𝑁𝑒𝑢𝑛𝑢𝑛𝑑𝑧𝑤𝑎𝑛𝑧𝑖𝑔


Der Thronraum war wirklich nicht mehr weit entfernt gewesen. In unter einer Minute waren wir vor seinen Türen angekommen. Nun standen wir hier und gönnten uns noch ein paar Sekunden zum Durchschnaufen.

Ich versuchte mich zu sammeln, doch meine Gedanken rasten auf Hochtouren durch meinen Kopf. Keinen konnte ich wirklich fassen.

„Ok", sagte Pia viel zu schnell. „Los gehts."

Mit einem Schwung öffnete Andrew die Tür, an der ich, bis eben, keuchend gelehnt hatte.

Während ich einen Angriffsschrei ausstieß, um die Nervosität irgendwie aus mir zu verbannen, und auf meine Feinde zu rannte, fiel mir plötzlich eine Strophe für ein Gedicht ein. Fast hätte ich aufgelacht, so unpassend war die Situation. Wie konnte ich jetzt an Gedichte denken.
Auf der anderen Seite des Thronsaals standen eine Horde Feuerbändiger, aber ich hätte mir jetzt gerne die Zeit genommen, einen Zettel zu suchen, und meine Gedanken niederzukritzeln.


Ich öffne die Türen, wie auch die Herzen meiner Feinde.

Mein Kampf, hart.

In meinem Weg tausende Steine.

Meine Seele – starb.

Auf diesem Schlachtfeld, an diesem Tag.


Zu schade, dass ich das jetzt nicht aufschreiben konnte. Meine Lyrik musste auf bessere Zeiten warten. Sicher war ich mir aber nicht, ob mir diese Zeilen so noch einmal einfallen würden. Dafür kannte ich mich zu gut. Wenn ich meine Ideen nicht direkt niederschrieb, waren sie für immer verloren.

Die Feuerbändiger im Thronsaal hatten sich sofort herumgedreht, als die Tür aufgeschlagen war und wir ihnen entgegengerannt kamen.

Ich trug noch immer keine Waffe bei mir, außer eins von Andrews Küchenmessern. Doch gegen Flammen würde ich damit wohl nicht ankommen.

Meine Energie befand sich hauptsächlich in Williams Käfig. Mir blieben also nur meine Fäuste, die weder besonders stabil noch gut ausgebildet waren.

Das konnte nur schiefgehen.

Was hatte ich mir damit gedacht, einfach den Thronsaal stürmen zu wollen? Nur Lance war gerüstet für den Kampf und allein würde er nie gegen all die Feuerbändiger ankommen.

Ich schüttelte mich. Für negative Gedanken war es jetzt zu spät.

Die Feuerbändiger hatten uns bemerkt und sich zu uns umgedreht. In ihren Augen lag Hass, und als sie William in seinem Gefängnis erblickten auch ein kleiner Funke Angst. Offensichtlich war er bei seinen Verbündeten hoch angesehen. Wenn ihn jemand gefangen nehmen konnte, waren diese Personen wohl auch für die anderen Bändiger gefährlich.

Hinter unseren Feinden konnte ich Ade, Kazumi und Sverre ausmachen. Sie knieten am Boden und man sah ihnen an, wie schlecht es ihnen ging.

An jedem ihrer Gesichter klebte Blut, Dreck, und auch etwas was aussah, wie getrocknete Tränen. Mein Herz wurde schwer.

Sie sahen wirklich nicht gut aus, aber immerhin lebten sie noch. Das hätte auch anders ausgehen können, da wir nie gewusst hatten, ob wir noch im Zeitplan waren.

Wir hätten noch weit entfernt sein können, wenn sie Stunde um gewesen war und erst im Nachhinein von ihrem Tod erfahren. Doch glücklicherweise schien sie noch nicht um zu sein, denn Ade, Kazumi und Sverre atmeten noch.

Ich war nun bei einem Feuerbändiger angekommen. Es war ein junger Mann, höchstens zwei Jahre älter als ich. Sein Gesichtsausdruck war hasserfüllt und hinter seinen blauen Augen flackerten Flammen. Auch in seiner Hand ballte sich nun ein Feuerball, denn er wohl auf mich schleudern wollte. Als er ihn warf, wich ich schnell aus. Der Ball landete ein paar Meter hinter mir. Auf dem marmornen Boden breitete das Feuer sich nicht aus, sondern erlosch einfach.

Das war gut. Würde jeder verfehlte Ball ein eigenes kleines Feuer im Raum auslösen, hätten wir nach kurzer Zeit inmitten von Flammen kämpfen müssen. Aber so löschte der Palast das Feuer für uns.

Dem jungen Mann gefiel wohl nicht, dass ich seinem Ball ausgewichen war, denn nun schleuderte er eine Attacke nach der anderen auf mich. Er schien keine Pause zu brauchen. Oder er dachte, er könnte sie sich nehmen, nachdem er mich erledigt hatte.

Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als ein kleines Energieschild vor meinem Gesicht zu erschaffen. Für mehr war keine Energie übrig. Der Rest steckte in William Käfig.

Da sich der junge Feuerbändiger hauptsächlich auf meinen Kopf konzentrierte, traf er mich durch den Schutzschild nicht. Die Feuerbälle prallten daran ab und lösten sich in Luft auf. 

Doch leider durchschaute der Bändiger meine Idee viel zu schnell. Nach ein paar erfolglosen Attacken auf den Kopf, konzentrierte er sich nun auf meine Beine.

Ein paar Bällen konnte ich noch ausweichen, doch dann traf mich eine Flamme am Fuß, und ich brach in mir zusammen.

Der Schmerz war unbeschreiblich. Er schien sich nicht nur in meinem Fuß zu befinden, sondern breitete sich in meinem ganzen Körper aus.

Hatte er mich nun mit dem Feuer infiziert? Würde ich mich nicht gegen die inneren Flammen wehren können und langsam an ihnen zugrunde gehen?

Das war doch gar nicht möglich, oder? Nur Jacob William konnte das, weil er zum Teil Natesim war. So hatte es vorhin zumindest geklungen, als er über seine Herkunft gesprochen hatte.

Ich stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus, als das Feuer in meinem Gehirn ankam. Alles brannte.

Ich musste doch irgendetwas dagegen tun können!

Die Muskeln in meiner Hand, in der sich das Messer befand, spannten sich an. Mein Arm erhob sich vom Boden. Dann folgte der Rest meines Körpers. Langsam, ganz langsam, erhob ich mich.

Währenddessen entzog ich Williams Käfig immer mehr Energie. Pia tat mir leid, sie musste sich immer mehr anstrengen, um das Gefängnis mehr oder weniger allein aufrecht zur erhalten.

Aber es ging nicht anders. Ich musste mich jetzt vollständig schützen. Danach würde ich ihr wieder helfen können.

Der Feuerbändiger fing wieder an, seine Attacken auf mich zu schleudern. Er merkte, dass er mich nicht traf, da ich den Schutzschild immer dorthin lenkte, wo er sein Feuer hinlenkte, aber mit jedem Schuss wurde der Schild instabiler.

Irgendwann würde er es durchbrechen.

Mittlerweile stand ich aber wieder auf zwei Beinen. Voll Schmerz hatte ich mich vom Boden aufgerichtet, damit ich wenigstens eine Chance hatte, den Gegner im Kampf zu besiegen. Ich hob mein Messer, streckte es in die Höhe, damit seine Klinge im seichten Abendlicht glitzerte. Dann lief ich, wieder schreiend, auf ihn zu.

Er war nicht schnell genug. Das Messer traf ihn in die Schulter und bohrte sich immer weiter in seinen Körper hinein. Vielleicht war der Stich noch nicht tödlich, aber er tat höllisch weh. Mein Angreifer ging zu Boden und ich konnte für kurze Zeit aufatmen.

Ich hatte es geschafft. Ich hatte diesen Typ überwältigt und das, ohne ihn töten zu müssen. So konnte es weitergehen! Ich würde sie alle platt machen ...

Mein Enthusiasmus steigerte sich sekündlich. Der Sieg über den Bändiger machte mich euphorisch. Plötzlich fühlte es sich an, als hätten wir doch eine Chance gegen all die Gegner, die uns im Thronsaal gegenüberstanden.

Ich sammelte meine Energie, die mit jedem Atemzug stärker in meinem Körper zu pulsieren begann.

Ich fühlte mich plötzlich wieder so stark. Als würde mich die Energie unbesiegbar machen.

Nun könnte ich es mit jedem aufnehmen. Ich könnte ...

Als mir in den Sinn kam, woher meine Energie so plötzlich gekommen war, wurde mir schlecht. Der Käfig! Wenn ich nicht mehr half, ihn aufrecht zu erhalten, dann ...

Ich drehte mich um und richtete meinen Blick zuerst auf Pia. Meine Schwester lag am Boden, ein Bändiger in der Nähe, mit dem sie gerade eigentlich gekämpft hatte. Doch nun war keine Kraft zum Kämpfen mehr da. Pia war einfach umgekippt, weil ihre Energie sie sich auf etwas anderes konzentrieren ließ.

Dann fiel mein Blick auf unseren Energie-Käfig, oder besser gesagt, auf ihren Käfig. Ich hatte mich vollständig aus ihm zurückgezogen.

Unterbewusst, ungewollt, unwissentlich.

Man konnte es nennen, wie man wollte. Fakt war: Ich hatte Scheiße gebaut.

William gesamter Oberkörper war bereits freigelegt. Nur noch seine Beine steckten in der schimmernden Masse Pias Energie.

Sein Brustkorb hob und senkte sich, während er mit lauter Stimme rief: „Jetzt tötet endlich den König!"

Ich reagierte blitzschnell.

Meine Energie schoss wieder in den Käfig, um die nach Kräften ringende Pia zu unterstützen.

Besser noch. Sie sollte sich für kurze Zeit zurückziehen und eine Pause einlegen. Ich würde das jetzt auch kurz allein schaffen. Es schien ja, wenn euch nur mit großer Anstrengung verbunden, möglich zu sein.

Gleichzeitig sprintete mein Körper vorwärts. Das Messer hatte ich angriffsbereit gezogen. Da war ein Feuerbändiger, der Sverre besonders nah war. Ihn hatte ich ihm Auge, als ich mit großen Schritten vorwärtsstürmte.

Ich versuchte, alles um mich herum auszublenden. Der Kampf, die Bändiger und meine Freunde, alles war nebensächlich.

Es gab nur noch diesen einen Bändiger, der gefährlich nach an Sverre herangetreten war, und mich.

Er sah nicht, wie ich auf ihn zu gerannt kam und das Messer immer höher hob. Er hatte nur Augen für Sverre und das Feuer in seiner Hand, welches er bedrohlich nahe an den Kopf meines Königs hielt.

Immer näher kam ich an ihn heran, meine Kraft wiederrum verließ mich mehr bei jedem Schritt. Sie befand sich in Williams Gefängnis, nicht bei mir in meinem Körper.

Bald würde ich, so wie Pia, erschöpft am Boden liegen und unfähig sein, etwas zu tun. Doch das durfte nicht passieren, bis ich den Bändiger erreicht und ausgeschaltet hatte.

Meine Atmung wurde schneller, mein Puls raste in die Höhe, doch ich rannte weiter.

Rannte, obwohl meine Beine mich bereits nicht mehr tragen wollten.

Rannte, bis ich ihn erreicht hatte. Endlich!

Das Messer bohrte sich in die Haut des Bändigers, durchtrennte sämtliche Adern und Sehnen seiner Schulter. Vielleicht traf es sogar einen Teil seines Hals. Es war mir egal.

Meine Sicht wurde schwarz und ich brach zusammen. Der Punkt war erreicht, an dem ich keine Kraft mehr hatte. Doch ich hatte es geschafft, Sverre war in Sicherheit - zumindest vorerst.

Leider waren ja noch ein paar andere Feuerbändiger hier in diesem Raum. Und schon bald würde jemand bemerken, dass ich den Angriff ihres Freundes abgewehrt und ihn ausgeschaltet hatte.

Dann würden sie sicher nicht nur Sverre, sondern auch mich angreifen. Und da ich mich nicht wehren konnte, würden sie wahrscheinlich erfolgreich sein und mich vernichten.

Ich musste meine Kraft zurückerlangen, wieder aufstehen und kämpfen. Ich durfte hier nicht wehrlos herumliegen!

Was tat Pia gerade? Könnte sie mich wieder bei der Erhaltung des Käfigs unterstützen? Sie hatte sich doch jetzt lang genug ausgeruht, oder?

Mit Mühe holte ich wieder einen Teil meiner Energie zu mir zurück. Dabei merkte ich, dass sie durch eine andere ersetzt wurde. Pia half mir.

Mit neuer Kraft schlug ich die Augen auf und sah mich um. Ich war direkt neben Sverre zusammengebrochen. Er kniete über mir und redete auf mich ein. Seine Hände und Füße waren gefesselt.

„Marie, ich bin so froh, dass ihr hier seid. Was ist los? Kann ich dir irgendwie helfen? Bist du verletzt"
Ich lächelte. „Ich bin auch froh, dich zu sehen. Aber jetzt müssen wir euch erst einmal hier rausholen."

Ich spürte das Messer, welches ich noch immer in der Hand hielt, hob es an und schnitt Sverre damit die Fesseln durch.

Dann sah ich mich wieder im Raum um. Pia und Jugi kämpften jeweils gegen zwei Bändiger. Es war ein Wunder, dass sie es schafften, so vielen von ihnen niederzuringen. Jugi war zwar erst zwölf, doch sie schaffte es ein besonders durchtrainiert aussehende Frau durch ihre Schnelligkeit zu überwältigen.

Als nächstes blieb mein Blick an Kazumi hängen. Sie kniete neben Ade und redete leise mit ihr. Sie waren ungefähr fünf Meter von mir und Sverre entfernt.

Ich wollte ihnen gerade zurufen, dass ich auch sie von ihren Fesseln befreien konnte, damit sie uns helfen konnten, da nahm ich eine Bewegung hinter ihnen wahr.

Die nächsten Ereignisse passierten für mich wie in Zeitlupe.
Ich hörte mich schreiben, so laut und so hoch, wie ich es noch nie getan hatte.

„Ade! Pass auf!"

Von dem Geräusch aufgeschreckt, sah sie zu mir. So bekamen es Kazumi und sie beide nicht mit, wie sich ihnen von hinten eine Angreiferin näherte.

Mit Schrecken musste ich mitansehen, wie eine Feuerbändigerin das Schwert hob und es Ade von hinten in den Brustkorb rammte.

Die Welt stand für eine Sekunde lang still. 

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