~𝙀𝙞𝙣𝙚 𝙎𝙖𝙘𝙝𝙚 𝙫𝙤𝙣 𝙑𝙚𝙧𝙩𝙧𝙖𝙪𝙚𝙣~
Christian weiß, dass sie Angst hat. Erst recht nachdem Überfall eben. Doch wie kann er ihr alles erzählen, ohne dass sie wieder in Panik gerät? Dass sie die Waffe gefunden hat, war nicht gut. Sie hat gerade einen Schritt auf ihn zugemacht und durch seine eigene Dummheit hat er sie wieder verloren. Dabei ist es so furchtbar wichtig, dass Chloe ihm vertraut. Ja sie muss ihm ihr Leben anvertrauen.
„Ich habe furchtbares erlebt, Christian."
Das Geständnis hat er jetzt nicht erwartet. Er wartet geduldig, sieht wie sie zögert. Sie muss sich ihm nicht öffnen, wenn sie nicht bereit dazu ist.
„Schon gut, Chloe. Ich kann dich verstehen. Doch ich habe nicht vor dir jemals etwas anzutun. Wenn ich heute nicht in der Nähe gewesen wäre, wärst du jetzt vermutlich sonst wo, nur nicht hier."
„Sag, Christian..."
„Was?", fragt er ungeduldig. Sie soll ihm alles sagen, was sie beschäftigt. Das ist so unheimlich wichtig.
„Magst du mich vielleicht?"
Wie bitte? Hat er die Frage gerade richtig verstanden?
„Äh...was?"
„Nun...du bist immer in meiner Nähe, da kam ich auf den Gedanken, dass du vielleicht Interesse an mir hast."
Christian fällt es schwer nicht sofort laut zu lachen. Für einen Moment hat er Sorge gehabt, sie könnte ihm entgleiten. Doch jetzt sieht es nicht so aus.
„Was wäre, wenn...?"
„Dann würdest du mir schrecklich leid tun."
Er verschränkt die Arme vor der Brust und stellt sich von einem Bein auf das andere. „So, so, Chloe, ich tu dir also leid. Heißt das du gibst mir sofort einen Korb?"
„Ich weiß doch gar nichts über dich."
„Dann frag mich. Was willst du wissen?"
„Wo kommst du her? Was hast du vorher gemacht? Wieso bist du ausgerechnet hier her gezogen und wie ist dein Familienstand? Hast du eine Lieblingsfarbe? Was isst du gerne? Und..."
„Stopp! Stopp! Stopp! Das reicht doch erstmal, Chloe. Findest du nicht?"
Sie grinst doch tatsächlich wieder. Das ist ein gutes Zeichen.
„Also ich komme ursprünglich aus Kansas, bin aber schon mehrmals umgezogen. Ich bleibe meistens nicht lange an einem Ort. Dafür gibt es einfach zu viel zu sehen auf der Welt. Ich habe keine Familie mehr. Meine Eltern sind schon gestorben, als ich sechs war und ich bin auch nicht verheiratet. Meine Lieblingsfarbe ist blau und essen tu ich so gut wie alles. Außer vielleicht Meeresfrüchte. Damit kann ich mich nicht so sehr anfreunden."
Chloe starrt ihn mit offenem Mund an. Dann plumpst sie aufs Sofa und verarbeitet die vielen Informationen. Hat er sie jetzt überfordert? Er hat sich bei allen Angaben weitestgehend an die Wahrheit gehalten, wobei er das ein oder andere ausgelassen hat. Details kommen später.
„Wirst du mir noch mehr sagen?"
Christian geht zu ihr und setzt sich neben sie. Zuerst fürchtet er sie könnte weglaufen, doch Chloe bleibt ganz ruhig da sitzen und starrt ihn keineswegs mehr verängstigt an. Sie wirkt überaus neugierig. Ihre Augen bekommen ihr übliches Leuchten zurück und ihre Schultern entspannen sich. Ihr alles über sich zu erzählen ist wohl der richtige Weg, um ihr Vertrauen zu gewinnen.
„Kann ich dich jetzt auch mal etwas fragen?"
Sie nickt.
„Was ist deine Lieblingsfarbe? Was isst du gerne und was hörst du so für Musik? Wann warst du das letzte Mal auf einem Konzert und was möchtest du nach dem Studium machen?"
„Wow, so viel auf einmal."
„Ich bin eben auch neugierig geworden."
Christian sieht, dass sie sich nervös die Hände reibt.
„Meine Lieblingsfarbe ist Türkis."
Christian schaut kurz zur Tapete und schmunzelt. Hätte er jetzt nicht erwartet.
„Ich liebe Pizza und Salat, kann mich aber auch nicht sonderlich mit Meeresfrüchten anfreunden. Ich habe keine Lieblingsband, eigentlich höre ich alles gerne, was melodisch ist. Auf einem Konzert war ich noch nie und was ich später machen möchte, weiß ich noch nicht."
„Und was magst du nicht?"
Diese Frage interessiert Christian noch mehr als alles andere. Sie ist sogar sehr wichtig für sein weiteres Vorgehen.
„Außer Männer und Ladernen, meine ich." Das Wort „Laterne" hat er mit Absicht so ausgesprochen, wie Chloe als sie betrunken gewesen ist.
Chloe läuft rot an, versteckt ihr Gesicht in den Händen und macht keine Anstalten zu antworten.
„Oh nein, ich habe mich wieder an diese peinliche Sache erinnert."
Er lacht.
„Schäm dich nicht. Glaubst du, dass du die erste betrunkene Frau bist, die mir über den Weg läuft?"
Sie sieht ihn wieder mit ihren dunkelbraunen Augen an, die sich auf einmal zu Schlitzen verengen. „Ganz sicher nicht. Ich bin davon überzeugt, dass du schon einige Weiber bei dir hattest."
„Schuldig", meint er nur grinsend, obwohl es eigentlich gar nicht stimmt. Christian hat momentan kaum Zeit sich für Frauen oder andere Dinge zu interessieren. Er hat ja nicht einmal Zeit normal zu leben.
~
Das Klingeln seines Handys erschreckt Chloe aufs Neue. Dabei war sie gerade dabei sich endlich in Christians Nähe zu entspannen. Er hat ihr auf einmal so viel gegeben. Das Fragezeichen wird allmählich kleiner. Natürlich kann sie nicht sofort alles über ihn wissen. Das wäre auch zu schön. Immerhin war er nicht abgeneigt ihr ein paar Antworten zu geben.
Christian nimmt das Telefon vom Tisch und sieht aufs Display. Chloe hat noch kurz gesehen, was da steht, bevor er sich erhebt und ans Fenster stellt.
„Ja?"
Sie wartet, ist besonders leise, weil sie hören möchte was „Big Boss" zu sagen hat. Also sein Vater kann es nicht sein, da seine Eltern ja schon lange tot sind. Nur wer ist es dann? Offenbar jemand, bei dem Christian auf einmal ganz anders wird.
Er spricht kaum ein Wort und verhält sich auf einmal so verschlossen. Seine ganze Haltung ist angespannt und verheißt nichts gutes.
„Ich kann nicht frei sprechen."
Das klingt echt merkwürdig. Chloe sieht auf die Uhr. Es ist schon fast Zwölf. Meine Güte so lange hat sie doch gar nicht mit Christian geredet. Wann sind sie denn zurück gekommen? Chloe weiß es nicht.
„Nein, es ist alles in Ordnung. Ich habe mich darum gekümmert."
Worum hat er sich gekümmert? Mit wem redet Christian so komisch? Ein Freund vielleicht? Nein, dafür ist er zu angespannt.
„Gleich morgen früh?"
Christian sieht zu ihr. Das Fenster umrandet ihn wie ein Bilderrahmen. Seine Augen verraten, dass er nicht gut findet, was immer er da auch hört.
„Ja, ich werde da sein."
Er beendet das Gespräch und steckt das Handy in seine Hosentasche. Danach hebt er Jacke und Pistole vom Boden auf und wendet sich zur Tür.
„Du gehst?"
„Ja, ich muss leider. Ich hoffe du kannst heute Nacht trotzdem schlafen. Bitte denk nicht mehr an vorhin. Diese Männer sind jetzt hinter Gittern. Sie können dir nichts mehr antun."
Er geht zur Eingangstür und öffnet sie schon halb, schließt sie wieder und dreht sich noch einmal zu Chloe um, die jetzt selbst wie ein Fragezeichen im Flur steht.
„Ich hoffe du fürchtest dich nicht mehr so sehr vor mir."
Chloe schüttelt tapfer den Kopf. Glaubt er ihr? Glaubt sie sich selbst?
Da sind einfach zu viele komische Sachen die Christian umgeben. Er ist immer noch geheimnisvoll. Dennoch hat Chloe das Gefühl, dass er ihr nicht schaden wird. Kann sie ihm vertrauen? Wenn ja, wie sehr?
„Gut." Mehr antwortet Christian nicht und verlässt ihre Wohnung.
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