Georgelina (GeorgexAngelina)
Ein zerknülltes Papier traf sie am Kopf. Sie schreckte auf und wandte ihre Aufmerksamkeit in die Richtung, aus der die Kugel gekommen war.
Zwei Rotschöpfe blickte sie mit wachsamen, blauen Augen an. Der eine begann beliebige Bewegungen zu machen. Sie runzelte die Stirn. Dann begann er zu schunkeln, wie im Takt einer Musik. Er zeigte auf sich und sie verstand. Sie nickte. Sie wusste genau, welcher der beiden es gewesen war. Sie wusste allerdings nicht, was sie dem anderen in eben diesem Moment angetan hatte.
Sie würde mit seinem Bruder hingehen. Er hatte seine Chance verpasst, weil er zu feige gewesen war.
Fred grinste ihn von der Seite her an, und um keinen Verdacht zu erregen, versuchte er, exakt dasselbe Grinsen aufzusetzen.
"Was ist los Georgie? Eifersüchtig?" Seine Augen funkelten neckisch und gleichzeitig klang sein Wispern trotzdem leicht besorgt. Wie ertappt spürte George, wie die Hitze in seinen Kopf stieg. "Nur weil ich schon eine Ballpartnerin habe, was ja auch irgendwie klar ist, denn schließlich bin ich tausendmal schöner als du. Aber wir werden schon noch jemanden finden, der dich zum Ball begleitet."
George verdrehte die Augen. Er stand auf, gab Snape seine fertige Schulaufgabe und verschwand durch das Portal, ohne Fred noch einen Blick zuzuwerfen.
Es gab wenige Momente wie diesen. Er wollte seinen Zwillingsbruder nicht sehen, Fred verstand ihn nicht und er wusste nicht so genau, ob er sich darüber freuen oder ärgern sollte. Er gönnte Fred einen schönen Abend. Mit Angelina, wenn es sein musste. Doch tief in seinem inneren wusste er, dass dies vielleicht die letzte Chance war, die er hatte, um sie für sich zu gewinnen, dann später hätte er sie höchstwahrscheinlich an seinen eigenen Zwilling verloren.
Er lief einige Korridore entlang und wusste nicht so genau, was er tun konnte, um das ganze zum Guten zu wenden. Es dauerte eine ganze Weile, bis ihm schließlich die rettende Idee in den Sinn kam...
~
"Das ist doch..."
"Schh... Fred du musst dich beruhigen, wir können jetzt auch nichts mehr ändern!"
"Das war dieser verdammte, kleine Creevey, ich wette! Ich wette! Das gibt's doch gar nicht, der kann einen doch nicht mit den eigenen Waffen schlagen! Das ist gemein! Das ist gemein, George! Aber woher hatte er überhaupt-"
"Und ich wette du hast es mal wieder irgendwo liegengelassen und er hat es gefunden. Woher sollte er es denn sonst haben? Ich wüsste nicht woher!" Das war gelogen, aber er konnte ihm doch nicht sagen, dass er es gewesen war, der Dennis Creevey dazu verleitet hatte Nasenblutnougat in Freds Mittagessen zu schmuggeln.
"Ich kann doch Angelina nicht mehr absagen, heute Abend ist schließlich der Ball!"
"Das weiß ich. Glaub mir, nur weil ich nicht hingehe, heißt das nicht, dass ich keine Ahnung habe, wann er ist!" George verdrehte entnervt die Augen.
"Du kannst leicht reden! Ich muss da einfach hingehen!"
"Aber Freddie, du kannst mit Nasenbluten einfach nicht auf diesen Ball gehen! Dann kriegt die arme Angelina einen Herzinfakt, weil ihr geliebter Freddie fast verblutet und damit gleichzeitig ihr Kleid ruiniert." George lachte, obwohl ihm zum Weinen zumute war. Witze machen konnte er immer noch am besten, und sie verbargen wahre Gefühle am besten.
Fred verdrehte die Augen, ließ sich auf sein Bett fallen und stützte trostlos den Kopf in die Hände. "Ich kann Angelina doch nicht einfach im Stich lassen... sie wird mich hassen."
"Das wird sie nicht." Und allein diese Aussage, versetzte George einen Stich, weil er wusste, dass er damit mehr als recht hatte. "Sie wird das schon verstehen. Wenn nicht, zeig ich ihr einfach dein blutverschmiertes Gesicht, dann muss sie mir einfach glauben!" George versuchte einen weiteren Witz, obwohl er wusste, dass weder er noch sein Bruder in Stimmung waren.
Dann plötzlich weiteten sich Freds Augen. "Du musst gehen", sagte er bloß.
"Was? Okay, wenn du dich lieber allein in deinem Elend suhlen willst, dann gehe ich... einfach runter in den Gemeinschaftsraum."
"NEIN! Du gehst zum Ball, statt mir, hast du verstanden? Keine Widerrede! Der Festumhang hängt im Schrank, keiner wird merken, dass du ich bin. Keiner wird sich groß darüber wundern, schließlich hast du schon vor Tagen gesagt, dass du nicht kommen würdest... Das ist genial!"
"Nein", sagte George matt. In seinem Inneren tobte ein Sturm. Er musste sich zusammenreißen, um nicht gleich zu schreien. Einerseits wollte er liebend gern auf den Ball gehen... zusammen mit Angelina. Andererseits konnte er seinen Bruder nicht enttäuschen. Und auch wenn er wohl tief in sich drin schon die ganze Zeit gehofft hatte, dass Fred diesen genialen Einfall haben würde, brachte er es nicht übers Herz einfach zuzusagen.
"Doch und aus, basta! Lee? LEE! Mach bitte Georgie für den Ball fertig, er muss mein Date retten!"
Lee trat aus dem Badezimmer herein und musterte die beiden Weasley-Zwillinge leicht verwirrt. Dann blickte er George prüfend an. Er zog ihn mit sich ins Badezimmer.
~
"Das ist deine Chance!", rief Lee aus, als sie sich gegenüber standen und sicher waren, dass Fred sie nicht belauschte. Er war der einzige, dem George seine Gefühle für Angelina anvertraut hatte. Dafür hatte Lee ihm auch schwören müssen, niemals einer Menschenseele davon zu erzählen.
"Aber dann denkt sie ja sowieso, dass ich Fred bin. Und dann werden die beiden, sobald er wieder gesund ist, glücklich bis ans Ende ihrer Tage und so weiter und so fort... Oder ich verscheuche sie, weil... ach keine Ahnung."
"Dann sag ihr doch einfach, dass du es bist."
"Dann bringt Fred mich um."
"Er muss es ja nicht erfahren."
"Du bist lustig. Wie soll das dann ausgehen?"
Lee schüttelte ihn. "Das ist so ziemlich deine einzige Chance, Mann. Also, jetzt oder nie."
"Aber was wenn sie mich erkennt?"
"Dann weiß sie wenigstens, mit wem sie's zu tun hat und kann froh drüber sein. Fred hat nie wahrgenommen, oder mitbekommen wollen, dass du in sie verknallt bist. Als rock das Ding."
"Und was, wenn sie's nicht bemerkt? Was wenn sie denkt, ich wäre Fred und die beiden kommen zusammen und kaufen sich ein Haus und einen Hund und bekommen vier Kinder?"
"Seit wann so zweifelhaft? Das wird schon alles hinhauen. Angelina ist schlau. Selbst, wenn sie's heute nicht merkt, merkt sie es spätestens, wenn sie das erste Mal was mit Fred ganz allein macht. Ihr seid euch zwar ähnlich, aber wenn man euch einzeln betrachtet, unterscheidet ihr euch in so mancher Hinsicht ziemlich."
"Zum Beispiel?"
"Keine Zeit, wir müssen dich für einen Ball mit deiner Traumfrau aufhübschen!"
"Halt die Klappe, Mann!"
"Halt du doch die Klappe, ich hab zu tun!"
~
Als George die Eingangshalle betrat, konnte er nicht anders, als sich verloren zu fühlen. Überall ringsum waren Menschen, die laut miteinander quasselten oder nervös hin und her zappelten. Er konnte keinen von ihnen genauer betrachten, zu sehr war er damit beschäftigt, nach ihrem Gesicht zu suchen.
Lee hatte sich alle Mühe gegeben und George musste sich eingestehen, dass ihm sein neues, einfühlsames, hektisches, aufgeregtes, aufmüpfiges Ich nicht ganz geheuer war.
Schließlich erblickte er seine "Traumfrau", wie Lee sie an jenem Tag öfter als nur einmal bezeichnet hatte. Sie stand am Rande des Saales und blickte nervös hierhin und dorthin. George machte sich mit einem leichten Grinsen auf den Weg zu ihr. Je näher er ihr kam, desto schneller wurden seine Schritte.
"Hi Angelina!", sagte er, in einem verzweifelten Versuch, seine Stimme ruhig zu halten.
"Hi... Fred." Angelina musterte ihn, und ihm wurde klar, dass Lee mehr als Recht gehabt hatte mit seiner Vermutung. Schließlich schüttelte sie den Kopf und wandte sich dem Portal zu. "Sie müssten gleich kommen."
"Wer?"
"Na die Champions, du Dummkopf", versuchte sie die Stimmung aufzuheitern, doch George war gar nicht zu Scherzen aufgelegt.
"Achso, stimmt ja", sagte er bloß leise und musterte krampfhaft das Portal, ohne den Blick auch nur eine Sekunde zu Angelina schweifen zu lassen.
"Wieso so ernst, Fred. Ist es wegen George, weil er nicht hier ist?" Ein Kloß bildete sich in seiner Kehle, er wusste nicht, ob es von ihrem besorgten Ton, oder Tatsache, dass er sie anlog, herrührte.
Er schwieg. Wollte nichts sagen, musste nichts sagen. Sie wusste es auch so. Sie wusste auch so, dass es etwas nicht stimmte und dass es auf jeden Fall etwas mit George zu tun hatte.
"Es ist schade, dass er nicht hier ist", sagte Angelina schließlich und er spürte ihren durchdringenden Blick auf sich, versuchte aber verzweifelt, sich nichts anmerken zu lassen.
"Das ist es", war alles was er sagte.
"Wieso wollte er eigentlich nicht kommen? Er hat immer nur davon gesprochen, dass Bälle nichts für ihn sind, aber das kaufe ich ihm nicht ab. Was denkst du?" Natürlich war George komplett klar, dass er mit dieser Aussage mal wieder eine glatte Lüge ausgesprochen hatte. Ihm war auch der tatsächliche Grund für seine scheinbare Abwesenheit klar, doch zum Glück wurde er von den Champions erlöst, die durch die Eingangshalle hinein in die Große Halle stolzierten und musste keine Antwort geben.
~
Mit ihr zu tanzen fühlte sich an, wie auf einer Wolke zu schweben, fand er. Es war ihm plötzlich egal, dass er nicht der war, für den er sie hielt. Es fühlte sich einfach gut an, an ihrer Seite zu sein.
Wie gut sie doch tanzen konnte, sie bewegte sich perfekt im Takt, während er... Zugegeben, er hatte das Training nicht besonders ernst genommen, vorallem nachdem er sicher war, sowieso nicht auf den Ball zu gehen.
Doch jetzt war er hier und glücklicher denn je. Ganz ohne Schuldgefühl.
Schließlich schnappte sie seine Hand, nachdem sie schweigend zu einem Lied nach dem anderen getanzt hatten. Sie zog ihn aus der Halle. Weg von all den Leuten und der lauten Musik.
Je weiter sie weg gingen, desto aufgeregter wurde George. Was, wenn sie es merkte?
Aber Angelina sagte nichts. Sie beugte sie einfach überraschend vor und küsste ihn.
George war überwältigt. Was sollte er jetzt bloß tun?
Er konnte nicht anders... Er genoss es.
"Das", sagte sie, als sie sich gelöst hatten, "Wollte ich schon die ganze Zeit tun. Danke, George."
"Woher...?", aber er kam gar nicht mehr dazu, weiterzusprechen...
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