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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich miserabel.
Isaac hatte die ganze Nacht die Decke weggezogen und undeutliche Sachen unter seinem Atem gemurmelt.
Außerdem hatte ich meine Wange und mein Kissen voll gesabbert, weil ich auf meinem Bauch geschlafen hatte und mein Mund wohl geöffnet war.
Hinzu kam, dass mein Nacken steif war.
Was ein toller Start in den Tag.
Ich stand leise auf um Isaac nicht zu wecken und lief dann ins Bad um mein Gesicht zu waschen und Zähne zu putzen.

"Guten Morgen", begrüßte mich mein Vater, der in der Küche saß und einen Kaffee trank.
"Morgen", gab ich müde zurück.
Ich füllte mir ein Glas Wasser und setzte mich ihm gegenüber.
Wo war Noah?
Ich hatte gestern gar nicht mitgekriegt ob er heim gekommen war oder nicht.
Gerade als ich meinen Vater fragen wollte sprang mir ein Artikel in der Zeitung, die auf dem Tisch lag, ins Auge.

Millionärssohn Vince Reagan mit unbekannter Schönheit gesichtet.
Seit Tagen wurde herum spekuliert ob Reagan Junior etwas mit dem ukrainischen Supermodel Ivanka Lutschko hat.
Neue Fotos beweisen nun das Gegenteil. Es scheint als hätte der Erbe von der Reagan Hotelbranche die schöne Ukrainerin in die Wüste geschickt und sich eine andere Schönheit geangelt.

Über dem Artikel war ein Bild von ihm und einem blonden Mädchen. Die beiden umarmten sich und das Mädchen hatte ihr Gesicht an seine Brust gekuschelt, sodass man nicht genau erkennen konnte wie sie aussah und wer sie überhaupt war. Ich biss meinen Kiefer fest zusammen um ja nicht auszurasten, dann stand ich auf, zerriss die Zeitung und schmiss sie weg.
So viel zur Selbstkontrolle.
Der fragende Blick meines Vaters bohrte sich schon fast durch meinen Hinterkopf, doch ich schenkte dem keine Beachtung.
Wütend marschierte ich hoch in mein Zimmer.
Okay Vince hat gesagt, dass ich nicht alles in den Medien glauben sollte.
Dass das mit Ivanka nur Publicity war.
Dass er Gefühle für mich hatte.
Gefühle my ass.
Ich werde diesen Wichser umbringen!
Isaac schlief immer noch als ich in mein Zimmer trat, um mein Handy zu holen.
Danach verließ ich es und setzte mich in den Flur.
Ich rief ihn bis zu 6 mal an bis es mir zu blöd wurde.
Eigentlich sollte er rangehen.
In Frankreich war es erst Mittag.
Okay noch ein letztes Mal...
Ich betätige das 'Anrufen' Symbol auf Skype und wieder einmal hörte ich nur das ewige piepsen.
"Salut", grüßte mich eine feminine Stimme als ich auf das Display starrte.
"Eh Hallo. Wo ist Vince?", fragte ich.
Ich konnte null Französisch also ließ ich es gleich.
"Vince irgendein Mädchen ist grad am Telefon!", rief sie in einem französischen Akzent.
Irgendein Mädchen.
Vince lief vor während er sich gerade ein Shirt überzog.
Er hatte dunkle Schatten unter den Augen und ich wurde wütend als ich an den Grund dachte.
Die beiden hatten wohl in der Nacht nicht viel Schlaf bekommen, weil sie zu beschäftigt mit-
"Robin?", schnitt Vince Stimme in meine Gedanken.
"Hi", grüßte ich ihn mit einem bitteren Unterton.
"Wieso hast du angerufen?", fragte er, weshalb ich humorlos auflachte.
Wow, ich wusste nicht, dass ich ab jetzt Gründe brauchte um ihn anzurufen.
Dieses Mal hatte ich zwar einen Grund aber trotzdem.
"Wollte nur sehen wie es dir geht"
Das war die Halbwahrheit...
"Aber so wie es aussieht geht es dir hervorragend, ich mein bei so einer Gesellschaft", sprach ich, wobei ich mit einem hostilen Blick auf die Französin sah.
Sie hatte dunkelblondes Haar und hellbraune Augen.
Sie war unglaublich hübsch und das genaue Gegenteil von mir.
Ich hasste sie jetzt schon...
Er nickte nur langsam, so als wäre er sich unsicher.
"Und wie geht's dir? Schon Neuigkeiten von Noah?", fragte er normal weiter als wäre nichts.
Ich zwang ein Lächeln auf mein Gesicht.
"Mir geht's super. Und frag ihn doch selbst, wenn es dich interessiert. Ich habe noch was zu tun. Bye"
Ohne auf eine Antwort zu warten legte ich auf und knallte meinen Hinterkopf an die Wand, an die ich mich während dem Sitzen angelehnt hatte.
Beruhig dich Robin.
Ihr seid nicht mal zusammen.
Doch anstatt, dass es mich beruhigte fing ich an zu weinen.
URGH.
Und als ich dachte es konnte nicht schlimmer kommen, lief Noah aus seinem Zimmer.
"Robin?", hakte er besorgt nach und lief an meine Seite.
"Geh weg", gab ich zwischen meinem Schluchzen von mir.
"Psht. Alles wird gut", sprach er nur und zog mich in seine Arme.
Der ganze Widerstand verließ meinen Körper und ich umarmte ihn zurück.
Ich mein, er war mein Bruder und ich liebte ihn.
"Was ist passiert?", fragte er und strich über mein Haar.
Ich schüttelte nur meinen Kopf, da ich nicht darüber sprechen wollte.
Gott, wieso war ich so eine Heulsuse?!
"Hey-", hörte ich Isaacs Stimme.
"Robin was ist passiert?!"
Er kniete sich neben Noah und mich und nahm meine Hand in seine, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Noah und ich lösten uns von der Umarmung und ich blickte Isaac an.
Ich schüttelte wieder meinen Kopf und wischte mir über meine feuchten Wangen.
"Warte. Was hast du in Robins Zimmer gemacht?", wechselte Noah das Thema.
"Gepennt?", antwortete Isaac als wäre es klar.
Noahs Blick verfinsterte sich von der einen Sekunde auf die andere.
"Chill es gab keine Bettaction. Sie lag auf ihrer Seite und ich auf meiner und das einzige Mal das sie mich berührt hat war, als sie mir im Schlaf ihre Hand in mein Gesicht geschlagen hat", erklärte Isaac augenrollend.
"Gut", kam es von Noah.

"Hey Rob, wie geht's?", begrüßte mich Hannah am Montag als ich an meinem Spind stand und den Code eingab.
"Außer, dass ich aus meiner Vagina blute, Vince etwas mit einer Französin und Noah eine Affäre mit Ms. Stanford hat, geht's mir gut", antwortete ich ihr in einem Atemzug.
Jup, zu meinem Glück hatte ich gestern meine Tage bekommen.
Kein Wunder, dass ich hypersensibel war.
"Was zum frick frack schnick schnack diddly bick back snick snack crick crack tic tac hast du da gesagt?!", bekam ich als Antwort und meine Mundwinkel zuckten unwillkürlich hoch.
"Welchen Teil hast du nicht verstanden? Den Teil als ich gesagt habe, dass mein Uterus an mir Rache nimmt, weil ich ihr kein Baby schenke oder der Teil an dem Vince etwas mit einem Baguette hat oder der Teil an dem Frau Stanford meinem Bruder einen privaten Kurs in Sexualkunde gibt?"
Ich machte den Spind auf und nahm mir die Bücher für die erste Stunde raus.
"Der Teil mit Noah. Und Holy Shit Vince hat was mit einer anderen?!"
Ich nickte.
"Jup"
"Fuck"
"Jup", wiederholte ich.
"Aber können wir jetzt bitte das Thema wechseln? Ich habe nicht wirklich Lust über das alles zu reden", gab ich gähnend von mir.
Vince hatte mich nach unserem letzten Gespräch kein einziges Mal angerufen.
Null.
Nada.
Niente.
Hannah sah mich unsicher an und man konnte sehen wie sehr sie mit mir darüber reden wollte aber sie ließ das Thema trotzdem fallen.
"Gut, ehm willst du wissen wie ich Landons Date mit seiner Ex gecrusht habe?", fing sie an.
"Liebend gern", seufzte ich auf.

"Und jetzt ist Landon sauer auf mich, was, wenn du mich fragst total unbegründet ist", erzählte sie ihre Geschichte zu Ende.
Ich zog meine Augenbrauen skeptisch zusammen.
"Hannah du hast seine Ex mit Hundescheiße beworfen", erinnerte ich sie an ihre Tat.
"Und jetzt? Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt", kam es von ihr gleichgültig zurück.
"Du gibst also zu, dass du Landon liebst?"
Ein Grinsen formte sich auf meinen Lippen.
"Wer redet hier von Liebe? Ich bin im Krieg mit der Bitch. Yasmine hat mich schon von Anfang an gehasst und als sie mit Landon zusammen gekommen ist hat sie versucht ihn von mir fernzuhalten. Ich werde ganz bestimmt nicht zusehen wie die Hoe ihre Krallen erneut in meinen besten Freund steckt", sprach sie und ballte ihre Hände zu Fäusten.
"Vielleicht solltest du einfach mit Landon zusammen kommen, dann wäre das Problem gelöst", schlug ich Gedankenverloren vor.
"Robin das ist eine grandiose Idee! Ich werde Landon einfach mit einer meiner Freundinnen verkuppeln und somit Yasmine aus dem Weg räumen!", gab sie aufgeregt von sich.
Das war doch nicht mal meine Idee?!
"Hannah! Nein! Warte!", rief ich ihr hinter her als sie plötzlich in die andere Richtung rannte um wahrscheinlich ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Gott, wann sieht sie endlich ein, dass sie was von Landon will?
Ich dachte wir wären schon fast soweit aber nein...

Ich saß in der Pause bereits mit Elijah in der Bibliothek und wir warteten auf die anderen.
Meine Augen waren auf sein blaues Auge fixiert.
"Was ist passiert? Sag mir nicht du warst in eine Schlägerei verwickelt", sagte ich streng und neugierig zugleich.
Er schüttelte lächelnd seinen Kopf.
"Cara hat es mir verpasst", kam es von ihm als hätte sie ihm das größte Geschenk auf Erden gemacht.
Warte heißt das Elijah ist ein Masochist?
"Und wieso bist du so glücklich?", fragte ich verwirrt nach.
"Ich habe sie am Samstag zum Lachen gebracht", schwärmte er stolz.
"Deswegen hat sie dir ein Veilchen verpasst?"
Was zur Hölle?
"Nein ich habe mich an sie angeschlichen um sie zu erschrecken, was aber dann nachhinten losgegangen ist"
Er zeigte auf sein Auge.
"Aber ist nicht so schlimm. Sie hat mir dann eine kalte Red Bull Dose zum kühlen gegeben", erzählte er und ich sah ihn fassungslos an.
Was stimmte mit diesem Typen nicht?
"Du solltest sie mal Lachen hören. Es ist das schönste was ich gesehen und gehört habe...Ihre Augen fangen an zu strahlen und sehen wie geschmolzenes Karamell aus und sie kriegt diese süßen Grübchen. Vor allem lehnt sie sich dann immer vor und ihre Haare fallen in ihr Gesicht.
Und man kann einfach nicht anders als mitzulachen, weißt du?", schwärmte er vor sich hin und sah verträumt in die Ferne.
Oh Gosch.
Elijah
Hat
Sich
Verliebt.
"Wie hast du es bitte geschafft sie zum Lachen zu bringen?", hakte ich perplex nach.
Cara machte nicht wirklich den Eindruck, dass sie über alles lachte.
"Bin hingefallen"
Er grinste bei der Vorstellung.
Na dann...
Als Isaac und Noah dazu kamen, entschuldigte ich mich vom Tisch.
Ich wollte den Jungs Zeit unter sich geben und ehrlich gesagt wollte ich Vince stalken.
Ich wusste nicht wirklich wie ich auf die brillante Idee gekommen war ihn zu googeln und mich dabei selbst zu verletzen aber genau das tat ich.
Aber ich tat es nicht irgendwo, sondern auf der Mädchentoilette.
Dort konnte wenigstens keiner die Tränen sehen, wenn ich mich in eine Kabine einsperrte.
Bereits mit einem unguten Gefühl klickte ich auf eine Website, in der es ein kurzes Video gab auf dem sie Vince interviewten.
Ich steckte meine Kopfhörer an und drückte auf 'Play'.
'Also wer ist das neue Mädchen an deiner Seite?', fragte der Interviewer.
Vince fing an zu schmunzeln.
'Es ist jemand besonderes, jemand der mir sehr viel bedeutet', antwortete er nur vage und versetzte mir somit ein Dolch ins Herz.
'Ich schätze du willst ihre Identität noch für dich behalten... Wie wär's wenn du uns etwas über dieses besondere Mädchen erzählst? Wie hat sie es geschafft dein Herz zu erobern?', hakte der Interviewer nach.
Vince lachte auf, doch es hatte einen schmerzvollen Unterton.
'Es gibt nicht wirklich viel zu erzählen. Es ist einfach die Wärme die sie ausstrahlt und ihr großes Herz. Sie versucht zu helfen wo sie nur kann und ich kann mich immer auf sie verlassen', erzählte er mit einem sanften Gesichtsausdruck als er an sie dachte während ich den Kloß in meinem Hals runterschluckte.
Tränen verschwammen meine Sicht und ich machte das Video aus.
Die Kabine schien immer kleiner zu werden als ich immer weniger Luft bekam.
Ich schlang meine Tasche um meine Schulter und rannte raus.
Ich musste hier weg.
Gerade als ich aus der Mädchentoilette trat und nach draußen an die Luft wollte, verhakte sich meine Tasche an dem Türgriff und der Gurt riss, sodass all meine Bücher runterfielen und sich auf dem ganzen Gang verstreuten.
"Verdammte Scheiße!", fluchte ich frustriert.
Eilig nahm ich die kaputte Tasche und stopfte all meine Bücher ohne Achtung rein.
Tränen rollten ununterbrochen meine Wange runter und ich achtete nicht auf meine Umgebung als ich durch die Gänge zum Ausgang stolperte.
Und als wäre das alles nicht genug gewesen, knallte ich gehen jemanden der eine offene Cola Dose in der Hand hielt.
Das ganze Getränk landete auf meinem weißen Top und durchnässte es komplett.
Mein ganzer war Körper klebrig und das Shirt wurde durchsichtig.
Gott warum ich?!
Mehr Tränen rollten mir meine Wange runter.
"Fuck", schluchzte ich und vergrub energisch meine Hände in meine Haare.
"Gafft nicht so behindert und verpisst euch!", schrie eine Stimme die anderen Schüler an die mich ansahen als wäre ich eine Liveshow.
Jeder ging sofort zur Seite als das Mädchen, welches die Leute angeschrien hatte, mich an meiner Hand packte und zurück auf die Toilette zog.
Sie nahm mir meine Tasche ab und legte sie auf den Boden.
"Zieh dein Shirt aus und nimm das hier"
Diesmal sah ich das Mädchen an und erlitt einen kurzen Aussetzer als ich bemerkte, dass es Cara war.
Sie zog ihr Bandshirt aus und stand dann mit einem schwarzen Top vor mir.
Ohne etwas zu sagen zog ich mir ebenfalls mein Oberteil aus und sie reichte mir Feuchttücher damit ich die Cola wegmachen konnte.
Als das geschafft war zog ich ihr Shirt drüber.
"Danke", sprach ich heiser.
"Kein Ding", antwortete sie mit verschränkten Armen.
Ich hatte aufgehört zu weinen und starrte nun in mein Spiegelbild.
"Falls du wegen einem Typen geheult hast, dann scheiß auf den Spasten. Er hat deine Tränen wahrscheinlich nicht mal verdient", gab sie in einem kühlen Ton von sich.
Irgendwie zeigte sie nie wirklich viel Emotion.
Sie war eher kalt und distanziert.
Doch wenn sie wirklich so kalt war wie sie es vorgab zu sein dann hätte sie mir nicht geholfen.
Ich nickte leicht.
"Ehm ich bin Robin", stellte ich mich dann peinlich berührt vor als mir klar wurde, dass sie mich nicht kannte.
Sie nickte.
"Cara", antwortete sie und nahm Kaugummi aus ihrer Tasche.
"Auch was?" Sie hob die Packung fragend hoch.
"Nein danke"
Ich lächelte sie an, doch bekam im Gegenzug nur ein Nicken.
"Und danke nochmal, dass du mir geholfen hast. Ich werde dir dein Shirt sofort morgen zurückgeben", bedankte ich mich ein zweites Mal.
"Kein Stress", kam es von ihr monoton zurück.
"Also ich muss dann mal" Sie zeigte mit ihrem Daumen nach hinten bevor sie verschwand.
Ich seufzte auf als sie weg war und lehnte mich an die Spüle.
Vielleicht wäre es besser, wenn ich Vince einfach vergessen würde. Zumindest im romantischen Sinne.
Wir hätten von Anfang an nur Freunde bleiben sollen...

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