Kapitel 27: Affen im Käfig
Jeongguks Sicht:
Die Luke zum schwarzen Raum öffnet sich und Namjoon geht mit langsamen Schritten darauf zu. Sein ganzer Körper ist angespannt und seine Halsschlagader sticht deutlich heraus. Als er an mir vorbeigeht, rammt er seine Schulter gegen meine und wirft mir einen giftigen Blick zu. Dadurch teilt er mir mit, dass die Sache noch nicht gegessen ist. Ich verdrehe die Augen und habe Besseres zu tun, als mich mit diesem Gorilla auseinander zu setzen. Während Namjoon hinter der Luke verschwindet, kümmern sich die anderen Drei um die zwei Verletzten. Jimin und Jin setzen sich an den Esstisch und sprechen leise miteinander. Yoongi und Taehyung tragen Hoseok zu seinem Bett und die komische Krankenschwester watschelt ihnen hinterher. Dabei schreibt sie sich irgendwas auf das Klemmbrett, was mich skeptisch die Augenbraue hochziehen lässt. Mit schnellen Schritten stehe ich auch schon hinter ihr und schaue über ihre Schulter auf das Klemmbrett.
Wenige Sekunden später runzle ich die Stirn und bekomme eine eklige Gänsehaut, als ich eine Spalte auf dem Dokument sehe.
Todeszeitpunkt: am _________ um __________ Uhr
Grund des Todes:
□ Mord
□ Selbstmord
□ schwere Verletzungen
□ Herzinfarkt
□ Allergische Reaktionen
□ Unfall
□ Lebensmittelvergiftung
□ Überdosis
□ Elektroschock
□ Sonstiges
Beschreibung: __________________________________
Augenblicklich wird mir kotzübel, sodass ich mich abwenden muss und mir die Hand auf den Mund presse. Taehyung bemerkt meinen Gesichtsausdruck und sieht mich mit einem fragenden Blick an, jedoch schüttle ich den Kopf und wende mich von ihnen ab. Wir werden hier drin sterben. Sie werden uns umbringen oder wir bringen uns gegenseitig um. Scheiße... SCHEIßE! Wo sind wir gelandet? Was haben wir getan, damit wir sowas ertragen müssen? Sind wir alle so schlechte Menschen? Ist das unsere Strafe? Haben wir das verdient?
Mein Atem beschleunigt sich und meine Hände fangen an zu zittern, als ich zu meinem Bett laufe und mich daraufsetze. Ich bohre meine Finger in die Matratze und schließe die Augen, um mich zu beruhigen, indem ich tief ein und ausatme. Krieg jetzt keine verfickte Panikattacke, Jeongguk. Ich weiß, dass du Angst hast, aber du musst klar bei Sinnen bleiben. Du darfst ihnen nicht das geben, was sie wollen. Tief hole ich nochmal Luft und halte diese in meinen Lungen, bevor ich sie lange ausatme.
Hoseok wird nicht sterben und keiner wird irgendjemanden umbringen. Yoongi und Taehyung scheinen auf deiner Seite zu sein. Taehyung hat dir sein dunkelstes Geheimnis erzählt. Er kann nicht so schlimm sein. Reiß dich zusammen... Reiß dich zusammen! Halte die nächsten Tage einfach durch. Du musst durchhalten.
„Meine Herren, ich habe etwas zu verkünden", reißt mich der Professor aus meinen Gedanken und lässt mein Herz wieder rasen.
Danke für nichts. Ich öffne langsam meine Augen und schaue zur Leinwand, doch man sieht nur ein schwarzes Bild. Wieso zum Teufel sehen wir nicht direkt, was mit Namjoon passiert? Stockend hole ich Luft und lege eine Hand auf meine Brust. Ich spüre meinen eigenen Herzschlag, was mich noch unruhiger macht.
„Und was möchten sie uns verkünden?", fragt Yoongi genervt.
„Schön, dass Sie so neugierig sind. Das freut mich wirklich. Denn wir haben einen neuen Mitspieler dazu gewonnen. Aber er wird nicht bei Ihnen im Raum wohnen, sondern wird nur ein Teil der Aufgaben sein. Sein Name ist Spieler 0 und er befindet sich mit Nummer 4 im schwarzen Raum. Wollen Sie ihn kennenlernen?", verrät er uns und durch seine Tonlage kann man heraushören, dass er über das ganze Gesicht grinsen muss.
Eine neue Person? Wird er uns etwa bei den Aufgaben misshandeln oder wie soll ich das verstehen? Ich drehe mich zu den anderen, die genauso verwirrt sind wie ich und mit einem Nicken die Frage vom Professor beantworten. Daraufhin zeigt er uns endlich den schwarzen Raum, indem Nummer 4 und dieser Spieler 0 gegenüber voneinander auf zwei Stühlen sitzen. Namjoon schaut Spieler 0 mit weit aufgerissen Augen an und bringt kein Wort raus.
„Scheiße, wer zur Hölle ist das?", flucht Jimin los.
„Der Typ ist nicht freiwillig da drin. Guckt euch mal sein demoliertes Gesicht an. Der wurde als Boxsack benutzt", sagt Jin schockiert und hält sich die Hand vor den Mund, weil er wirklich echt übel aussieht.
Wieso kommt er mir so bekannt vor? Ich stehe vom Bett auf und gehe zum Esstisch, um mir den Mann mit den schwarzen Haaren und schwarzen Jogginganzug genauer anzusehen. Er wurde mit Handschellen an den Stuhl gefesselt und auf seinem Mund klebt Panzertape.
Plötzlich schaut er direkt in die Kamera und lässt das Blut in meinen Adern gefrieren. Ich stoppe in meinen Bewegungen und starre in Yunhos glasige Augen, in denen so viel Hass steckt. Mein Herz setzt mehrere Schläge aus und ich spüre, wie sich meine Kehle zusammenschnürt. Das ist jetzt nicht wahr. Was macht Yunho verdammt nochmal in diesem Raum? Wie kommt er hier her? Wenn Namjoon weiß, dass Yunho mein bester Freund ist, schlägt er ihm die Fresse ein. Ich versuche den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken und die Tränen aus meinen Augen zu blinzeln. Ich schnappe nach Luft und beginne wieder am ganzen Körper zu zittern.
Ich halte das doch nicht aus. Ich werde das nicht noch eine Woche aushalten. Wieso tun sie uns sowas an? Wieso ausgerechnet wir?
Verfickte Scheiße, ich kann mir so gut vorstellen, dass dieser Idiot eine Rettungsaktion starten wollte, weil ihm dieses Experiment irgendwann auch komisch vorkam. Mir laufen endgültig die Tränen über die Wangen und ich schlinge die Arme um mich selbst. Ich will hier weg. Sie werden ihm die schlimmsten Dinge antun, die ich mir vorstellen kann. Dieses Arschloch von Professor hat mich durch Yunho komplett in der Hand. Das ist doch sein verfickter Plan. Sie wollen uns alle umbringen.
„Professor, ich würde gerne den Raum nun verlassen. Nummer 3 wird jeden Moment wieder aufwachen und falls er Beschwerden hat, soll er sich ausruhen", meldet sich die Krankenschwester zu Wort und erinnert mich daran, dass sie auch hier drin war.
„Vielen Dank, sie können gleich den Raum-", sagt der Professor, jedoch unterbricht Jimin ihn.
„Hey, Nummer 7! Was ist los? Warum weinst du?", ruft er besorgt und steht von seinem Stuhl auf, um zu mir rüberzukommen und seine Hand auf meine Schulter zu legen.
Nun liegen alle Augenpaare auf mir und verschlimmern dieses schreckliche Gefühl. Das sind alles fremde Leute, die mich zu jeder Zeit angreifen können, wenn sie wollen. Sie haben alle die schlimmsten Dinge erlebt und könnten zu allem fähig sein. Ich darf hier niemanden vertrauen. Dementsprechend schlage ich Jimins Hand von meiner Schulter und trete mehrere Schritte zurück. Er drückt zischend seine Hand gegen seine Brust und sieht mich entsetzt an.
„Was soll der Scheiß? Das hat weh getan!", fragt er mich wütend.
„Fass mich gefälligst nicht an!", zische ich ihn schweratmend an und reibe meine Schulter, um das Gefühl seines Handabdrucks auf meiner Haut loszuwerden.
Haufenweise Tränen fließen mir über die Wangen und mir fällt es so schwer zu atmen. Hier sind keine Fenster. Wir atmen seit Tagen keine frische Luft ein und sind in diesen vier Wänden eingesperrt. Ich kann diese weißen Wände nicht mehr sehen. Ich will keine Nummer mehr sein. In meiner Brust schmerzt es so sehr, sodass ich anfange zu schluchzen und mich nicht mehr einkriege. Ich möchte hier raus. Sie werden uns hier drinnen umbringen. Ich habe solche Angst, dass sie Yunho misshandeln werden. Wenn ihm etwas passiert, dann habe ich niemanden mehr. Ich bin dann ganz allein. Energisch wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht, jedoch nützt das nichts, weil sie immer weiter fließen.
„Ich will hier raus. Bitte, ich will hier nur noch raus", weine ich und schaue mich verzweifelt im Raum um.
Meine Sicht ist verschwommen, aber ich kann das dumme Grinsen auf all ihren Gesichtern sehen. Warum lachen diese Idioten? Warum tun sie mir das an? Was habe ich ihnen getan? Die gehören bestimmt auch zu diesem Professor. Sie spielen mir alle etwas vor. Ich bin mir sicher.
„Nummer 7... Du musst dich beruhigen", kommt Taehyung auf mich zu und versucht auf mich einzureden, aber dieses blöde Grinsen in seinem Gesicht provoziert mich.
„Halt verdammt nochmal die Fresse! I-Ich bin nicht Nummer 7! Ich heiße Jeongguk! JEONGGUK! Ich bin mehr als eine dumme Nummer! WIESO GRINST DU MICH SO AN! HÖR AUF! HÖR AUF MICH AUSZULACHEN!", schreie ich ihn an und raufe mir die Haare, um fest an ihnen zu ziehen.
„Ich lache dich nicht aus! Mir ist nicht zum Lachen zu Mute, wenn du so weinst! Du drehst komplett durch und stellst dir irgendwelche Sachen vor!", lügt er mich schamlos an und stellt mich als einen Verrückten da.
„Hey, du! Was hast du auf dieses Klemmbrett geschrieben? Er hat gesehen, was da draufstand und rastet nun komplett aus! Was hast du dir da aufgeschrieben?", höre ich Yoongi wütend rufen, jedoch kleben meine Augen nur auf Taehyung.
Er kommt mir immer näher, sodass ich mehrere Schritte nach hinten stolpere und heftig mit Kopf schüttle. Er packt mich an den Oberarmen und rüttelt mich fest durch, jedoch presse ich meine Augen zusammen und meine Hände auf meine Ohren. Ich will nichts hören. Ich bin mir sicher, dass sie mich alle hassen und Tod sehen wollen.
Sie werden mich umbringen.
Sie werden mich umbringen.
Sie werden mich umbringen.
Sie werden mich umbringen.
Sie werden mich umbringen.
Sie werden mich umbringen.
Sie werden mich umbringen.
Sie werden mich umbringen.
Plötzlich reißt mir jemand die Hände von den Ohren und presst mich an seine Brust. Zuerst wehre ich mich und versuche die Person wegzuschubsen. Aber ich gebe schnell den Kampf auf, da das ganze Weinen mir die Kraft geraubt hat. Ich lasse meine Arme runterhängen und presse mein Gesicht in die Schulter desjenigen, während ich vor mich hin schluchze und mir wünsche, dass das alles nur ein blöder Scherz ist. Fest hält mich die Person in den Armen und wiegt uns hin und her, was mich einigermaßen beruhigt.
Ich öffne die Augen und sehe Taehyungs Gesicht vor meinem. Er sieht mich vollkommen besorgt an und dieses fiese Grinsen ist aus seinem Gesicht verschwunden. Jimin und Jin stehen hinter ihm und sind geschockt von meinem Ausbruch. Regungslos starre ich zurück in Taehyungs wässrige Augen und fühle mich wie betäubt. Anscheinend hält mich Yoongi gerade im Arm und versucht mich zu beruhigen. Die Krankenschwester hat sich wohl verpisst, da ich sie nicht mehr sehe. Schniefend drücke ich Yoongi von mir und drehe ihm den Rücken zu, um auf die Leinwand zu schauen. Yunho und Namjoon starren sich an und warten bloß darauf, was als nächstes passiert.
„Nummer 7, ich verstehe Ihren emotionalen Ausbruch. Immerhin haben sie mit Spieler 0 nicht gerechnet. Es ist doch schön ein bekanntes Gesicht zu sehen, oder? Auch, wenn er etwas zugerichtet wurde", sagt dieses elende Arschloch und ich höre im Hintergrund, wie mehrere Leute anfangen zu lachen.
„Klar. Es ist total schön, wenn der beste Freund gefesselt und verprügelt in diesem verfickten Raum sitzt und wahrscheinlich vor mei-meinen Au-Augen ge-ge-ge-gequält wird. War-Warum macht i-ihr das alles? Wie kö-könnt ihr Spaß daran haben, andere Menschen lei-lei-leiden zu sehen?", stottere ich und mir fließen erneut Tränen über die Wangen, als Yunho so sehe.
„WIR werden ihn doch nicht quälen. Er gehört nur zum Spiel und ihm wird heute nichts passieren. Wir wollten Sie doch nur mit ihm überraschen. Hören Sie bitte auf zu weinen", erwidert er und hält mich wohl für zu blöd, um seine komischen Andeutungen zu verstehen.
Das macht mich so wütend. Sie haben unser Leben in ihrer Hand und behandeln uns wie Affen in einem Käfig. Ich verstehe nun, weshalb so viele Tiere ihre Pfleger angreifen. Es fühlt sich furchtbar an, eingesperrt zu sein und von dummen Menschen ständig beobachtet, geärgert und ausgelacht zu werden.
„Heute wird ihm nichts passieren, aber morgen schon, oder wie? Wen wollt ihr hier eigentlich verarschen? Ich habe genau gesehen, was auf diesem Klemmbrett stand. Ihr bringt uns langsam zum Wahnsinn, bis wir uns entweder selbst umbringen oder uns gegenseitig ermorden! Ich will sofort mit Spieler 0 sprechen!", rufe ich aufgebracht und merke selbst, dass die Aggressionen in mir meine Verzweiflung unterdrücken.
„Nein, das erlauben wir nicht und es bringt Ihnen nichts, jedes Mal mit uns zu diskutieren. Wir beginnen in fünf Minuten mit der Aufgabe für Nummer 4", verbietet er mir mit ihm zu sprechen und wechselt einfach das Thema, bevor die Lautsprecher verstummen.
Danach stürmen die vier Jungs auf mich zu und umzingeln mich, während sie alle durcheinander sprechen und mich wegen Yunho ausfragen.
„Wieso ist dein bester Freund auf einmal hier?"
„Denkst du, er wird genauso scheiße behandelt wie wir?"
„Hast du eine Ahnung, warum er so verprügelt wurde?"
„Ich bin mir sicher, dass du nicht mit ihm sprechen darfst, weil er den Professor und die anderen gesehen hat"
Überfordert schaue ich ihnen allen abwechselnd ins Gesicht und fühle mich absolut gestresst von ihnen, sodass ich ihre Stimmen nicht mal unterscheiden kann. Also heute weiß mein Körper nicht, ob ich ständige Panikattacken und Heulkämpfe haben soll oder Aggressionen. Darum schiebe ich Jin aus dem Weg und renne einfach zu den Duschkabinen, um mich in Ruhe wieder fassen zu können. Ich möchte gerade nur noch allein sein. Das ist mir alles viel zu viel. Jedoch checken das die anderen nicht und folgen mir zu den Duschkabinen. Ich sperre mich in einer Kabine ein und schalte das Wasser an, um mich schließlich auf den Boden zu hocken und meine Hände auf meine Ohren zu pressen und meine Augen zu schließen. Tatsächlich funktioniert das und ich höre ihre Stimmen nicht mehr richtig. Erleichtert lehne ich mich gegen die Fliesen und genieße das wärme Wasser, welches auf meinen Körper prasselt.
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