19. Rastlosigkeit

Wir hatten ein Problem.

Und das beschrieb es noch ziemlich harmlos.

Neben mir fuhr sich zum siebzehnten Mal Jiwon gestresst mit beiden Händen durchs Haar, seine Stirn war dauerhaft in zweifelnde Falten gelegt.

Unruhig rieb ich weiter den gleichen Punkt an meinem Fuß, der nun schon seit einer guten Weile gegen die raue Behandlung protestierte.

Jinhwan warf sich extravagant das Haar aus dem Gesicht.

"Es bringt uns gar nichts hier herum zu sitzen. Wenn wir etwas tun können, dann nur dort unten vor Ort.", mahnte er uns erwachsen, seine elegante Pose verriet nichts über den Stress, der dem Rest von uns so offensichtlich ins Sein eingebrannt war.

"Das will ich stark bezweifeln... Sollten wir nicht eher versuchen sie hier oben zu unterstützen?", teilte auch Yunhyeong unwillig seine Gedanken mit uns, er war in der Ecke des Sofas zusammen gerollt und hatte die Arme um seine angezogenen Knie geschlungen.

"Du vergisst, dass wir weiterhin Bewohner des Meeres sind. Es ist zu leichtsinnig hier oben gegen eben jenes Meer vor zu gehen. Ich stimme Jinhwan zu, wir sollten sehen, ob wir unten irgendwie helfen können.", sagte Chanwoo fest, sah von uns allen hier noch am Aufrechtesten aus.

Welch Schande.

Zögernd sah ich zu Hanbin, wusste mich in Notsituationen auf sein Urteil zu verfassen, doch der Mann brodelte bloß schweigend vor sich hin, hatte die Hände vor dem Mund gefaltet und die Ellbogen auf den Knien abgestützt.

"Bin dabei."

Ich ließ die Augen von einem determinierten Donghyuk zu Jiwon schweifen, der sich gerade aufraffte, um hinter Hanbin auf die Couch zu krabbeln, ihm lässig die Arme um den Hals zu werfen.

"Lasst uns den Clan fragen. Vielleicht ist es auch das Klügste sich aufzuteilen.", schlug er aufgeregt vor und Hanbin schüttelte endlich den Kopf. Ich hielt gespannt die Luft an, stoppte die Bewegung an meinem Fuß.

"Wir haben übertrieben. Ich bin mir sicher, dass unser König sich dessen bereits bewusst ist und ein Auge auf uns hat. Das Risiko ins Meer zurück zu kehren ist zu hoch... Ich fürchte wir müssen Jaebeom vorerst lassen, wo er ist.", weissagte er düster und automatisch schnürte sich mein Hals zusammen, einhundert Fragen wie es dann mit ihm weitergehen sollte, kamen in mir auf.

"Aber der Clan versucht ebenfalls uns zu töten.", erinnerte Jinhwan Hanbin unsicher, schien nicht besonders überzeugt von der offensichtlichen Bedrohung durch unseren König.

"Der Clan ist uns etwas schuldig. Wir haben sie da raus geholt, es ist nur fair, dass sie den Gefallen erwidern.", setzte Hanbin sich determiniert fest und erhob sich dann abrupt, Jiwon endete jammernd auf dem Boden.

"Ich werde mich mit ihrem Chef beraten. Ich bin mir sicher, dass der Rest der Jungs ebenfalls voller Fragen ist. Das Wichtigste ist, dass wir zumindest Jinyoung dort raus haben, an allem anderen lässt sich ebenfalls arbeiten."

Jinhwan trat Hanbin selbstsicher entgegen, als der einen großen Schritt in Richtung Tür machte.

Ich beobachtete finster, wie der kleinere Mann allerdings merklich zusammenzuckte, als er sich erhob, nun leicht gekrümmt stand. Dieses Detail entschlüpfte den Augen der Anderen, ebenso wie sein angespannter Kiefer und der dünne Film Schweiß auf seiner Stirn.

Ich spannte mich an.

"Das lasse ich nicht zu. Sie haben mich bereits verletzt, du solltest dein Leben nicht wegen so etwas vergeuden, Hanbin." Mein Nicken wurde ignoriert.

"Wir haben ihren Jüngsten auf dem Gewissen, Jinhwan."

Der Raum hielt kollektiv die Luft an, sobald diese beiden begannen sich beim Namen zu nennen, wäre es normalerweise die klügste Entscheidung bald das Weite zu suchen.

"Er lebt.", knirschte Jinhwan nur mit den Zähnen, aber das Argument war bereits valide.

Hanbin legte ihm mit einen kleinen Lächeln die Hand auf die Schulter. "Danke für deine Sorge. Ich werde gut auf mich Acht geben.", versprach er ruhig, erschien in jenem Moment viel zu sanft und kuschelig um auch nur irgendwas zu tun, aber er ging dennoch, mit den Augen streng nach vorne gerichtet, ohne ein weiteres Wort des Abschieds.

Wartend sahen wir zu Jinhwan, ob er ihm nachrennen, ihn aufhalten würde.

Er tat es nicht, stattdessen zerknitterte er auf der Stelle wie ein Papier und ich war binnen Nanosekunden auf den Beinen, um den verletzten Mann aufzufangen.

Schwer lehnte er gegen meine Brust und hielt sich die Seite, ich hörte ihn warnend zischen, als auch Chanwoo nach ihm griff.

Besorgt hielt ich ihn, federleicht, damit unsere kleine Fee nicht zerbrach.

"Niemand von euch folgt ihm, ist das klar? Und keiner geht in nächster Zeit in's Wasser."

Ängstlich nickten unsere Freunde, Jiwon von seinem Posten am Boden aus.

Jinhwan ließ seinen Kopf gegen meine Brust sinken.

Ja, whatever, Herz, verrat mich nur an ihn.

"Du solltest dich hinlegen.", murmelte ich ihm gedämpft zu, machte mir ernsthafte Sorgen um seinen Zustand und Jinhwan lächelte nur nachsichtig.

"Ich muss Vorbereitungen treffen... Falls Hanbin zurück kommt, sollten wir bereit sein zu handeln. Einer muss also sowieso wach bleiben."

Er wandte den Kopf, um zu mir auf zu lächeln, aber es war verzerrt, wirkte gepeinigt.

"Kommt nicht in Frage. Du legst dich schlafen und ich bleibe wach.", entschied ich reflexartig und griff nach seinen Handgelenken, als er sofort versuchte sich von mir weg zu drücken.

"Jungs, macht von mir aus den Burger, um ihn zu halten, aber seid sanft.", wies ich meine Freunde ernst an und stieß dann Jinhwan, den absolut verratenen Jinhwan rückwärts in Jiwons wartende Hände, wo der Mann ihn auch sofort grinsend empfing, unsere Fee sanft aber eisern an sich presste.

Auch die anderen gesellten sich dazu, waren dankbar eine Beschäftigung gefunden zu haben und wenn es bedeutete den harmlosen Zorn Jinhwans auf sich zu ziehen.

Dennoch hatte ich es fest vor den verantwortlichen Dreckskerl noch zur Rechenschaft zu ziehen.

Das Wohnzimmer wurde zu einem kreischenden Zoo, ich gab ihnen etwas Ansporn, aber meine Gedanken waren bereits woanders.

Ich erinnerte mich daran, dass der Senatstyp gesagt hatte, dass eine fremde Macht gegen das Meer arbeitete. Sollte es sich bei dieser Macht nicht um die Minks selbst handeln, könnte es sich durchaus als überaus nützlich erweisen, wenn wir uns mit ihr verbünden könnten.

Nur blieb es weiterhin die Frage, wo wir diese Macht finden konnten. Es war nicht leicht ohne irgendwelche Hinweise nach etwas zu suchen, aber womöglich wussten die Minks ja mehr, so als unsere erbitterten Erzfeinde.

Ansonsten sah ich momentan keine Hoffnung Jaebeom aus dem Palast unterm Wasser zu retten. Wir waren immerhin nichts gegen einen ganzen König.


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