Kapitel 2
• E V A N •
Schon von weitem sehe ich eine wütende Piper. Sie ist gerade dabei, Chris' Freund, Aaron, anzuschreien, der davon aber wenig beeindruckt erscheint.
Sie kann keinen von ihnen ausstehen, und ich stehe zwischen den Fronten, weil ich mit Chris befreundet bin. Dass ich ihn schon seit der Kindheit kenne, ist ihr egal. Immerhin ist er in ihren Augen genauso ein Mistkerl wie die Jungs, die sich daran ergötzen, anderen an der Schule das Leben zur Hölle zu machen.
Dabei kennt sie Christoph nicht einmal. Es nervt oftmals total, wenn ich mir wieder mal von Piper anhören muss, dass sie es nicht fassen kann, dass ich mich mit so einem abgebe.
Seufzend schiebe ich mich an den einzelnen Gruppen auf dem Schulhof vorbei, um zu ihnen zu gelangen. Keiner von ihnen scheint mich zu beachten, sie sind in ihrer Diskussion versunken.
Die Jungs wirken wegen irgendwas äußerst amüsant, meine beste Freundin allerdings sieht so aus, als würde sie ihnen am liebsten den Kopf abreißen. "Seid ihr bescheuert oder so? Matty hätte verletzt werden können!", schreit sie Aaron an, der deshalb aber nur mit den Achseln zuckt.
Ihn interessiert es wohl nicht sonderlich. "Vielleicht war das ja auch das Ziel."
Ich konnte diesen Typen niemals leiden. Er ist so ein Idiot, der immer nur den größten Rotz labert. Ich glaube, er hat noch nie etwas Kluges in seinem Leben von sich gegeben, dazu ist er wahrscheinlich nicht einmal in der Lage.
Mit ihm habe ich auch nur wenig etwas zu tun wie auch mit Nathan. Die beiden kleben regelrecht an Chris, und er duldet es einfach. Aber mir soll es egal sein, er kann sich seine Freunde allein aussuchen. Solange sie mich und meine Freunde in Ruhe lassen, soll es mich nicht stören.
Piper ist gerade dabei, auf den Blondhaarigen loszugehen, als ich dazwischen gehe. "Pip, beruhig dich", rufe ich ihr zu. Damit liegen alle Augenpaare auf mir. Sie wirkt wenig begeistert, rückt aber tatsächlich von ihm ab.
Sie setzt sich neben Matthew, der eher unbeteiligt auf der Bank sitzt und den Kopf hängen lässt. Heute scheint wohl wieder einer dieser Tage zu sein, an denen er es nicht sehr einfach hat.
"Alter, Evan! Was geht, Kumpel?", begrüßt mich Aaron breit grinsend, was ich weitestgehend ignoriere. Stattdessen erblicke ich in der Nähe der Bank, auf denen meine Freunde sitzen, einen Fußball. Ich deute auf ihn, wende mich dabei an Chris. "Ist das eurer?"
Als er nickt, jogge ich auf den Ball zu und schieße ihn in seine Richtung, den er mit Leichtigkeit mit seinem Fuß zum Stoppen bringt. Für ihn scheint es damit geklärt, er gibt den Jungs ein Zeichen, ihm zu folgen. Mir nickt Chris noch einmal zu, bevor er sich zurückzieht.
Wir würden später darüber reden, was schon wieder passiert ist. Jetzt sollte ich mich erstmal um Matt kümmern, der ziemlich niedergeschlagen wirkt.
Ohne auf Pipers genervten Blick zu achten, geselle ich mich zu den beiden und stupse meinen Freund mit der Schulter an. "Möchtest du über etwas reden, Matt?"
Er schüttelt aber den Kopf, wie so oft. Meine Augen wandern über seine Gestalt, die beinahe schon gebrechlich erscheint. Leider zieht er sich viel zu oft zurück, anstatt darüber zu reden, was ihn bedrückt. Und es ist auch schon soweit eskaliert, dass er keinen anderen Ausweg mehr fand, als sich selbst Verletzungen zuzufügen.
Noch heute, wenn ich an diesen einen Tag zurückdenke, als ich ihn dabei erwischt habe, bereitet sich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Seine Narben sind zwar mittlerweile verblasst, und das versucht er auch unter dem Stoff seiner Pullover zu verstecken, aber ich werde niemals vergessen, was sich unter diesen Ärmeln verbirgt.
"Matt..."
"Lass ihn in Ruhe, Evan. Er möchte gerade nicht reden", fährt mich Piper harsch an, was mir gehörig gegen den Strich geht.
Dass sie in ihn verknallt ist, ist kein Geheimnis. Zumindest zwischen uns beiden nicht. Matthew ahnt nichts, er ist wohl zu gutmütig und sieht meist in allem das Gute. Deswegen würde er auch niemals etwas gegen die Überfürsorge von Piper sagen.
Augenverdrehend lasse ich meinen Rucksack von meiner Schulter hinabrutschen. "Denkst du nicht, dass er für sich selbst reden kann?"
Bevor sie etwas darauf erwidern kann, fliegt ein Ball an uns vorbei und prallt an der Wand ab. Als ich mich umsehe, entdecke ich nicht weit entfernt Nathan stehen, der sich darüber amüsiert, dass wir uns erschreckt haben.
"Das tut uns jetzt aber leid!", ruft er in unsere Richtung, kriegt sich vor Lachen aber gar nicht mehr ein.
Es reicht, um Piper wieder zu provozieren. Wir können sie nicht davon abhalten, aufzuspringen. Zu unserer Verwunderung steuert sie aber den Fußball an, den sie sogleich mit aller Kraft wegschießt.
Die Jungs zeigen sich darüber relativ unbeeindruckt. Chris lehnt an einer Wand, eine Zigarette zwischen den Lippen geklemmt, während er das Spektakel beobachtet. Nathan läuft dem Ball hinterher. Nur Aaron kann es nicht lassen, Pip in Ruhe zu lassen.
Anstatt sie selbst aber anzusprechen, wendet er sich mir zu. "Ich verstehe echt nicht, warum du mit dem Freak abhängst. Du könntest es so viel cooler haben, Evan!" Sein schon bestehendes Grinsen wird, wenn möglich, noch breiter. "Du solltest mit deiner kleinen Freundin zu uns stoßen."
Lieber lasse ich mich von einem Bus anfahren.
"Bitte?"
"Wenn du brav bist, würden wir dich mit offenen Armen aufnehmen", sagt er nun zu ihr selbst. Ich muss Piper nicht ansehen, um zu wissen, dass sie vor Wut kocht.
Relativ ruhig erwidert sie aber: "Was für eine Schande, dass ich nie nett zu Arschlöchern bin." Damit kehrt sie ihm den Rücken zu und hält Matt ihre Hand hin. "Wollen wir wieder rein? Da haben wir wenigstens unsere Ruhe."
Er nickt nur als Antwort und lässt sich von ihr hochziehen. Mich beachtet sie gar nicht weiter wie so oft.
Es kann für Außenstehende so aussehen, als wären wir nicht befreundet. Aber sie hält mir einfach ständig vor, dass meine Freunde Matthew das Schulleben zur Hölle machen. Wir haben darüber schon oft diskutiert, dass ich mit Nathan und Aaron nichts zu tun habe, sie sind Mitläufer von Chris.
"Wie süß. Hat unser kleiner Freak etwa ein Date mit seiner Freundin?", zieht Aaron die beiden weiter auf.
"Was hältst du davon, wenn du euren Ball nimmst und verschwindest?", schlage ich vor, suche dann den Blickkontakt zu Chris, der endlich aufgehört hat zu rauchen.
Stattdessen beäugt er meine Freunde. Seine Stirn ist in Falten gelegt und er beißt auf seiner Lippe herum. Sein Blick dabei ist mir durchaus bekannt, und er gefällt mir absolut nicht.
Wenn ich mich nicht täusche, beobachtet er Matthew. Und er wäre für Chris' Spielchen nicht geschaffen. Dafür ist Matt zu gebrochen, er hat zu viel mit sich auszumachen.
Ich würde nicht zulassen, dass mein Freund irgendwas bei ihm versucht. Es wäre absurd. Und sowieso, so viel mir Chris bedeutet, auch Matt ist ein guter Freund. Er soll nicht verletzt werden.
Das würde aber geschehen, wenn er sich auf seine Spiele einlassen würde. Es wäre nicht anders als bei all den Vorgängern.
Pipers Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. "Mir wird das echt zu blöd mit euch. Lasst uns einfach in Ruhe", schnauzt sie die Jungs an und möchte Matt an der Hand hinter sich hinterherziehen wie ein Kleinkind.
Als ich ihr hinterherrufe, heften sich ihre Augen auf mich. Sie kneift sie zu Schlitzen zusammen. "Was ist?"
Wenn sie so aufgebracht ist, macht es ja doch keinen Sinn, mit ihr zu reden.
Genervt winke ich ab und lasse die beiden gehen. So bleibe ich leider mit den Idioten zurück.
"Also ihr Hintern ist echt nicht zu verachten", höre ich Aaron sagen, als wir ihnen hinterher sehen. Ich verdrehe die Augen. Doch dabei bleibt es nicht. Er fügt mit einem breiten Grinsen hinzu: "An dem würde ich gern mal Hand anlegen."
Bevor ich aber etwas sagen kann, kommt mir Chris zuvor. Er verzieht beinahe angeekelt das Gesicht, als er zu uns stößt. "Halt deine Klappe, kapiert? Deine Fantasien kannst du für dich behalten."
Dann schaut er mich an. Er scheint wohl darauf zu warten, dass ich etwas sage. Ich merke ihm sein leichtes Unbehagen an. "Reden wir später?", gebe ich schließlich von mir, was er nach kurzem Zögern mit einem Nicken beantwortet.
Es reicht mir aus, so dass ich ihn mit den Idioten allein lasse. Beim Vorbeigehen klopfe ich ihm freundschaftlich auf die Schulter, ignoriere aber das dumme Gequassel der anderen.
"Ey, ihr habt doch nicht etwa Geheimnisse vor euren Bros?"
Damit kann sich Chris weiter herumschlagen. Ich habe nicht die Nerven, mich mit den Kerlen zu befassen.
"Evan!", höre ich Nathan nach mir rufen. Als ich mich doch nochmal zu ihnen umdrehe, hält er den Fußball in seiner Hand. Grinsend lässt er ihn über seine Handflächen rollen.
"Im Übrigen, lasst endlich Matthew in Ruhe! Wie oft soll ich das euch eigentlich noch sagen, bis es in euren Spatzenhirnen gespeichert wird?", werfe ich ihnen an den Kopf und wende mich dann wieder dem Gehen zu.
Vielleicht finde ich meine Freunde noch, bevor es zum Unterricht klingelt.
• E V A N •
Angeekelt verziehe ich das Gesicht, als Chris ein letztes Mal an seiner Zigarette zieht und sie anschließend neben sich auf den Boden wirft. "Du solltest wirklich damit aufhören", rate ich ihm kopfschüttelnd.
Darüber haben wir schon so oft gesprochen und dennoch konnte ich ihn niemals dazu überreden, aufzuhören.
"Rauchen ist nun mal eine schreckliche Angewohnheit von mir", entgegnet er achselzuckend und geht den Kieselweg zu seinem Haus entlang. Ich folge ihm, schaue dabei auf mein eigenes Haus. Keines unserer Autos steht in der Auffahrt, meine Eltern scheinen also noch nicht zu Hause zu sein.
Es ist schon nach siebzehn Uhr. Eigentlich sollte Mom schon da sein, so wie so oft, wenn ich mittwochs nach Hause komme. Aber sie ist alt genug, und auch wenn es manchmal nicht so erscheint, dass sie vernünftig sein könnte. Oder eine Mutter.
Die meiste Zeit verhält sie sich auch eher wie eine große Schwester oder eine Freundin. Das ist manchmal schon anstrengend. Aber eintauschen würde ich sie niemals.
Als Chris die Tür aufschließt, empfängt mich der vertraute Geruch des Hauses, in dem ich einen Teil meiner Kindheit verbracht habe. Ein kleines Schmunzeln umspielt meine Lippen, als ich daran denke, was wir früher so angestellt haben.
Er bemerkt es, als er seine Jacke in der Garderobe aufhängt. "Was ist?"
"Wir haben unseren Eltern damals ganz schön das Leben schwer gemacht."
Nun schwelgt er wohl auch in diesen Erinnerungen, denn er lacht. "Was ich dich noch fragen wollte. Hast du Lust, am Wochenende mit uns an den See zu fahren?"
Ich könnte mir durchaus Schöneres vorstellen, als mit seinen Freunden mein Wochenende zu verbringen. Andererseits ist es aber auch schon eine Weile her, dass wir gemeinsam einen Trip gemacht haben.
Trotzdem schüttle ich den Kopf, was er nicht sieht, da er mit den Rücken zu mir steht. "Grundsätzlich hätte ich nichts dagegen, aber ..."
"Aber?"
Wir lassen unsere Rucksäcke im Flur zurück und gehen in die Küche. "Ich werde wahrscheinlich nicht mitkommen können", eröffne ich ihm und begegne dann seinem verwunderten Blick, den er mir über die Schulter zuwirft.
"Was spricht denn dagegen? Komm schon, Evan. Ohne dich wäre es doch nur halb so cool", versucht er, mich zu überreden, und steckt gleichzeitig seinen Kopf in den Kühlschrank. Einen Moment später höre ich das Klappern von Flaschen. Er hält ein Sixpack Bier in der Hand.
"Naja, ich habe da schon etwas vor."
Chris hält mir eine geöffnete Flasche hin. "Mit wem?"
Achselzuckend nippe ich am Bier. "Ich wollte mit Piper und Matty ins Kino." eine Reaktion abwartend mustere ich meinen Kumpel, der wohl darüber nachdenkt. Ich kann an seiner Miene allerdings nicht ablesen, was in ihm vorgeht.
Doch dann überrascht er mich mit seiner Antwort: "Dann bring die beiden doch mit." Ungläubig sehe ich ihm nach, wie er durch die Terrassentür in den Garten verschwindet. Wir gehen nebeneinander zur Hollywoodschaukel, auf der wir es uns dann bequem machen.
"Chris, ihr könnt Matty nicht leiden. Nein, ihr hasst ihn", erinnere ich ihn.
"Ich hasse ihn nicht. Dafür müsste ich ihn doch erstmal kennen."
Darüber kann ich nur lachen. Es ist so absurd, dass wir überhaupt diese Unterhaltung führen. "Es reicht ja immerhin dafür aus, um sich über ihn tagtäglich lustig und ihn zum Gespött der Schule zu machen. Und was ist damit, dass ihr ihn auch schon ein paar Male verprügelt habt?"
Er zählt zu meinen besten Freunden. Nein, er ist eigentlich schon wie ein Bruder für mich. Aber manchmal kann ich nur den Kopf schütteln darüber, dass Christoph so wenig über seine Handlungen nachdenkt. Was es für andere bedeutet, was es für Konsequenzen mit sich zieht. Sowas kümmert ihn nicht.
Manchmal frage ich mich, was mit ihm falsch läuft. Dass er sein Bad Boy-Image aufrecht erhalten will ist ja schön und gut, aber es nervt schon. Vor allem, wenn es auf Kosten meiner Freunde geschieht.
Mir ist bewusst, dass er nicht gerade begeistert davon ist, dass ich in der Schule wenig mit ihm mache. Aber mir ist die Freundschaft zu Matt und Piper genauso wichtig wie unsere. Und das weiß er.
"Ich habe ihn niemals geschlagen!", entgegnet er empört und trinkt nochmal einen Schluck des gekühlten Biers.
"Hast du nicht ... "
"Siehst du!"
"Weil ich dich darum gebeten habe. Aber ein Heiliger bist du deshalb trotzdem nicht", erinnere ich ihn, was er selbst weiß -er verhält sich oft wie ein Arsch.
Aber was soll ich tun? Ich kenne Chris so viel besser als andere. Und meist er bereut es auch, wenn er Mist gebaut hat.
"Okay, okay, okay. Ich schwöre, ich werde mich benehmen! Dann kannst du deine kleinen Freunde mitnehmen", sagt er, was mich skeptisch die Stirn in Falten legen lässt.
Es ist nicht so, dass ich vollkommen abgeneigt wäre, mitzufahren. Und dass er mir anbietet, dass die beiden mitfahren können, ist auch echt cool. Aber ich habe keinen Bock auf den Stress, der garantiert aufbrodeln würde. Irgendwann würde es geschehen. Spätestens, wenn Pip sich von den Jungs provoziert fühlt. Und wie ich Aaron kenne, würde er dafür keine Gelegenheit verpassen.
Das bringt mich auch dazu, den Kopf zu schütteln. "Selbst wenn, Aaron und Nathan sind trotzdem die totalen Arschlöcher. Und sie werden keine Gelegenheit verpassen, diesen Ausflug für Matt zur Hölle zu machen."
"Komm schon, die beiden? Die fressen mir doch aus der Hand. Du musst dir keine Sorgen um deine Freunde machen, Evan. Denkst du nicht auch, dass den beiden ein entspanntes Wochenende guttun würde? Und besonders Matthew sieht aus, als bräuchte er ein wenig Spaß im Leben."
Wer würde schon mit einem Lächeln durchs Leben laufen, wenn man alltäglich fertig gemacht wird?
"Sag mal, warum bist du überhaupt so scharf, dass die beiden mitkommen? Oder eher, dass Matt mitkommt?"
"Was meinst du?"
Es muss irgendeinen Grund haben, dass Chris so darauf besteht, dass wir mitfahren. Allerdings habe ich nicht das Gefühl, dass es primär um mich dabei geht. Und das gefällt mir gar nicht. Was, wenn er ...
"Gott, nein!", stöhne ich.
"Was denn?"
"Nein, großer Gott, bitte nicht!"
Chris grinst mich verwirrt an. "Was ist denn, Evan?"
"Chris, lass ja deine Finger von ihm, kapiert?!", verbiete ich ihm und meine jedes Wort ernst. Es würde wahrscheinlich nur Unheil bringen.
Seine Kinnlade fällt runter. "Wie kommst du denn darauf? Komm schon, ich will doch nichts von diesem Freak." Sobald diese Worte über seine Lippen kommen, bereue ich es, mit ihm überhaupt über diese Möglichkeit gesprochen zu haben. Es würde niemals funktionieren, dass er sich mit meinen Freunden verstehen wird. Er scheint diesen Fehler wohl auch bemerkt haben. "N-nein, das habe ich nicht so gemei ..."
Ich schneide ihm das Wort ab, indem ich aufspringe und das Bier auf den Tisch vor uns stelle. "Vergiss es, Chris. Ich bin eigentlich gar nicht so scharf darauf, mit euch das Wochenende zu verbringen."
"Evan, warte. Es tut mir leid, okay? Das ist mir jetzt nur so rausgerutscht, weil ihn jeder so nennt", beteuert er, was mich nicht davon abhält, in Richtung des Zaunes zu gehen, der unsere Gärten voneinander trennt.
"Ich nicht", rufe ich ihm entgegen. Am Gartentor bleibe ich stehen und drehe mich nochmals zu ihm. "Aber ich meine es ernst, Christoph. Lass Matty in Ruhe." Damit gehe ich durch das Tor und schlage die Tür hinter mir zu.
Ohne mich umzudrehen, steuere ich mein Haus an, öffne die Glastür, die zu unserer Küche führt.
Warum erwarte ich eigentlich, dass Chris so rücksichtsvoll gegenüber Matt ist? Es liegt mit an ihm, dass er es nicht einfach in der Schule hat. Dass Chris sowas also schon wieder abzieht, sollte mich dann wohl wenig überraschen.
Freak.
Wie sehr ich diese Bezeichnung hasse. Es ist dieser eine Stempel, den Matthew von Aaron bekommen hat, und mit dem hat er die ganze Zeit zu kämpfen. Dabei ist an ihm nichts verkehrt. Matt ist einfach er selbst, und das ist gut so.
Zu meiner Überraschung erscheint Mom am Türrahmen, die ein Glas Wein in ihrer Hand balanciert. "Wie war es in der Schule, Evanbaby?"
"Geht so."
"Und wie geht es meinem Chrissie?"
Grunzend setze ich mich in Bewegung und rausche an ihr vorbei. "Er verhält sich wie ein beschissenes Arschloch. Also scheint es ihm doch gut zu gehen, nicht wahr? Wann bist du überhaupt gekommen?"
"Gerade eben erst. Sag mal, was bist du denn so schlecht gelaunt?"
"Egal, das kapierst du sowieso nicht", brumme ich und bleibe am Treppenabsatz stehen, als mir etwas einfällt.
Mein Rucksack liegt noch im Flur von Chris. Wie soll ich jetzt darankommen, ohne ihm nochmal unter die Augen zu treten? Heute kann er mir nämlich verdammt nochmal gestohlen bleiben.
"Oh entschuldige, dass ich nicht den IQ meines ach so schlauen Sohnes habe", höre ich meine Mutter hinter mir sagen, und entnehme dann Schritte.
Ich wende mich um, in dem Moment verschwindet sie ins Wohnzimmer. "Mom?"
Sie streckt ihren Kopf raus und sieht mich fragend an.
"Kannst du meinen Rucksack von drüben holen?", bitte ich sie.
Sie hebt eine Augenbraue. "Ihr Jungs hattet doch nicht etwa einen Streit, oder?"
"So in etwa. Es ist kompliziert."
"Von mir aus", meint sie dann und verschwindet dann aus meinem Sichtfeld.
Augenverdrehend schreite ich die Treppen nach oben in mein Zimmer. "Vielen Dank für dieses großartige Gespräch!", rufe ich ihr nach.
"Ich habe dich lieb, Honey", ist ihre Antwort.
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