#36 River talks
Pov Jimin
Nach langem überreden hatte ich Yoongi dann tatsächlich dazu gebracht, sich mit mir an den Fluss zu setzen. Ich konnte mich genau an die frische Brise erinnern, die an dem Abend wehte, an dem Hoseok und ich ihn aus dem Wasser gezogen hatten.
Der Blonde guckte sich in der Gegend um, woran ich erkannte, dass auch er sich gerade an alles erinnerte. Seufzend bestätigte er: "Das weckt viele Erinnerungen hier." Worauf ich nickte.
"Meinst du, bei euch... oder dir zu Hause ist irgendwas los?" Ich hatte das Bedürfnis mit ihm zu reden. Ich wollte seine Stimme hören und seine Aufmerksamkeit genießen.
"Nein, wahrscheinlich steht das Haus gerade leer. Die Schlüssel habe ich ja noch."
"Wir könnten also-"
"Ich setzte dort keinen Fuß mehr rein. Und schon gar nicht mit dir. Wer weiß, wie viele Flaschen und somit Scherben mein Alter da hinterlassen hat." Er schüttelte den Kopf, sichtlich bereuend.
"Vermisst du ihn?" Meine Frage kam aus dem tiefsten meiner Gedanken. Wer wusste, worüber er nachdachte, wenn er alleine war und was er träumte. Auch wenn ich die ganze Zeit mit ihm zusammen war, konnte ich nur raten, über was er sich den Kopf zerbrach, wenn er nicht redete.
"Nicht wirklich. Eigentlich weiß ich das nicht. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich bin zwar nicht froh darüber, dass ein Mensch gestorben ist, aber ich muss zugeben, dass ich erleichtert bin. Das kann ich einfach nicht leugnen.
Ich wurde von ihm wie ein Stück Dreck behandelt, was er nicht einfach wegfegen konnte, sondern immer wieder drauf einprügeln musste. Immer wenn er zuhause war, habe ich meine Existenz bedauert, habe mich gefragt, warum ich so leben muss. Er hat mir bei nichts geholfen, hat mir nichts beigebracht und irgendwann bin ich erst so spät nach Hause gekommen, dass es gar keine Chance mehr gab ihn sehen zu müssen. Er wäre nur wieder auf mich losgegangen, hätte mich angeschrien. Er war kein wirklicher Vater für mich."
Er wollte reden. Denn er hatte das allem noch nie jemandem erzählt. Aus Angst, dass man ihn bloß stellen würde. Dass man ihn für etwas abstempeln würde, was er nicht war.
"Hat er dich geschlagen?" Nur kläglich kamen Worte über meine Lippen. Ich zögerte, da ich nicht einschätzen konnte, ob ich mit meinen Fragen in eine tiefe Wunde schnitt oder ob ich damit half, sie zu schließen.
"Ja, ein mal. An dem Morgen, wo er mich aus dem Haus gejagt hat. Er hat mich an der Treppe abgefangen, fragte wo ich war. Ich habe ihm keine richtige Antwort gegeben, meinte nur, dass ich los müsste und da er schon betrunken war, hat er mich gegen die Wand geschlagen. Tat nicht besonders weh, aber die Aktion bewies mir, dass er eine tickende Zeitbombe war, die keinen wirklichen Grund brauchte, um hoch zu gehen." Er rieb sich die Augen und guckte mich dann an, um es deutlich zu machen. "Nein, ich denke nicht, dass ich ihn vermisse. Ich vermisse andere, unwichtigere Dinge, mehr als ihn." Ich rückte näher an ihn heran und umarmte ihn fest.
"Ich liebe dich. Du bist das wichtigste in meinem Leben. Ich haue dich Hyung, wenn du mich jemals verlässt." Eine Liebeserklärung am späten Nachmittag war vielleicht richtig. Er bettete sein Kinn auf meinen Kopf, ich konnte seinen Atem spüren. "Ich werde dich nie verlassen. Hör auf, sowas zu sagen. Außerdem würde ich nicht zulassen, dass du mich einfach so respektlos haust."
Ein Lächeln umspielte meine Lippen.
"Bist du müde?" Fragte er.
"Ein bisschen." Gab ich zu.
"Ist dir kalt?" Fragte er wieder und rieb mir über die Schulter, als wärmende Geste.
"Du spendest mir genug Wärme, Hyung."
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Irgendwann waren wir dann eingeschlafen. Wir hatten die ganze Nacht draußen verbracht, doch anstatt uns abzufrieren, wärmten wir uns gegenseitig und am Ende des Tages hatte ich dann doch noch mein Kuscheln durchgesetzt.
Zwar war es eher ich selbst, der sich an Yoongi gekuschelt hatte, doch für mich war es schonmal ein Erfolgserlebnis, dass er sich nicht gewehrt hatte.
Am nächsten Tag hatte er einen Anruf vom Jugendamt bekommen und musste am darauffolgenden Tag dort hin, um ein paar Sachen zu klären.
Meine Mutter hatte mich in der Zeit kontaktiert. Sie erzählte mir, dass mein Vater nicht gut auf mich, beziehungsweise uns, zu sprechen war. Sie empfand es als keine gute Idee, mich zuhause blicken zu lassen, worauf sie Yoongi und mir ein Hotelzimmer bezahlte, in dem wir fürs Kurze leben würden, da es nur noch ein halbes Jahr dauern würde, bis Yoongi volljährig wäre. Ab dann müsste er auf eigenen Beinen stehen. Ich hatte keine Ahnung, wie er das anstellen wollte, doch ich würde ihm nicht mehr von der Seite weichen.
In der Schule ging fürs erste nichts besonderes ab. Die Distanzierung der andern Schüler interessierte uns nicht mehr, da wir alle zusammen mit den Jungs am Tisch aßen und miteinander redeten. Die Feindseligkeiten zwischen Tae und Yoongi waren zwar nicht wie weggeblasen, doch sie kamen gut miteinander aus und lachten sogar ab und zu. Mit einem Lächeln sah ich zu, wie Yoongi von Tag zu Tag fröhlicher wurde und sich auch den anderen gegenüber immer mehr öffnete. Natürlich war er immer noch zurückhaltend und redete nicht über jedes Gefühl, doch im Vergleich zu früher hatte er sogar seinen genervten Unterton schon beinahe abgelegt.
Er integrierte sich mehr und mehr in der Klasse und durch mich verloren andere Schüler etwas von ihrer Scheu ihm gegenüber. Und so kam es, dass sich sogar manchmal ein oder zwei in den zwischenpausen zu uns setzten und mit uns redeten.
Dann war Yoongi still, wenn er etwas gefragt wurde, antwortete er, doch er war immer noch ängstlich. So etwas würde sich nicht von jetzt auf gleich ändern.
Und insgeheim war ich froh darüber. Denn so war bislang ich die Person mit der er am vertrautesten war.
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[Danke für's kommentieren und Voten]
Helluuuu~
Naaa? Wie war euer Tag? Und geht's euch gut?
I care about u guys♡
Und nein, dass ist nicht das Ende der Story :)
See you soon~
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