Kapitel 18: Gaylords
Der nächste Tag verläuft sehr merkwürdig und still. Wir liegen oder sitzen auf unseren Betten und sprechen kein einziges Wort miteinander. Sie haben mich gestern aus den Duschkabinen geschickt, weil ich mich ausruhen soll. Aber ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen und musste mir dementsprechend anhören, wie sie im Schlaf wegen den Schmerzen an ihren Armen schniefen oder winseln mussten. Nachdem heute Morgen das Licht eingeschaltet wurde, konnte ich einen Blick auf Taehyungs Arme erhaschen und stellte fest, dass sie keine sichtbaren Verletzungen davontragen mussten. Die Jungs sehen auch nicht mehr so aus, als würden sie Schmerzen haben.
„Hey, Nummer 7. Komm mal her", ruft Jin plötzlich von der anderen Seite des Raumes.
Überrascht schaue ich ihn an und stehe zögerlich auf. Alle Blicke liegen auf mir und ich beeile mich schnell zu dem Ältesten zu laufen. Er war von Anfang an, der Freundlichste von den sechs Jungs und hat so eine beruhigende Aura, die ich momentan sehr begrüße. Ich setze mich zu Jin aufs Bett und lächle ihn an, als er mir ebenfalls ein Lächeln schenkt. Die Anderen starren uns pausenlos an und warten darauf, dass einer von uns redet.
„Geht es dir besser?", fragt er mich und legt mir seine Hand auf den Unterarm.
„Ja, mir geht es um einiges besser. Ähm... Schmerzen eure Arme immer noch?", antworte ich ihm und schaue bei meiner Frage kurz zu den anderen.
„Also mir geht es gut", lächelt mich Taehyung breit an und hüpft dann auch schon aus dem Bett, um auf Jimin zu springen, der sich wie ein Burrito in seine Bettdecke eingewickelt hat.
Namjoon, Yoongi und Hoseok sagen auch kurz, dass es ihnen gut geht und sie kaum noch Schmerzen haben. Ich nicke ihnen zu und kann immer noch nichts mit ihnen anfangen. Auch wenn sie sich für mich eingesetzt haben, bin ich mir nicht sicher, ob ich ihnen nicht trotzdem noch misstrauen soll. Seufzend stehe ich von Jins Bett auf und fahre mir durch die Haare, während ich mich im Wohnraum umschaue. Die kaputten Stühle liegen immer noch verstreut auf den Boden und der Esstisch steht nun vor meinem Bett.
„Wir sollten mal aufräumen", spricht Hoseok meinen Gedanken aus und steht ebenfalls von seinem Bett auf, um die Einzelteile der Möbel aufzusammeln.
Ich mache mich auch gleich daran die Stühle, die noch halbwegs ganz sind, aufzuheben und neben der Tür vom schwarzen Raum zu stellen. Jin, Jimin und Taehyung helfen uns auch und nach wenigen Minuten steht ein riesiger Holzberg neben der Tür. Danach stürzen sich Jimin und Taehyung auf mich und schlingen ihre Arme von beide Seiten um meinen Oberkörper. Verstört sehe ich sie an und muss ihr blödes Grinsen ertragen. Warum sind die beiden so komisch?
„Was soll das werden?", möchte ich wissen und presse meine Lippen zusammen.
„Wir dachten uns, dass du etwas Liebe gebrauchen könntest", meint Jimin und starrt mir direkt in die Augen, als ich ihn ansehe.
„Genau, du warst ja die ganze Zeit die Zielscheibe vom Professor und wurdest ständig von ihm fertig gemacht. Aber deine Hyungs werden dich jetzt beschützen", fügt Taehyung hinzu und hält plötzlich mein Kinn fest, damit er mir einen Kuss auf die Wange geben kann.
Entsetzt reiße ich die Augen auf und will mir über die Wange wischen, aber sein Seelenverwandter drückt mir in der nächsten Sekunde auch noch einen langen Kuss auf meine andere Wange und lacht herzhaft los, als ich mein Gesicht verziehe. Das ist viel zu viel Hautkontakt, den ich nicht mag. Da haben sich ja zwei Dummköpfe gefunden, um mir auf die Nerven zu gehen.
„Lasst den Kleinen doch mal in Ruhe, ihr Gaylords. Wir haben verstanden, dass ihr schwul seid und Nummer 7 süß findet, aber der ist in seinen besten Freund verliebt", ruft Yoongi, der gerade aus den Toiletten gekommen ist.
„Ich bin nicht in meinen besten Freund verliebt! Wie oft soll ich das noch sagen?", erwidere ich wütend und reiße mich von den zwei Klammeräffchen los.
Namjoon, Hoseok und Jin schütteln entgeistert den Kopf und haben diese Diskussion einfach nur leid, was ich vollkommen verstehen kann. Taehyung und Jimin schmollen los und schreien, dass sie bisexuell sind, aber Yoongi ignoriert die beiden gekonnt und sieht mich belustigt an.
„Hey, dir muss das doch nicht peinlich sein. Wir schwimmen doch alle auf der anderen Seite des Ufers. Naja, die zwei Idioten neben dir schwimmen wohl mitten im See und können sich nicht entscheiden", lacht Yoongi und setzt sich auf sein Bett, um dann seine Beine übereinander zu schlagen.
Mir klappt der Mund schockiert auf und ich wandere mit meinen Augen zu anderen Fünf, die nur gleichgültig mit den Schultern zucken. Das haben die doch auch extra gemacht. Diese kranken Psychopathen warten doch nur darauf, dass sie einem von uns irgendwelche Drogen geben können und er dann jemanden besteigt. Ich bin zwar auch bisexuell, aber das ist eine Gefahrenzone in diesem Raum.
„Guck doch nicht so verstört! Wir werden dich schon nicht vergewaltigen", verdreht Namjoon genervt die Augen, aber wirft Hoseok plötzlich einen Blick zu.
Der meinte wohl, dass er mich nicht vergewaltigen wird, weil er gefallen an Hoseok hat. Jetzt macht so vieles Sinn. Darum sitzen die beiden immer aufeinander und sind so zickig zu mir gewesen, damit ich mich nicht an sie ran mache. Ich drehe hier noch durch, wenn ich jetzt noch eine Nebenrolle in einer Lovestory hier spiele. Taehyung und Jimin haben wohl den Blick von Namjoon gesehen und kichern wie Deppen los. Ich muss mir anscheinend Sorgen um die beiden hinter mir machen, wenn die zu den anderen gesagt haben, dass sie mich süß finden.
„Guten Morgen, wie ich sehen kann, sind sie alle schon wach. Darum können wir ja mit unserer To Do – Liste für heute anfangen. Als Erstes steht heute an, dass Sie den neuen Esstisch und die neuen Stühle zusammenbauen. Ich teile sie in zwei Gruppen ein:
Nummer 1, 3, 4, 5 und 6 bauen die Stühle zusammen und Nummer 2 und 7 den Esstisch", meldet sich plötzlich der Professor zu Wort und erschreckt uns alle.
Warum zur Hölle tut er mir das an? Wieso bin ich nur mit Yoongi in einer Gruppe? Taehyung und Jimin rennen eilig zu ihrer Gruppe und springen nun auf Jin und Hoseok herum, die diese Tortur schweigend über sich ergehen lassen. Yoongi grinst mich fies an und kommt zu mir rüber, um mir einen Arm um die Schulter zu legen. Ich schließe meine Augen verzweifelt und will am liebsten heulen.
„Die Möbel stehen im schwarzen Raum. Wenn die Tür sich öffnet, holen Sie einfach alles heraus und fangen mit ihrer Arbeit an"
Danach öffnet sich der schwarze Raum und für mehrere Sekunden bewegt sich keiner von uns, bis ich mir einen Ruck gebe und wie jedes Mal als erstes auf den Raum zu gehe. Yoongi folgt mir sofort, weil er wohl nicht wie ein Angsthase dastehen möchte. Er schubst mich sogar etwas zur Seite, um als erstes den Raum zu betreten. Gereizt schließe ich kurz meine Augen und helfe ihm dann den großen Karton, auf dem das Wort „Tisch" geschrieben wurde, in den Wohnraum zu tragen. Yoongi läuft dann nochmal rein und holt einen Werkzeugkasten, bevor er sich zu mir auf den Boden setzt. Die andere Gruppe macht sich auch dran ihre Kartons aus dem Raum zu holen und werden sicherlich mehr Spaß als wir beide haben.
„Also ich schlage ja vor, dass du den Tisch aufbaust und ich sag dir, was du zusammenschrauben sollst", sagt Yoongi, nachdem er den Karton mit einem Teppichmesser geöffnet und den Bauplan an sich gerissen hat.
„Hast du zwei linke Hände oder warum muss ich das alleine aufbauen?", frage ich ihn und ziehe eine Augenbraue hoch.
„Nein, mein Arm tut noch so sehr weh wegen gestern. Ich kann ihn kaum heben", meint er und tut so, als würde er Schmerzen haben, während er seinen Arm hebt.
Vor nicht mal zwei Minuten hat er diesen Arm noch ganz leicht um meine Schultern legen können. Der ist so ein schweiß Schwätzer. Ich habe keine Lust mit ihm zu diskutieren, weil es zu nichts führen wird. Kopfschüttelnd lege ich die Tischbeine auf den Boden und gebe Yoongi die Schrauben, damit er schauen kann, ob es verschiedene Schrauben gibt. Er nimmt sie mit seinem „schmerzenden" Arm entgegen und schmeißt sie vor sich auf den Boden. Bei dem Typen spüre ich wirklich diese Hassliebe, da er auch nett sein kann.
„Das ist so einfach diesen dummen Tisch aufzubauen. Du musst einfach nur die Tischplatte mit der Oberfläche auf den Boden legen und die Tischbeine mit den Schrauben zusammenbasteln", erklärt er mir und hält mich anscheinend für blöd.
„Ach, wirklich? Hätte ich überhaupt nicht erwartet. Danke, dass du mir das zuerst erklärt hast. Ich habe ja noch nie Möbel aufgebaut", gebe ich ironisch zurück.
„Kein Problem, ich weiß doch, dass du mental zurückgeblieben bist", lächelt er mich an und klopft mir auf die Schulter.
Ich hasse ihn immer noch.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top