𝑉𝑖𝑒𝑟𝑢𝑛𝑑𝑧𝑤𝑎𝑛𝑧𝑖𝑔
Wir waren in einem großen Bogen einmal um das Schloss geflogen, bevor wir das angesprochene, raumhohe Fenster fanden. Es lag, wie vermutet, im Westen und öffnete sich einladend vor uns. Riesige Säulen ragten vom Boden bis hinein in die Decke, und zwischen ihnen lag nur Luft, keine gläsernen Fenster, wie man es erst vermutet hätte.
Wie ich es mir gedacht hatte, war es die perfekte Möglichkeit für uns, ins Schloss zu gelangen.
So wie es aussah, hatten wir Glück. Es waren keine Feuerbändiger in Sicht. Weder außerhalb der Mauern noch innerhalb des Schlosses, soweit wir eben hineinsehen konnten.
Bis jetzt hatte auch noch niemand Alarm geschlagen, was ebenfalls für unser Glück sprach.
In meinen Gedanken bildete sich bereits ein Plan. Wir würden das Schloss absuchen, uns mit Reforten verbünden, mit ihnen ins Nachtreich fliegen, und dort alle retten.
Das dieser Plan viel zu blumig und einfach klang, war mir egal. Das Glück würde ja hoffentlich auf unserer Seite stehen.
Das Fenster lag im dritten Stock, doch meine Gruppe hatte sich erst einmal auf der Wiese vor dem Schloss niedergelassen. Dort stand ein großer Baum, unter dem wir gelandet waren, und nun dort einmal tief Luft holten.
Wir hatten nun schon seit mehreren Stunden nichts gegessen, aber was noch viel schlimmer war, wir hatten nichts getrunken. Meine Kehle fühlte sich schon jetzt an, als würde sie nur aus Staub bestehen, doch ich schluckte - im wahrsten Sinne des Wortes - meinen Durst hinunter.
Es gab jetzt wichtigeres. Wasser würde ich bekommen, sobald ich die Reiche gerettet hatte.
Wenn der Mythos stimmte, dass man sieben Tage ohne Wasser auskam, konnte ich mich bei ein paar Stunden nicht beklagen.
Leider hatten wir in unserer Eile aber vergessen, irgendetwas Essbares einzupacken, was bedeutete, wenn wir nicht in den nächsten Tagen von Bändigern gefangen genommen wurden, müssten wir irgendwoher Essen auftreiben.
„Na schön." Luna hatte auf dem Boden gekniet, erhob sich nun aber wieder. Sie sah erst Lance an, dann uns andere, bevor sie sprach: „Wir machen es jetzt so: Lance wird vorangehen, dann Andrew mit Zane. Pia und Marie. Jugi. Und schlussendlich ich. Wenn von irgendwo Gefahr droht, sagt ihr sofort Lance und mir Bescheid. Wir sind die ersten, die kämpfen werden, um euch zu beschützen." Luna sah uns alle mit einem durchdringenden Blick an. Sie war sich ihrer Sache sehr sicher.
Ich musste mich geschlagen geben und nickte. Wenn ich meinen weiteren Plan in die Tat umsetzten wollte, müsste ich jetzt erst einmal auf Luna hören. Und auch wenn mir es missfiel, sie wieder in Gefahr zu bringen, wenn wir hier jetzt lange herumstreiten würden, könnten uns die Feuerbändiger entdecken und alle ermorden.
Ich dachte, Luna wäre fertig mit ihrer Ansprache und ich wollte schon wieder losfliegen, doch dann setzte sie hinzu: „Für mehr Sicherheit werden wir unsere Seelen verbinden. Dann erfahren wir sofort, wenn jemand verschwindet, und können ihm und seinem Verfolger folgen. Außerdem merken wir so schneller, falls jemand in unsere Gedanken eindringen möchte."
Zane schnaubte. Er sah müde und angestrengt aus. Der lange Flug hatte ihn viel Energie gekostet. Eine Seelenverbindung passte ihm wohl nicht mehr in den Kram.
Auch ich fand es eher unsinnig. Ich würde sicher nicht verloren gehen. Außerdem war die Seelenverbindung beim letzten Mal auch einfach abgebrochen, als Lance und Luna versucht hatten, uns an ihren Erlebnissen teilhaben zu lassen. Trotzdem sagte ich nichts. Ich musste Luna vertrauen, damit sie mir danach vertraute.
Mir kam auch in den Sinn, dass es vielleicht doch gut wäre, wenn wir auf Zane nicht nur physisch, sondern auch in seinen Gedanken aufpassten. Seine Seele war ungeschützt, und er wusste noch nicht, wie man die Wand aufbaute. Wenn jetzt jemand versuchen würde, in seinen Kopf einzudringen, würden wir es nicht merken. Also war die Seelenverbindung vielleicht doch keine schlechte Idee.
Schnell verband ich meine Seele mit den anderen.
„Ich bin hier", verkündigte ich missmutig.
Auch Pias und Jugis Präsens nahm ich wahr.
Der Rest stieß kurze Zeit später dazu.
Langsam erhoben wir uns alle von unserem schattigen Platz unter dem Baum, erschufen unsere Flügel und flogen gen Himmel.
Ich sah zu Zane. Er schaffte es kaum, vom Boden abzuheben, da er sich nun auf zwei Dinge gleichzeitig konzentrieren musste. Andrew sah dies, und half seinem Sohn, indem er ihn an der Hand nahm. Gemeinsam bildeten sie im Moment das Schlusslicht, doch bald nahmen wir Lunas besprochene Anordnung an, sodass ich mit Pia relativ in der Mitte flog.
Wir hatten das Fenster schnell erreicht, doch dort mussten wir kurz verweilen, weil Lance, Jugi und Luna sich umsahen. Sie hielten nach Feinden Ausschau. Durch die Seelenverbindung konnte auch ich mitverfolgen, wie sie durch das Fenster in den Palast schwebten, die Tür des Zimmers aufrissen, und in den folgenden Flur spähten.
Als wir sahen, dass dort genau wie hier, eine gähnende Leere herrschte, folgten wir ihnen.
Die Stimmung war angespannt. Wir unterhielten uns noch nicht einmal durch die Seelenverbindung, auch wenn uns so kein anderer gehört hätte.
Das Schloss wirkte menschenleer ... Oder sollte man besser sagen, natesim- und feuerbändigerleer?
Ich musste grinsen. Wenn mein schlechter Humor durchkam, konnte meine Lage noch nicht ganz aussichtslos sein. Solange ich etwas zu lachen hatte, ging es mir gut. Daran änderten mein Hunger und Durst auch nichts.
Wir gingen weiter.
Der Palast schien wirklich gänzlich leer. Das bedeutete: keine Feuerbändiger, die im Tagreich ihn Unwesen trieben. Dass aber auch keine Reforten zu sehen waren, beunruhigte mich etwas. Wo waren sie alle? Halfen sie, die Bändiger aus dem Land zu vertreiben? Aber wo war dann der Rest des Personals?
Zuhause? Wahrscheinlich. Wenn niemand da war, um den man sich im Schloss kümmern musste, konnte man ja auch zu Hause bleiben. Vor allem, da Sverre ja nun schon längere Zeit im Nachtreich war.
Doch irgendwer musste sich doch um das Schloss kümmern. Selbst wenn das Dienstpersonal nicht gebraucht würde, zumindest ein Gärtner musste dafür sorgen, dass die ordentlich geschnittenen Büsche, an denen wir gerade vorbeiliefen, immer in Form blieben.
Meine Freunde und ich waren wieder ein paar Räume weitergegangen, ohne ein einziges Wort zu sagen. Ich war in meinen Gedanken, bei all den fehlenden Menschen. Außerdem konnte ich Zanes Gedanken hören, wenn ich mich auf sie konzentrierte, da seine Schutzmauer ja noch nicht funktionierte. Er dachte die meiste Zeit an sein zerstörtes Zuhause, was mir ein bisschen das Herz brach. Innerhalb weniger Stunden war sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt worden.
Er tat mir leid, denn ich wusste, wie er sich fühlte. Auch mir war dies passiert. Luna hatte mir in Gefangennahme von meiner Herkunft und meinen Kräften erzählt. Kurz darauf habe ich eine Reise ins Nachtreich unternommen, bei der mir meine Kräfte wieder genommen wurden.
Als ich jetzt wieder daran zurückdachte, wurde ich zu gleichen Teilen traurig wie melancholisch, denn damals hatte ich die Situation alles andere als gut gefunden. Doch wenn ich jetzt drauf zurückblickte, war meine Lage immer noch besser als jetzt.
Lance öffnete eine weitere Tür. Ich wusste mittlerweile nicht einmal mehr, wo genau wir hinwollten. Erst nach einer kurzen Überlegung fiel mir wieder ein, dass wir ja gar kein Ziel hatten. Wir wollten lediglich den Palast sichern.
Ich wollte mich gerade wieder in Bewegung setzten, als ich merkte, dass die Truppe vor mir nicht mehr weiterlief. Was war da los?
Ich suchte die Sicht aus Lance Augen in der Seelenverbindung und fand sie schnell. Was ich durch seine Augen sah, verwirrte mich ebenfalls ...
Der Raum vor uns war fast vollständig leer. Nur in einer Ecke befand sich eine Kiste.
Der Grund für Lances Anhalten war jedoch nicht diese Kiste, sondern die Person, die inmitten des Raumes stand. Von hinten erkannte man nur ihre Flügel, schwarz wie die Nacht. Die Form erinnerte an eine Libelle.
Was machte ein Natesim aus dem Nachtreich hier? Das war wirklich das Einzige, womit ich nicht gerechnet hatte. Feuerbändiger oder Reforten hatte ich erwartete, aber eine Natesim aus dem anderen Reich?
Die Person drehte sich zu uns um. Es war ein Mädchen, ungefähr sechzehn Jahre alt. Ich kannte sie nicht, doch anhand Lunas Aufatmen merkte ich, dass sie sie kannte.
„Claire!" Luna stieß einen spitzen Schrei aus, rannte zu dem Mädchen und schmiss sich in ihre Arme.
Auch mir sagte dieser Name etwas. Wenn ich mich richtig erinnerte, war das Lunas beste Freundin. Ich hatte Fotos von ihr gesehen, und Luna hatte mir viel über sie erzählt. Ich wusste, dass die zwei schon ewig befreundet waren und sich quasi blind vertrauten. Luna hatte sie mir jedoch nie persönlich vorstellten können, da sie noch mitten in ihrem Erdjahr gesteckt hatte, als ich ins Nachtreich gezogen war.
„Ich habe dich so vermisst!" Noch immer gab sich Luna der Umarmung hin. Sie hatte die Arme um Claires Hals gelegt und die Augen geschlossen. All das sah ich durch Lance Augen.
Es hätte ein schönes Bild abgegeben, doch es gab ein Detail, was mich störte.
Warum sah nur Luna so erleichtert über dieses Treffen auf? Claire hatte zwar die Arme zögerlich um ihre Freundin gelegt, doch bis jetzt hatte sie kein Wort gesprochen. Sie lächelte auch nicht. Irgendetwas stimmte da nicht.
Ich musste Luna warnen! Ich musste zu ihr, und sie von diesem Mädchen wegziehen! Ich musste ... Moment ... unsere Seelen waren doch verbunden, um sie zu erreichen musste ich doch nur ...
Schnell wechselte ich die Perspektive und sah nun aus Lunas Augen. Außerdem brüllte ich sie in meinen Gedanken an. „Luna, geh sofort weg da! Irgendetwas stimmt mit Claire nicht."
Hörte sie mich nicht, oder ignorierte sie meine Warnung? Egal, wie laut ich rief, Luna reagierte nicht.
Sie löste sich langsam aus der Umarmung und sah ihrer Freundin in die Augen. Durch die Seelenverbindung konnte auch ich, obwohl mein Körper meterweit weg stand, genau Claires Augen betrachten.
Erst nahm ich nur das typische schwarz ihrer Iris wahr, durch das alle Natesim des Nachtreiches gekennzeichnet waren, doch dann merkte ich, dass da noch etwas anderes war.
Orange, rot, gelb. Etwas pulsierte unter der Oberfläche. Etwas?
Feuer!
Oh nein!
„Luna!", stieß ich hervor. Ich musste sofort zu ihr. Wenn Claire wirklich mit Feuer infiziert worden war, gab es jetzt nur eine Sache, die sie retten konnte, und das war die Energie eines Auserwählten. Pia hatte Ade damals heilen können, und ich würde dies nun auch bei Claire versuchen.
Diese holte einmal tief Luft, und sprach mit schmerzverzerrter Stimme genau zwei Wörter aus. „Luna, Hilfe." Meine Freundin hatte wohl ebenfalls verstanden, was los war, denn sie sackte in sich zusammen. Lunas Gefühle explodierten und sie begann, bitterlich zu weinen. „Claire, du bist infiziert!"
Ich konzentrierte mich nun nicht mehr auf die Seelenverbindung, sondern wieder auf das Reale. Ich stieß Marie, Zane und Andrew zur Seite. Lance war bereits ebenfalls auf Luna zu gerannt, sodass ich ihn nicht mehr mit meinem Ellenbogen traf.
Leider konnte ich durch die Seelenverbindung Lunas Gedanken noch hören.
Seit diese verstanden hatte, was es mit der feurigen Iris ihrer Freundin auf sich hatte, waren ihre Gedanken ein einziger Trauerklos. Ich empfing nichts als Schmerz. Nichts als Trauer, Hilflosigkeit und Schmerz.
Durch die Seelenverbindung zerriss es auch mich innerlich. Aus meinem Rennen wurde ein langsames Gehen, bis ich schlussendlich stehenbleiben musste, um zu Atem zu kommen.
Salzige Tränen brannten in meinen Augen und bald auch auf meinen Wangen.
Vor meinem inneren Auge bewegten sich zwei kleinen Mädchen. Sie schaukelten auf einem Spielplatz. Machten Späße, teilten ihr Essen und lachten. Langsam wurden sie älter. Gingen einkaufen, trafen sich zum Brettspiele spielen, sprachen über die erste Liebe. Sie umarmten sich, als die größere von beiden ihr Erdjahr anbrach.
Dann wurde diese Bild zerbrochen und stattdessen erschien etwas anderes. Feuer, nichts als Feuer.
Ich wollte mir das nicht ansehen. Das waren Lunas private Gedanken und sie waren so grausam! Ich musste etwas tun, sonst würde ich auch daran kaputt gehen.
Ich musste doch Claire retten! Doch Lunas Gedanken schrien zu laut in meinem Kopf, ich kam nicht gegen sie an.
Die zwei Mädchen beim Spielen im Sandkasten, die zwei Mädchen, wie sie sich gegenseitig schminken. Die zwei Mädchen, nebeneinander in der Schule.
Und dann wieder Feuer. Nichts als Feuer.
Ich musste hier weg, dass konnte ich nicht mehr lange ertragen.
Aber wie? Wie konnte ich diesem ganzen Schmerz ein Ende bereiten? Ich wollte diesen Schmerz nicht mehr spüren. Den Verlust der besten Freundin. Ein Opfer an Feuer und Flammen.
Ich wollte ...
Dann kam mir wieder in den Sinn, was ich zu tun hatte. Ich schloss die Augen und trennte die Seelenverbindung.
Endlich Ruhe!
Noch einige Sekunden hielt ich die Augen geschlossen, dann hatte ich mich gesammelt. Ich wusste plötzlich wieder, was ich tun musste. Mein Geist klarte auf und die Stille sorgte dafür, dass meine Gedanken wieder ins hier und jetzt zurückkehrten.
Die Szene vor mir hatte sich nicht verändert. Hinter mir standen Jugi, Andrew und Zane, keiner von ihnen verstand wirklich, was hier los war. Pia war nur noch wenige Schritte von mir entfernt. Auch sie musste verstanden haben, dass bei Claires Rettung eine Auserwählte gebraucht wurde.
Zum Glück war sie ebenfalls der Seelenverbindung entkommen, denn ihr Blick war klar und entschlossen.
Lance hatte Luna einige Schritte von Claire weggezogen und in seine Arme geschlossen. Große Tränen kullerten von Lunas Wangen. Ein Glück, dass ich nicht mehr in ihrem Kopf drinnen war. Doch leider konnte Luna nicht aus ihrem eigenen Kopf heraus. Sie musste das Chaos und den Schmerz weiterhin ertragen.
Ich ging ein paar Meter auf Claire zu. Ihr Gesicht war schmerzverzehrt, ihre Haltung kaum noch aufrecht. Man sah ihr das Leiden am ganzen Körper an.
„Ich werde dir helfen", versprach ich ihr.
Pia trat neben mich. Sie nahm meine Hand und sah mich lange an. Ich wusste nicht genau, was sie suchte, doch anscheinend gab ich ihr, worauf sie gewartet hatte, denn nachdem ich nickte, nickte aus sie. Wieder schloss ich die Augen und ließ mich dieses Mal auf eine Seelenverbindung ein, deren Ausgang ich noch nicht genau bestimmen konnte.
„Pia? Weißt du, was wir zu tun haben?" Auch wenn ich eben so enthusiastisch gewirkt hatte, eigentlich hatte ich keine Ahnung, was ich hier tat. Pia hatte es vor ein paar Wochen allein geschafft, Ade zu heilen. Ich hatte währenddessen bewusstlos auf dem Boden gelegen und war unbrauchbar gewesen, wie in benutztes Taschentuch.
„Wir müssen mit unserer Energie in ihren Körper eindringen, und dort den Entzündungsherd des Feuers finden."
„Verstanden."
Ich verband meine Energie mit Pias und gemeinsam wagten wir denn Weg, hinein in Claires Körper.
„Merkwürdig?", sagte Pia plötzlich.
„Was ist los?"
„Ade, oder besser gesagt, Jacob William, hat sich beim letzten Mal gegen mein Eindringen gewehrt, und hier hat es ohne Probleme funktioniert."
Oh nein, nicht schon wieder etwas Ungewöhnliches! Das konnte nichts Gutes heißen.
Wobei die vorangegangene Studie ja auch nur auf eine einzelne Person zurückgegangen war. Vielleicht war es also normal, dass man problemlos eindringen konnte und das Mal mit Ade war das ungewöhnliche Mal gewesen.
Während ich mir damit Mut machte, floss meine Energie durch Claires Haut durch, hinein in ihr Inneres, und was mich dort erwartet, ließ meinen Körper nach Luft schnappen.
Den Herd des Feuers zu finden, würde sich als enorm schwierig herausstellen, denn es gab quasi keine Stelle, an der das Feuer noch nicht war.
Von überall her schlugen mir Flammensäulen entgegen, ein Sturm tobte in Claires zierlichem Körper.
„Was jetzt?", fragte ich Pia.
Sie schluckte. „Such die Stelle, an der das Feuer am dichtesten ist."
„Das ist leichter gesagt als getan. Wo ist das Feuer nicht dicht?"
Ich merkte, wie sich Pias Körper zunehmend anspannte. Auch ihr war die Situation nicht geheuer.
Ihre Stimme brach fast. „Versuch es einfach."
Mehr musste Pia nicht sagen. Ich verstand, was sie damit ausdrücken wollte.
Diese Feuer war viel weiter ausgeweitet als das in Ade.
Es würde noch schwieriger werden, es aus dem Körper zu entfernen.
Uns blieb nur noch wenig Zeit. Natürlich wussten wir noch nicht, was passieren würde, wenn sich das Feuer vollständig ausgebreitet hatte, aber, dass es nichts Gutes war, konnte ich mir denken. Die Wissenschaftler hatten damals bei Ade angenommen, dass es sie getötet hätte, hätte Pia es nicht zerstören können.
Ich ging jeden Winkel von Claires Körper ab. Die Füße, die Beine, den Bauch, die Arme und schlussendlich den Kopf. Doch ich fand nichts.
Das war nicht ganz richtig - Ich fand sehr viel: sehr viel Feuer.
Doch es gab nicht eine Stelle, an der ich wirklich sagen konnte, dass dies der Ursprung des Brandes sein konnte.
„Pia, hast du was gefunden?", fragte ich, wenig hoffnungsvoll.
„Ja! Komm sofort her! An ihrer linken Schulter."
Blitzschnell entfernte ich mich aus Claires Kopf und verbreitete meine Energie stattdessen in ihrer linken Schulter. Neben Pias Kraft nahm ich hier auch eine größere Menge Feuer wahr. Wie hatte ich das nur übersehen können?
Ganz außer Atem fragte ich. „Was jetzt?"
„Du musst deine Energie über die Quelle legen, um es zu ersticken."
Ich holte tief Luft. Das konnte ja was werden.
Ich verband meine Energie wieder mit Pias. Gemeinsam näherten wir uns dem Feuer. Mir wurde immer heißer. Mein Körper fing an zu schwitzen, obwohl er das Feuer ja noch nicht einmal berührte. Nur meine Energie verband die zwei miteinander.
Das Atmen viel mir zunehmend schwerer. In meinen Lungen sammelten sich Rauch und Asche. Wie konnte das sein?
Ich fing an zu husten.
„Marie, konzentriere dich!" Pia rief mir hilflos zu. Da ich sie noch immer an der Hand hielt, nahm ich wahr, dass auch ihren Körper Husten plagte. Doch das sollte ich ausblenden.
Ich musste mich auch Claire und das Feuer in ihr konzentrieren.
Pias und meine Energie waren nur noch ein großes Knäul. Eine Hülle, die sich um den Entzündungsherd legte. Eine Falle, die immer weiter zuschnappte.
Mein Atem ging nur noch stoßweise. Lange würde ich das sicher nicht mehr aushalten. Mir war heiß, so unendlich heiß.
Entfernt nahm ich Pia wahr, die leise zu mir sprach. „Bleib ruhig. Wir haben es gleich geschafft."
Und ich blieb so ruhig ich konnte. So ruhig wie man in einem Sturm aus Flammen nur seien konnte.
Die Energien grenzten zwar die Quelle des Feuers vom Rest ab, aber das ließ dieses leider nicht vergehen. Von beiden Seiten drückten sich Flammen an meine Energie.
Diese Hitze!
Atmen, ich musste versuchen zu atmen.
Ich hatte keine Chance, mich auf die Energie zu konzentrieren. Dafür litt mein Körper zu sehr.
Ich merkte noch, wie Pia unsere Energien immer enger zusammenzog, doch helfen konnte ich ihr nicht.
Dafür fehlte mir die Kraft.
Ich durfte nicht aufgeben, ich musste Lunas Freundin retten. Für sie, und auch für mich selbst.
Ich konnte dieses unschuldige Leben nicht vergehen lassen, ich musste es vor seinem Untergang gewahren.
Ich musste ...
Feuer.
Flammen.
Rus.
Ich ...
Feuer.
Flammen.
Rus.
„Marie, wir haben es gleich geschafft. Streng dich noch ein letztes Mal an!" War das Pia? Ich wusste es nicht. Es war mir egal.
Ich wollte nur leben. Ich wollte mich von diesen Qualen befreien, dich mich plagten. All das Feuer, diese Hitze.
Was versuchte ich zu erreichen? Wofür tat ich das hier? Ich wusste es nicht mehr. Alles fühlte sich belanglos an.
Auf der einen Seite standen die Flammen und der Tod, den diese mit sich brachten. Auf der anderen Seite war mein Leben, welches ich nur mit einer Regung retten konnte. Denn sobald ich meine Energie hier entfernte, war ich frei.
Und deshalb gab ich auf.
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