Zwischen den Fronten
Achtung:
Inhalt könnte nicht so leicht verdaulich sein ...
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Am Morgen des 13. Oktobers marschierten elftausend amerikanische Soldaten gegen die Briten auf.
Zahlenmäßig waren sie unterlegen, das war den Holmes-Brüdern klar. Doch sie hatten ein paar Asse im Ärmel. Alleine schon die Ausbildung ihrer Soldaten ragte weit über die der Amis hinaus. Was aber noch wichtiger war: Sherlock konnte in den letzten Tagen Tecumseh, den Häuptling der Shawee davon überzeugen auf ihrer Seite zu stehen. Zu den knapp fünftausend Briten stießen also ein Haufen wütender Ureinwohner und einige Kanadier hinzu, welche mit den USA noch ein Hühnchen zu rupfen hatten.
Von alle dem hatten die Amerikaner keine Ahnung - hoffentlich.
Sherlock zog seine Uniform zum letzten Mal zurecht, bevor er sich auf Ballerina schwang und neben Mycroft durch die Reihen der Kommandanten ritt.
"Schön, dass du mich begleitest, Bruderherz." Mycrofts Miene war erhaben und sicher. Selbst Sherlock konnte nicht sagen ob sich unter der Fassade Furcht verbarg. Alleine das ermutigte die Indianer umso mehr: Ein starker Anführer.
"Hatte ich eine Wahl?" Auch Sherlock versuchte seine Miene zu wahren, denn die Soldaten würden heute keine Schwäche in ihm sehen. Wenn sie ihn schon nicht ausstehen konnten, würden sie ihn wenigstens respektieren müssen.
Mycroft lachte auf. "Ja. Du hättest zusätzlich die Rede halten können."
"Du weißt genau, dass ich sowas nicht kann." gab der jüngere Holmes zurück.
"Leute zu motivieren in den Tod zu laufen ist auch nicht so mein Talent." gab Mycroft zu.
"Motivieren allgemein ist nicht so dein Talent." nuschelte Sherlock in die kühle Morgenfluft, ungehört von seinem großen Bruder.
"Sieh sie dir doch an, kleiner Bruder. Siehst du den Kampfgeist in ihren Gesichtern?"
"Ich sehe Erfahrung."
"Genau!" Mycroft brachte sein Pferd zum Stehen. Er beugte sich zu seinem Bruder und zischte: "Genau deshalb werden wir auch gewinnen."
Sherlock merkte schnell, dass sie beides hatten:
Die Indianer folgten den fremden Kommandanten, als wären es ihre Landsleute. Die Briten selbst gingen perfekt planmäßig vor, opferten nichts umsonst und wussten genau was sie sagen mussten, um die Männer zu bestärken und über ihre Grenzen hinaus gehen zu lassen. Trotz der Überzahl an Amerikanern die durch den Wald anmarschiert kamen.
Es dauerte gefühlte Jahre bis die Gegner sich auf der großen Fläche vor dem Britischen Lager eingefunden hatten. Sherlock beobachtete jeden Einzelnen von ihnen, jeden Kommandant, jedes Kommando, jede Bewegung und jede Schwäche.
"Sie fühlen sich durch die Menge sicher, aber es sind viele unausgebildet und unsicher." Stellte er fest.
"Sie machen es uns leichter als ich erhofft habe." Entgegnete Mycroft neben ihm. Vor ihnen standen ihre eigenen Landsleute, und die Kanadier und Shawee, kampfbereit.
Und sie fielen.
Sie fielen wie Schachfiguren auf einer grünen Lichtung die zum tiefroten Schlachtfeld wurde. Sie fielen unter Knallen, Schreien, Lärm und starben trotzdem in unendlicher Stille.
Seine helle Stute tänzelte unruhig hin und her, während die Briten kontrolliert Kommandos gaben und nach und nach den Zahlenunterschied ausglichen. Nach dem ersten Kanonenfeuer war schnell klar geworden, dass den Amerikanern ein Plan fehlte, welcher den Briten gewachsen war. Denn die Holmes-Brüder hatten sich die besten Generäle geholt die es gab - und das bewiesen diese jetzt.
Sherlock ritt hinter den Reihen her und bestärkte mit einer stolzen Miene alle, die im Angesicht des Todes zurück sahen.
Doch noch etwas trieb ihn herum. Was es war merkte er allerdings erst, als er in dem Getümmel etwas Sonderbares entdeckte:
Ein kommandierender Amerikaner stand in der Menge, was an sich nichts ungewöhnliches war. Doch er griff nicht an, sondern verteidigte. Und zwar nicht sich, sondern etwas hinter ihm - das war klar an seiner leicht geduckten zurück gelehnten Haltung erkennen, so wie er nach hinten sah und dann wieder schoss, wenn ihm jemand zu nahe kam, egal wie unwichtig es war genau diesen Mann auszuschalten.
Sherlock rutschte das Herz in die Hose. Zumindest wäre es das, wenn dieser enge Gürtel nicht wäre. Denn der Kommandant schützte einen Soldaten, der am Boden lag - wohl noch lebend. Und Sherlock wusste genau wer es war.
Hin und her gerissen verstummten die Schüsse und Rufe um den jungen Holmes herum; Er nahm nur den einen Mann wahr, viele Meter von ihm entfernt, die blonden Haare von Erde durchtränkt.
Es könnte jeder sein, sagte sein Verstand.
Doch ein Stück tiefer pochte es: Ist es aber nicht.
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