Prolog
Wildes Feuer ungebändigt in unseren Herzen. Lodert auf und türmt sich auf zu einem gewaltigen Chaos. Es zeigt die Wahrheit der inneren Seele. Das was wir brauchen, aber nicht haben können. Wenn man es versucht zu löschen, kann man dabei versehentlich auch sich selbst löschen.
Lass es brennen und stell dich deinen Ängsten. Nur so wird das ewige Glück dir auch gewahr.
Es donnert und regnet. Dieser Sturm tobt seit Monaten über die heiße Erde. Überall Staub, Feuer und unglaubliche Gewalten, die wie ein Blitz einschlagen und alles unter sich begraben.
Panzer rollen über riesige Steinbrocken und tote Körper hinweg. Schüsse die in die Ferne knallen und dann Schreie.
Wieder Schüsse, die wie Donner klingen. Sie sind nahe, so nahe, dass sie drohen alles hier zu vernichten.
Männer, die sich im Graben halten und beten, dass sie nicht von einem dieser Monster Getroffen werden. Doch es gibt weitaus schlimmeres als Panzer. Durch die schwarzen Wolken zischen sie und werfen ihre Vernichtungswaffen ab. Sie zerstören absolut alles, die Jets.
„IN DECKUNG!", ruft der Ausschau haltende Offizier.
Sofort ziehen sich alle in den Graben zurück. Selbst das ist nur ein kleiner Schutz gegen die Panzer und überhaupt keiner gegen die Luftwaffe des Feindes.
„Warum können sich die Menschen nicht einfach lieben? Warum müssen sie einander immer nur Leid zufügen?"
Der junge Soldat lehnt mit dem Rücken an die Wand des Grabens und blickt in den Himmel. Der Rauch des Krieges macht ihn so düster.
Seine Beine sind schwer verletzt. Kein Arzt in der Nähe. Das arme Schwein wird jämmerlich verbluten. Es hat ihn echt schlimm erwischt und keiner kümmert sich um ihn. So ist das an der Front. Hier kümmert sich jeder nur um sich selbst.
Wie alt mag er sein? Ende Zwanzig oder doch älter?
„Warum tun sie das nur?", fragt er verzweifelt. Er muss Angst haben und unglaubliche Schmerzen.
„Weil sie feige sind, mein Freund."
Der ranghöchste ist zur Zeit der Captain, der sich nun neben den jungen Soldaten kniet und anfängt provisorisch dessen Wunden zu verbinden. Das wird ihm wohl kaum das Leben retten.
„Sind Sie auch feige, Captain?"
Fast hätte er sich bei dieser Frage des Verletzten verschluckt. Außerdem erübrigt sich die Antwort. Wer auf dem Schlachtfeld steht, darf keine Angst haben. Nun hatte der Kerl diese Frage ausgesprochen und kann sie nicht mehr zurück ziehen. Er hat sie bloß aus Unsicherheit gestellt und weil er unter Fieber leidet. Er erhofft sich wohl einen aufmunternden Rat oder irgendwelche weisen Worte von seinem Befehlshaber.
Dieser schaut nicht gerade so, als wolle er dem jungen Soldaten Mut zusprechen, der schwer Atmend auf dem feuchten Boden kauert.
Der Captain mustert ihn mit einem schiefen Lächeln. Dabei zeigt er keinerlei Angst oder Unbehagen. Natürlich nicht. Seine Augen sind leer und ausdruckslos, auch wenn er sich bemüht etwas anderes zu zeigen.
Seine durchnässte Uniform klebt ihm am Leib und sein Gesicht ist genauso mit Dreck gesprenkelt wie das aller Anderen. Er hält sein Gewehr ganz fest, so wie er seine Geliebte halten würde. Gleichzeitig sieht es abgenutzt und schlammig aus, bereit jeder Zeit weg geworfen zu werden.
Wer ist der Typ? Er scheint vielleicht Mitte bis Ende Dreißig zu sein und ist schon so mutig, dass ihm dieses Schlachtfeld nichts ausmacht?
„Sehe ich so aus?", fragt er nun verschmitzt.
„N-Nein", stottert der junge Mann demütig und verliert gleich danach das Bewusstsein. Es wäre ein Wunder, wenn er diese schweren Verletzungen überlebt.
Der Captain kommt in gebückter Haltung zu ihm, hockt sich neben ihn und steckt sich trotz des starken Regens eine Zigarette an.
„Wie ist dein Name Soldat?"
Er reicht ihm ebenfalls die Packung.
„First Lieutenant Thomas Piers, Sir!", antwortet der blonde Mann und lehnt dankend die Zigaretten ab.
Der Captain nickt, macht aber keine Anstalten sich vorzustellen. Der Name an seiner Uniform ist nicht mehr zu entziffern. Er hat wohl schon hart gekämpft heute. Wie kann man so jung schon Captain werden?
„Sie scheinen vor gar nichts Angst zu haben, Sir."
„Oh doch. Ich habe vor vielen Dingen Angst. Vor einer bestimmten Sache ganz besonders."
Es schien keinesfalls das Schlachtfeld zu sein oder die Gewissheit in diesem gottverdammten Loch zu sterben.
Er nahm einen kräftigen Zug von der Zigarette.
„Wenn es weder der Tod noch Angst vor Verletzungen sind, was ist es dann?"
Der Mann richtet seinen Schutzhelm und lädt sein Gewehr neu. Es ist kein Sniper. Ob er gut schießen kann?
„Ich fürchte mich nur davor nach Hause zu gehen", murmelt er mit dem brennenden Stummel in seinem Mundwinkel.
Eine seltsame Antwort. Doch auf dem Schlachtfeld hat jeder Soldat seine Geschichte. Nur sagen die meisten, dass sie sich auf ihr Zuhause freuen.
„Wer oder was erwartet Sie dort, Captain?"
„Erinnerungen", antwortet dieser nach einer kurzen Pause. Er sagt es mit einem halben Lächeln und drückt gleichzeitig die nicht aufgerauchte Zigarette im den schlammigen Boden.
Für einen Moment wirkt er abwesend und blickt traurig in die Ferne.
Ein Einschlag in unmittelbarer Nähe sprengt die Umgebung und zwingt die Männer dazu ihre Köpfe einzuziehen.
„Offenbar keine guten", stellt Thomas fest.
„Gute und schlechte."
Der Captain lächelt wieder, nimmt sein Gewehr und lässt seinen Offizier ohne weitere Antworten zurück.
Thomas versteht was den Mann antreibt. Er flieht vor seiner Vergangenheit. Auch das hat er schon von dem ein oder anderen Soldat gehört. Manchmal erhoffen sich Menschen einen einfachen Ausweg aus ihren Problemen, also laufen sie weg.
Nur manchmal reicht es einfach nicht aus wegzurennen. Manchmal stürzt man sich in ausweglose Situationen und riskiert es sogar dabei niemals wieder zurück zu kommen.
Thomas sieht nachdenklich zu seinem Nebenmann.
„Captain Hale ist eine Legende", erklärt dieser ohne Umschweife, während sie sich vor der nächsten Salve ducken.
„Alle haben Respekt vor ihm, obwohl er schon zweimal degradiert worden ist. Der Mann ist einfach ein hervorragender Soldat und großartiger Teamleader."
„Warum ist er an so einem Ort? Er könnte doch auf solche Kämpfe und Gefahren verzichten?"
„Man sagt er fordert den Tod heraus. Der Mann kann einfach nicht sterben", antwortet sein Gegenüber.
Thomas schaut etwas skeptisch. Jeder kann sterben. Er braucht nur ein wenig Pech zu haben und von der nächsten Kugel getroffen zu werden oder unglücklich ins Kreuzfeuer der Panzer zu geraten, gar nicht erst an die Flugzeuge und die Bomben zu denken.
Der Soldat erkennt seine Zweifel und sagt voller Stolz:
„Im Ernst, er läuft durch einen Hagel voller Kugeln, ohne dass ihm was passiert. Er hat bisher jeden Zweikampf überstanden und nimmt es sogar mit zehn Gegnern gleichzeitig auf."
„Woher weißt du das alles?"
„Das sind nur so Gerüchte. Doch du kennst das ja. An jedem Gerücht ist immer auch ein Fünkchen Wahrheit dran."
Thomas kann nicht leugnen, dass ihn so ein Mann interessiert. Seine Antworten waren präzise und schienen wohl überlegt. Gleichzeitig waren sie so wenig informativ und wecken seine Neugier.
Noch lange als der Kampf vorüber ist, denkt Thomas über diesen Soldaten nach, den er leider nicht mehr wieder gesehen hat. Womöglich ist ihm während des Gefechtes doch etwas passiert oder er wurde zu einer anderen Station beordert.
Thomas beschließt sich später nach ihm zu erkundigen.
Sein Interesse an den Menschen lässt sich nicht verbergen, erst recht nach denen, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen. Er kann selbst nicht verstehen warum. Aus Bewunderung? Aus Neugier oder einfach nur weil er glaubt etwas von diesem unerschrockenen Mann lernen zu können?
Der Krieg ist unglaublich mächtig. Er sprengt die Ketten, zerreißt Bänder und schweißt die seltsamsten Menschen zusammen.
Doch bleibt diese eine Frage: Warum sich die Menschen nicht einfach lieben können. Warum sind sie so feige?
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