Kapitel 38: Nebenwirkungen

Namjoons Sicht:

Eine gefühlte Ewigkeit ist vergangen, nachdem sie den Typen mitgenommen haben. Der Professor hat sich seitdem auch nicht mehr zu Wort gemeldet. Wir anderen konnten auch nicht mehr weiterschlafen und haben beschlossen, Jeongguk nicht mehr aus den Augen zu lassen. Darum sitzen Taehyung, Yoongi und Jimin auf Taehyungs Bett, während Hoseok, Jin und ich auf Stühlen vor Jeongguks Bett hocken. Keiner spricht, sondern verfolgt seine eigenen Gedanken und beobachten den Jüngsten von uns, der unruhig schläft. Yoongi hat freiwillig das Blut vom Boden gewischt, weil er sich erstmal selbst beruhigen musste, bevor er Jeongguk überhaupt ansehen konnte. Ich bin mir sicher, dass der Professor momentan nicht mal anwesend ist und dass wir nicht beaufsichtigt werden.

Jeongguk schwitzt stark und bewegt sich unruhig. Scheinbar lässt das Heroin nach, sodass er die ganzen Schmerzen wieder spürt. Er wimmert leise vor sich und sein Atem beschleunigt sich auf einmal rasant. Alarmiert rutschen Jin und ich nach vorne und springen direkt auf, als er beginnt im Schlaf zu würgen. Jin ist schneller als ich und hält den grauen Eimer in einer Hand, während er den Kleinen am Nacken packt und aufrichtet, sodass er sich in den Eimer übergibt. Dieser wacht dadurch auf und klammert sich an den Eimer, während er bloß Magensäure ausspuckt. Ich verziehe das Gesicht und muss mich zusammenreißen, nicht selbst zu kotzen. Den anderen ergeht es nicht anders, aber Jin hält ihn fest und achtet darauf, dass Jeongguk nicht den Eimer verfehlt.

Hektisch schnappt er nach Luft und muss gleichzeitig würgen, sodass er erstickte Laute von sich gibt. Ihm laufen haufenweise Tränen über die Wangen und er setzt sich mit der Hilfe von dem Ältesten auf, damit er besser atmen kann. Er steckt den Kopf in den Eimer und übergibt sich ein weiteres Mal. Jin streichelt ihm über den Rücken und verzieht das Gesicht etwas, als er in den Eimer schaut.

„Ich kann mir das nicht anschauen. Es tut mir leid", entschuldigt sich Jimin mit belegter Stimme und steht ruckartig auf, um zu verschwinden.

Taehyung und Hoseok entschuldigen sich auch und rennen mit Jimin in Richtung Toiletten, um sich wahrscheinlich selbst zu übergeben. Jeongguk weint gequält und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht.

„M-Mir geht es g-gar nicht gut. M-Mein Körper tut... tut weh", bringt er zittrig heraus und atmet stockend ein, während er vor sich hin weint und sich selbst vor und zurück wippt.

„Deine Temperatur hat sich auch deutlich erhöht. Das sind die Nebenwirkungen. Dein schwacher Körper erträgt so eine starke Droge nicht", sagt Jin in einem ruhigen Ton und legt ihm eine Hand auf die schwitzige Stirn, um seine Temperatur zu messen.

„Hilf mir... Bitte", fleht Jeongguk ihn an und hält sich mit beiden Händen den Bauch.

Ihm laufen dicke Schweißperlen über das Gesicht und seinen Hals, sodass sein helles T-Shirt langsam durchsichtig wird. Seine Augen haben keinen Fokus und sind Blut unterlaufen. Er wirkt nicht mal richtig anwesend. Yoongi setzt sich zu ihnen aufs Bett und hält den Eimer für Jeongguk, der sich im selben Rhythmus nach vorne und hinten wippt. Seine Lippen beben und er schluchzt ununterbrochen.

„Was sollen wir machen? Wir können ihm gar nichts geben", fragt Jin verzweifelt.

„Er muss was trinken. Er hat gerade nur Magensäure ausgekotzt und verliert übermäßig viel Wasser durch das ganze Schwitzen. Darum geht seine Temperatur nicht mehr runter", erwidert Yoongi besorgt und stellt den Eimer auf den Boden.

„Dann setzen wir ihn einfach in die Dusche und versuchen ihm zum Trinken zu animieren. Wir müssen ihn zwar hintragen, aber das übernimmt Namjoon", sagt Jin und schaut mich aus dem Augenwinkel an.

Yoongi reißt die Augen auf und schlägt dem Ältesten gegen die Brust, der ihn irritiert anschaut und sich eine Hand über die Stelle legt, bevor er wenige Sekunden danach realisiert, dass er meinen Namen gesagt hat und die Lippen zusammenpresst.

„Warum sagst du seinen Namen? Willst du, dass der Professor uns wieder bestraft?", faucht Yoongi ihn leise an.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass uns gerade niemand beobachtet. Der Professor hätte ihn schon längst angemeckert, wenn er da wäre", meine ich und stehe auf, um mir Jeongguk zu schnappen, der kaum ansprechbar ist.

Ich greife ihm unter die Arme und ziehe ihn aus dem Bett. Er stöhnt vor Schmerzen und fängt stärker an zu weinen, als er mit seinem Oberkörper gegen meinen knallt. Panisch drücke ich ihn an den Schultern von mir weg, jedoch klappt er zusammen und fällt fast zu Boden, wenn Jin ihn nicht an den Seiten aufrecht halten würde. Jeongguk wimmert laut und verkrampft so stark, dass ich mich nicht mehr traue, ihn irgendwie zu bewegen. Wie aus dem Nichts, verpasst er mir eine heftige Backpfeife, die mich komplett überrumpelt und nicht mal reagieren kann.

„FASS MICH NICHT AN! GEH WEG!", brüllt der Kleine hysterisch und schubst mich mit voller Wucht von sich weg.

Er fällt zurück auf sein Bett, während ich auf meinen Hintern knalle und ihn erschrocken anstarre. Jin nimmt sofort Abstand zu ihm und Yoongi hilft mir wieder aufzustehen. Jeongguk presst seine Hände in sein Gesicht und schreit qualvoll los. Dabei schlägt er sich fest gegen die Wangen und kratzt über seine Lippen, als würde irgendwas über seine Haut krabbeln.

„Hey, HEY! HÖR AUF!", schreit Jin ihn an und hält seine Hände fest, damit er sich keine weiteren Wunden zufügt.

„LASS MICH! HAU AB! ICH WILL DEINE BESCHISSENEN SPRITZEN NICHT! ICH WILL SIE NICHT!", schreit Jeongguk laut und verfällt in einen Heulkrampf.

Sein Kopf läuft rot an und er ringt nach Luft, als würde Jin ihn erwürgen und umbringen, obwohl er bloß seine Hände festhält. Denkt er etwa, dass wir dieser Typ sind? Yoongi hat wohl denselben Gedanken und zerrt Jin von ihm runter, der auf den Boden fällt und uns ratlos ansieht. Das Beste, was wir tun können, ist, ihm nicht mehr zu nahe zu kommen. Jeongguk legt sich auf die Seite und zieht seine Beine an seine Brust, sodass er wie ein Embryo da liegt. Er streichelt mit beiden Händen über seinen Kopf und hat die Augen fest geschlossen, während er immer und immer wieder 'Fass mich nicht an' flüstert. Taehyung, Hoseok und Jimin reißen die Tür von den Toiletten auf und fragen uns direkt, was mit Jeongguk los ist, als sie ihn zusammengekauert auf dem Bett liegen sehen.

„Keine Ahnung! Er hat auf einmal losgeschrien, dass wir ihn nicht anfassen sollen und er keine Spritze möchte", erklärt Jin und steht vom Boden auf.

„Es kann gut sein, dass er denkt, dass wir der Mann sind und ihm weh tun wollen. Als er gestern diese Panikattacke hatte, dachte er ja auch, dass ich ihn auslache", spricht Taehyung meinen Gedanken aus und nähert sich dem Jüngeren langsam.

„Was sollen wir jetzt tun? Wir müssen ihm wenigstens ein bisschen Wasser geben, aber wenn wir ihn nicht berühren dürfen, dehydriert er uns noch", gibt Yoongi verzweifelt von sich.

Taehyung schaut zu Jeongguk und zieht die Augenbrauen zusammen. Anscheinend hat er eine Idee und ist sich noch unsicher, ob das funktionieren wird. Er dreht sich dann zu uns und kaut nervös auf seinen Lippen herum.

„Wir müssen ihn aus der Situation rausholen und meistens hilft ein Tapetenwechsel. Euch wird das nicht gefallen, aber wir müssen ihn an Händen und Füßen packen und ihn ohne jegliche Diskussion unter eine Dusche setzen. Schaut, er reagiert nicht mal mehr auf meine Worte, da seine Gedanken ihn einnehmen", sagt Taehyung vollkommen ernst.

„Bist du bescheuert? Der kriegt doch noch einen Herzinfarkt, wenn wir das machen!", ruft Jimin aufgebracht.

„Was sollen wir in deinen Augen sonst machen? Ihn stundenlang hier liegen lassen, bis er ohnmächtig wird oder wieder kotzen muss? Wenn es dir nicht passt, du Schlaumeier, dann kannst du uns die Türen offenhalten", fährt ihn Taehyung gereizt an, was Jimin wütend macht.

„Wenn sich seine Lage dadurch verschlimmert, dann gebe ich dir die Schuld!", knurrt er ihn an und stellt sich dann auf Jeongguks rechte Seite.

„Ist mir egal, Jimin. Wer anpacken möchte, greift jetzt entweder unter seine Kniekehlen und unter seine Achseln. Zwei von uns müssen seine Arme festhalten, damit er uns nicht verletzen kann", erwidert Taehyung und sieht uns anderen an, ob wir damit einverstanden sind.

Mit einem mulmigen Gefühl stelle ich mich neben Jimin, während sich Yoongi und Hoseok neben Taehyung stellen. Jin stellt sich dann auch zu uns, sodass Taehyung und Jimin ihn an den Achseln und Hoseok und Jin an den Kniekehlen hochheben. Yoongi und ich müssen seine Arme festhalten, falls er komplett ausflippen sollte.

„Wir machen das am besten so schnell wie möglich. Namjoon und ich drehen ihn auf den Rücken und ihr hebt ihn sofort hoch. Wir tragen ihn in den Waschraum und machen ihn mit Wasser nass. Vielleicht kommt er dann etwas zu sich", meint Jin und zittert vor Aufregung.

Wir anderen nicken einverstanden und begeben uns auf Position. Eine andere Möglichkeit gibt es wohl nicht. Der Älteste zählt bis zur Drei und schlingt rasch seine Arme um Jeongguks Knie, während ich ihn am Arm packe und ihn mit Jin auf den Rücken ziehe. Er kreischt wie am Spieß los und rammt mir beinahe seine Faust in den Magen, jedoch greift Yoongi nach seinem Handgelenk und macht ihn bewegungsunfähig. Mein Puls steigt auf 180 und ich habe etwas Angst um Jeongguk, der sich mit ganzer Kraft gegen uns wehrt.

„LASST MICH LOS! FASST MICH NICHT AN! IHR BRINGT MICH UM! AAAAAAAHHHHHH! HILFE! HILFEEEEE!", kreischt er uns um die Ohren und versucht sich zu wehren, als wir ihn mit einem Ruck hochheben und mit schnellen Schritten in den Waschraum tragen.

Bei seinem panischen Geschrei wird mir schon wieder kotzübel und ich kann ihm nicht ins Gesicht schauen. Im Waschraum öffnet Taehyung die erste Duschkabine und sagt, dass Jin und Hoseok seine Beine loslassen sollen, was sie auch tun. Aber der Kleine versucht direkt nach ihnen zu treten, sodass sie mehrere Schritte nach hinten stolpern und ihn verschreckt anschauen.

„FICKT EUCH, IHR BESCHISSENEN ARSCHLÖCHER! IHR WERDET ES BEREUEN! BEREUEN!", brüllt er sie an, sodass ich ihm doch ins Gesicht schauen muss, aber stelle fest, dass er gar nicht registriert, wer vor ihm steht.

„Lasst ihn los, wenn ich das Wasser anschalte", befehlt Taehyung und schaltet das Wasser an.

Jeongguk fährt in sich zusammen und wir lassen von ihm ab, bevor wir uns hastig von ihm entfernen. Ich knalle gegen Jin, der sich in meinen Arm krallt und den Kleinen beobachtet. Dieser wird komplett nass und beruhigt sich langsam, nachdem wir ihn nicht mehr berühren. Er zieht die Beine an seine Brust und atmet stockend ein. Sein ganzer Körper bebt und er schnauft angestrengt. Er reibt sich über die Stellen, die wir berührt haben und starrt zu Boden. Wir schauen ihn schweratmend an und sind völlig fertig mit der Welt. Ich fahre mir mit der nassen Hand über das Gesicht und hoffe einfach, dass es ihm gleich besser geht. Mir geht es gerade so beschissen, weil wir ihm das gerade angetan haben. Offensichtlich haben diese wenigen Sekunden ihn so gestresst, dass er sich wieder übergeben muss. Diesmal kommt nur noch gelber Schaum aus seinem Mund, der vom Wasser weggespült wird. Jeongguk hebt den Kopf langsam und sieht uns mit völlig toten Augen an. Wassertropfen fließen über sein blasses Gesicht und er sitzt vollkommen ruhig da. Ich erschaudere und bekomme eine Gänsehaut auf dem gesamten Körper, als ich seine nächsten Worte höre: „Berührt mich nie wieder ohne Erlaubnis, sonst breche ich euch jeden einzelnen Finger".

Danach rollen seine Augen nach hinten und er kippt zur Seite. Sein Kopf knallt gegen die Wand der Duschkabine und rutscht an dieser herunter auf den Boden. Regungslos stehen wir da und müssen das ganze erstmal Sacken lassen. Jimin ist der erste, der sich aus seiner Starre löst und dreht sich zu Taehyung.

„Das war eine beschissene Idee!", zischt er ihm ins Gesicht und bohrt seinen Finger gegen Taehyungs Brust.

„Halt schon die Klappe! Wenigstens kam er aus diesem Heulkrampf bzw. Mantra raus! Er ist nicht klar im Kopf gewesen. Wir mussten ihm die Möglichkeit geben, sich an einem anderen Ort zu beruhigen!", verteidigt sich der Braunhaarige sauer und schlägt die Hand des anderen weg.

„Hört doch mal auf euch die ganze Zeit anzuzicken! Bringt mir lieber trockene Klamotten für ihn", mault Yoongi sie genervt an und geht auf Jeongguk zu, um das Wasser abzustellen, das auf ihn geprasselt ist.

„Genau, wir können es uns nicht leisten, schon wieder aufs Kriegsbeil zu gehen!", stimmt Hoseok ihm zu und eilt ihm zur Hilfe, da er dabei ist, Jeongguk wieder aufzusetzen.

Jimin und Taehyung murren vor sich, aber gehen dann zusammen in den Wohnraum, um die Kleidung zu holen. Das ist das reinste Chaos in diesen vier Wänden. 

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Sorry, bin fast eingepennt und musste dann doch mehr verbessern und dazu schreiben, als ich dachte. 

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