Kapitel 23: Dunkle Geheimnisse
Müde lehne ich mich gegen die Wand der Toilettenkabine und würde am liebsten schlafen gehen, jedoch traue ich mich nicht die Augen zu schließen. Yoongi hingegen schläft tief und fest an Taehyung gekuschelt, der seine Arme um ihn geschlungen hat und schweigend auf dem Boden sitzt. Die beiden sind nett, wenn man allein mit ihnen ist. Vielleicht schadet es nicht neben Yunho auch andere Freunde zu haben. Dann müsste er mich nicht ständig zu seinen Freunden schleppen, damit ich auch unter Leute komme. Ich seufze leise bei dem Gedanken und finde, dass dieses Experiment mich aus meiner Komfortzone gerissen hat, die ich seit Jahren nicht verlassen habe. Es ist garantiert nicht schön von diesem Professor terrorisiert zu werden, aber ich werde nach diesen zwei Wochen nicht mehr ständig in meiner Wohnung hocken und es vermeiden nach Draußen zu gehen.
Meine Augen wandern zu Taehyung, der Yoongi über den Kopf streichelt und in seinen eigenen Gedanken festsitzt. Ich frage mich, wieso er hier ist. Hat er sein Auto so sehr geschrottet, dass er keinen anderen Ausweg gesehen hat, als sich beim Experiment anzumelden? Ich runzle meine Stirn und betrachte ihn etwas genauer. Wenn man von seinen dunklen Augenringen hinwegsieht, sieht er echt gut aus. Mir ist das schon am ersten Tag aufgefallen, dass er ein schönes Gesicht hat, jedoch interessierte mich das auch nicht weiter.
„Wann können wir hier raus?", fragt er mich plötzlich und schaut mir direkt in die Augen.
„Keine Ahnung. Wir sollten warten, bis Yoongi aufwacht", antworte ich und lasse mir nicht anmerken, dass er mich beim Starren ertappt hat.
„Hm... Okay", erwidert er und wendet seinen Blick ab, um wieder auf den Boden zu starren.
Nervös beißt er sich auf die Unterlippe und sieht auf einmal so angespannt aus, als würde ihm irgendwas auf dem Herzen liegen. Ich hebe eine Augenbraue an und bin unentschlossen, ob ich ihn fragen soll, worüber er nachdenkt. Jedoch brauche ich das auch nicht, da er mich nach wenigen Sekunden wieder anschaut und scheinbar sehr verzweifelt ist.
„Denkst du der Professor kennt wirklich unsere dunkelsten Geheimnisse?", kommt es zögerlich aus ihm und überrascht mich ein wenig mit dieser Frage.
„Naja, er weiß immer hin, dass Yoongi vergewaltigt wurde und hat uns meine Lebensgeschichte erzählt. Ich bin mir sicher, dass er einiges über uns alle weiß", meine ich und enttäusche ihn sehr mit dieser Antwort, da sich Tränen in seinen Augen sammeln.
„Fuck, ich bin so am Arsch", flucht er und schlägt sich mit der flachen Hand auf die Stirn.
„Was hast du denn getan?", möchte ich wissen und kann meine Neugier einfach nicht abstellen.
Für mehrere Sekunden sagt er rein gar nichts und starrt mir mit blanken Blick entgegen. Was kann so schlimm sein, dass er sich so benimmt? Yoongi wacht in der Zeit auch langsam auf und reibt sich müde die Augen, während er sich aufsetzt und uns etwas verwirrt anschaut. Desto länger er braucht, um es zu sagen, desto neugieriger werde ich.
„Ich... Ich habe mit dem Verlobten meiner Schwester geschlafen", bringt er nach mehreren Minuten heraus und senkt seinen Blick.
Meine Augen weiten sich schlagartig und ich presse die Lippen zusammen, um keinen schockierten Laut von mir zu geben. Yoongi wird nach dem Geständnis hellwach und sieht Taehyung genauso so schockiert an wie ich. Also damit habe ich am wenigsten gerechnet. Er sieht gar nicht so wie jemand aus, der sowas über das Herz bringen kann.
„Wie ist es dazu gekommen?", frage ich mit gerunzelter Stirn.
„Wir sind nach Busan in ein Hotel gefahren, weil sie dort einen Saal gemietet haben, um ihre Verlobung zu feiern. Meine Eltern sind streng und erlauben es nicht, dass wir Kinder mit unseren Partnern als Unverheiratete in einem Zimmer schlafen. Darum haben wir beschlossen, dass ihr Verlobter mit mir in ein Zimmer geht und meine Ex-Freundin mit meiner Schwester. Ihr könnt euch ja vorstellen, dass wir alle an dem Abend zu viel getrunken und keinen klaren Verstand mehr hatten. Er wusste, dass ich auf beide Geschlechter stehe und hat die Situation ausgenutzt, da ich komplett dicht war", erklärt er uns und in seinen Augen bilden Tränen, die in dicken Tropfen über seine Wangen rollen.
„Einen Moment. Das hört sich so an, als wäre deine Schwester immer noch mit ihm zusammen. Hast du ihr das nicht gesagt?", wirft Yoongi ein und ist kurz davor auszurasten.
„Ich wollte es ihr sagen, aber er hält mich jedes Mal davon ab, indem er sie wegzerrt, mit meinen Eltern in den Raum platzt oder mich davor bedroht, dass er mir einen Besuch abstattet... Wenn wir allein sind, kommt er mir immer so nahe und berührt mich, wo er möchte. Ich werde ihn einfach nicht los", weint Taehyung bitterlich und wischt sich hin und wieder über die Wangen, jedoch nützt das gar nichts, da seine Tränen gar nicht mehr aufhören zu fließen.
Was zur Hölle stimmt mit diesem Arschloch nicht? Wieso ist er mit der Schwester von Taehyung verlobt, wenn er ihn so geil findet und ihn ständig belästigen muss? Das ist abartig.
„Wie lang geht das überhaupt schon so? Du musst dich doch gegen ihn wehren. Ich hätte ihm schon in die Fresse geschlagen, wenn er das mit mir machen würde", knirscht der Älteste von uns Dreien mit den Zähnen und würde sich am liebsten persönlich um diesen Kerl kümmern.
„Es ist nicht so, dass ich mich nicht wehre. Ich kann dir nicht mal verraten, wie oft ich ihm schon ins Gesicht, in den Bauch, sogar in die Eier geboxt habe. Das Einzige, was er darauf erwidert, ist, dass er es attraktiv findet, wenn ich gewalttätig werde. Ich mache hier eigentlich nur mit, damit ich mal Ruhe von ihm habe und die Reparatur für mein Auto bezahlen kann, aber habe mich schon wieder in die Scheiße geritten", meint er und presst zum Ende hin sein Gesicht in seine Hände.
„Du musst ihm nach dem Experiment unbedingt loswerden. Wir können dir anbieten, dir beizustehen oder mit dir zur Polizei zu gehen, weil er dich in jeder Hinsicht terrorisiert, unterdrückt und missbraucht. Ich hoffe für dich, dass er dich nicht nochmal dazu getrieben hat, mit ihm Sex zu haben", sage ich ihm im ruhigen Ton, da es Taehyung nicht weiterbringt, wenn ich jetzt auch hysterisch auf diese beschissene Story reagiere.
„Nein, zum Glück hatte er in den drei Monaten keine weitere Chance bekommen, obwohl er ständig darauf hindeutet...Urgh", erwidert er und würgt plötzlich bei dem Gedanken.
Ruckartig stehe ich von der Toilette auf, während Taehyung den Toilettendeckel hochklappt und in der nächsten Sekunde seinen Magen ausleert. Angeekelt presse ich mich gegen die Wand und lasse mich an ihr runtergleiten. Yoongi verzieht sein Gesicht und rückt näher zu mir. Taehyung tut mir richtig leid. Yoongi und ich haben unsere schlimmsten Erlebnisse schon hinter uns, aber er ist mittendrin und findet allein keinen Ausweg.
„Ich w-will, dass es aufhört. Ich habe Angst, dass der Professor davon weiß. Wer weiß, was er dann tut?", schluchzt er und winselt vor sich hin.
Dabei wischt er sich den Mund mit Toilettenpapier ab und spült, damit wir diesen ekligen Geruch von Magensäure nicht ertragen müssen. Er sitzt sich erschöpft auf den Boden und hält sich eine Hand über seine blutunterlaufenen Augen.
„Hey, du hast dich wenigstens getraut, dich jemanden anzuvertrauen. Also sind wir beide nicht überrascht, wenn der Professor es erwähnen sollte, was ich aber nicht glaube. Bis jetzt wissen nur dieses Arschloch und du was davon", versuche ich ihn irgendwie zu beruhigen.
Schniefend presst er seine Lippen zusammen und nickt auf meine Worte hin. Yoongi legt ihm seine Hand aufs Knie und streichelt darüber. Kurz schaue ich ihn an und kann die angestauten Tränen in seinen Augen sehen. Ihm geht das Thema auch nahe. Er hat sowas schon erlebt und weiß, wie sich Taehyung fühlen muss. Nach kurzem Zögern macht der Älteste Platz zwischen uns beiden und zieht Taehyung in unsere Mitte. Dieser fängt noch stärker an zu weinen und zieht seine Schienbeine an sich, um sein Gesicht zwischen seinen Knien zu verstecken. Ich lege meinen Arm um ihn und streichle ihm über den Rücken. Yoongi lehnt sich an ihn und klopft auf seinen Oberschenkel.
Daraufhin verfallen wir ins Schweigen und Gehen unseren eigenen Gedanken nach. Das ist eine beschissene Situation, in der wir uns gerade befinden. Die anderen Vier sind voll auf Droge und leben ihr Gelüste aus und wir sitzen in der Toilette fest, weil wir nicht bestiegen werden wollen. Wahrscheinlich hat das Taehyung auch getriggert. Das ist so abartig, dass seine Schwester immer noch mit diesem widerlichen Kerl zusammen ist. Aber wenn sie nicht weiß, was ihr Verlobter ihrem Bruder antut, hält sie nichts von der Hochzeit auf. Wenn die wirklich heiraten, dann würde sich Taehyung wohl die Kugel geben.
„Wann können wir diese Kabine verlassen? Es wird langsam ungemütlich hier drin. Mein Arsch schläft ein", fragt uns Yoongi genervt.
„Wir sind bestimmt schon drei Stunden hier drin. Ich denke, wir sollten mal nachschauen, ob es den Jungs gut geht und wenn sie immer noch so komisch drauf sind, dann schließen wir uns wieder hier ein", antworte ich unsicher.
„Ja, du hast Recht. Wir sollten mal nachschauen", stimmt Taehyung mir zu und wischt sich die restlichen Tränen aus dem Gesicht.
„Dann ist das ja beschlossene Sache", meint Yoongi und steht dann wacklig vom Boden auf, da er ja sagte, dass sein Arsch eingeschlafen ist.
Wir stehen ebenfalls auf und unsere Knochen knacken bei jeder Bewegung, sodass wir gleichzeitig ächzen. Der Schwarzhaarige sieht uns erst entgeistert an und presst sich dann zwischen uns, um die Tür aufzumachen. Zögerlich schwingt er diese auf und verlässt die Kabine als erstes. Ich folge ihm und spüre, wie sich Taehyung an dem Stoff meines Oberteils festhält. Irgendwie finde ich es süß, dass Jimin und Taehyung dieselben Verhaltensweisen haben, wenn sie Angst haben. Darum verstehen sie sich auch super. Wir verlassen den Toilettenraum und bleiben ruckartig stehen, als wir die vier regungslos auf mehreren Betten liegen sehen. Schockiert schlage ich mir die Hand vor den Mund, nachdem Namjoon und Hoseok zusammen in Namjoons Bett liegen und wahrscheinlich nackt sind. Jin und Jimin liegen in ihren eigenen Betten und sind noch komplett angezogen.
„Ach, Nummer 2, 6 und 7. Sie sind auch endlich aus ihrem Versteck gekommen. Leider haben Sie den ganzen Spaß verpasst", meldet sich der Professor wieder zu Wort und ist sichtlich amüsiert.
„Also den Spaß habe ich gerne verpasst. Ich bin nicht scharf darauf bei einem kostenlosen, schwulen Liveporno dabei zu sein", gibt Yoongi angewidert von sich und schüttelt seinen ganzen Körper.
„Geht es den Jungs überhaupt gut? Die liegen wie Leichen da", fragt Taehyung besorgt.
„Denen geht es gut. Es ging nur wild zu", fängt der Spast auch noch an zu lachen.
„Igitt, halt die Klappe. Wir wollen das nicht wissen!", rufe ich und will mir das gar nicht vorstellen.
„Okay, Okay. Schluss mit Lustig. Sie sollten sich auch schlafen legen, meine drei Herren. Die nächste Aufgabe steht ihnen morgen bevor", meint er kichernd und verstört mich immer mehr.
Diese Person findet es wirklich witzig, dass die da eine Orgie veranstaltet haben. Wie ekelhaft. Hoffentlich haben die das nicht auf Band und wollen uns das irgendwie dann nochmal zeigen. Dann kotze ich im Strahl. Yoongi, Taehyung und ich bleiben wie bestellt und nicht abgeholt vor der Tür des Toilettenraums stehen und trauen uns nicht, den anderen einen Schritt näher zu kommen.
„Ich schlage vor, dass wir eure Betten zusammenschieben und zu dritt drauf schlafen, denn Nummer 6 sieht nicht so aus, als würde er in Nummer 5s Nähe schlafen wollen und ich werde ganz bestimmt nicht zwischen Nummer 1, 3 und 4 schlafen", schlägt Yoongi vor und sieht uns beide entschlossen an.
„Dafür wäre ich auch", murmelt Taehyung hinter mir.
„Von mir aus. Aber ich schlafe ganz bestimmt nicht in der Mitte", sage ich ihnen.
„Okay", erwidern beide und ich nicke zufrieden.
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