𝑁𝑒𝑢𝑛
Am nächsten Tag machte ich mich nach dem Mittagessen auf zu den Wissenschaftlern. Den restlichen gestrigen Tag hatte ich mit Grübeln verbracht. Als ich davon genug hatte, war ich bei Jian und Herrik gewesen. Wir hatten ein paar Spiele gespielt und waren dann mit Mum und Dad spazieren gewesen.
Marie und Pia klopften in dieser Sekunde an meine Tür. Wie jeden Morgen holten sie mich ab. Ich begrüßte die beiden mit einem Winker und wir machten uns auf den Weg zum Treffen. „Was habt ihr die letzten Tage so außer den Experimenten gemacht?", fragte ich sie. Die beiden hatte ich gestern nicht mehr gesehen. Drew war mir allerdings ganze drei Mal über den Weg gelaufen. Jedes Mal hatte sie sich nach Marie erkundigt und sich darüber beschwert, dass sie nie Zeit hätte.
Pia erzählte mir mit einem Lächeln im Gesicht von ihrem gestrigen Tag: „Wir haben weiter für die Seelenverbindung trainiert und uns Gedanken für gleich gemacht."
Hoffentlich waren ihre Ideen besser als meine. Ich war wirklich zu nichts gekommen ...
„Was hast du denn gemacht Luna?"
„Alles Mögliche. Ich habe zum Beispiel mit meiner Familie gespielt und an meinen Notizen gearbeitet."
„Hast du Drew gesehen?", fragte Marie gespannt. Oh nein! Jetzt ging das auch noch andersherum?
„Ja, drei Mal. Und jedes Mal wollte sie wissen, wo du bist."
Marie erstarrte. „Drei Mal? Wo ist sie denn dann immer, wenn ich sie suche? Nächstes Mal musst du mich rufen."
„Das würde ich ja, wenn ich wüsste, wo du bist. Dann könnte ich es ihr ja auch einfach sagen."
Diese zwei waren echt anstrengend. Ihr Organisationstalent war auf einer Skala von Null bis Zehn eine klare Null.
Dann musste ich die Sache wohl selbst in die Hand nehmen. „Ich organisiere euch jetzt einfach ein gemeinsames Mittagessen für morgen. In Ordnung? Drew wird mir heute sicher noch einmal über den Weg laufen und dann kann ich ihr von dir ausrichten, dass ihr euch morgen um eins zum Mittagessen trefft."
Marie schluckte. Man sah ihr die Aufregung im Gesicht an. Aus einem früheren Gespräch wusste ich, dass sie noch nie ein Date gehabt hatte. „Ja, in Ordnung."
Als wir im Labor ankamen, war die restliche Truppe bereits versammelt. Wir begrüßten Xenia kurz, die sich ausschweifend für ihr gestriges Fehlen entschuldigte.
Wir versicherten ihr, dass wir nicht enttäuscht gewesen waren und setzten uns auf die einzigen, noch freien Plätze.
„Okay." Xenia klatschte in die Hände. „Nach meinem Ausfall gestern, können wir heute hoffentlich viel Neues in Erfahrung bringen. Ich denke, wir könnten einmal den Kreis entlanggehen und unsere Ideen aufsagen, die wir hinsichtlich des Geburtstagstag haben."
Natürlich war das eine sehr kindliche Methode, aber sie erfüllte ihren Zweck. Nacheinander stellten wir alle unsere Gedankengänge vor.
Als ich an der Reihe war, schluckte ich. „Ich denke, dass Marie und Pia vor ihrem zwölften Geburtstag keine Energie in sich hatten, und Sanna und Mano ihnen einen Teil ihrer eigenen gegeben hat." Zu mehr war ich gestern nicht gekommen.
Danach wurden mir zum Glück keine Fragen gestellt, da wir ja erst einmal alle unsere Ideen vorstellen sollten. Aber ich konnte mir schon denken, was sich das Forscherteam gedacht hatte. Warum sollten die zwei keine Energie gehabt haben? Warum sollten Mano und Sanna ihnen welche geben?
Ein paar Leute nach mir war der Computertyp dran. Er räusperte sich. „Ich denke, dass die zwei bereits Energien hatten, diese aber versteckt wurde, damit die Auserwählten sie nie finden konnten. Mano und Sanna waren damit aber nicht einverstanden und wollten den Auserwählten ihre Kräfte zeigen. Deshalb schickten sie einen Stern auf die Erde, um die Auserwählten über ihre Herkunft aufzuklären." Das war gar nicht mal so schlecht, musste ich zugeben. Es ergab auf jeden Fall mehr Sinn als meine Theorie. Schnell schrieb ich mir das Gesagte in meinen Notizen auf.
Marie und Pia hatten selbst auch keine besseren Ideen, aber sie verdeutlichten nochmal, dass sie, sowohl vor als auch nach ihrem Geburtstag, nichts von der Energie gespürt hatten. Erst, als sie durch meine Hilfe davon erfahren hatten, und sie freisetzen konnten, war das den Natesim so bekannte Gefühl der summenden Energie in sich aufgetaucht.
„Okay." Wieder klatschte Xenia in die Hände. Neben dem Stifteklicken musste auch das ein Tick von ihr sein.
„Bis jetzt sehe ich noch keinen Sinn, näher auf den Geburtstag einzugehen, wenn wir noch nichts über die anderen Auserwählten wissen. Daher sollten wir uns jetzt um das Energienetz kümmern. Hat dafür jemand Ideen?"
Wieder gingen wir die Reihe durch. Xenia schlug vor, ein paar Natesim und die Auserwählten mit den Energienetzen auf den Mond zu schicken, um dort nach Sanna zu suchen. Für Mano hatte sie allerdings keine Idee, denn die Hitze auf der Sonne konnte keiner aushalten.
Ich schlug vor, die Energie der Erde in Tag- und Nachtreich zu verlagern, und statt der Erde diese kaputtgehen zu lassen. Dafür müssten die Natesim nur auf die Erde ziehen. Mit dieser Idee erntete ich böse Blicke von allen Anwesenden.
Der Computertyp - wie hätte es anders sein sollen - hatte natürlich wieder die beste Idee. „Man könnte versuchen mit den Energienetzen bis zu Sonne und Mond zu kommen und diese dann näher an die Erde bringen. Vielleicht kann man mit der Energie sogar die Sonnenstrahlung abschirmen, so dass die Hitze uns gar nicht ausmacht. Dann könnten wir versuchen die beiden aus den Himmelskörpern zu befreien, ohne dass diese beschädigt werden. Man weiß natürlich nicht, ob sie danach noch funktionieren."
Xenia wirkte sichtlich angetan von der Idee, und auch andere murmelten zustimmend. Selbst ich musste mir eingestehen, dass der Computertyp zwar super hochnäsig und nervig, aber auch intelligent war.
Es entstanden kleine Gespräche unter den Anwesenden. Marie stupste mich an. „Denkst du, dass könnte funktionieren? Selbst wenn alle acht Auserwählten hier wären, würden wir es doch nie im Leben schaffen, zwei Himmelskörper an die Erde zu ziehen, und dann noch die Hitze der Sonne abzuschirmen, damit ihr auf der Oberfläche nach Mano und Sanna suchen könnt. Und was ist, wenn sie gar nicht auf der Oberfläche, sondern tief in Sonne und Mond vergraben sind?"
„Ich weiß es auch nicht. Aber die Idee ist wenigstens ein Anfang."
Pia schaltete sich ebenfalls ein. „Da können wir uns ja auch gleich auf den Mond schicken, wie Xenia es vorgeschlagen hatte. Ob wir ihn hierherziehen oder sie uns hinschicken, ist jetzt auch kein großer Unterschied mehr. Außerdem würde es doch alle Planeten aus der Bahn werfen, wenn wir die Sonne einfach wegziehen würden." Pia war richtig wütend. Anscheinend mochte sie den Computertyp noch weniger als ich. Aber unrecht hatte sie auch nicht.
Um alle zu beruhigen, klatschte Xenia wieder in ihre Hände. Abrupt brachen die Gespräche ab. „Es ist super, dass alle etwas zu dieser Idee beizutragen haben, aber wir sind uns einig, dass wir für die Umsetzung auch die Kraft der anderen Auserwählten benötigen. Also schlage ich vor, dass Luna morgen, nachdem sie Sverre unsere Ergebnisse vorgestellt hat, auch erwähnt, dass die anderen Auserwählten gebraucht werden. Ade wird sicher erlauben, dass wir sie ins Nachtreich holen, und dann können wir uns das nächste Mal treffen, wenn alle vereint sind." Damit war die Sitzung beendet. Und damit meine letzte Sitzung vor dem Empfang.
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Am nächsten Tag wachte ich früh auf. Ich konnte nicht mehr schlafen, denn jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, standen dort Ade und Sverre, beide schwer enttäuscht von mir. Immer noch nagte die Aufregung an mir und ich wusste nicht, wo sie herkam und wie ich sie abschütteln konnte. Bei Präsentationen in der Schule war ich eigentlich immer die Ruhe selbst. Aber das hier war wohl ein paar Nummern größer.
Lance nahm mich fest in seine Arme, bevor er zum Training ging, und ich schloss die Augen, um den bevorstehenden Tag zumindest für kurze Zeit vergessen zu können.
Als er weg war, zog ich mir ein kurzes, schwarzes Kleid an. Ich trug es nicht, um Ade zu gefallen, obwohl sie ja sonst auf Ballkleider bestand. Ich trug es, um mir selbst zu gefallen, denn wenn ich mich wohl fühlte, in dem was ich trug, würde ich mich auch insgesamt wohler fühlen.
Ich schnappte mir meine Unterlagen und ging aus dem Zimmer. Auf dem Weg in die Empfangshalle traf ich Drew.
„Hallo Luna", begrüßte mich die Refortin gut gelaunt.
Da fiel mir wieder ein, was ich Marie versprochen hatte. „Hi. Du hast um dreizehn Uhr nicht zufällig etwas vor?"
„Nein, bis jetzt noch nicht."
Ich grinste. „Ok. Dann bist du jetzt mit Marie zum Mittagessen verabredet."
„Wirklich?" Drew machte große Augen. Es war süß, wie offensichtlich sie sich freute.
„Ja. Ich habe sie gestern gesehen und sie hat gesagt, ich soll dich fragen, ob du um dreizehn Uhr mit ihr Mittagessen gehen willst."
Drew strahlte. „Danke Luna. Du bist super."
Fast hätte ich mit - das weiß ich doch - geantwortet, aber ich konnte mich gerade noch so zurückhalten. Stattdessen antwortete ich: „Dank nicht mir. Dank Marie, wenn du sie gleich siehst."
„Das werde ich", versprach Drew.
Und weg war sie auch schon wieder. Eine Verabschiedung war bei uns mittlerweile nicht mehr nötig. In spätestens drei Stunden würden wir uns sowieso wieder auf dem Gang begegnen.
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