Heimkehr
Chloe schwebt auf Wolke sieben. Das hätte sie sich vor kurzem nie vorstellen können. Doch sie hat das erste Mal neben einem Mann geschlafen ohne durchzudrehen. Das hat sie nur Christian zu verdanken. Niemand anderem würde sie so vertrauen.
Zu wissen, dass er sie die ganze Nacht lang angestarrt hat, treibt ihr mal wieder die Röte ins Gesicht, aber es freut sie auch, denn er hat sie nicht angefasst. Egal wie schwer ihm das wohl gefallen sein muss.
Auch die letzte Nacht vor seiner Abreise schläft sie bei ihm. Allerdings kann von Schlaf keine Rede sein. Er muss wieder etwas gefährliches machen. Chloe sorgt sich um ihn und genau das wollte sie doch nicht.
Christian hat ihr zwar versichert, dass es kein schwieriger Auftrag ist und er bloß als Sicherheitskraft eingesetzt wird, doch irgendwie kann sich Chloe trotzdem nicht beruhigen. Zum Glück begleitet Thomas ihn.
Er scheint echt in Ordnung zu sein. Nur hat man das von Liam auch gedacht.
Wie sie es auch dreht und wendet, es bleiben Unsicherheiten. Unruhig wälzt Chloe sich hin und her und denkt die ganze Nacht nach.
Gegen sechs Uhr wird sie von Christian durch einen sanften Kuss auf die Wange geweckt. Also ist sie doch irgendwann eingeschlafen.
Er sitzt neben ihr vollständig im zivil gekleidet. Neben dem Schreibtisch steht sein voll beladener Rucksack.
Chloe setzt sich auf.
„Du musst gehen."
Er nickt.
Ihr bedrücktes Gesicht spiegelt sich in seinen Augen wieder.
„Es sind nur ein paar Tage, Chloe. Wenn du zurück bist, werden wir uns wahrscheinlich schon wieder sehen", sagt er tröstend und streichelt ihre Wange.
„Wenn du weiterhin so guckst, kann ich nicht weg gehen."
Genau das ist der Plan.
„Chloe ich muss gehen."
„Ja schon gut. Ich kann es ja eh nicht ändern."
Das klang trotziger als beabsichtigt.
„Guten Heimflug später", wünscht er ihr und steht auf.
„Christian?"
„Ja?"
„Pass bitte auf dich auf."
Er lacht leise.
„Es ist nur ein harmloser Schutzauftrag, Darling. Danach gehöre ich ganz dir."
Er zwinkert ihr zu und nimmt den Rucksack auf seinen Rücken.
„Ruh dich noch etwas aus. So weit ich weiß hast du nicht gut geschlafen."
„Hast du mich schon wieder beobachtet?"
„Nein. Doch konnte ich auch nicht gut schlafen, weil du so unruhig warst."
Oje, das hat sie nicht gewollt.
„Ich hole das im Flugzeug nach."
Sie nickt und steht auf. Sie geht zu Christian hinüber und legt ihre Hände auf seine Brust.
„Du wirst doch noch da sein, wenn ich wieder komme, oder? Wehe du läufst wieder weg, Chloe."
„Keine Angst, ich habe es aufgegeben."
Mit diesen Worten gibt sie ihm einen intensiven Kuss.
„Lass mich nicht zu lange warten."
Christian schüttelt leicht den Kopf und schenkt ihr ein vertrauensvolles Lächeln.
„Ciao, Ciao, Baby."
Damit verlässt er das Zimmer. Chloe eilt zum Fenster und schaut auf den Hof hinaus.
Es dauert einen Moment bis Christian hinaus kommt. Draußen wird er von Thomas und Milo erwartet. Milo bringt die Beiden mit dem Jeep zum Flughafen.
Chloe sieht ihnen nach, wie sie vom Hof fahren und irgendwo hinter den Hügeln verschwinden.
Müde lässt sie sich aufs Bett fallen. Sie fühlt sich schwer und vermisst Christian jetzt schon.
Das ist halt der Nachteil daran, wenn man jemanden so nahe an sich heran lässt. Sie hasst dieses Gefühl und kann sich nur mit dem Gedanken trösten ihn bald wieder zu sehen.
Bis dahin muss sie einfach stark bleiben. Sie verbringt die letzten Tage im Trainingslager ohne weitere Zwischenfälle und sie vergehen schneller als erwartet. Am letzten Wochenende sitzt sie im Flugzeug und starrt auf die weißen Wolken unter sich. Die anderen aus dem Team sprechen aufgeregt über das Erlebte und freuen sich auf ihr Zuhause. Auch Chloe kann es kaum erwarten nach Hause zu kommen.
Nur auf eines freut sie sich nicht: Doktor Martin. Der Kerl soll es ja nie wieder wagen ihr zu nahe zu kommen. Sie hat jetzt einen Freund.
Dieser Gedanke heitert sie sehr schnell auf. Sie hat einen Freund! Ganz offiziell. Das muss sie unbedingt Izzy erzählen, die wird ausflippen.
Chloe schmunzelt noch während sie das Flugzeug verlässt. So spürt sie kaum die Müdigkeit und ihre steifen Beine, als sie die Treppe im Flughafengebäude hochsteigt. Sie schleppt den Koffer hinter sich her und nimmt sich ein Taxi nach Hause.
Kaum hat sie ihre gemütliche Wohnung betreten, ist sie erleichtert, dass alles noch so ist wie sie es verlassen hat. Zudem hat sie ihr bequemes Bett, ihre eigene Dusche und ihre Privatsphäre wieder.
Zuhause ist es immer noch am schönsten.
Nachdem Chloe ihren Koffer ausgepackt und sich um die Wäsche gekümmert hat, bestellt sie sich etwas vom Italiener, weil sie keine Lust mehr hat zu kochen. An diesem Tag will sie sich noch ausruhen. Morgen früh um acht muss sie wieder im Krankenhaus sein und darum geht sie sehr früh schlafen.
Trotzdem flucht sie, als der Wecker klingelt.
Kaum eineinhalb Stunden später betritt sie die Klinik. Sie streckt ihre Schultern und atmet tief durch. Das wird schon!
„Chloe!", hört sie gleich Izzy nach ihr rufen. Sie freut sich total Chloe wider zu sehen und fällt ihr freudig in die Arme.
„Wie ist es dir ergangen? War es so schlimm? Hattest du auch genug zu essen? Und..."
„Mach mal halblang, Izzy. Ich erzähle dir in der Pause alles detailliert. Doch eines muss ich dir sofort sagen. Es war nicht so schrecklich, wie du annimmst."
„Wirklich? Ich habe nur seit deiner Mail nichts mehr von dir gehört, ich dachte schon dir wäre eine Bombe auf den Kopf gefallen."
„So schlimm war die Situation dort nicht. Außerdem hat jemand sehr gut auf mich aufgepasst", sagt Chloe grinsend.
„Du meinst Christian? So ein Zufall, das ausgerechnet er dort gewesen ist. Aber halt, warum grinst du so?"
Izzy verengt die Augen und sieht Chloe genauer an.
„Oha! Du und Christian?"
Chloe nickt.
Izzy streckt die Arme gen Himmel und jubelt.
„Der Herr hat dich endlich zur Einsicht gebracht."
„Was soll das denn heißen?"
Sie lacht und führt Chloe munter zu den Umkleiden.
„Seid ihr also jetzt zusammen? Ich will alles wissen."
„Später Izzy, du weißt wir haben gleich Visite."
Etwas enttäuscht hält sich Izzy zurück und nimmt Chloe das Versprechen ab ihr später jedes kleine Detail zu berichten.
Dann beginnt der anstrengende Tag für beide. Nach der Visite geht Chloe zu Dr. Martins Zimmer. Leicht nervös klopft sie an. Er bittet sie sehr schnell herein und lächelt selbstsicher, als er sie sieht. Was erwartet er jetzt von ihr? Eine Kündigung oder dass sie ihm nachgibt und an sich ran lässt?
„Dr. Anderson, wie schön Sie wieder zu sehen. Ich hoffe der kleine Ausflug hat Ihnen gefallen", grüßt er dieses Mal mit förmlicher Anrede.
Chloe zwingt sich zu einem überzeugenden Lächeln.
„Oh ja, Dr. Martin, es war sehr aufschlussreich."
Sein Lächeln gefriert. Doch Chloe ist noch nicht fertig.
„Ich habe dort viel gelernt und bringe einige Erfahrungen mit, die mich nur stärker gemacht haben. Zudem bin ich Ihnen zu großem Dank verpflichtet, Dr. Martin."
„Ah ja?", hakt er unsicher nach.
„Ja und wie. Nur Ihnen habe ich es zu verdanken, dass ich jetzt einen festen Freund habe. Er ist Captain der Sondereinheit, die dort für uns verantwortlich war."
Das Lächeln in seiner Fratze verschwindet.
„Wissen Sie, er ist der einzige Mann, dem ich vertraue und der mich jemals anfassen durfte. Noch dazu dient er meinem Vater in der Armee. Er ist ein fünf Sterne General und wird sicher nicht erfreut sein, wenn ich ihm von Ihrem Benehmen von zuvor erzähle. Er kann nämlich dafür sorgen, dass Sie ihren Job verlieren. Auch wenn die Armee sich normalerweise nicht in so etwas einmischt, ich bin schließlich seine Tochter und er hat schon ganz andere Dinge für mich angestellt. Also behalten Sie ihre dreckigen Finger bei sich. Ihre Drohung funktioniert nicht mehr bei mir und falls Sie sich eine Kündigung von mir erhoffen, können Sie lange warten."
Sie grinst ihn frech an, wobei sie sich ihre zitternden Hände nicht anmerken lässt.
„Schönen Tag noch, Doktor Martin."
Mit erhobenem Haupt verlässt sie das Zimmer und schließt die Tür hinter sich. Das war es wert. Sein verdutztes Gesicht war es definitiv wert.
Chloe geht langsam den Flur entlang. Sie zittert immer noch. Vor ihrer Reise nach Afghanistan hätte sie dazu sicher nicht den Mut gehabt. Das hat sie nur Christian zu verdanken. Er steht hinter ihr und gibt ihr Kraft. Er verändert sie zum positiven. Stück für Stück spürt Chloe, wie sie mutiger wird.
Stolz auf sich eilt sie zu Dr. Kang, die Chloe schon ungeduldig in der Notaufnahme erwartet. Ermutigt und voller Tatendrang macht sich Chloe ans Werk. An diesem Tag glaubt sie alles zu schaffen.
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