Kapitel 19: Yoongis Vergangenheit

Yoongi rührt wirklich keinen einzigen Finger und meckert mich an, während ich den Tisch alleine aufbaue. In den wenigen Minuten, die wir zusammen verbringen müssen, habe ich herausgefunden, dass dieser Arsch so viel reden kann und nicht so schnell damit aufhören wird, da er mich pausenlos mit sinnlosem Zeug volllabert. Am meisten redet er ja über meine erste große Liebe, die anscheinend Yunho sein soll. Der checkt immer noch nicht, dass man seinen besten Freund nicht unbedingt wie einen Geliebten sondern wie einen Bruder lieben kann. Die letzten Tage sind ihm wohl in den Kopf gestiegen, da er unbedingt möchte, dass ich nach dem Experiment Yunho um den Hals falle und ihn leidenschaftlich küsse. Wenn er eine Lovestory haben will, kann er seine Aufmerksamkeit Hoseok und Namjoon widmen oder irgendwelche Romanzen lesen.

„Haben deine Tattoos an deinem Arm irgendwelche Bedeutungen?", fragt er mich und hockt sich zu mir auf den Boden, um meinen Arm zu betrachten.

„Geht dich nichts an", antworte ich ihm und konzentriere mich darauf die Tischbeine nicht schief an die Tischplatte zu schrauben.

„Na, komm schon. Wir wissen doch das der Engel für deine Schwester ist und was ist mit den anderen? Hattest du einfach Lust darauf ein paar Blümchen und Symbole auf deinem Arm zu verewigen?", stichelt er weiter herum und pikst mir mit seinem Zeigefinger gegen den Oberarm.

„Geh mir nicht auf die Nerven! Ihr wisst schon genug über mich. Ich werde euch nichts mehr über mich erzählen. Warum erzählst du mir nicht mal von deiner Vergangenheit? Vielleicht könnte ich dich dann wenigstens ein bisschen mögen", erwidere ich und bin schon wieder so abgefuckt wegen ihm.

Der Ältere zuckt bei meinen harschen Worten zusammen und presst seine Lippen aufeinander. Ich wende mich von ihm ab und nehme dann das letzte Tischbein in die Hand, um es an die Tischplatte zu schrauben. Ich wollte schon von Anfang an nichts über mich erzählen, aber der Professor hat es gegen meinen Willen gemacht. Der Idiot neben mir schweigt nun endlich und gibt mir etwas Ruhe. Wenn man das überhaupt Ruhe nennen kann, da die fünf Schreihälse auf der anderen Seite des Raumes sich entweder streiten oder sich auslachen.

„Wenn du unbedingt mehr über meine wundervolle Person erfahren möchtest, dann kann ich dir diesen Gefallen tun", sagt er auf einmal und seufzt leise.

„Meinst du das ernst? Du willst mir wirklich was über dich erzählen?", frage ich überrascht nach und lege den Schraubenzieher auf den Boden, als ich fertig bin.

„Ja, das ist einfach nur fair", nickt er auf meine Frage hin und lächelt mich schief an, nachdem ich mich in seine Richtung gedreht habe.

„Dann bin ich mal gespannt, was du alles zu erzählen hast", meine ich belustigt und sehe ihn neugierig an.

„Fangen wir erstmal an, dass meine Eltern mich nötigen ihr dummes Restaurant zu übernehmen und den Chef dort zu spielen, worauf ich immer noch keinen Bock habe. Deswegen habe ich mich auch bei diesem Experiment angemeldet, damit die mich nicht damit nerven können. Leider habe ich auch keine Geschwister, sonst hätten die sich darum kümmern können. Wenigstens haben meine Eltern einen süßen Koch eingestellt, der im gleichen Alter wie ich ist", erzählt er und grinst breit, als er den Koch erwähnt.

Automatisch fange ich auch an zu lächeln und wackle mit meinen Augenbrauen. Yoongi lacht bei meinem Blick los und schlägt mir gegen die Schulter. Anscheinend ist er in diesen Koch verliebt oder hat da was mit ihm am Laufen.

„Oh, ein süßer Koch. Seid ihr zusammen?", frage ich ihn und merke, dass seine Ohren rot werden.

„Jap, aber meine Eltern wissen nichts davon. Die hoffen ja immer noch, dass ich mit einer perfekten Schwiegertochter nach Hause komme, obwohl ich ihnen jedes Mal sage, dass ich auf Schwänze stehe", bejaht er und schüttelt dann den Kopf wegen seinen Eltern.

Das hätte er mir nicht erzählen dürfen. Jetzt werde ich ihn genauso mit dem Koch ärgern, wie er mich mit Yunho die ganze Zeit ärgert. Die nächsten Tage werden doch noch lustig und Yoongi so glücklich zu sehen, wenn er über seinen Freund redet, macht ihn ein wenig sympathischer. Ich frage mich wirklich, wie sein Freund so drauf ist und aussieht, um sich ebenfalls in diesen Miesepeter zu verlieben. Yoongi sieht gut aus, keine Frage, aber sein Charakter ist so zum Kotzen. Es kann aber auch sein, dass er sich gegenüber seinem Freund auch ganz anders verhält. Uns mochte er ja von Anfang an nicht und hat sich nicht mal die Mühe gegeben nett zu sein.

„Oh, was sehe und höre ich denn da? Nummer 2 erzählt Nummer 7 ein paar Dinge aus seinem Leben! Dürfte ich dann noch hinzufügen, dass Sie von ihrem damaligen Partner vergewaltigt worden sind und Sie zehn Jahre gebraucht haben, um sich auf eine neue Beziehung einzulassen?", schaltet sich der Professor ein und ist tatsächlich so asozial, um so ein empfindliches Thema heraus zu posaunen.

Yoongis Gesicht wird ganz blass, aber er sitzt mit einem gleichgültigen Gesicht vor mir, wobei ich mich nicht gut im Griff habe und vor Schock meine Augen aufreiße. Es herrscht nun absolute Stille im Raum und jeder schaut Yoongi an, der keine Reaktion von sich gibt.

„Stimmt das?", flüstere ich leise.

„Ja, es stimmt. Aber wie der Professor schon gesagt hat, es sind zehn Jahre vergangen und ich habe damit abgeschlossen. Vielen Dank, dass sie das einfach so erzählt haben, obwohl das vollkommen irrelevant war", antwortet er und setzt ein Lächeln auf.

Wissen seine Eltern davon? Er hat ja gerade eben noch gemeint, dass sie darauf warten, dass er ein Mädchen kennen lernt. Ich kann mir gut vorstellen, dass er niemanden etwas davon erzählt hat und es seit zehn Jahren verschweigt, da er ein sehr selbstbewusster Mensch ist und nicht bemitleidet werden will, weil er vergewaltigt wurde. In der heutigen Zeit wird man wegen jeder einzelnen Scheiße verurteilt und in eine Schublade gesteckt. Ich bin heute noch das verrückte, depressive Kind, das seiner Mutter das Leben erschwert hat. Yoongi würde dann als halber Mann gesehen, weil er sich gegen einen anderen Mann nicht wehren konnte. Frauen, die vergewaltigt wurden, bekommen an den Kopf geworfen, dass sie selbst schuld sind wegen ihrer Kleiderwahl oder dass sie nicht deutlich gezeigt haben, dass sie es nicht wollten. Die Gesellschaft ist einfach scheiße.

„Kannst du aufhören, mich wie ein geschlagener Welpe anzustarren? Ich kann mich nicht mal wirklich daran erinnern. Das Arschloch hat mir irgendwas in mein Getränk gemischt, sodass ich komplett weg war, als es geschehen ist. Ich hatte nur Schmerzen im Arsch und habe diesen Bastard dann krankenhausreif geschlagen. Der hat sich nie wieder gewagt, mich überhaupt anzuschauen", mault Yoongi mich an und schnipst mir einfach gegen die Stirn.

„Aua! Du musstest mir nicht weh tun", schmolle ich und reibe die schmerzende Stelle.

„Wenn du mich so blöd anschaust, habe ich keine andere Wahl", erwidert er genervt.

„Hören Sie auf zu streiten. Wenn Sie schon fertig mit dem Tisch sind, können Sie den Karton und die kaputten Möbel in den schwarzen Raum bringen, damit wir sie wegräumen können"

Yoongi und ich werfen uns gegenseitig einen Todesblick zu, bevor wir vom Boden aufstehen und unsere Aufgabe erledigen. Die anderen Jungs schauen uns vollkommen verwirrt an, da wir nicht mehr miteinander reden. Ich hasse den Kerl so. Ich wollte mal nett sein und der zickt mich direkt an. So eine Missgeburt. 

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