Kapitel 1 || Aaron
Unerbittlich brannte die Mittagssonne vom Himmel und hielt mich in dem dreckigen Haus gefangen, welches mein Zuhause war. Die Gegend in der es stand war mindestens genauso herunter gekommen, wie das Haus selbst. Aber wir konnten uns nichts besseres leisten. Schlimm war das jedoch nicht, denn in diesem Armenviertel kümmerten sich keiner um den Mist der anderen. Eine hervorragende Voraussetzung, wenn man als Mutant unentdeckt unter Menschen wohnen wollte.
Auf leisen Sohlen schlich ich in die Küche, um ja nicht meine Mitbewohner zu wecken. Die zwei Morgenmuffel würden mich sonst umbringen. Aus eine Regal nahm ich mir ein angeknackstes Glas und befüllte es. Das kalte Wasser kippte ich in einem Zug hinunter. Aber das Brennen in meinem Hals konnte es nicht löschen. Nur eine rote reine Flüssigkeit vermag dies zu tun. Ich sprach von sauberem Blut! Zu groß war die Gier danach, dass ich schnell einen zweiten Inhalt leerte. Noch musste ich mich etwas gedulden. Solange die Sonne schien wäre es irrsinnig hinaus zu gehen.
Durch den Kontakt mit Sonnenlicht zerfielen wir zum Glück nicht zu Staub, wie Vampire oder wurden zu Stein, wie Trolle. Aber die teilweise schweren Verbrennungen, welche der Stern auf unserer Haut hinterließ, waren nicht gerade angenehm.
Nicht jeder hatte das Privileg in einer Stadt voller Menschen zu wohnen. Ich hatte es geschafft! Habe die todbringenden Geschosse überlebt und den undurchdringlichen Tunnel durchquert. Selbst das Anpassen habe ich geschafft und lebe noch immer unentdeckt auf der anderen Seite der Mauer. Viele da draußen würden alles dafür tun, um an meiner Stelle zu sein.
Aber nicht jeder würde im Sinne der Menschen handeln. Die meisten scherten sich nicht darum was mit der Person passierte, die sie für ihr Bedürfnis bissen. Sie dachten nicht darüber nach, dass sie ein reines Leben beendeten und ein weiteres Monster erschufen. Mir hingegen war bewusst, welche Folgen mein Handeln nach sich ziehen würde. Ich hatte es erlebt! Am eigenen Leib zu spüren bekommen! Das hatte ich nicht vergessen!
»Mal wieder viel zu früh wach geworden?«, erschrak mich Zak mit seiner verschlafenen Stimme.
Zak war ein gut gebauter Kerl, nicht zu bereit geraten, aber dennoch gut muskulös. Seine schwarzen Haare waren schon etwas länger geworden und hingen im bereits ins Gesicht. Mit der geraden Nase, den symmetrischen Lippen und den kristallblauen Augen hätte er einer Modezeitschrift entspringen können. Ich bin mir sicher viele Frauen hätten alles stehen und liegen lassen, um zu bekommen wofür er warb. Zumindest solange, bis sie heraus gefunden hätten, das er bereits vergeben war.
»Man sollte meinen, du müsstest langsam meinen Schlafrhythmus kennen«, empörte ich mich ironisch.
Mit einem leidenden Ton ließ er sich auf einen der Küchenstühle nieder. Welcher sofort einen gefährlich protestierenden Ton von sich gab. Wie alles an diesem Haus hatte auch die Einrichtung ihre besten Jahre hinter sich, die Küche vermutlich allen voran.
»Aber das du so früh wach bist erstaunt mich.«, merkte ich an.
Ganz wach war Zak aber offenbar doch noch nicht, denn er hatte seinen Kopf auf seinen Armen gebettet, die auf dem Tisch lagen. Lachend schob ich ihm einen Kaffee zu und nahm mir dann eine Schüssel aus dem Schrank, um sie mit Cornflakes zu füllen. Als ich mich genüsslich löffelnd wieder zu meinem Mitbewohner umdrehte, hatte dieser seine Augen geschlossen und schnarchte leise. Schmunzelnd lehnte ich mich gegen die Küchenzeile hinter mir.
»Ach hier ist Zak. Ich hatte schon einen kleinen Herzinfarkt, als er nicht mehr neben mir lag.«, scherzte Noel in einem Tonfall, der mir verriet, dass auch er lieber noch im Bett vor sich hin schlummern würde.
Mit halb geöffneten Augen kam mein platinblonder Mitbewohner die Treppe runter. Bei dem Versuch zu uns rüber zu schlurfen, erwischte er natürlich den einzigen sonnigen Fleck, den es hier im Inneren gab. Zischend sprang er bei Seite und rieb sich mit verzogenem Gesicht seinen Arm. Auf diesem hatte sich eine heftige Brandwunde ausgebreitet. So gemein wie ich war konnte ich mir ein belustigtes Grinsen nicht verkneifen. Selbst Zak hatte seinen Halbschlaf unterbrochen und sah sich nach seinem Freund um.
»Hast du dich etwa schon wieder verbrannt?«, fragte der Schwarzhaarige ungläubig und breitete einladend seine Arme aus.
Auch mir war es ein Rätsel wie man sich so oft verbrennen konnte. Noel schien die Sonne nur so anzuziehen. Und das war als Mutierter nicht die beste Voraussetzung zum Überleben. Sein Glück, dass diese Verbrennungen schnell heilten. Zur Prävention könnte er sich trotzdem mal lange Klamotten anziehen, statt dem hellgrauen T-Shirt und der halblangen Jogginghose die er trug.
Verärgert nickte Noel und lief zu Zak, diesmal ohne nochmals in das Licht zu treten. tröstend schloss mein Mitbewohner seinen Freund in die Arme. So gut das eben ging, wenn man saß und der andere stand.
»Diese scheiß Sonne! Am besten wäre sie gar nicht mehr da.«, fluchte der Grauäugige und ließ sich neben Zak auf den Stuhl fallen.
Immer noch mit schmollender Miene legte er einen Arm um Zaks Taille, der bereits wieder halb eingeschlafen war und das mit sich machen ließ. Zudem legte er seinen Kopf auf die Schulter des Schwarzhaarigen, um selbst noch etwas Schlaf nach zu holen. Um den zweien ihre Zweisamkeit zu lassen, ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Dabei blieb er am Lichteinfall hängen. Mit gerunzelter Stirn beobachtete ich, wie der Fleck an Größe gewann und immer heller wurde. Hier stimmte doch was nicht, stellte ich fest und richtete mich auf.
»Ehm... Leute?«, begann ich zögerlich sie wieder zu wecken.
Seltsamerweise war nun auch dort Licht, wo eigentlich - dank der Vorhänge - Schatten sein sollte. Die Sonne war so hell, dass sie einfach durch die dichten Vorhänge durch schien. Wie konnte das auf einmal möglich sein?
»Ich glaube da stimmt was nicht! Dein Wunsch mit der Sonne geht wohl nicht in Erfüllung.«, teilte ich ihnen leicht panisch mit.
Zuerst hob Noel seinen Kopf und folgte meinem verwirrten Blick. Als er dann panisch aufsprang und auf die andere Seite des Tisches lief, um mehr Abstand zwischen ihn und das Licht zu bringen, schreckte auch Zak auf. Ebenso schockiert verließ er seinen Platz eilig und gesellte sich zu uns. So wie der Anblick gerade aussehen musste könnte man meinen der Tisch würde uns davor retten, sollte die Sonne unsere abgenutzten Vorhänge in Brand setzen und uns keinen Schutz mehr bieten.
»Wenn wir jetzt sterben sollten, will ich das ihr wisst ich hatte euch echt lieb und bin froh an eurer Seite gestorben zu sein.«, dramatisierte Noel die Situation.
Ängstlich klammerte er sich an meinen rechten Arm, während Zak an meinem linken hing. Mit einem Mal völlig belustigt von unserem Verhalten sah ich zwischen den beiden hin und her, wie sie den hellen Bereich des Zimmers anstarrten wie eine Bestie. Und für uns war es das ja auch irgendwie. Aber hier drinnen waren wir davor relativ sicher.
»Okay Leute! Jetzt beruhigen wir uns mal wieder. Hier wird niemand sterben. So lange wir im Haus bleiben kann uns nicht viel passieren.«, versuchte ich das ganze mal logisch anzugehen.
»Beruhigen? Du hast doch erst mit dem ganzen Drama hier angefangen und voll Stress geschoben.«, verteidigte sich Noel empört.
»Aber stimmt, du hast Recht! Ich bin ja sowieso derjenige, auf den es die Sonne abgesehen hat, also könnt ihr ganz entspannt bleiben.«, fauchte er mich gereizt an.
Ich nahm es ihn nicht böse, so war eben seine Art in extrem Situationen. Inzwischen kannten wir uns lang genug, um zu wissen das wir unter Druck auch mal Unsinn von uns gaben. Sowas nahmen wir dann nicht persönlich. Darüber ist schneller Gras gewachsen als die Wüste ausgetrocknet war.
Bevor wir unsere kleine Diskussion jedoch weiter führen konnten standen, wir mit einem Mal im Dunkel.
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