Ha. Ha. Ha.

Hi!
Dieses Kapitel wird ziemlich emotional. Und es ist verletzlich.
An dieser Stelle ein klitzekleines Triggerwarning für Leude mit starkem Schulstress, Schulangst oder starken Selbstzweifeln, be careful. Dieses Kapitel ist außerdem sehr wütend, es sei gesagt, es ist an niemanden persönlich gerichtet.
Have fun! ...i guess.

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Ich brauche für manche Dinge viel länger als andere. Nicht, dass ich damit die einzige wäre. Aber z.b. mathematische Zusammenhänge verstehen und sich merken, oder zu wissen wo links und rechts ist, manchmal, wenn ich unter Stress stehe, sind es auch einfache logische Zusammenhänge, meistens liegt das dann an der Formulierung. Es wurden Wörter, vlt auch in Konstellationen genutzt, die ich so nicht genutzt hätte, die mir zuerst nicht einleuchten. Deswegen: Ich bin ein eher sprachlich betonter Mensch (wer hätte das gedacht).
Ich mag Mathe. Ich sage zu den meisten Leuten immer das Gegenteil, damit sie halbwegs einordnen können aber eigentlich hasse ich nur den Zeitdruck oder die vermeintliche Verantwortung, die an dieses Verstehen gehangen werden. "Es ist unverantwortlich wenn du nicht bis in drei Tagen jenes, recht komplexe und sehr unnütze, mathematische Thema verstanden hast, welches dir schon hätte vor zwei Jahren beigebracht werden sollen, denn dann werden wir dir eine Zahl geben, die viel zu verallgemeinernd und unrepräsentativ, deine Leistung beschreiben soll und somit einen Anteil an deinem späteren Werdegang und deinen Möglichkeiten haben wird. Denn du willst doch einen gesellschaftlich anerkannten und gut bezahlten Job haben, und später trotzdem viel zu wenig Rente, wenn überhaupt, bekommen oder?"

"[Amina]... Warum haben Sie denn eine 5 in der Klausur bekommen? Im Unterricht haben Sie immer so gut mitgemacht..."
"Also... Anfang des Jahres waren Sie besser. Was ist denn da passiert?"
"Ich dachte eigentlich Sie seien klüger und legen sich diesmal richtig ins Zeug mit Lernen aber... Sie sehen es ja selber."
"Ich weiß, ich habe die Bewertungskriterien immer wieder abgeändert während der Vorbereitungszeit und die Präsentation über die Praktikumszeit aufgegeben, ich weiß auch, dass dies hier Ihre erste Präsentation seit zwei Jahren und zusätzlich die erste in dieser Klasse ist und ich keine Ahnung habe wie Sie sich damit fühlen, trotzdem die Klassen vor Ihnen haben das auch hinbekommen. [...] Was vergleichen Sie mich mit anderen Lehrern der Parallelklassen?! Vielleicht haben die auch zu einfach bewertet? Hier jedenfalls ist eine 5 auf das mündliche und eine 6 auf den schriftlichen Teil, beides sind Klassenarbeitsnoten und werden zusammen 40% Ihrer Jahresnote ausmachen, Sie können sich somit nicht noch verbessern."
"Das hier ist Niveau des nächsten Jahres, hören Sie, ich will Sie nur darauf vorbereiten, es wird nicht einfacher, Sie werden das hinkriegen müssen. Ich will doch nur das Beste für Sie!"
"Was soll ich denn machen, wenn Sie alle nur schlafen in meinem Unterricht? Ja, ich bin auch erschöpft und trotzdem stehe ich hier, kommen Sie, so schwer ist es nicht."

"Wie viele fallen dieses Jahr durch?"
"22" "Aus vier Klassenzügen?"
"Richtig. [Pause der Realisation] Wissen Sie, die Lehrerschaft ist auch überlastet, alle arbeiten auch in ihrer Freizeit und auch noch von Corona und wir haben schließlich nicht Pädagogik studiert sondern Lehramt" "Es ist... Ja. Hmh." (Wir könnten dasselbe sagen. Und zwar schon immer.)

"Sie sind jetzt hier, wir erwarten Leistung, Leistung, Leistung! Wir vergeben schließlich den höchsten schulischen Bildungsabschluss Deutschlands und nicht irgendein Pillepalle!"
"Sie müssen doch gewusst haben was Sie erwartet. Ich erinnere Sie gerne daran, Sie sind alle freiwillig hier! Sie können gerne gehen!" (Nein, kann ich nicht)

Tut mir leid, dass...
Dass es noch mindestens noch 10 andere Kurse gibt, die genauso viel Leistung und Aufmerksamkeit verlangen. Tut mir leid, dass dort genauso das Tempo der Leistungsvermittlung zunimmt und die Übungszeit mit einer geeigneten Fachkraft praktisch nicht mehr vorhanden ist. Tut mir leid, dass heute und gestern und im Prinzip die gesamte Woche und die Woche davor und der Monat davor und davor meine Schlafqualität ziemlich scheiße war und ich mich immer weniger konzentrieren konnte. Tut mir leid, dass ich nicht die Werte erreicht habe, die Sie sich bestimmt für mich gewünscht haben. Tut mir leid, dass ich doch nicht in Ihrer Statistik auftauche weil ein*e Lehrer*in meine Note mit ,5 auf die bessere gestellt hat, sodass ich, so knapp es irgend geht, doch bestanden habe. Entschuldigung, dass ich nicht genauso gut bin wie andere, obwohl das bestimmt gänge. Sorry, dass mir niemand beigebracht hat, neue Leistungsanforderung, die benötigte Zeit und Energie dafür, einschätzen zu können. Entschuldigung, dass ich mich passiv-aggresiv gegenüber einem sexistisch-faschistischem Klassenkameraden verhalten habe, der gerade einen erniederigenden und homophoben Spruch rausgehauen hat. Wird nicht wieder vorkommen.
Tut mir leid, dass ich weder die Energie habe in Ihrem Unterricht mitzuschreiben, noch mich nach der Schule mit meinen Freund*innen zu treffen, was mich traurig macht und zusätzlich ein paar soziale Komplexe fördert. Tut mir leid, dass ich heute zweimal den Unterricht verlassen musste, weil ich sonst vor allen losgeheult hätte und mittlerweile alles andere als das hier, ein sichererer Ort ist. Entschuldigung, dass ich mich so schuldig an meinem Versagen fühle, dass ich, obwohl die Hauptschuld zu mindestens 2/3 nicht auf mir liegt, sie vor anderen auf mich nehmen und mich selbst beschuldigen werde. Entschuldigung, dass ich jetzt das Gefühl habe dich zu sehr belastet zu haben und nun wieder versuchen werde dich wohler fühlen zu lassen, weil mir das so beigebracht wurde und du das so von mir als "weiblich" gelesene Person erwartest. Tut mir leid, dass unterbewusst meistens immernoch "weiblich" gelesene Personen für alles emotionale verantwortet werden, also auch von ihnen erwartet wird, dass wenn etwas schiefgegangen ist, sie sich dafür verantwortlich fühlen und wieder ein emotionales Gleichgewicht herstellen und "männlich" gelesene Personen sich immer noch rausreden können indem sie sagen: "Ich bin halt nicht so gut darin." Und sorry, dass ich deswegen gestresst, entweder emotional überladen oder ausgelaugt bin, scheinbar nur die Wahl habe mich hauptsächlich um mich selbst zu kümmern (arrogant, egoistisch, faul) oder um alle anderen (liebevoll, verantwortungsbewusst, fleißig). Sorry, dass ich das alles vielleicht nicht perfekt erklären und ausargumentieren kann. Es tut mir nicht leid, dass das auch einfach nicht wirklich in meiner Verantwortung liegt. Ahja, und tut mir leid, dass ich dich vlt in einen Scheißmood gebracht habe und ich entweder bemitleidenswert bin oder du offended bist (oder beides) oder du dich betroffen fühlst. Wahrscheinlich. Ich hab keine Ahnung wie es dir jetzt geht. Ich tue mir selbst Leid, indem ich so oft traurig bin und nicht genug, und zu viel und kategorisierbar und hübsch aber nicht genug und klug aber nicht genug.

Der Beweis dafür, dass ich alles und nichts von vorherigem bin ist, dass ich noch lebe.

Aber wer bin *ich* schon.

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