Kapitel 5: Die Angst

Sprachlos starre ich Jin an, der wie gelähmt in diesem Raum sitzt und kein einziges Wort mehr herausbringt. Was ist das eigentlich für eine kranke Scheiße? Die kommen jetzt mit Spinnen und Schlangen an und wollen damit unsere ‚Kompetenzen' austesten? Mein Blick wandert zu den anderen, die selbst einfach nur geschockt von den Auswahlmöglichkeiten sind. Hoseok sieht am schlimmsten aus, da ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen ist und er nun einer Leiche ähnelt.

„Einen Moment. Habe ich das richtig verstanden? Entweder muss ich zehn Vogelspinnen auf meinen Körper herumkrabbeln lassen oder Nummer 3 muss sich drei Schlangen um den Hals legen. Wie groß sind denn die Spinnen und die Schlangen?", fragt Jin mit zittriger Stimme, aber versucht gleichzeitig noch zu lachen, was ihm misslingt.

„Das haben Sie richtig verstanden, Nummer 1. Entweder absolvieren Sie die Aufgabe selbst oder geben Sie an Nummer 3 weiter. Wenn Ihnen die Entscheidung so schwerfällt, werden wir Ihnen natürlich die Tiere zeigen"

Ich hasse diesen Kerl, der da spricht, immer mehr. Während er gesprochen hat, sind zwei durchsichtige Behälter aus den Wänden gefahren, in denen sich die Tiere befinden. Mir bleibt die Spucke im Hals stecken, als ich die riesigen Schlangen in dem einen Behälter sehe. Zwei von ihnen sind grün und die andere ist gelb. Jins Körper bebt vor Angst als er die beiden Behälter sieht und in seinen Augen bilden sich Tränen, nachdem er die haarigen Spinnen erblickt hat.

„Bitte nicht. Ich habe eine richtige Phobie vor Schlangen", fängt Hoseok an zu schluchzen und fährt sich mit beiden Händen über das Gesicht.

Mein Herz schlägt so schnell und stark gegen meinen Brustkorb durch die Anspannung und Sorge um die Beiden. Jimin und Taehyung versuchen Hoseok zu beruhigen und streicheln über seinen Rücken, während Namjoon und Yoongi mit geweiteten Augen auf den Bildschirm starren.

„H-Heilige Scheiße s-sind das große-... große Schlangen. Muss er et-etwa all-alleine mit denen sein?", stottert Jin verängstigt.

„So wie Sie mit den Spinnen allein sein müssen, muss Nummer 3 dies auch. Entscheiden Sie sich Nummer 1"

Jin beißt sich auf die Lippen und sieht überfordert zwischen den Behältern hin und her. Er tut mir so leid. Wenn ich diesen Mann, der hinter dieser Stimme steckt, jemals sehen werde, dann schlage ich ihm erstmal in Gesicht. Das ist doch krank. Die Phobien anderer Menschen gegen sie anzuwenden. Angespannt mustere ich Jin und warte darauf, wie er sich entscheidet. Wäre ich an seiner Stelle würde ich freiwillig die Spinnen wählen, weil ich wirklich nicht mit ansehen will, wie Hoseok von diesen Schlangen erwürgt wird. Welcher Mensch würde es denn 20 Minuten mit drei Schlangen um seinen Hals überleben, wenn er vor Angst und Panik wie Espenlaub zittert? Die Schlangen würden ihn als Beute betrachten und ihn elendig fressen.

„Ich wähle meine Aufgabe mit den Spinnen", entscheidet sich Jin plötzlich und nickt sich selbst zu.

Hoseok seufzt erleichtert auf und lässt seinen Kopf auf die Tischplatte fallen. Der Behälter mit den Schlangen fährt wieder zurück. Der Ältere atmet tief durch und schließt seine Augen.

„Großartig! Sie wollen ihre Phobie wohl bekämpfen. Das freut uns, Nummer 1. Wenn Sie den Behälter öffnen, beginnt ihr Aufgabe und Sie können diese nicht mehr abbrechen"

„Die wollen mich doch verarschen! Jetzt gehen die zu weit. Er hat schon eine riesige Angst und darf nicht mal die Aufgabe abbrechen!", regt sich Namjoon nun auf und schlägt mit seiner Faust auf den Tisch.

„Schlag lieber nicht auf den Tisch. Wenn du hier etwas zerstörst, kriegst du eine Strafe", warnt ihn Jimin etwas besorgt.

„Ich kann nicht dabei zusehen", murmelt Taehyung und zeigt auf den Bildschirm.

Wir drehen uns alle wieder zum Bildschirm und sehen, dass Jin vom Stuhl aufgestanden ist und zu den Spinnen läuft. Seine Hände zittern so sehr und er verzieht sein Gesicht vor purem Ekel. Hoffentlich beißen die Spinnen ihn nicht. Ich habe gehört, dass das echt weh tun kann und Vogelspinnen giftig sind.

„Ich muss kotzen", flüstert Jin leise, als er die Spinnen betrachtet und rauft sich die Haare.

Sein ganzes Gesicht ist so blass wie ein leeres Blattpapier und er atmet schwer. Er schließt wieder seine Augen und versucht sich zu sammeln, doch dies scheint ihm nicht zu gelingen, da seine Beine anfangen zu zittern und er mit jeder Sekunde immer schlimmer aussieht. Verdammt. Der kippt jeden Moment um, wenn er sich nicht zusammenreißt. Vor Aufregung kann ich nicht mehr ruhig sitzen bleiben und stehe auf. Komm schon, Jin. Du musst das nur für 20 Minuten durchziehen und dann kannst du wieder gehen. Besorgt kaue ich auf meinen Innenwangen herum und laufe hin und her, während ich den Älteren kein einziges Mal aus den Augen lasse.

Nach einigen Minuten, in denen er nur dasteht, öffnet er schließlich den Behälter und lässt ihn ruckartig wieder los, sodass der Deckel laut auf den Boden knallt. Verkrampft steht er vor dem geöffneten Behälter und starrt diese großen haarigen Spinnen an, die sich durch das Geräusch bewegen. Ich muss irgendwas tun. Ich kann ihm nicht tatenlos dabei zusehen, wie er da halb ohnmächtig wird.

„Warum tut ihr ihm das verdammt nochmal an? Ihr seid doch Arschlöcher! Konntet ihr keine andere Aufgabe nehmen? Was soll die scheiße, ihr Spasten? Er kippt gleich um", rufe ich wütend durch den Raum.

„Sie alle haben sich bei diesem Experiment angemeldet. Darum machen Sie das nun mit und bleiben endlich mal ruhig, weil wir NICHTS an unserem Plan ändern werden. Falls Sie nochmal irgendwas zu bemängeln haben, dann behalten Sie das für sich"

„Geht's noch? Wie reden Sie eigentlich mit mir? Warten Sie ab, wenn wir hier draußen sind, dann können Sie was erleben. Ich werde Ihnen so auf die Fresse hauen!", schreie ich zurück und werde immer wütender.

„Hey, sei leise. Du bekommst noch eine Strafe, wenn du weiter ihn weiter beleidigst", faucht mich Namjoon an.

„Dann kriege ich halt eine Strafe. Mir doch egal. Was ist das eigentlich für ein verdammter Bastard?", zucke ich mit den Schultern und rege mich weiter über den Kerl auf.

„Hör doch einfach auf!", ruft Taehyung nun verzweifelt, jedoch schüttle ich nur meinen Kopf und verschränke meine Arme vor der Brust.

„Wenn Nummer 7 unbedingt eine Strafe bekommen möchte, dann soll er sie auch bekommen. Die Luke wird sich nun für Sie öffnen und Sie gesellen sich zu Nummer 1 in den Raum. Dort werden Sie fünf Spinnen auf ihren Körper setzen und für 20 Minuten nicht abnehmen dürfen", ertönt es nun ebenso wütend aus dem Lautsprecher.

Grinsend schaue ich die Luke an, die sich im selben Moment öffnet und gehe mit schnellen Schritten auf diese zu. Die anderen fünf sehen mir sprachlos hinterher und können nicht fassen, dass ich den Kerl bewusst provoziert habe, um Jin zu helfen. Ich gehe rasch durch die Luke hindurch und höre, wie sie sich hinter mir schließt. Jin mustert mich perplex, aber wirkt erleichtert mich zu sehen.

„Wir teilen uns die Aufgabe. Du kriegst fünf Spinnen und ich kriege fünf Spinnen", lächle ich ihm aufmunternd zu und klopfe ihm auf die Schulter, bevor ich mich an die Spinnen wende und vorsichtig meine Hand in den Behälter lege.

„Warte, was? Wieso? Und hast du keine Angst vor den Spinnen?", fragt er mich verwirrt und gleichzeitig angeekelt.

„Ich habe den Sprechtypen provoziert und beleidigt. Darum habe ich jetzt eine Strafe bekommen und darf jetzt auch mit den Spinnen spielen. Die sind doch süß. Du musst dir nur vorstellen, dass das Welpen sind", kläre ich ihn auf und schaue einer Spinne dabei zu, wie sie auf meine Hand klettert.

Vorsichtig hebe ich sie dann hoch und halte sie vor Jins Gesicht, der sofort zurückschreckt und mich panisch anschaut. Ich ziehe direkt meine Hand weg und entschuldige mich bei ihm. Schwer atmend starrt er mit voller Panik in seinen Augen die Spinne in meiner Hand an und entfernt sich immer mehr von mir.

„Hab keine Angst. Setz dich einfach auf den Stuhl und ich lege dir fünf Spinnen einfach auf deine Beine. Du musst sie nicht anfassen, wenn du nicht willst", rede ich auf ihn ein und streichle mit meinem Zeigefinger über den Rücken der haarigen Spinne.

Es kitzelt ein wenig auf meiner Haut, wenn sie sich bewegt, aber sonst geht das klar. Jin nickt zögerlich bei meinen Worten und beruhigt sich etwas, als er bemerkt, dass diese Spinne mich nicht verletzt und brav auf meiner Hand herumkrabbelt. Langsam setzt er sich auf den Stuhl und atmet kurz ein und aus, bevor er mich anschaut und sich wohl Mut angesammelt hat.

„Du kannst sie auf mich legen", gibt er mir leise Bescheid.

„Bist du dir sicher? Du darfst keine ruckartigen Bewegungen machen", frage ich nochmal nach.

Er nickt mir entschlossen zu und schenkt mir ein kleines Lächeln, welches ich sofort breit erwidere und ihm anschließend vorsichtig die erste Spinne auf den Oberschenkel lege. Augenblicklich kneift er die Augen zusammen, aber reißt sich am Riemen, um nicht laut loszukreischen. Schnell laufe ich wieder zum Behälter und lege wie vorhin meine Hand in diesen, damit die Spinnen auf meine Hand klettern. Nach wenigen Sekunden tut es schon die nächste und ich setze sie mir sogleich auf meine Schulter, damit wir uns das ganze schnell hinter uns haben.

Nach mehreren Minuten befinden sich die zehn Spinnen auf unseren Körpern und krabbeln ein bisschen herum. Jin hat seinen ganzen Körper angespannt und bewegt sich keinen einzigen Zentimeter mehr.

„Ich muss mich jeden Moment übergeben", teilt er mir mit und schaut hoch an die Decke, da er die Spinnen auf seinen Beinen nicht sehen will.

„Wieso hast du denn so eine Phobie vor Spinnen?", frage ich ihn, weil ihm sogar Schweißtropfen über das Gesicht laufen und seine Hände unkontrolliert zittern.

„In meiner Kindheit hat mich mein großer Bruder in den Keller meiner Oma gesperrt und dort waren gefühlt tausende Spinnen, die alle auf meinen Körper gekrabbelt sind. Manche sind in meine Ohren und Nasenlöcher gekrabbelt, sodass ich ins Krankenhaus musste, um sie wieder rauszuhol-.. Urgh..", erzählt er mir und würgt plötzlich auf.

Er versucht sich noch eine Hand über den Mund zu halten, aber es nützt nicht mehr, da ihm sein Mageninhalt schon aus dem Mund spritzt. Augenblicklich dreht er sich in die andere Richtung und fängt an zu brechen. Währenddessen stehe ich nur angeekelt und schockiert neben den Behälter und weiß nicht, was ich tun soll.

„Entschuldigung? Haben die 20 Minuten schon angefangen?", frage ich etwas hilflos.

„Wir haben vor 15 Minuten angefangen, den Timer zu stellen, als Sie die erste Spinne auf ihren Körper gesetzt haben. Darum müssen sie nur noch fünf Minuten aushalten!", ruft der Kerl und hört sich etwas besorgt an.

Nun hast du auch bemerkt, dass das ein scheiß Idee gewesen ist, jemanden mit einer Spinnenphobie mit Vogelspinnen in einen Raum zu setzen, hm? Ich schüttle den Kopf und gehe auf Jin zu, der angefangen hat zu weinen und streichle ihm sanft über den Rücken, um ihn etwas zu trösten.

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