~𝘾𝙝𝙡𝙤𝙚 𝙢𝙖𝙡 𝙖𝙣𝙙𝙚𝙧𝙨~

Hat er von Hass gesprochen? Allein darüber nachzudenken war wohl weit gefehlt.
Es vergeht keine halbe Stunde und Christian denkt er wäre im falschen Film. Was ist nur mit Chloe los? Sie lacht, beschimpft die Schauspieler und pickt sich jeden einzelnen Filmfehler heraus.
Christian hat gar kein Interesse mehr an dem Film. Fasziniert und ungläubig starrt er die Frau an, die grinsend neben ihm auf dem Sofa sitzt und offenbar jegliche Hemmungen verloren hat.

„Das sind doch Pfeifen! Meine Güte wie schlecht ist das denn gemacht? Man sieht sofort, dass die Zigarette gar nicht an ist. Hey, Rick, wie alt ist der Schinken?"
„Schon etwas älter, Chloe", antwortet der Freund ebenso verdattert über Chloes laute Stimme.
Izzy dagegen scheint sich zu amüsieren.
„Ist sie betrunken?", will Christian wissen und schaut auf die fast leere Saftflasche in ihren Händen.
„Oh nein!"
Ricks schlechtes Gewissen spiegelt sich auf seinem Gesicht wieder.
„Sie hat die falsche Flasche erwischt. Das muss der Wodka-Mix gewesen sein."
Das ist gar nicht gut. Vorsichtig versucht Christian ihr die Flasche wegzunehmen. Doch Chloe lässt ihn nicht.

„Ey! Das ist mein Saft, hol dir gefällist deinem eigenen. Da schteeht ja noch eine Flasche im..." Sie bricht ab. Hat sie das Wort vergessen? „...Kühlschrank."
Sie schwankt schon. Christian steht auf.
„Ich denke du solltest vielleicht ins Bett gehen."
„Bist du mein Vater oder was?", meckert sie.
„Nein, nicht dein Vater. Doch würde er sich große Sorgen um dich machen, wenn er dich so sehen würde."

„Blödsinn!", schreit sie ihn an. „Mein Vater hat sich ssseit Jahren nicht für mich interessiert." Die nächsten Worte sagt sie wieder ganz leise: „Warum sollte er sich dann jetzt auf einmal die Mühe machen? Er ist ja nicht mal hier."
Sie wirkt traurig.
Im nächsten Moment springt sie auf und ist wieder fröhlich.

„Chloe, es ist wirklich besser für dich ins Bett zu gehen."
„Nein! Ich gehe nicht. Ich...muss dann an dieser blödden Laderne vorbei. Ich hasse diese Laderne, verstehst du?", sagt sie und hampelt komisch herum.

Sie ist wirklich sturzbetrunken. Eigentlich ist es auch nicht die Laterne, die Chloe hasst. Sie fürchtet sich vor der Angst selbst. Deshalb bleibt sie immer unter der letzten Laterne auf ihrem Heimweg stehen. Izzy und Rick scheinen nicht zu wissen wovon sie redet. Anscheinend behält Chloe ihre schlimmsten Ängste für sich.

„Ich habe den Wodka total vergessen, sonst hätte ich sie vorgewarnt."
„Mach dir keine Gedanken, Rick. Sie wird es überleben", beruhigt ihn Izzy immer noch amüsiert über Chloe.

„Isch hasse Männer und Ladernen", gesteht Chloe lallend und will an Christian vorbei gehen. Dabei bleibt ihr Fuß am Sofa hängen, sie verliert das Gleichgewicht und fällt nach vorne. Christian hat es kommen sehen, umfasst ihre Schultern und hält sie fest. Einen Moment ist Chloe so verdattert, dass sie sich gar nicht rührt.

Izzy saugt scharf die Luft ein. Ist das ein Fehler gewesen? Normalerweise hält Chloe zwei Meter Abstand zu ihm und kann es nicht leiden von Fremden berührt zu werden. Doch jetzt dreht sie ihm nur verwundert den Kopf zu und schaut ihn wortlos an. Das muss echt am Alkohol liegen.

Dann wirken ihre Augen müde und sie sackt zusammen. Christian zögert nicht lange, hebt sie hoch und trägt sie auf seinen Armen.
„Du kannst sie ins Gästezimmer bringen. Sie hatte eh vor hier zu nächtigen."
Izzy huscht voraus und zeigt Christian das Zimmer. Ein in rosa gehaltener Raum, mit einem großen Eichenschrank, einem Stuhl und einem großen Doppelbett.

„Entschuldige die Umstände, Christian, sie ist nicht oft betrunken."
„Schon okay. Es macht mir nichts aus."
Plötzlich wird Chloe wieder munter. Doch Christian legt sie schon auf dem Bett ab, bevor sie sich gegen ihn wehren kann.
„Ihr seid solsche Spielverdebber. Ich will noch nicht schlafen. Ich fange gerade erst an richtig aufzudrehen."
„Ja genau deswegen gehörst du auch ins Bett. Man soll doch aufhören, wenn's am schönsten ist."
„Du bist gemein, Christian."
„Ich weiß."

„Wer bischt du überhaupt?", fragt sie lallend. „Du tauchst einfach hier auf und verhältst dich wie einer, der was zu verbergen hat."
„Ach was?" Er muss einfach lachen.
„Ja. Was willst du überhaupt von mir?"
Izzy kann sich auch nicht mehr beherrschen. Sie lehnt am Türrahmen und beobachtet die Beiden kichernd.
„Ich will nur dein Freund sein, Chloe. Nichts weiter."

Das meint er absolut ernst. Nur bisher hat er nicht gewusst, wie er das anstellt. Wann immer er Chloe zu nahe gekommen ist, hat sie sich verkrampft oder ist auf Abstand gegangen.
„War ja klar", sagt sie halb enttäuscht. Warum ist sie auf einmal enttäuscht?
„Männer, die so aussehen wie du, wollen ja nie mehr. Entweder nur Freundschaft oder Sex."
Christian muss sich schwer beherrschen. Männer, die so aussehen wie er? Findet Chloe ihn etwa attraktiv?

Sachte drückt er sie in die Kissen, doch Chloe erhebt sich gleich wieder. „Siehst du, du willst mich auch nur ins Bett kriegen."
„Ja Chloe, ich will dich nur ins Bett bekommen", bestätigt er ohne es zu meinen und grinst in sich hinein. Sie ist ja so anders unter dem Einfluss von Alkohol.
Christian versucht sie erneut ins Kissen zu drücken. Chloes Hände fassen an seine Arme und hindern ihn daran. Dann sieht sie ihm so tief in die Augen, das Christian kurz vergisst sich zu bewegen.

„Du hast...wunderschöne Augen, weist du das, Christian?"
Er ist absolut sprachlos. Chloe Anderson flirtet mit ihm. Sie wird es am nächsten Tag sowas von bereuen. Und er wird es bereuen, wenn er nicht sofort von ihr loskommt. Sie ist ihm viel zu nahe. Kein Mann kann bei solchen Worten entspannt bleiben. Er darf sich aber keinen Fehler erlauben. Nicht mit Chloe, auch wenn ihre Worte zuckersüß und betörend sind. Sie ist absolut tabu.

Christian lässt sie los, woraufhin sie locker zurück sinkt und die Augen schließt. Sie ist fertig mit der Welt und Christian auch.
Er geht zu Izzy, die ihm vielsagende Blicke schenkt.
„Das ist echt erstaunlich. Du bist seit zehn Jahren der erste Mann, der sie nicht nur anfassen kann, sondern auch noch Komplimente von ihr bekommt. Das will was heißen, sag ich dir."
Nur leider ist das absolut nicht gut für Christian. Er ist nicht hier hergekommen, um eine Romanze mit Chloe oder irgendjemand anderes anzufangen. Hoffentlich ist sie morgen früh wieder normal!

~

Da sind Schatten, überall Schatten. Sie kommen näher. Flüsternde Stimmen umzingeln sie. Ihre Füße bewegen sich nicht. Wie erstarrt steht sie da und rührt keinen Muskel. Dabei kommen die Stimmen immer näher. Sie wollen ihr böses.
Chloe zittert. Sie bekommt keine Luft mehr. Nicht schon wieder. Es ist wie damals. Eine unruhige Schnappatmung überfällt sie, macht sie schwindelig lässt ihre Beine wie Gummi weg knicken.

Unter ihr Moos und allerhand Stöcke. Waldboden? Warum ist sie im Wald? Die Stimmen werden lauter, doch die Schatten sind weg. Nur noch Bäume und...oh Gott! Was ist das? Ein Monster? Chloe will weglaufen, fällt aber wieder in den Dreck. Ihre Beine gehorchen ihr nicht, wollen sie nicht tragen.
Es kommt auf sie zu, brüllt und hebt seine Klauen.

„Neeeeiiinnnn!", hört sie sich verzweifelt schreien. Sie kann nicht atmen.
Dann ist es auf einmal ganz ruhig. Die Panik verpufft sich ins nirgendwo. Da ist Christian. Was macht Christian hier? Das Monster ist zu ihm geworden. Er steht vor ihr, nein er hockt sich vor Chloe hin und reicht ihr die Hand. Sie muss sie nur ergreifen. Dann wird alles gut. Ja wird es das? Warum sollte Christian ihr helfen? Er war doch eben noch ein Monster.

Sie nimmt seine Hand und er zieht sie auf die Beine. Im nächsten Moment hört sie wieder das brüllende Monster. Christians dunkle Augen verengend sich. Sie sind gruselig! Chloe will weg von ihm. Doch er hält sie mit seinen gigantischen Klauen fest.
Wieder hört sie sich schreien, als Christian verschwunden ist und nur das Monster zurück bleibt. Er wird sie töten...

Schweißgebadet und schwer atmend wacht Chloe auf. Schon lange hat sie nicht mehr solch schreckliche Alpträume gehabt. Wenigstens damit hat die Therapie geholfen. Zumindest bis jetzt.
Sie streicht sich zitternd die Haare nach hinten. Wo ist sie? Auf einem Bett? Ist das Izzys Gästezimmer? Wie ist sie dahin gekommen?
Ihr Kopf schmerzt. Ist sie vor eine Wand gelaufen. Herrje, das letze Mal hatte sie mit siebzehn so einen Kater. Moment! Sie hat doch keinen Alkohol getrunken. Oder doch?

Ein Blick aus dem Fenster verrät, dass der Tag schon lange angebrochen ist. Mühselig hebt sich Chloe aus dem Bett und stellt fest, dass sie in Jeans und T-Shirt geschlafen hat. Ihr Bauch hat deutliche Abdrücke ihres Hosengürtels und ihr lilafarbenes Shirt ist total zerknittert.
Knurrend und schlecht gelaunt geht sie aus dem Zimmer. In der Küche findet sie gleich Izzy, die dabei ist Kaffee zu kochen.

„Herrje! Wie siehst du denn aus?", fragt sie, als sie Chloe bemerkt.
„So schlimm wie ich mich fühle."
„Das kannst du laut sagen."
„Izzy, kann es sein, dass in dem Saft irgendwas drin war?", fragt Chloe und hievt sich auf einen der drei Barhocker.
„Ja, da war Wodka drin."
Sofort ist Chloe hellwach. „Was?"
„Ja Rick hat letzte Woche eine Spezialmischung gemacht. Er will doch bald auf dieses Festival gehen. Leider hat er nicht mehr daran gedacht einen Zettel auf die Flasche zu kleben. Sorry!"

Chloe vergräbt ihr Gesicht in den Händen.
„Bitte sag mir, dass ich gestern nicht irgendwas komisches gemacht habe."
„Naja, du hast nach zehn Jahren den ersten Tropfen Alkohol getrunken und dann eine ganze Flasche mit Wodka. Obwohl die Dosis nicht sehr hoch gewesen sein kann. Offenbar war die Mischung so gut, dass du es nicht geschmeckt hast. Trotzdem warst du ziemlich neben der Spur."

Bei diesen Worten will Chloe schon im Boden versinken.
„Sag's mir einfach. War es so schlimm?"
„Nun...", zögert Izzy.
„Raus damit! Was hab ich gemacht?"
„Also du hast über deinen Vater geschimpft und...und du hast mit Christian geflirtet."
Chloe erstarrt. Sie schaut ihre Freundin an, als hätte sie ihr gerade gesagt, dass der Himmel grün sei.
„Ich habe was?"

„Du hast ein bisschen mit Christian geflirtet", wiederholt Izzy grinsend. Ihr macht es Spaß das zu erzählen. Chloe dagegen bekommt Panik. Der Alptraum von eben sitzt noch zu tief in ihren Knochen. Wieso träumt sie so einen Schwachsinn und flirtet gleichzeitig mit Christian? Izzy will sie bestimmt auf den Arm nehmen. Das kann gar nicht passiert sein.

Nach dem ersten Schock und einer warmen Tasse Kaffee, erzählt Izzy ihr die ganze Story. Eines ist klar: Chloe kann Christian nie wieder in die Augen sehen!

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