Für dich gehe ich jedes Risiko ein
Sherlock wischte die Hände an seiner Uniformshose ab, nachdem er Ballerina von den Blutspuren befreit hatte.
Mycroft wollte unbedingt wissen, wer der Informant gewesen war, der die richtige Information gebracht hat, doch Sherlock hatte seinem Bruder nur geantwortet, dass er sich im Lager befand - was keine Lüge war. Vielleicht war es eine weiße Lüge, dass er verschwieg, dass der Informant ein stolzer Amerikaner war. Ebenso, dass er sich gerade in diesem Moment in seinem Zelt aufhielt.
Darauf achtend, dass ihm niemand gefolgt war, schlüpfe Scherlock zwischen den Planen seines Zeltes hindurch. Sein Blick fiel sofort auf John. Und auf die geknautschte Decke an Rand des Bettes. Schmunzelt ging er durch sein Zelt, bis zu dem Stuhl am anderen Ende. Er ließ sich extra schwer darauf fallen, damit es auch schön knarzte und sein Gast aus seiner "Ich-tue-so-als-wärst-du-nicht-da"-Stellung erwachte.
Als er sich immer noch nicht rührte, durchbrach der Lockenkopf das Schweigen.
"Du brauchst dich nicht zu verstellen."
Der Blonde rührte sich immer noch nicht - wahrscheinlich war er jetzt in Schockstarre gefallen, scherzte Sherlock mit sich selbst. Er wusste nicht woher seine gute Laune kam - denn zum Spaßen war die Situation nicht im Geringsten.
Sherlock seufzte und stand auf. Langsam näherte er sich den Bett. Er sah auf die verstrubbelten aschblonden Haare hinunter, die blauen Flecken am Hals bis zur Schulter, den muskulösen Oberarm ... Er sah selbst verwundet noch verdammt gut aus.
Sherlock schluckte schwer. Er hatte noch das Bild des kleinen Jungen vor sich, für den er alles getan hätte. Und nun hatte er sein Leben für ihn aufs Spiel gesetzt. Kopfschüttelnd riss er sich von John Watsons Anblick fort und hielt sich die Hände an die Schläfen.
Ich hätte das nicht tun sollen. Ich hätte das nicht tun dürfen.
Er merkte erst wie sehr er sich die wirren Locken raufte, als eine Stimme seinen Gedanken-Monolog unterbrach.
"Was hast du denn getan?" Johns Stimme stach wie ein Pfeil durch all seine verworrenen Gedankengänge. Langsam drehte sich Sherlock um. Pure blaue Augen sahen ihn an, und auf einmal war nur noch ein einziges Wort in seinem Kopf.
John
-
"Sherlock, wo bin ich?" John versuchte sich wieder aufzustützen, diesmal auf den anderen Arm. Doch der Lockenkopf vor ihm starrte nur auf ihn hinunter, ohne zu antworten. Da kam John eine Vorahnung. "Bin ich ... tot?"
Plötzlich löste sich Sherlocks starre. "Nein ! Nein..."
Erleichtert atmete der Soldat aus. Da murmelte Sherlock etwas, dass sich wie "fast" anhörte.
John versuchte etwas aus dem ausdruckslosen Gesicht herauszulesen, aber es war unmöglich. Einerseits malmten seine Kiefer, der Mund starr, fasst unglücklich, während die Augen leuchteten wie silberne Sterne. Er würde diesen Jungen wohl niemals verstehen ... aber war es nicht das gewesen, was er eigentlich wollte?
In diesem Moment musste er aber erst wissen, wo er war, und wie er dorthin gekommen war.
Doch bevor John erneut fragen konnte, warf ihm Sherlock die Antwort entgegen. Beziehungsweise der gegenüberliegenden Zeltwand, denn er war ihm wieder mit dem Rücken zugewandt.
"Ich habe dein Leben gerettet. Zumindest vorrübergehend. Genau genommen habe ich dich in eine noch schlimmere Situation und mich in eine unausweichliche Bredouille gebracht, aus der es kaum einen möglichen Ausweg gibt. Solltest du gefunden werden wirst du statt nur zu sterben vermutlich gefoltert oder als Geisel benutzt, mein Bruder wird dich extra leiden lassen um mich endlich von Emotionen zu befreien, wie er seit Kindheitstagen versucht. Im Endeffekt wären wir beide tot, anstatt nur du."
Perplex blinzelte John den lockigen Hinterkopf des Mannes vor ihm an, sich wundernd wie er es geschafft hat das alles in einem Atemzug zu sagen. Vom Inhalt hat er dafür umso weniger mitbekommen.
"Sherlock?" fragte er vorsichtig. Daraufhin drehte sich der Große zu ihm um, mit hunderten von Emotionen in den Augen. Zumindest kam es John so vor. Das schmale Gesicht hingegen war starr und ausdruckslos.
Vorsichtig setze er zu einer neuen Frage an. "Wo bin ich?"
Es dauerte etwas, bis Sherlock antwortete.
"Inmitten des britischen Lagers."
-
Die Miene die John jetzt zog war von purer Panik. Sherlock wollte ihn beruhigen, aber er hatte keine Ahnung, wie. Alles was er sagen könnte wäre nur noch schlimmer.
"John," setzte er an, doch ihm fiel nicht mehr ein. Er starrte kiefermalmend auf seinen fremden Gast. "Es tut mir leid."
John blinzelte zu ihm auf, verwirrt. "Wie komme ich hierher? Wieso bin ich hier? Wo sind die anderen?"
Sherlock seufzte. Was hatte er sich nur dabei gedacht?
Gar nichts. Fauchte sein Verstand beleidigt.
Weil du dich von deinen Gefühlen leiten lässt! Emotionen sind nur auf der Seite der Verlierer zu sehen!
"Ich habe dich her gebracht." sagte Sherlock langsam.
Sich um andere zu Sorgen ist nichts von Vorteil!
Sherlock rollte mit den Augen und versuchte die Stimmen seines Bruders aus dem Kopf zu bekommen.
"Ich konnte dich nicht sterben lassen." gab Sherlock zu, den Blick gesenkt.
Du konntest ihn nicht sterben lassen! Wie armseelig.
Sherlock schluckte schwer, immernoch Johns Blick meidend.
Er kniff die Augen zu, in der Hoffunung sich konzentrieren zu können. Doch nun tanzte das Gesicht seines Bruders vor seinen Augen herum, wie es ihn mit diesem missbilligendem Blick ansah.
"Ich habe mich durch den Wald in die Menge der Amerikaner geschlichen. "
Du bist weich und schwach! Du hast dich von diesem einfachen Menschen lenken lassen!
"Ich habe dich gefunden und aus der Schlacht gezogen."
Keiner ist uns wert! Schließe die Emotionen endlich aus - sieh nur wohin sie dich gebracht haben!
"Du warst verletzt und bei uns lief alles so gut, dass meine Abwesenheit kein Problem war."
Der Feind sitzt in deinem Zelt und wird dich nur in Schwierigkeiten bringen! Das nennst du keine Probleme haben?
Jetzt hob Sherlock den Kopf und sah in Johns ungläubige Augen.
"Keiner weiß, dass du hier bist, und ..." Versuchte Sherlock ihn schnell zu beruhigen, doch John unterbrach ihn.
"Danke."
Jetzt war es Shelrock, de rihn ungläubig ansah.
Ein schiefes Lächlen zog sich über Johns Geicht. "Du hast mein Leben gerettet, also Danke. Zwar sind die Umstände nicht die Besten, ..." er lachte kurz schulterzuckend auf, "... aber ... danke."
Unschlüssig stand Sherlock da. Er sah starr zu seinem Gast, ohne mit der Wimper zu zucken. Innerlich explodierte er dafür vor Glück. Das John es gut aufnahm, ihm dankbar war, löste einen riesen Knoten in ihm. Gleichzeitig wollte er heulen, weil dieser Junge so gutherzig war, so wunderbar, so ...
Bevor er jedoch ein Wort zu ihm sagen konnte, hörte Sherlock ihm wohl bekannte Schritte in der Nähe.
"Auf den Boden!" Mit zwei großen Schritten war er bei John und zog ihn auf die Knie.
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