Kapitel 3


Zur selben Zeit im oberen Stockwerk war wie zuvor leises Knurren zu hören. Ab und zu ein kehliges Röcheln zwischen sonst recht regelmäßigen tiefen Atemzügen.

Malin stand auf dem Hof vor geöffneter Haustüre.
»Danke für das Frühstück, man sieht sich«, winkte Malin, als sie sich zum gehen wandt. Natürlich nicht ohne auf eine kurze Reaktion zu warten.
Adam stand ihr gegenüber und schwieg, nickte aber sanft lächelnd.
Sie hatten Nummern ausgetauscht, was der Autorin zwar nicht sonderlich behagte, doch wollte sie ein Geheimnis lüften. Es musste wohl sein, wenn sie ihrem Nachbarn eine Freundschaft vorspielen wollte.
Einerseits fand sie ihr eigenes Verhalten dermaßen kindisch, dass sie auf dem Weg zu ihrem Haus über sich selbst kicherte. Andererseits hatte sie sowieso nichts besseres zu tun als ihrem ahnungslosen Nachbarn hinterher zu spionieren. Und seine definitiv vorhandene Ulkigkeit war Geheimnis genug. Dieser Mann war nicht einfach nur seltsam.
Sie war seltsam.
Aber Adam war nicht der, der er vorab zu sein. Malin war nicht gut im Umgang mit Menschen, doch sie spürte schnell, wenn jemand log. Und das tat Adam.

Sie wusste nicht was sie mit dem Rest des Tages anfangen sollte, auf schreiben hatte sie ausnahmsweise wenig Lust und draußen wollte sie ihre Zeit auch nicht verbringen. Vielleicht, so dachte sie, würde sie noch ein paar Filme oder Serien ansehen. Ein fauler Tag musste hin und wieder auch mal sein.
Zuerst, becor sie überhaupt ihre Haustüre erreichte, checkte sie jedoch ihre Social media Seiten. Auf Instagram hatte sie eine neue Nachricht. Es war die hübsche Dame aus dem Laden. Malin schickte die Bilder und schreib eine kurze Nachricht, doch bekam auch nach ein paar Minuten des Wartens keine Antwort. Sicher war sie unterwegs.
So schlenderte sie die letzten Meter zu ihrem Häuschen.
Einen Augenblick stand sie einfach davor und suchte nach ihren Schlüsseln bis ihr aufgefallen war, dass diese wohl in einer der Einkaufstüten sein mussten.
»Ach, Mist!«, brummte sie zu sich selbst als sie realisierte, dass diese in Adams Auto lagen.
Sofort rannte sie zu seinem Haus zurück und wollte gerade klingeln als sie schrillen Schrei aus dem inerren der Villa hörte. Es war definitiv nicht Adams Stimme, dafür war es zu hoch. Obwohl der Gedanke den recht großen, breitschultrigen Mann so schreien zu hören lustig war. Allerdings war es nicht nur hoch, ebenfalls viel zu animalisch.
Es erinnerte sie an kämpfende Katzen. Was um ehrlich zu sein eine gute Erklärung für all die Geräusche war. Wahrscheinlich hatte sich in all den Jahren die das Gebäude leer stand eine Katze dort eingerichtet. Vielleicht wurde sie gerade entdeckt und verjagt.

Nachdem sie den kurzen Schrecken abgeschüttelt hatte klopfte sie laut an die Tür, diese öffnete sich auch schon nach kürzester Zeit.
Adam sah ihr fragend entgegen.
Er hatte eine Zahnbürste im Mund und trug nun statt einem hellgrauen Rollkragenpullover nur noch ein schwarzes Shirt.
»Oh, lange nicht gesehen«, scherzte er, durch die Zahnbürste kaum verständlich.
»Sorry, ich hab meine Tüten noch in deinem Kofferraum...«, lächelte sie verlegen. Der Mann nickte, er trat kurz von der Tür zurück um mir dem Autoschlüssel wieder zu erscheinen.
Das Auto wurde mit einem Knopfdruck von der Tür aus aufgeschlossen. Dankend nickte Malin und lief schnell zum Kofferraum um ihre Tüten raus zu nehmen. Dabei fiel eine hellblaue Feder auf, etwa so groß wie die einer Taube.
Sie sah sie sich kurz genauer an, steckte sie ein und schloss den Kofferraum wieder. Bevor Adam seine Haustüre ins Schloss zog blinken die Scheinwerfer erneut auf, begleitet von einem typischen Geräusch.

Malin schloss ihre Haustür auf, der Schlüssel war tatsächlich in einer der Tüten, und räumte die Einkäufe auf. Als sie sich danach wieder auf das große Sofa schmiss fiel ihr die Feder welche sie an Adams Auto fand wieder ein. Sie zog sie aus ihrer Hosentasche und sah sie genauer an. Sie war an den äußeren Rädern hellblau und wurde zur Mitte hin immer dunkler, eigentlich war sie wirklich sehr schön. Sie erinnerte sie jedoch wieder an ihren Roman.

Nach wenigen Wochen der Forschung fingen die Haare des Probanden an dünner zu werden. Es dauerte nicht lange bis sie komplett ausfielen. Der Wissenschaftler dachte sich nicht viel dabei, er meinte sie würden sicher nachwachsen. Doch einige Zeit tat sich nichts, dann, nach knapp einem Monaten fingen auch seine Fingernägel an locker zu werden. Auch sie lösten sich schließlich von Davids Händen. Langsam begann sich David sorgen zu machen, da jedoch einige Zeit keine große Änderungen festzustellen waren führte er das Experiment fort. Nach etwa drei Monaten wuchs wieder etwas auf dem Kopf seines Bruders. Jedoch waren es nicht die dunkelbraunen Haare die er vorher hatte. Es war blaues weiches Material, ähnlich den Federn eines jungen Vogels. Sie wurden schnell länger und bildeten sich tatsächlich zu Federn aus. Auch die Fingernägel waren dicker und härter nachgewachsen, sahen nun fast aus wie krallen. Selbst die Haut seines Bruders wurde dicker und widerstandsfähiger. Mit solchen Veränderungen hatte der Wissenschaftler nie gerechnet.

Malin legte die Feder auf den Tisch. Es gab sicher auch Vögel in der Umgebung welches ein solches Federkleid hatten. Erst vor kurzem hatte sie einen gesehen der Blaue Federn besaß, er saß auf einer der Eichen die in ihrem Garten standen und sang ein wunderschönes Lied. Welche Art es war wusste sie nicht doch er war sehr Hübsch. Da Malin sich nicht weiterhin mit Vögeln beschäftigen wollte schaltete sie den Fernseher ein und legt sich gemütlich auf die Couch um einen Film zu sehen der gerade lief. Sie kannte ihn noch nicht, mochte ihn jedoch auch nicht wirklich, zu langweilig.

Derweil öffnete David die Tür dessen Zugang er Malin verbat, ein weiterer, leiserer Schrei hallte durch den kleinen Raum. Der Mann schob eine Schüssel in den Raum und verschloss die Tür wieder, den Schlüssel warf er achtlos in eine Schublade der Kommode welche nicht weit der Tür entfernt unter dem einzigen Fenster des Flures stand. Aus dem inneren hörte er Kratzen und Scharren.
Sein Kiefer versteifte sich als er sich mit den beiden Händen schwer auf die Kommode lehnte.
Seine Augen verloren an Glanz und wirkten hart wie Stahl. Emotionslos.
Dröhnende schreie getrieben von Hass und Verzweiflung hallten durch seine Leere Gedankenwelt.
Seine geballte Faust schlug auf das dunkle Holz der Kommode. So stark, dass das alte Holz unter seinem handballen splitterte.
»Scheiße...«
Seine Hand, an der Außenseite durch das Holz blutend, fuhr durch sein Gesicht. Dann stieß er sich kraftvoll ab, folgte der Treppe hinunter und schloss eine weitere Tür auf welche in einen dunklen Keller hinab führte.
Da der Keller nicht mit Strom versorgt war zündete Adam eine Kerze an um die wenigen, laut protestierenden Stufen hinunter zu steigen.

Sie saß vor dem Fernseher. Obwohl sie in ein Buch vertieft war lief im Hintergrund ein Film. Spannend war er sicherlich, doch Malin brauchte Ablenkung.

Erst am Nachmittag wachte sie wieder auf, hatte kaum mitbekommen, dass sie eingeschlafen war.
Erschöpft rieb sie sich über die Augen.
Nun hatte sie Hunger bekommen weswegen sie sich, noch immer müde, aufrichtete und in die Küche stiefelte. Sie hatte zwar gerade erst eingekauft wusste jedoch trotzdem nicht was sie essen sollte.
Zugegen hatte sie gar keine Lust darauf zu kochen. Es war ihr im Endeffekt auch egal was sie nun aß.
Letztendlich machte sie es sich einfach, sie stellte den wasserkocher an und gab zwei Packungen Fertigramen in eine Schüssel.

Während die Autorin wartete setzte sie sich auf einen der gepolsterten Stühle am Esstisch und entsperrte ihr Handy. Einige Mails sprangen ihr sofort ins Auge, eine Whatsapp Nachricht hatte sie sogar auch bekommen. Die Mails verschob sie in den Spamordner ohne sie vorher überhaupt durchgelesen zu haben. Wenn jemand etwas wollte, sollte derjenige an ihren Manager vom Verlag schreiben. Danach öffnete die Whatsapp.
Sie stellte fest, dass es eine unbekannte Nummer war welche die Nachricht verschickte.
»Hey, ich bin's. Adam. Hast du Lust morgen was zu unternehmen?«. Eigentlich nicht, aber es war zweifelsfrei eine perfekte Möglichkeit für sie um mehr über ihren Nachbarn zu erfahren.
»Klar, um 9?« , spach sie laut mit was sie schrieb.
Da keine Antwort kam schaltete sie ihr Mobiltelefon wieder aus und widmete sich stattdessen dem Wasser für die Suppe welches mittlerweile eine gute Temperatur erreicht hatte. Sie schüttete die Nudelsuppe in ein blaues Schüsselchen und stellte dieses auf den Wohnzimmertisch um es noch etwas ziehen zu lassen.
Derweil schaltete sie durch die verschiedenen Kanäle des noch immer laufenden Fernsehers, natürlich in der Hoffnung etwas interessantes zu finden. Neben langweiligen Talkshows und diesen Sendungen von denen keiner freiwillig zugab sie zu sehen kam jedoch nichts interessantes weshalb sie einfach eine Naturdoku laufen ließ und ihre Suppe aß.
Ein gewohnt langweiliger Abend eben. Wie erwartet.

Es musste etwa 19:00Uhr gewesen sein als Malin sich dazu entschloss noch mal in die Stadt zu laufen um ihr Fahrrad zu holen. Sie zog sich eine dünne Jacke an und steckte den Schlüssel in die Jackentasche, vorsichtshalber nahm sie noch eine Taschenlampe mit. Sie wusste schließlich nicht wie lange sie brauchen würde und an ihrem Fahrrad war kein Licht, zumindest keines das funktionierte.
Freilich konnte sie Adam bitten sie zu fahren, wahrscheinlich wurde er das auch tun. Allerdings konnte sie sich auch besseres vorstellen als schon wieder seine Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ihre Meinung ihn nicht sonderlich zu mögen hatte sich schließlich nicht geändert.

Der Weg hinunter auf die zweispurige Straße in die Stadt dauerte eine Weile. Zu Fuß war der Schotterweg trotzdem um einiges einfacher zu bewältigen als auf dem Fahrrad.
Sie hatte die Straße etwa zu zwei Drittel geschafft, doch dann fing es an wie aus Kübeln zu schütten. Blitze und Donnergrollen folgten, am liebsten wäre sie schnell wieder zurück gelaufen doch weit von der Stadt war sie nicht mehr. Sie hob die Hände über ihren Kopf und ging schützend etwas in die Hocke.
Eigentlich gab es nur zwei Dinge vor denen Malin wusste, dass sie sich fürchtete: Feuer und Gewitter. Auch wenn sie im Haus war hatte sie Angst vor Blitz und Donner gehabt, schon immer soweit sie sich erinnern konnte.
Früher hatte ihre Mutter sie getröstet. Danach ihre Geräuschunterdrückenden Kopfhörer und ein guter Song.

Leider hatte sie beides nicht zur Hand.
Sie rannte schon fast über die mittlerweile glatten Straße bis zum Supermarkt. Der Sattel des Fahrrades war natürlich komplett durchnässt, was eigentlich auch egal war. Den Berg konnte sie bei diesem Wetter sowieso nicht hinauf fahren. Den Schlammigen Schotterweg schon gar nicht.
Sie schloss ihr Fahrrad ab und joggte, das Fahrrad neben sich schiebend, zurück. Wie ein kleines Kind hatte sie Angst vom Blitz getroffen zu werden, weshalb sie sich bemühte das Fahrrad nicht an metallenen stellen zu berühren.
Natürlich sah das ziemlich kindisch aus, aber für sie ergab es Sinn.
Das Grollen des Donners wurde immer lauter und Malin immer schneller, in ihrem Tempo war das Haus auch schnell erreicht. Das Fahrrad ließ sie achtlos in der Einfahrt liegen und stürmte ins sichere Haus.
Sie hatte sich gleich mehrere Blitzableiter auf das Dach Gestellt um nach ihrer Rechnung viel sicherer zu sein. Dass dies nicht sonderlich schön aussah muss nicht erwähnt werden. Einer der älteren Damen mit der sie ab und an redete meinte, sie habe mehr Blitzableiter als Dach auf dem Haus. Eine maßlose Übertreibung hatte Malin es immer bezeichnet. So maßlos war es jedoch gar nicht.

Die Autorin hatte sich wieder auf ihr Sofa gesetzt und den DVD Player angeschaltet. Sie legte sich einen Horrorfilm ein und machte es sich bequem. Sie hatte an diesem Tag wirklich auf gar nichts mehr lust. Am liebsten hätte sie weiter geschlafen, jedoch war sie kaum müde. Nach einer Weile war sie jedoch erneut vor dem Fernseher eingeschlafen. Seltsamerweise wurde sie bei Horrorfilmen schnell müde, nicht weil sie gelangweilt war, den genauen Grund kennen tat sie jedoch auch nicht.

Mitten in der Nacht wachte sie wieder auf, der Mond stand in einer großen hellen Kugel hoch am Himmel.
Sie liebte Vollmondnächte, stellte sich vor wie irgendwo in den Dichten Wäldern die Wölfe ihre Lieder sangen. Für einen kurzen Moment glaubte sie sogar das heulen der Tiere zu hören, tat es jedoch als Einbildung ab und erhob sich von der warmen Couch. Spontan hatte sie eine tolle Idee für ihr Buch und so eilte sie auch schon die Holztreppe ins obere Stockwerk hinauf. Sie mochte das Haus sehr, vorallem den Kontrast der Hell gestrichenen Wände und der aus dunklem Holz bestenden Treppen und Türen. Sie meinte sich zu erinnern, dass früher rote Teppiche auf den Treppen lagen welche sie jedoch hatte entfernen lassen. Sie fand, dass es ohne die Teppiche natürlicher wirkte. Das Tat es auch.
Die silbernen Türknaufe hatte sie ebenfalls durch Kupferfarbene ersetzen lassen. Dadurch hatte das kleine Häuschen von innen einen schönen altmodischen Stil. Alt war es auch, doch leider vor gar nicht so langer Zeit von innen und außen renoviert. Es gab Bilder von dem Häuschen da hatte es noch einen dunklen Holzboden, dieser wurde durch helles Kunstlaminat ersetzt. Sie fand dies passte so gar nicht hinein war jedoch zu faul gewesen es wieder zu ändern und zu geizig es ändern zu lassen.

Das kleine Zimmer welches nun ihr Arbeitsplatz war hatte als einziges noch den alten Holzboden, was sie sehr schön fand. Es war klein, erfüllte jedoch seinen Zweck. Der Schreibtisch, dessen dazu passender Stuhl und eine Lampe passten genau hinein. Unter dem Schreibtisch standen meistens noch Getränkekästen da Malin oft zu faul gewesen war um jedes mal zum trinken in die Küche zu laufen. Oft war sie auch einfach nur in dem Raum um nachzudenken. Dazu sah sie zum Dachfenster hinaus auf die Wälder und Wiesen. Früh morgens konnte sie dort manchmal sogar Rehe l sehen. Einmal sah sie auch zwei Füchse die im Hohen Gras nach Mäusen und anderem getier suchten. Sie mochte die Tiere wahrscheinlich mehr als die Menschen. Die Menschen waren ihr zu egoistisch und zu grausam gewesen, die meisten jedenfalls.
Jene ausgenommen die es versuchten besser zu machen.

Mittlerweile hatte sie auch den PC eingeschaltet. Er war schon älter funktionierte jedoch einwandfrei.
Wwiter hinter auf dem Schreibtisch stand ebenfalls eine Schreibmaschine, doch das dauerte ihr einfach zu lang. Auch wenn es durchaus seinen Charme hatte.
Malin war ebenfalls noch nie einer dieser Leute, die alles beim kleinsten Fehlerchen austauschten. Schon gar nicht bei Geräten wie Fernseher oder Computer. Sie mochte es generell nicht Dinge, die noch funktionieren wegzuwerfen.

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