Kapitel 1
• E V A N •
"Mom, jetzt mach schon. Ich werde noch zu spät kommen, wenn ich nicht gleich zur Schule gefahren werde!"
Wenn ich nur daran denke, zu Mrs. Potters Unterricht zu spät zu kommen, läuft ein Schauer über meinen Rücken. Sie kann echt bösartig sein, besonders wenn sie mal wieder mit ihren unzähligen Stimmungsschwankungen zu kämpfen hat. Und das passiert schon mal öfter.
Meine Mutter scheint es nicht sonderlich zu interessieren. Ich beobachte sie, wie sie ganz genüsslich ihren Kaffee trinkt und in einer Zeitschrift blättert.
"Mom."
"Schätzchen, ich habe dich lieb. Aber am frühen Morgen möchte ich wirklich meine Ruhe haben."
Das ist witzig, es ist schon fast zehn Uhr.
Als sie mich nicht weiter beachtet, setze ich mich neben sie an den Küchentisch und werfe ihr einen genervten Blick zu. Sie scheint allerdings zu sehr in der Zeitschrift vertieft zu sein, sodass sie auch das nicht bemerkt. Schließlich seufze ich übertrieben laut auf, um auf mich aufmerksam zu machen. Und tatsächlich hebt meine Mutter den Kopf und sieht sich fragend an. "Was ist?"
"Ist das dein Ernst? Wenn das hier so weitergeht, darf ich heute nachsitzen."
"Aber warum denn?"
Einfach unfassbar. Hört sie mir denn nicht zu?
"Okay, so kommen wir nicht weiter. Was muss ich tun, um deinen Autoschlüssel zu bekommen?", versuche ich und hoffe, so endlich einen Ausweg zu haben.
Ihre Augen werden aufs Wort groß. Als müsse sie ernsthaft darüber nachdenken, wendet sie sich ab und zögert es somit noch unnötigerweise heraus. "Lass mich überlegen. Da gebe es so einiges..."
Frustriert lege ich den Kopf in den Nacken und presse die Lippen aufeinander, um nicht laut aufzuschreien.
Diese Frau macht mich wahnsinnig. Jede Woche finden wir uns in derselben Situation wieder -ich flehe sie an, mich in die Schule zu fahren. Dabei weiß sie ganz genau, dass ich mittwochs erst zur dritten Stunde habe, und macht sich deshalb auch keinen Stress, sich fertig zu machen. Meist schläft sie auch bis halb zehn aus. Ich bin dann derjenige, der beinahe zu spät zum Unterricht kommt.
Ich schrecke auf, als Mom ihre flache Hand auf den Tisch schlägt. Ihre Augen leuchten vor Aufregung auf. Dass sie zusätzlich grinst, sorgt nicht gerade dafür, dass ich ein besseres Gefühl bekomme.
"Deine Verzweiflung trifft sich gut, mein Sohn! Ich habe da so eine Idee, die du wahrscheinlich ziemlich hassen wirst."
Wie freundlich. Das ist meine Mutter, sie ergötzt sich regelrecht darin, wenn andere um sie herum leiden.
"Was hast du dir überlegt?"
"Du könntest mir..."
In dem Moment wird sie von Dad unterbrochen, der in die Küche kommt. Er scheint verwundert, als er mich am Tisch sitzen sieht und wirft einen Blick auf seine Armbanduhr. "Was machst du denn noch hier? Soll ich dich mitnehmen?"
Erleichtert springe ich auf und greife nach meinem Rucksack, den ich neben mir auf einem Stuhl platziert habe. "Du bist mein Lebensretter!"
Mom scheint weniger glücklich darüber zu sein, ihre Chance verpasst zu haben. Böse schaut sie uns beide an. "Ihr seid echt Mistkerle. Typisch Männer halt."
Lachend geht mein Vater auf sie zu und beugt sich zu einem Kuss zu ihr herunter. "Du kannst unseren Sohn auch noch später foltern, Schatz." Seine Lippen streichen nochmals über ihre Lippen. Es wirkt so intim, dass ich mich peinlich berührt abwende und die Küche verlasse.
Im Flur ziehe ich mir meine Schuhe an, höre, wie meine Eltern sich noch weiter unterhalten.
"Bis heute Abend. Ich liebe dich", sagt Dad.
Mom grunzt, das Blättern in der Zeitschrift ist wieder zu hören. "Du mich auch, Idiot."
Habe ich schon erwähnt, dass ich die beiden liebhabe? Auch, wenn Mom … eben so ist, wie sie ist? Wahrscheinlich genau deswegen. So wird es in unserem Leben wenigstens niemals langweilig.
Dad gibt mir ein Zeichen, ihm zu folgen, als er die Haustür aufreißt und dem Steinweg folgt, der von unserem Haus zur Straße führt. Ich verabschiede mich von meiner Mutter und laufe ihm dann hinterher.
Den Rucksack verstaue ich auf dem Rücksitz, was er mit seiner Aktentasche tut, und dann lassen wir uns auf die vorderen Sitze nieder. Während ich mich anschnalle, geht mir ein wichtiger Gedanke durch den Kopf. "Sag mal, wird es nicht langsam Zeit, dass ich mein eigenes Auto bekomme?", frage ich ihn, als er sich ebenfalls den Gurt umschnallt.
Mit einem Lächeln um die Lippen startet er den Motor und manövriert uns aus der Parklücke. "Evan, du bräuchtest schon ein Jahr, um dich für ein Modell zu entscheiden."
"Das stimmt gar nicht!"
"Wenn es dir so wichtig ist, können wir mit deiner Mutter darüber reden. Bis dahin musst du dich aber wohl noch damit abfinden, von uns gefahren zu werden. Oder du nimmst den Bus."
Kopfschüttelnd drehe ich mich zum Fenster um und betrachte die Gegend, durch die wir fahren. "Chris fährt mich doch sonst auch hin und wieder."
Meine Familie wohnt hier, seit ich klein bin. Noch heute redet Mom darüber, was es doch für ein Fehler gewesen ist, hierher gezogen zu sein. Sie hasst das Leben einer typischen Familie. Und das beinhaltet ihrer Ansicht nach ein Einfamilienhaus mit schickem Garten, zwei Kindern und einem Hund.
Nur bin ich ein Einzelkind und wir haben auch kein Haustier.
Dad ist da schon anders. Er liebt dieses Leben. Die beiden sind so unterschiedlich, dass ich mich schon oft gefragt habe, wie sie es miteinander aushalten. Aber sie ergänzen sich auch.
Gleichermaßen ist es ausschlaggebend, in dem Haus wohnen zu bleiben, da wir mit unseren Nachbarn befreundet sind. Mein Kumpel Christoph ist der Sohn der besten Freunde meiner Eltern. So war es uns schon in die Wiege gelegt worden, dass unsere Leben miteinander verknüpft werden. Heute ist es so, dass wir nicht ohne einander können.
Was wir beide schon zusammen erlebt und durchgemacht haben, kann sich ein anderer nicht einmal vorstellen. Das hat unserer Freundschaft nochmal stärker zusammenwachsen lassen.
Wir halten an einer Ampel. Dad räuspert sich, lehnt sich dann zur Seite, um am Lautstärkeregler der Musikanlage zu drehen. "Und steht diese Woche irgendwas an? Habt ihr Teenies irgendwelche Pläne?"
Ich zucke mit den Achseln. "Nichts Großes. Ich wollte mit Matt und Piper ins Kino."
"Ihr solltet vielleicht mal etwas mit Chris machen."
"Das ist keine gute Idee."
Oft befinde ich mich in einer verzwickten Situation. Matt ist in der Schule nicht gerade beliebt. Er wird ständig angepöbelt, auch von Chris' Clique. Er selbst tut zwar nichts, aber auch das hat schon zu einigen Diskussionen zwischen uns geführt. Dass er seine verblödeten Freunde nicht zurückruft, wenn es nötig ist.
Mir ist bewusst, dass er nicht für die beiden verantwortlich ist. Aber genauso weiß er, wie viel mir die Freundschaft zu Matthew bedeutet, wenn er es auch nicht immer versteht, warum ich mich in der Schule eher wenig mit Chris abgebe.
Dort spielt er oftmals die Rolle des angesagten Typen, der von jedem angehimmelt wird. Ihm ist es auch eigentlich egal, was andere von ihm halten. Aber er hatte auch bisher nicht viel mit meinen Freunden zu tun. Und wenn ich ehrlich bin, ist das auch gut so.
"Fragen kostet doch nichts, Evan. Wer weiß, vielleicht wirst du überrascht und die drei verstehen sich richtig gut", rät mein Vater mir und fährt weiter, als die Ampel auf Grün schaltet.
Seine Bemerkung bleibt in der Luft hängen. Weder er noch ich sagen noch etwas dazu. Stattdessen herrscht in den letzten Minuten zur Schule Stille zwischen uns beiden. Als wir vor dem Eingangstor zum Stehen kommen, sind es gerade noch fünf Minuten, bis der Unterricht beginnt.
In Höchstgeschwindigkeit winde ich mich aus dem Sicherheitsgurt und greife nach hinten nach meinem Rucksack. "Danke, Dad. Wir sehen uns dann heute Abend", verabschiede ich mich von ihm und springe dann auch schon aus dem Wagen.
Es sind nur noch vier Minuten, als ich das Schulgebäude betrete. Würde ich es noch zum Spind schaffen, um mein Physikbuch zu holen? Eher nicht. Aber bei meinem Glück brauchen wir es gerade dann, wenn ich es im Schrank lasse.
"Ach, was soll's", murmle ich vor mich hin und laufe die Treppen nach oben in den ersten Stock.
Zu meiner Überraschung treffe ich auf dem halben Weg auf Tom, der bekannt dafür ist, zu spät zu erscheinen. Für seinen gewohnten Schultag ist er aber noch ziemlich früh dran. Obwohl ich nicht in der Stimmung bin, lächle ich. "Was bist du denn schon so früh da?"
"Heute habe ich es mal tatsächlich geschafft, mich aus dem Bett zu quälen", meint er achselzuckend und folgt mir durch die große Tür. Nebeneinander gehen wir den Flur entlang zum Klassenzimmer. Unsere Schritte hallen in der Stille nach und geben dem Ganzen eine skurrile Atmosphäre.
"Denkst du, die Potter ist schon da?", fragt er mich, als wir schließlich vor der Tür stehen bleiben.
"Ich hoffe es nicht", erwidere ich und drücke die Türklinke herunter. Mehrere Augenpaare liegen auf uns, als wir das Zimmer betreten. Wie ich sind einige Mitschüler verwundert darüber, Tom jetzt schon anzutreffen.
Ich achte nicht weiter, sondern gehe schnell an meinen Platz und mache mich daran, meine Unterlagen auszupacken. Im selben Moment, als ich mich hinsetze, stürzt unsere wertgeschätzte Lehrerin in den Raum. Und wahnsinnig glücklich sieht sie nicht aus.
Da scheint jemand wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein.
• W E S •
Oliver steht am Herd und bereitet Frühstück zu. Verblüfft schaue ich auf die Uhr. "Dir ist bewusst, dass es schon nach elf Uhr ist?"
"Und?"
"Da willst du jetzt noch frühstücken?"
Er dreht sich mir zu und fuchtelt mit dem Pfannenwender rum. "Dich zwingt keiner mitzuessen. Wenn dir meine Essenszeiten nicht passen, dann..."
Ich hebe entschuldigend die Hände in die Höhe. "Schon gut! Tue das, was du nicht lassen kannst, Kumpel."
"Und außerdem bin ich gerade erst nach Hause gekommen", verteidigt sich mein Mitbewohner weiter. "Leider kam ein gewisser Freund nicht auf die Idee, mir etwas zu essen zu machen", klagt er nun und wendet sich wieder seinem Rührei zu.
Ein Grinsen umspielt meine Lippen, als ich auf ihn zugehe und meine Arme um ihn schlinge. Meinen Kopf platziere ich auf seine Schulter. "Du kochst besser als ich, Oli. Ich würde uns nur vergiften."
"Es sind doch nur Eier, die man in einer Pfanne braten muss." Er schüttelt seufzend den Kopf. "Was machst du eigentlich, wenn ich dann weg bin?"
Ich tue so, als müsse ich ernsthaft darüber nachdenken. "Dich in der Nacht vor deiner Abreise ans Bett fesseln, damit du nicht fliegen kannst."
Oliver und ich sind seit Jahren befreundet und konnten gemeinsam unsere Eltern davon überzeugen, und mit sechzehn Jahren ausziehen und eine WG gründen zu lassen. Jetzt, fast vier Jahre später, lässt der Idiot mich allerdings im Stich. Und das für einen Job in New York.
"Warum könnte ich dir das sogar zutrauen?", hinterfragt er mit amüsierter Stimme.
Als er den Herd ausschaltet, löse ich mich aus unserer Umarmung. "Woher soll ich denn wissen, was in deinem kranken Kopf abgeht?" Um ihm weiterhin beim Hantieren zuzusehen, setze ich mich auf die Arbeitsplatte. "Diese Woche kommt Frischfleisch", lenke ich auf ein anderes Thema und seufze übertrieben laut auf. "Das kann nur schief gehen. Ich habe gehört, dass eine Mutter ihrem Sohn den Job besorgt haben soll."
"Solange der Arme nicht von dir eingewiesen wird..."
"Ey, ich bin sehr liebenswürdig, kapiert?"
Mir läuft das Wasser beim Anblick im Mund zusammen, als er lachend zwei Teller mit dem fertigen Essen füllt. "Natürlich, Wes. So liebenswürdig wie ein kleiner Teddybär."
"Mindestens!"
Oli reicht mir einen der Teller und hält mir noch eine Gabel hin. Er bleibt neben mir an der Arbeitsplatte gelehnt, während wir über das Rührei herfallen. Mit vollgestopften Wangen sehe ich auf die Uhr, die an der Wand über der Tür hängt. "Wann wollte Lisa eigentlich kommen?"
"Keine Ahnung. Sie wollte noch zum Baumarkt, um Kartons zu kaufen. Ich hatte zwar angeboten, sie abzuholen und mitzukommen, aber da war sie gleich beleidigt. Sie wäre sehr wohl selbst in der Lage, das allein zu machen", meint er augenverdrehend, das ich mit einem Schmunzeln quittiere.
Die beiden sind jetzt seit zwei Jahren zusammen. Und sie wird ihn auch nach New York begleiten. Damit verschwindet nicht nur mein bester Freund und Mitbewohner, sondern auch eine gut gewonnene Freundin, die mittlerweile wie eine Schwester für mich ist.
Wie soll ich ohne sie nur weiterleben?
Niedergeschlagen lasse ich den Kopf hängen. "Wie soll ich es nur verkraften, dass ihr in ein paar Tagen weg seid?"
"Das wirst du schon schaffen, Dramaqueen."
"Schön zu sehen, wie sehr dich unsere baldige Trennung mitnimmt, Mistkerl", grunze ich und springe im gleichen Atemzug von der Platte herunter. Den halb leeren Teller lasse ich stehen.
Ich bin schon aus der Küche raus, als Oliver mir hinterherruft: "Ach komm schon, was ist denn mit deinen Eiern?"
"Steck sie dir sonst wohin!"
"Perversling."
Lachend gehe ich ins Bad, um mich ein wenig frisch zu machen. Da Oli das meiste schon in Umzugskartons verstaut hat, sind nur noch wenige Habseligkeiten von ihm in unserer Wohnung. So liegen im Badezimmer auch nur noch meine Utensilien, die zu meiner Verblüffung doch schon sehr viele sind.
"Mir ist nie aufgefallen, was ich alles für Haar- und Pflegeprodukte habe", rufe ich laut aus, damit meine Worte auch Oliver erreichen.
"Gut, dass es dir wenigstens mal auffällt", antwortet er. "Du bist teilweise besser ausgestattet als manche Drogerien. Ich habe auch was von dir eingepackt, das ich mitbenutzt habe, und es ist immer noch so viel, was im Bad herumliegt."
Wie freundlich von ihm. Nicht nur, dass er mich zurücklässt, nun beklaut er mich kurz vor seinem Auszug auch noch. Schon ziemlich bösartig.
Ich nehme meine Zahnbürste und verteile Zahnpasta auf den Bürsten. Während ich mir nun die Zähne putze, vernehme ich Geräusche aus der Küche und dann aus dem Flur. "Was'n lof?"
"Lisa steht nun doch unten!", sagt Oli. "Wir sehen uns heute Abend. Ciao!"
Bevor ich etwas erwidern kann, höre ich auch schon die Wohnungstür ins Schloss fallen.
Ach man, was soll ich denn ohne Oliver machen, wenn er erst ganz weg ist? Mein Leben ist dann doch viel langweiliger … mindestens um zwei Prozent würde es fallen.
Und diese zwei Prozent bekommt er auch nur, weil er in den letzten Jahren ein so guter Freund war.
Jetzt ist er allerdings nur noch ein Idiot, der mich allein lässt. Das werde ich ihm noch ewig vorhalten. Und Lisa genauso.
Nachdem ich mit der Morgenroutine fertig bin, steuere ich mein Zimmer an, laufe dabei an das von Oliver vorbei. Die meisten Möbel sind eingelagert worden, sodass nur noch sein Bett und eine Kommode den Raum füllt. Es wirkt mit einem Mal so groß.
Ich kann mich noch erinnern, wie wir diese Wohnung gefunden haben und beide sofort wussten, dass das unsere sein wird. Was wir hier schon alles erlebt haben, es ist einfach undenkbar.
Und jetzt muss ich mir wahrscheinlich auch noch einen neuen Mitbewohner suchen. Das wird nicht sehr einfach. Die Person sollte schon ziemlich durchgeknallt sein, um es mit mir auszuhalten. Ich bin nämlich nicht sehr einfach. Aber gut, genau genommen hat jeder seine kleinen Macken. Also ist es gar nicht so schlimm, dass ich teilweise sehr anstrengend sein kann.
Nochmals lasse ich meinen Blick durch das Zimmer gleiten. Vielleicht werde ich es auch für mich beanspruchen. Und dann mache ich daraus einen kleinen "Spaßraum", wer weiß. Jeder braucht doch ein wenig Spaß im Leben, und mit dem Raum hätte ich es zu Genüge.
Oder es wird ein einfaches Gästezimmer. Darum kümmere ich mich irgendwann mal.
Jetzt sollte ich mich erstmal für meine Schicht in der Pizzeria fertig machen.
In meinem eigenen Reich angekommen, gehe ich zum Kleiderschrank und fische dort irgendein schwarzes T-Shirt heraus, das ich mir sogleich überziehe. Dazu kombiniere ich eine einfache Jeans. Man muss es ja nicht alles kompliziert gestalten.
Meine Gedanken schweifen ab, so dass ich wieder an die Worte meines Kollegen, Lorenzo, denke. Er wollte mir strikt nichts über die neue Arbeitskraft erzählen, was ich absolut nicht cool finde. Immerhin ist er doch sonst auch immer so eine Quasselstrippe.
Solange es kein kleiner Streber sein wird, der sein Taschengeld aufbessern will, kann ich vielleicht damit leben. Ich mag nur keine Klugscheißer.
Es macht Spaß, selbst einer zu sein, um andere damit zu nerven. Aber einen zu ertragen, ist ein Level extremer. Oder auch mehrere.
Mein Magen knurrt. Ich fasse mir schmollend an den Bauch. Vielleicht hätte ich mein Rührei nicht zurücklassen sollen. Es hätte mich jetzt ein wenig abgelenkt zu essen.
Ein Grinsen umspielt meine Lippen. "Okay, wow, dass ich Eier zur Beruhigung brauche, ist wohl wirklich nicht sehr … jugendfrei", sage ich zu mir selbst, gehe aber dennoch in die Küche zurück.
Zu meiner Verblüffung steht auf dem Tisch eine Schüssel, die mit Rührei gefüllt ist. Ein Zettel liegt auf dem Deckel.
Stirnrunzelnd lese ich die Notiz von Oliver: "Falls du es noch essen willst, lass es dir schmecken. Ich werde wohl nachher mit Lisa essen gehen."
"Wofür macht sich der Typ erst etwas zu essen?", brumme ich, mache mich dann aber über das schon abgekühlte Frühstück her.
Es ist typisch Oli, dass er sogar seine Eier links liegen lässt, um seiner Freundin alles recht zu machen.
Über die Zweideutigkeit darin kann ich nur leise vor mich hin lachen, bis mir wieder mal bewusst wird, dass ich in einigen Tagen niemanden mehr habe, mit dem ich solche Witze austauschen kann.
"Bitte bitte, Gott. Lass den Neuling cool drauf sein", bete ich frustriert und kaue dann schon beinahe lustlos auf dem Rührei herum.
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