Kapitel 30: Fragen & Ohrfeigen
„Das freut uns sehr, Nummer 7. Stellen Sie sich doch bitte auf und schieben die beiden Stühle an die Wände", sagt der Professor deutlich erfreut.
Ohne irgendwas zu sagen, stehe ich vom Stuhl auf und hebe ihn an der Stuhllehne hoch, um ihn hinter mir an die Wand zu stellen. Danach laufe ich zu Namjoons Stuhl und mache das gleiche mit diesem. Dabei würdige ich dem zusammengekauerten Namjoon, der sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt hat und vor Schmerzen nicht bewegen kann, keines Blickes. Als die beiden Stühle aus dem Weg geschafft sind, ertönt ein lautes Geräusch im schwarzen Raum, sodass Yunho und ich zusammenzucken. Ich schaue sofort an die Wand vor mir, die sich einen Spalt öffnet. Ich reiße die Augen auf und erstarre als dieser Riese von Mann den schwarzen Raum betritt.
Hart schlucke ich und bewege keinen einzigen Muskel. Er ist komplett in schwarz gekleidet und trägt eine Sonnenbrille und eine schwarze Mütze, sodass ich seine Augen und Haare nicht sehe. Die Öffnung schließt sich hinter ihm und er läuft auf Yunho zu. Ich spanne mich an und hoffe, dass er ihm jetzt nichts antut.
„Spieler 0, Sie werden den schwarzen Raum nun verlassen, da Nummer 7 ihre Aufgabe übernehmen wird", teilt der Professor ihm mit.
Was für eine Aufgabe? Yunho und ich tauschen schweigend Blicke aus, während der Riese Yunhos Handschellen öffnet. Als alle Handschellen geöffnet sind, bleibt mein bester Freund erst ruhig sitzen, bis der Mann auf Namjoon zugeht. Yunho nutzt diese Chance und steht ruckartig auf, um zu mir zu rennen und sich in meine Arme zu schmeißen. Ich verziehe das Gesicht, aber lege meine Arme genauso fest um ihn und würde ihn am liebsten gar nicht mehr loslassen.
„Du hast dir mit dieser Aktion keine Freunde gemacht. Pass bitte auf dich auf", murmelt er mir ins Ohr und drückt mich immer mehr an sich, sodass es schon schmerzt.
„Ich brauche diese Bastarde nicht als Freunde. Die können mich kreuzweise am Arsch lecken und du weißt doch, dass ich super auf mich selbst aufpassen kann", flüstere ich verbittert zurück und spüre, wie er am ganzen Körper eine fette Gänsehaut bekommt.
Fassungslos schaut er mir in die Augen und lässt mich langsam los, während ich ihn emotionslos anschaue und ihn ebenfalls loslasse. Er schüttelt den Kopf und packt mich an den Schultern, um mich durchzurütteln.
„Jeongguk, was ist alles passiert? Das bist nicht du. Du würdest sowas niemals sagen. Ich erkenne dich nicht wieder", fragt er mich besorgt und es sammeln sich Tränen in seinen Augen.
„Nichts. Mach dir keine Sorgen um mich", erwidere ich kalt und drücke ihn von mir weg.
„Hör gefälligst auf Nummer 7 mit so einem Bullshit vollzulabern. Er entscheidet sein Handeln in diesem Experiment selbst. Da hast du nicht reinzureden, Spieler 0. Professor, wir sind bereit den schwarzen Raum zu verlassen", keift der Riese meinen besten Freund an und greift nach seinem linken Arm, um ihn zu der Wand zu zerren, die sich eben noch einen Spalt geöffnet hatte.
Diese öffnet sich nach wenigen Sekunden und der Riese zieht Yunho gnadenlos mit sich, der mich verzweifelt ansieht und sich versucht aus dem Eisengriff zu lösen. Jedoch hat er keine Chance und verschwindet mit dem Riesen hinter der Wand. Habe ich gerade tatenlos dabei zugeschaut, wie dieser Kerl Yunho mit sich zerrt und hatte nicht mal den Drang dazwischen zu gehen?
„Heute überraschen Sie mich immer wieder, Nummer 7. Das wollte ich von Ihnen sehen. Setzen Sie sich durch und bieten Sie den anderen endlich mal die Stirn! Sie haben es die ganze Zeit auf die nette Weise versucht, aber wie Sie schon gesagt haben, wurde ihre Nettigkeit zu Füßen getreten. Darum erlaube ich es Ihnen, dass Sie die Aufgabe von Spieler 0 übernehmen, da Nummer 4 für seine Taten bestraft werden muss", sagt der Professor überglücklich und ist auf einmal so nett zu mir.
Vielleicht geht ihm Namjoon genauso auf den Sack wie mir und freut sich, dass ihm jemand mal auf die Fresse haut. Ich weiß nicht, aber ich fühle mich komisch. Mir steigt das ganze Experiment über den Kopf. Ich habe meine Emotionen nicht unter Kontrolle. Ich fühle mich wie eine tickende Zeitbombe, die immer wieder platzen möchte. Ich spanne meinen ganzen Körper an und sehe zu Namjoon, der mich mit einem Todesblick durchbohrt. Der Mann hat ihn an denselben Stuhl gefesselt, auf dem Yunho die ganze Zeit saß. Bloß in Namjoons Gesicht zu sehen, bringt mein Blut ins Lodern.
„Nummer 4. Da sie zwei andere Mitspieler verletzt und Nummer 7 schon mehrmals angegriffen haben, können Sie ihre Aufgabe NICHT an andere weitergeben oder wechseln.
Ihre Aufgabe besteht darin verschiedene Fragen zu beantworten. Wenn Sie mehr als 30 Sekunden brauchen, um eine Frage zu beantworten, die ihnen Nummer 7 stellen wird. Falls Sie die Frage nicht beantworten können, dann darf Nummer 7 Ihnen eine Ohrfeige verpassen", erklärt der Professor Namjoons Aufgabe, was mich augenblicklich zum Lachen bringt.
„Sie wollen mich doch verdammt nochmal verarschen! Dieser Affe provoziert mich ständig und hat mir eben noch in den Bauch geboxt! Wieso darf er mir jetzt Backpfeifen verpassen?", ruft Namjoon entsetzt.
„Das hat er dir doch eben schon erklärt. Du hast Jin und Hoseok verletzt und mich mehrmals angegriffen. Ich habe mich nur selbst verteidigt. Darum darf ich dir jetzt in die Fresse schlagen", erwidere ich lachend und muss mir den Bauch halten, weil ich das zum Schreien finde.
„Warte ab, wenn wir wieder im Wohnraum sind, dann hast du nichts mehr zu lachen", droht er mir knurrend und erinnert mich langsam an einen aggressiven Hund.
Mein Mundwinkel hebt sich ein Stück, während ich mir den einen Stuhl an der Wand schnappe, um ihn genau vor Namjoon zu stellen und mich anschließend auf diesem niederzulassen. Hasserfüllt starrt er in meine Augen und zittert am ganzen Körper vor Wut. Ich lehne mich entspannt auf dem Stuhl zurück und sehe ihn arrogant an.
„Solltest du es wagen, mich nochmal anzufassen. Dann werde ich dir nicht nur in den Bauch boxen, du Wichser", erwidere ich unbeeindruckt von seiner Drohung.
„Falls Sie so weit sind, würde ich Sie bitten mit der ersten Frage zu beginnen. Hinter Nummer 4 werden Ihnen die Fragen angezeigt, Nummer 7. Lesen Sie diese bitte laut und deutlich vor", teilt mir der Professor mit und ich nicke bloß.
Keine Sekunde später leuchtet ein Bildschirm hinter Namjoon auf. Für einige Sekunden sieht man nur ein weißes Rechteck, bis sich eine PowerPoint Folie öffnet, auf der die Worte 'Frage 1' steht. Danach erscheint auch unter der Überschrift die Frage in kleinerer Schrift.
„Zählen Sie alle Vornamen ihrer Mitspieler auf und nennen Sie die Nummern dazu", lese ich vor und sehe Namjoon dann erwartungsvoll an, da diese Frage viel zu einfach ist.
„Okay... ähm... Nummer 1 heißt Seok...jin. Nummer 2 heißt... äh... fuck... Yo-Yoongi? Nummer 3 heißt Hoseok. Nummer 4 heißt Namjoon. Nummer 5 heißt Jimin. Nummer 6 heißt Tae... Taeyoung? Taehyung? Und Nummer 7 heißt... Jeongguk", gibt er zögerlich von sich, aber beantwortet die Frage richtig.
War das gerade wirklich schwer für ihn, sich daran zu erinnern? Nennt er uns etwa sogar in seinem Kopf nach unseren Nummern? Wie komisch. Da er die Frage richtig beantwortet hat, erscheint die zweite Frage auf dem Bildschirm.
„Wie alt sind alle Mitspieler?", lese ich vor und runzle die Stirn, weil selbst ich das nicht mehr weiß.
„Euer scheiß Ernst? Woher soll ich das noch wissen? Ihr habt das am Anfang ein einziges Mal erwähnt! Keine Ahnung", regt sich Namjoon auf und gibt sich nicht mal die Mühe zu überlegen.
An seiner Stelle würde ich das auch nicht tun. Er würde einfach viel zu lange brauchen. Auf einmal flackert das Licht über uns rot und ein Alarm ertönt durch die Lautsprecher. Soll ich ihm jetzt eine klatschen oder was soll das heißen? Namjoon ballt seine Hände zu Fäusten und knirscht mit den Zähnen. Unentschlossen warte ich ein paar Sekunden ab und sehe den Idioten an, der mich bloß mit seinen Blicken tötet. Das rote Flackern und der Alarm scheinen nicht aufzuhören, bis ich ihm eine reinhaue.
„Mach doch jetzt mal!", zischt mir dieser Bastard zu.
Wie von selbst hebt sich meine rechte Hand und trifft mit voller Wucht seine linke Wange, sodass das Klatschen unserer aufeinandertreffenden Haut im Raum schallt und sein Gesicht zur Seite fliegt. Meine Hand fängt an zu kribbeln und zu ziehen. Dagegen zeichnet sich mein Handabdruck auf seiner Wange ab und bringt mich zum Grinsen. Er presst die Lippen zusammen und dreht seinen Kopf in meine Richtung. Das Licht und der Alarm stoppen sofort, sodass totenstille zwischen uns herrscht.
„Du bist tot", flüstert mir dieser Idiot zu, was mich ziemlich unberührt lässt.
Seine ganzen Drohungen gehen mir sowas von am Arsch vorbei. Er hat mich doch gerade aufgefordert, ihn endlich zu schlagen. Was hat der eigentlich für Probleme? Wie kann man so eine beschissene Nervensäge sein? Ich erwidere nichts zu seiner Drohung und werfe einen Blick auf den Bildschirm, der mir die nächste Frage anzeigt.
„Was schmeckt besser als es riecht?", frage ich ihn und runzle Stirn bei dieser komischen Frage.
„Keine Ahnung? Knoblauch? Zwiebeln?", gibt er gereizt von sich und beantwortet die Frage natürlich falsch, sodass die Lichter wieder rot flackern und dieses unerträgliche schrille Geräusch wieder beginnt.
Diesmal zögere ich nicht und klatsche ihm fest eine, damit das direkt aufhört. Namjoon beißt sich auf die Lippe und würde mich am liebsten verprügeln, da meine Schläge nicht leichter werden. Bevor die nächste Frage angezeigt wird, erscheint die Antwort für das Rätsel, was mich entgeistert in den Sitz zurücksacken lässt.
„Die Antwort war die Zunge", teile ich Namjoon mit.
„Nicht im Ernst", murmelt er genervt.
„Anscheinend schon. Okay, nächste Frage. Was gibt es im Dezember, was es sonst in keinem anderen Monat gibt?", seufze ich und lese dann die nächste Frage vor, die mir erscheint.
Für einen Moment schaut mich Namjoon schweigend an und scheint wirklich überlegen zu wollen. Ruhig sehe ich ihm in die Augen, die mein ganzes Gesicht analysieren. Namjoon ist eigentlich ziemlich gutaussehend, wenn sein abstoßender Charakter ihn nicht hässlich machen würde. Mein Blick wandert über seinen breiten Körper und halten bei seinen Oberschenkeln. Man erkennt seine definierten Muskeln durch den dünnen hellblauen Stoff, der auf seiner Haut liegt.
„Es ist das 'D'. Kein anderer Monat hat ein 'D" im Wort", beantwortet er die Frage und reißt mich aus meinen Gedanken, sodass ich ihm wieder ins Gesicht sehe.
Einige Sekunden vergehen, in denen wir auf das rote Flackern warten, aber scheinbar ist die Antwort richtig, da die nächste Frage angezeigt wird.
„Welche Bildung macht nicht intelligenter?", frage ich ihn und weiß sofort die Antwort.
„Die Einbildung. Deswegen bist du so blöd, du eingebildeter Affe", grinst mich Namjoon schief an.
„Du kleiner Wichser", lache ich ungewollt, weil ich eigentlich diesen Spruch bringen wollte, doch er kam mir zuvor.
Die nächste Frage wird eingeblendet und bei der weiß ich ganz genau, wie er darauf antworten wird. Ich atme tief ein, um nicht mehr zu lachen, aber dies gelingt mir nicht so gut.
„Welcher Knecht arbeitet ohne Lohn?", bringe ich kichernd über die Lippen und sehe ihn erwartungsvoll an.
„Du", antwortet er amüsiert und nickt in meine Richtung.
„Ich wusste es! Komm her", rufe ich lachend und klatsche ihm etwas leichter gegen die Wange, bevor dieser schrille Alarm ertönt.
Namjoon beginnt auch zu lachen und schüttelt den Kopf bei meiner fröhlichen Reaktion. Diese Aufgabe macht echt Spaß, wenn das so lustige Fragen sind. Dadurch vergesse ich sogar, dass der Idiot vor mir voll die Kackbratze ist. Ich meine, vor wenigen Sekunden haben wir uns versucht gegenseitig umzubringen.
„Okay, okay. Nächste Frage. Drei Männer gehen schwimmen, aber nur einer von ihnen bekommt nasse Haare. Wie ist das möglich?", lese ich vor und sehe Namjoon sofort an, der nur die Lippen zusammenpresst und wohl an dasselbe wie ich denkt.
„Wahrscheinlich wegen einem heißen Dreier in den Gewässern", gibt er belustigt von sich.
Im selben Moment fangen wir beide an dreckig zu lachen und schauen uns an, wodurch wir noch mehr lachen. Der Alarm und das flackende Licht beginnen nach wenigen Sekunden, jedoch ignorieren wir es und müssen uns erstmal sammeln. Geschwächt vom Lachen beuge ich mich schließlich zu Namjoon und schlage ihm wieder gegen die Wange, jedoch lacht er bloß weiter und versucht sich wieder einzukriegen.
„Ich kann nicht mehr", seufze ich grinsend und wische mir die Lachtränen aus den Augen.
„Die Fragen sind so dumm. Wie soll man da ernst bleiben?", fragt er mich und ist vollkommen erschöpft.
„Euch wird das Lachen noch vergehen", ertönt es plötzlich aus den Lautsprechern.
Abrupt breitet sich ein unangenehmes Gefühl in meiner Brust aus und meine Gesichtszüge verhärten sich. Dem Älteren vor mir ergeht es nicht anders, da er völlig angespannt auf seinem Stuhl sitzt und langsam seine Hände zu Fäusten ballt.
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