Kapitel 5


Als Malin die Hälfte ihres Kaffees geleert hatte hallte ein lautes Klopfen durch die alten Wände.
»Das wird die Polizei sein«, stellte der Hausbesitzer fest,  »Bleib sitzen, ich Regel das. Mach dir einfach noch ein Kaffee, wenn du möchtest«.
Damit erhob Adam sich, doch Malin griff fest nach seinem Handgelenk.  »Danke, vielen Dank«, sie schenkte ihm ein Lächeln bevor sie erneut nach ihrer Tasse griff. Er erwiderte diese Geste kurz und ging.
»DS Clint Donnelly«, hörte sie eine männliche Stimme von der Tür. Sie war höher als die von Adam, weicher generell.
»Sie haben angerufen bezüglich eines Einbrechers?«, fügte er hinzu. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Sie konnte sich bereits vorstellen wie Adam vor dem Mann in der Tür lehnte.
»Nicht bei mir, es war das Nachbarhaus«, erklärte er. 
»Wissen Sie ob sich jemand im Haus befindet? Dort wohnt Malin McGwinn, richtig?«, die beiden Männer sprachen weiter. Sie hörte kaum mehr zu. Bekam nur noch mit wie Adam erklärte, dass sie sich in seinem Haus in Sicherheit befand.
Stattdessen nahm sie eine der Fachzeitschriften welche auf dem Wohnzimmertisch lagen und blätterte darin. Lesen tat sie die Sätze nicht wirklich, sie hätte diese eh nicht verstanden. Es ging um Psychologie. Eine Thematik welche sie durchaus interessierte. Damit beschäftigen tat sie sich trotzdem nicht.
Die Tür fiel ins Schloss. Wahrscheinlich hatten die zwei Männer das Haus verlassen um noch einmal Malins Grundstück zu checken.
Sie fand es irgendwie erstaunlich wie sehr ihr Nachbar sich um die Autorin kümmerte.
Sie schloss kurz ihre Augen um nachzudenken. Immernoch mit der Sorge im Hinterkopf, dass es jemand auf ihre Werke abgesehen hatte.

Malin stand schwer atmend in einer Ecke eines großen abgedunkelten Zimmers. Dank der eisigen Kälte die im Raum lag sah sie den Nebel welcher bei jedem Atemzug seinen Mund verließ. Ein tiefes, rasselndes Knurren entfloh seine Kehle. Federn, teilweise größer als sie selbst, breiteten sich von seinem recht schmalen, dennoch riesigen Körper aus. Große Augen funkelten in der Dunkelheit bedrohlich auf, gelb wie die Augen einer Katze im Licht entfernter Scheinwerfer. Schwankend, fast schon humpelnd bewegte er sich einen weiteren Schritt auf sie zu. Die messerscharfen Krallen an seinen nackten, deformierten Füßen hinterließen tiefe Spuren im Holzboden. Ein weiteres lautes Knurren zog sich durch den Raum. Er hob einen seiner dünnen, sehnigen Arme um eine Reihe langer Krallen zu präsentieren welche im schwachen Mondlicht das durch das Dachfenster fiel aufblitzten. Die große, krallenbesetzte hand bewegte sich viel zu schnell zum ausweichen auf sie zu.

Rote Haare breiteten sich über den schmalen Rücken eines Mädchens aus. Die war klein und sehr zart. Wahrscheinlich zu klein für ihr Alter.
Als sie die großen Augen öffnete sah sie zu einer Ärztin auf. Eine blonde, große Frau. Hinter ihr in der Dunkelheit des Zimmers stand ein weiterer Arzt. Doch alles was von ihm sichtbar war, war die Reflektion der Geräte und Lämpchen in seiner runden Brille.

Keuchend fuhr Malin auf, ihr Herz raste in ihrer Brust und ihre Hände zitterten. Panisch sah sich um, konnte allerdings nicht viel erkennen. Sie saß auf einem weichen Bett, der dicke Stoff der Decke beruhigte sie fast sofort. Seufzend schwang sie ihre Beine über die Bettkante. Die Dielen unter ihren nackten Füßen waren Eiskalt, genau wie der Rest des Zimmers. Ihre Augen gewöhnten sich nur langsam an die Dunkelheit. Allerdings konnte sie einen großen Schreibtisch am anderen Ende des Zimmers ausmachen. Sie hatte keinen Schreibtisch in ihrem Schlafzimmer...
Skeptisch suchte sie sich einen Weg zum Lichtschalter. Dabei bewegte sie sich vorsichtig durch das unbekannte Zimmer um nirgends gegen zu stoßen. Ihre zarte Hand fuhr suchend über die raue Wand bis sie den gesuchten Schalter glücklicherweise schnell fand. Das Zimmer war in einem dunklen rot und schwarz gehalten. Das Bett war klein, aber durchaus recht gemütlich, in der Mitte des Raumes lag ein flacher Teppich.
Nach kurzem zögern griff sie nach dem silbernen Türknauf.
Sie fand sich auf einem relativ langen Flur wieder. An den Wänden hingen ein paar wenige Bilder von Landschaften und an einer anderen Tür ein Kalender mit Katzenmotiv. Sie lächelte leicht.
So einen hatte sie immer von ihrer Großmutter bekommen als diese noch gelebt hatte. Plötzlich öffnete sich leise die Tür. Ein verschlafen wirkender Mann, Adam, sah zu ihr. Seine Haare waren noch unordentlicher als gewöhnlich, nur seine intensiv blauen Augen funkelten, gefüllt mit Leben und Wachsamkeit, leicht im schwachen Mondlicht welches durch die größeren Fenster auf den Flur fielen.
»Warum bist du wach, es ist zwei Uhr morgens«, raunte er mit müder Stimme. Malin dachte kurz nach, entschied sich dann einfach für die Wahrheit.
»Albtraum«, sagte sie knapp,  »Aber wieso bin ich hier?«
Adam schüttelte leicht den Kopf als er sich in gewohnteer pose an die Wand neben sich lehnte.  »Du bist auf der Couch eingeschlafen«, erklärte der Mann. Malin nickte und schloss die Türe des Zimmers in dem sie geschlafen hatte.
»Achso. Danke... Den Schlaf hatte ich wohl nötig. Wegen gestern: habt ihr was gefunden?«, wollte sie wissen.
Der Mann schüttelte leicht den Kopf.  »Alles ruhig. Keine Spuren von einem Einbruch. DS Donnelly vermutet Obdachlose die nach verlassenen Häusern gesucht haben«, er stieß sich wieder ab und ging auf sie zu.  »Wie ich sagte. Mach dir keine Sorgen«.
Malin nickte, sie spürte förmlich wie ihre Besorgnis von ihr fiel.
»ich geh jetzt besser.«
Adam tat dies ebenfalls mit einem Nicken ab und begleitete seine Nachbarin zur Haustür.
Malin sah ihm noch einmal in die Augen als er die Türe öffnete. Im Flur zog sie ihre Turnschuhe an welche Adam ihr offensichtlich ausgezogen und neben seine auf die Matte abgestellt hatte.
Sie lächelte noch einmal dankbar bevor sie hinaus ging um die wenigen Meter zu ihrem eigenen Haus joggte.
Adam stutze sich in den Türrahmen während er ihr nach sah. Erst als sie ihre Haustüre erreichte schloss er die eigene.

In ihrem Haus lehnte Malin sich gegen die Haustüre. Sie musste an ihren Traum denken. Sie hatte keine Angst, es war schließlich nur ein Traum. Die Ereignisse vom Vortag machten ihr deutlich mehr zu schaffen.
Sie schüttelte die Gedanken ab, drehte allerdings den Schlüssel im Schloss bevor sie die Treppe hoch eilte. Sie würde sich so wohler fühlen. Auch wenn jeder Einbrecher problemlos die Fenster als Einstieg nutzen konnte.
In Ihrem Schlafzimmer ließ sie ganz bewusst das große Licht an der Zimmerdecke brennen.
Sie fiel regelrecht in ihr Bett. Müde. Erschöpft. Mehr war sie in diesem Moment nicht. Ihre Augenlider wurden trotz des nervigen Lichts immer schwerer

Ihr Blick lag müde aus halb geschlossenen Augen auf der gegenüberliegenden Wand.
Plötzlich hörte sie einen knall und das brechen von Glas. Der Raum wurde von einer Sekunde auf die nächste stockfinster.
An der Wand sah sie einen Schatten an ihrer Wand. Lange Arme drängten sich in ihr Sichtfeld und dann sah sie in ein paar schwarzer Augen. Groß, rund und ohne Emotionen.
Ein leises knurren brach die Stille im Raum. Dann baute sich eine Gestalt in voller Größe vor ihr auf, ein Federkranz hob sich rasselndes und zuckend vom Schatten der Figur ab.
Ließ die kratur um einiges größer und noch viel furchterregender wirken.

Malin kniff panisch die Augen zu, wehrte sich mit häftigem Kopfschütteln und ziellosen Schlägen gegen den Angriff.
Das Zimmer war komplett ruhig als sie mir einem schrillen Schrei die Augen wieder aufriss. Kein knurren, kein rasseln und kein scharren der langen Krallen.
Sie war allein in ihrem Zimmer. Das Licht brannte wieder hell vor sich hin. Kein Glas der geplatzten Birne lag auf dem Boden. Nichts wies darauf hin, dass jemand oder etwas im Zimmer war, von ihr abgesehen.
Nur eine Einbildung war es gewesen. Sicherlich auf den Schock des Traums... Vielleicht war sie erneut eingeschlafen.
Trotzdem traute sie sich nicht ihre ihre Augen erneut sie schließen. Vielleicht war es doch real. Vielleicht würde er sie aufschlitzen sobald sie die Augen schloss!

Sie wusste zwar selbst, dass es Unsinn war, dennoch verspürte sie plötzlich das verlangen wieder zurück zur Villa ihres Nachbarn zu rennen. Himmel, sie ühlte sich wie ein kleines Kind das zu ihren Eltern rennen musste.
»Es war nur ein Traum... Stell dich gefälligst nicht so an«, murmelte sie sich selbst zu.
Sie wollte sich gerade zurück lehnen als ein Geräusch aus dem Wald tönte.
Sowieso schon völlig verschreckt verließ ein kurzer Schrei ihren Hals.
Panisch sprang sie auf, stürmte aus dem Zimmer und fiel beinahe die Treppe hinunter als sie um die Ecke aus der Zimmertür stolperte. Während sie durch das Wohnzimmer stürmte vergaß sie nur eins: den Schlüssel der immernoch von innen in der Haustüre steckte.
Sie fühlte sich tatsächlich schrecklich als sie deutlich hörbar an die Alte Holztüre klopfte.
Nach einiger Zeit öffnete sich diese entgegen aller Erwartungen. Adam stellte sich in den Rahmen und verschränkte die Arme.
»Sollte ich dir einen Zweitschlüssel anfertigen lassen?«
Sein Unterton klang zwar sarkastisch, jedoch alles andere als erfreut.
Als sie schon fast wieder ohne überhaupt einen Ton herausgebracht hatte zum gehen wenden wollte legte sich jedoch ein Lächeln auf sein Gesicht.
»Komm rein«, forderte er auf und trat im selben Moment zur Seite.
Das ließ sie sich natürlich keine zweimal sagen, sofort schob sie sich an ihm vorbei. Sein Blick folgte ihr, die Haustür blieb jedoch offen stehen als er ihr einen Schritt ins Innere folgte.
»War wieder jemand an deinem Haus? Soll ich die pol-«
Sie ließ ihn gar nicht erst ausreden,  »Nein! Nein. Mir geht's gut, nur...«
Sie wusste nicht was sie sagen sote ohne lächerlich rüber zu kommen.
»Geht es um dein Manuskript?«, hakte Adam nach.
Malin schüttelte sofort den Kopf.
»Nein. Du hast recht, niemand weiß, dass ich im Moment schreibe.«
»Albtraum, Hm? Mach dir keine Gedanken, wird der Schock sein.«
Ihr Gesichtsausdruck hatte ihm sofort verraten, dass er ins Schwarze getroffen hatte.

Ein Rumpeln kam aus dem Inneren des alten Hauses.
Beinahe zeitgleich zuckte Adam leicht zusammen und wandte seinen Blick von ihr auf die Treppe ins Obergeschoss. Er packte den Arm der Autorin und schlüpfte in weite Turnschuhe. Mit ihr zusammen trat er in die Nacht und schloss schnell die Türe hinter sich um sich sofort in die Hocke zu begeben wo er seine Schuhe unsauber band.
»Wie wärs wenn wir zu dir gehen?«, fragte der Mann.
»Was war das für ein Geräusch?«, bohrte Malin skeptisch nach und sah weiterhin auf die Haustüre.
Adams Kiefermuskel spannen sich an als er schluckte, dann allerdings den Kopf mit undefierbarem Blick minimal schief legte.
»Das Haus stand so lange leer, dass sich Waschbären im Keller eingenistet haben. Manchmal kommen die Viecher nachts raus. Ich will sie auch nicht vergiften«, erklärte er, das ergab tatsächlich Sinn. Sie sah auch schon des öfteren Waschbären in den Höfen der beiden abgelegenen Häusern.
»Es gibt einen Kammerjäger im Dorf. Der hat mir auch schon welche aus dem Dachboden gefangen und raus gebracht. Ich kann dir die Nummer geben, wenn du möchtest?«
»Ist das nicht verboten?«
»Muss ja keiner wissen«, grinste die Autorin und zwinkerte ihn von der Seite an.
Sie hatten inzwischen ihr Haus erreicht und sie durchsuchte ihre Hosentaschen nach dem Schlüssel.
»Scheiße...«, entfuhr es ihr leise als sie realisierte wo dieser sich befand.
»Wasn?«
»Mein Schlüssel steckt von innen«, knurrte Malin.
»Da bring er wenig.«
Die Autorin drehte sich zu ihm, zeigte ihren genervtesten Gesichtsausdruck.  »Was du nicht sagst!«
Adam ging an ihr vorbei und suchte nach seinem eigenen Schlüsselbund welcher an seinem Geldbeutel befestigt war.
»Zu Deinem Glück hab ich immer einen Ersatzschlüssel dabei«, murmelte er.
»Bitte?«
Er zog eine Karte, was für eine erkannte sie nicht, aus dem Geldbeutel und schob diese zwischen Tür und Rahmen. Er stemmte seine Schulter dagegen, schob die Karte hoch und die Türe öffnete sich zügig mit einem Klicken.
»Oh...ich frag am besten erst gar nicht wieso du das kannst«, kicherte die jüngere.

Währenddessen zog sich ein leises Stöhnen durch die Räume der alten Villa. Das Klirren von eisernen Ketten und Krallen die immer wieder auf Holz trafen brachen die Stille des Hauses.
Was auch immer sich dort befand, es versuchter mit aller Macht sich zu befreien.
Immer wieder zog es verzweifelt an den Fesseln. Das Metall Schnitt unaufhörlich in die dicke Haut, riss sie auf und legte pures Fleisch frei.
Trotzdessen zog es weiter daran. Muskelgewebe und Nervenstränge waren unter der geplatzten Haut sichtbar, während Blut den Dunkeln holzboden befleckte und in die rauen Fasern sickerte.
Doch es machte weiter. Und dann gab die Kette nach.
Putz rieselte aus der Wand, an jeder Stelle an welcher die Fessel in die Wand gebohrt war.
Die großen Augen weitesten sich. Kurz stand es ganz still, es realisierte seine Chancen. Die Aussicht auf Freiheit.
Dann holte es aus, riss ein letztes Mal mit aller Kraft die es noch aufbringen konnte an der Kette.
Eine der dicken Eisenketten wurde unter der enormen krafteinwirkung schließlich aus der Verankerung gerissen worden. Sein Arm war frei. Verletzt, schmerzhaft pochend, stark blutend.doch frei.
Es griff nach der nächsten Fessel. Die Krallen kratzen unangenehm, wie Fingernägel auf einer Tafel, über das Eisen. Sein Griff war fest, es sah die Muskeln unter Blut, Fleisch, gar zerfetzter Epidermis arbeiten und tief ins Gewebe gegrabene, pulsierende Adern. Die Hoffnung trieb es immer weiter an. Auch die zweite Kette brach in Begleitung eines schrillen Lärms.

Adam drehte sich kurz zu seinem Haus um, konnte schwören etwas gehört zu haben. Tat es allerdings als Einbildung ab und folgte seiner Nachbarin in ihr Haus. Die Wärme und der leichte Duft von Zimt der ihn sofort umfasste, sobald er durch die Tür Schritt ließen ihn entspannen. Ein wohliges, tiefes Seufzen entfuhr seiner Kehle und er setzte sich zu seiner Nachbarin auf die Couch. Diese lächelte ihn dankbar an und reichte ihm eine Tasse, gefüllt mit dampfenden Tee. Er würde lügen wenn er sagen würde, dass die Atmosphäreihm nicht behagt. So saßen sie schweigend auf dem großen, gemütlichen Sofa und genossen die Ruhe.

Die Ruhe vor dem Sturm...

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