen Schrank wühlte, scheinbar nach Klamotten für den weiterhin stummen Jaebeom suchte.

Ich machte mir Sorgen um seine Stimme. Hatte Seymour in verstümmelt? Warum sprach er nicht mit uns? Er kannte uns immerhin, sah, dass Jinhwan ihn gerade rettete.

"Jinanie-hyung...", sprach ich den kleineren Mann also an und er warf mir einen kühlen Blick zu, hörte kurz auf zu suchen.

"Du... Hast du meine Erinnerungen manipuliert?"

Er ließ die Hände wieder an seine Seiten sinken und seufzte leise.

"Das habe ich. Und ich denke ich werde es wieder tun müssen. Es tut mir leid, Junhoe."

Ich lief rot an, als es mir in den Sinn kam, was das bedeutete. Jinhwan hatte mich schon einmal geküsst und er würde es wieder tun.

Vollkommen absurd vollführte mein Herz Luftsprünge.

Mich verwirrte hier eh alles, es zu vergessen und von Jinhwan geküsst zu werden waren doch perfekte Voraussetzungen.

Ich wandte meinen Blick von ihm und scharrte verlegen mit meinem Fuß durch's Wasser.

"Pass kurz auf ihn auf, ich muss noch was erledigen."

Verwirrt sah ich wieder zu ihm auf und beobachtete, wie Jinhwan Minos Amulett aus seiner Tasche zog und meine Augen wurden groß, als er mit dem in der Hand aus dem Zimmer wanderte, mich mit Seymour und Jaebeom allein ließ.

Blinzelnd, langsam taub all den Schocks gegenüber ging ich zu Jaebeom hinüber, setzte mich besorgt an seine Seite und beobachtete das Tattoo eines chinesischen Drachens, das sich beständig um seinen Körper zog, sich zwar unter seiner Haut bewegte, aber seine Form immer beibehielt.

"Bist du okay? Er hat dich nicht verletzt, richtig?"

Jaebeom blinzelte mir langsam zu.

"Er hat... Ich bin in Ordnung. Nur verwirrt.", sagte er dann rau und zog die Decke, die Jinhwan über ihm ausgebreitet hatte defensiv enger um seine Form.

Ich sah einige Fingerabdrücke und Bisse auf seiner Haut, geschickt von Tattoos kaschiert, aber durchaus da und ich widerstand dem Drang ihm töstend eine Hand auf die Schulter zu legen. Ich glaube er hatte vorerst genug von Leuten, die ihn gegen seinen Willen berührten.

Ich sah auf, als ich Schritte im Wasser hörte, erwartete es Jinhwan entgegen zu sehen, doch es war ein kochender Seymour, der sich nochmal aufgerappelt hatte, eine tiefe Wunde im Bauch hatte.

Panisch sprang ich auf und sah mich nach einer Waffe gegen ihn um, doch es war bereits zu spät. Das Meer beugte sich seinem Willen und sofort kroch das Wasser an mir hoch, hielt mich eisern fest, ich konnte mich nicht mehr rühren.

Seymour war bei mir, bevor ich schreien konnte und er packte sich die Halskette an meinem Hals und murmelte etwas, bevor er sie von meinem Hals riss und auf dem Boden zerschmetterte.

Nein.

Dann würde ich mich hier zurückverwandeln und ersticken.

Seymour packte mich am Hinterkopf, noch bevor der Prozess einsetzte und riss mich grob vorwärts, um seine Lippen auf meine zu pressen, gewalttätig in meinen Kopf einzudringen und alles aus diesem heraus zu reissen.

Ich verlor die Besinnung.

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