~ 𝙀𝙞𝙣 𝙜𝙪𝙩𝙚𝙧 𝙁𝙧𝙚𝙪𝙣𝙙 𝙬𝙚𝙞𝙨𝙨 𝙖𝙡𝙡𝙚𝙨 ~

Hat er irgendwas falsches gesagt oder getan? Warum ist Chloe so plötzlich abgehauen? Christian versteht es nicht. Er weiß nur, dass er ihr in dem Moment ihren Freiraum lassen muss. Es bringt nichts ihr hinterher zu rennen oder sie festzuhalten. Im Gegenteil, das macht alles nur schlimmer. Doch Christian versteht einfach nicht, was er falsch gemacht hat. Kann er bei der Frau überhaupt etwas richtig machen? Wird sie ihm jemals ganz vertrauen? Er kann nicht leugnen, dass er sich das wünscht. Dabei könnte es ihm doch egal sein.

Aus irgend einem Grund ist ihm Chloe Anderson nicht egal. Das ist sie von Anfang an nicht gewesen. Sie ist eine total interessante Frau. Noch nie hat sich Christian dauerhaft so viele Gedanken um jemanden gemacht, wie über Chloe. Normalerweise denkt er nicht viel nach. Die Dinge sind klar oder er ignoriert sie einfach. Chloe ist ihm ein einziges Rätsel. Auch wenn sie eine schlimme Vorgeschichte hat, muss sie doch mal langsam kapieren, dass er ihr nicht schaden will.

Zuvor hatte nämlich ihr Gesicht wider diesen panischen Ausdruck. Sie hat es vermutlich gar nicht bemerkt, aber ihre Atmung war unregelmäßig und sie war sichtlich nervös. Normalerweise fühlt sich Christian geschmeichelt, wenn er Frauen nervös macht. Doch nicht, wenn sie dabei so verstört aussehen. Er möchte Chloe so gerne helfen, aber wahrscheinlich braucht er noch viel mehr Geduld mit ihr.

Der nächste Morgen kommt schnell und Christian hat die ganze Nacht darüber gegrübelt, wie er am besten mit Chloe umgehen soll. Ihr einfach aus dem Weg zu gehen löst keine Probleme. Doch irgend einen Weg muss es doch geben. Wenn sie sich weiter so von ihm distanziert, wird es schwierig sie in einer Notsituation zu beschützen. Dabei ist es so wichtig, dass sie ihm vertraut.

Er steht auf der Terrasse und blickt auf den mit Nebel überzogenen See. Es dämmert am Horizont, was ein Zeichen dafür ist, dass die Sonne bald aufgeht. Es ist so ruhig und harmonisch. Er weiß was er an diesem Haus findet. Doch für ihn allein war die Hütte immer zu groß. Selbst als seine Eltern noch am Leben gewesen sind, war dieses Haus mit mehreren Zimmern zu groß. Deshalb stellt er es auch als Schutzhaus zur Verfügung.

Christian steckt sich eine Zigarette an. Eigentlich raucht er nicht mehr. Doch seltsamer Weise tut er es an diesem Morgen. Die Zigarette hat er von George bekommen, einem der Sicherheitsmänner. Nun steht er da und hängt seinen Gedanken nach, bevor er seine Schicht beginnt. Es kommt ihm im Moment gar nicht wie Arbeit vor. Eher wie Urlaub. Doch kann es auch die Ruhe vor dem Sturm sein. Christian kann sich nicht vorstellen, dass die Terroristen Chloe in Ruhe lassen.

Die Terrassentür öffnet sich und Liam gesellt sich zu Christian. Er hebt nur die Augenbraue, als er die Zigarette sieht.
„Oh, oh. Du hast seit drei Jahren nicht geraucht."
„Ja ich weiß. Wird auch nicht zur Gewohnheit."
„Selbst wenn, es geht mich nichts an."
„Dann sieht mich nicht so vorwurfsvoll an."
„Ich sehe dich nur deshalb so an, weil ich den Grund dafür kenne."

„Ach ja?"
„Mit einem einfachen Wort gesagt: Chloe."
Christian schnaubt und verdreht die Augen.
„Was soll das jetzt heißen?"
„Komm schon, Chris, ich bin nicht blöd. Ich sehe doch, dass sie dich seit langem mehr interessiert als alles andere."
„Quatsch."
„Kein Quatsch. Bisher hast du dich von einer Mission in die Nächte gestürzt und nur hin und wieder einen Flirt gehabt. Doch Chloe...", er schweigt einen Moment und geht zwei Schritte vor. Liam lehnt sich an einen der Holzfeiler, die den oberen Balkon tragen. „Ich glaube, dass sie dir unter die Haut geht."
„Ja ich bin neugierig auf sie. Wenn du wüsstest was sie durchgemacht hat, würdest du es verstehen."

„Oh ich kenne ihre Akte. Ich habe sie gelesen, bevor ich hier her kam. Ich weiß also was vor zehn Jahren geschehen ist. Es ist bedauerlich. Doch deshalb solltest du nicht vergessen wo du stehst."
„Ach ja? Wo stehe ich denn?"
„Sie ist die Tochter des Generals und wie du zuvor schon angedeutet hast, dank ihrer Vorgeschichte unerreichbar für uns."

„Ja General Anderson macht mich einen Kopf kürzer, wenn ich Chloe zu nahe komme, aber du verstehst es vollkommen falsch. Ich finde Chloe interessant, aber nicht so wie du meinst."
Wieder schenkt ihm sein Freund einen skeptischen Blick.

„Ich kenne dich Christian. Seit fünf Jahren kämpfe ich an deiner Seite und zusammen haben wir einige Schutzaufträge durchgeführt. Ich bezeichne mich als deinen besten Freund. Deshalb weiß ich wie dein Gesicht aussieht, wenn du..."
„...wenn ich was?", beendet Christian leicht gereizt den Satz von Liam, bevor er es kann.

Dieser seufzt und führt den Gedanken nicht zu Ende. Er dreht sich wieder um und geht gerade an Christian vorbei.
„Sei einfach vorsichtig." Nach einer Pause fügt er hinzu: „Ich ziehe mich jetzt zurück. Der Tag gehört dir, mein Freund."
Nach Christians verhaltenem Nicken geht Liam zurück ins Haus.
Er ist verwirrt. Hat Liam zu viel hinein interpretiert, nur weil er gestern etwas Zeit mir Chloe verbracht hat?

Sie ist ganz allein in einem fremden Haus, an einem fremden Ort und hat innerhalb von Stunden ihr gesamtes Leben zurück gelassen. Ihren Onkel, ihre Freunde, alle sind weit weg und können nicht mal mit ihr in Kontakt treten.
Obwohl eigentlich schon. Christian überlegt kurz. Wenn er eine sichere Leitung und ein präpariertes Handy hätte, wäre es möglich einen Anruf zu tätigen. Chloe könnte zumindest kurz mit ihrem Onkel sprechen.

Doch dafür muss er in die Stadt fahren. Das bedeutet er müsste zwei Stunden fort sein. Er will Chloe nur ungern verlassen. Die einzige Beruhigung für ihn ist, dass Liam noch da ist. Er hat sich momentan zum Schlafen zurück gezogen. Also muss Christians Ausflug bis zum Nachmittag warten. Das wird schon gehen. Auf die paar Stunden kommt es auch nicht mehr an.

Als Christian wieder ins Haus geht, ist Chloe schon in der Küche und frühstückt. Sie lächelt flüchtig, aber gut gelaunt, als er zu ihr kommt. Von ihrer Nervosität ist keine Spur mehr zu sehen. Dieses Mal wird Christian nervös. Er sieht sie. Die langen Beine, schlanke Figur und ebenmäßige Gesichtszüge machen sie zu einer sehr attraktiven Frau. Ihre langen Haare werden von einem Haarband gebändigt und reichen ihr trotzdem noch ein kleines Stück über die Schulter. Christian mag lange Haare. Allein dieser Gedanke und die Art wie er Chloe wahrnimmt, machen es ihm bewusst, wie sehr Liam doch recht hat. Er steht auf sie.
Ein guter Freund weiß eben alles und ein bester Freund noch mehr. Christian würde es eher wundern, wenn es nicht so wäre.

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