Kapitel 16: Armbänder
Völlig überfordert setze ich mich auf und versuche den Worten von Namjoon zu folgen, aber mein Kopf kann diese nicht so schnell verarbeiten, sodass ich kaum was verstehe. Ich fühle mich wie in Watte gepackt und es fühlt sich einfach nichts mehr real an. Irgendwann bemerkt Namjoon, dass ich im Moment nicht aufnahmefähig bin und gibt mir etwas Freiraum, indem er ein paar Schritte zurück geht. Ich schließe meine Augen und atme tief durch, da mein Herz immer noch viel zu schnell in meiner Brust klopft und ich Kairis hasserfüllten Blick nicht mehr aus dem Kopf kriege. Meine Augen füllen sich wieder mit Tränen, aber ich halte sie geschlossen und drücke mit meiner linken Hand auf mein Nasenbein, damit keine Bäche fließen. Ich brauche einige Minuten um mich wieder zu fassen, bevor ich meine Augen wieder öffne und die anderen Jungs anschaue.
Sie sehen alle total gestresst aus und haben komische Armbänder um ihre Handgelenke, während ich keins trage. Was hat das nun zu bedeuten? Augenblicklich macht sich ein unangenehmes Gefühl in mir breit und ich denke, dass ich wieder ausgeschlossen wurde.
„Wir hatten so Angst um dich, Jeon-.. AUA!", sagt Jin und schreit laut auf.
Verstört starre ich ihn an und er reibt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Handgelenk, an dem das Armband angebracht wurde. Bekam er gerade einen Stromschlag, weil er beinahe meinen Namen ausgesprochen hat? Die anderen Jungs greifen automatisch ebenfalls nach dem Armband und erwarten, dass sie auch einen Stromschlag bekommen, jedoch geschieht nichts. Ich bin verwirrt. Was ist in den letzten Stunden oder Minuten passiert?
„Sag niemals unseren Namen, Kleiner. Sonst kriegst du auch dieses beschissene Armband umgelegt", warnt mich Yoongi und klopft mir auf die Schulter.
„W-Wieso sind die plötzlich auf die Idee gekommen, euch die Dinger anzubringen?", frage ich leise und heiser.
Die Jungs tauschen gegenseitig bei meiner Frage Blicke aus und kratzen sich verlegen den Hinterkopf. Irritiert lege ich den Kopf schief und verstehe einfach nur Bahnhof. Taehyung springt schließlich vom Boden auf und setzt sich neben mich aufs Bett, um mir einen Arm um die Schulter zu legen. Warum sind die plötzlich so nett zu mir? Der Professor hatte doch gesagt, dass es sie kaum interessiert hat, wie es mir in dem schwarzen Raum ging.
„Hör mal zu. Diese ganzen Dinge, die der Professor von sich gegeben hat, stimmen überhaupt nicht. Wir haben weder über dich gelästert, noch haben wir uns über dich lustig gemacht. Du hättest uns mal sehen müssen, wie wir ausgerastet sind, nachdem er dich erst emotional fertig gemacht und danach dieses komische Gas im Raum ausgeschüttet hat. Wir hatten so Angst, dass du erstickst", stellt Taehyung direkt klar.
„Nummer 5 und Nummer 4 haben die Schiebetür fast eingetreten, während Nummer 2 und 1 angefangen haben zu randalieren. Nummer 6 und ich haben den Professor nur noch beleidigt und verlangt, dass er die scheiß Tür öffnet. Er hat es dann auch gemacht, weil er nicht wollte, dass wir noch mehr Dinge zerstören. Nummer 4 hat dich dann aus dem Raum getragen und ins Bett gelegt", erzählt Hoseok weiter und verschränkt deutlich angepisst die Arme vor der Brust beim Gedanken an den Professor.
Während er redet, habe ich mich im Wohnraum umgeschaut und tatsächlich ist hier das reinste Chaos. Die ganzen Stühle vom Esstisch liegen zerstört auf dem Boden und der Tisch liegt vor der Tür der Waschkabinen. Die Schiebetür, die zum schwarzen Raum führt, sieht auch sehr mitgenommen aus, da die weiße Farbe vom Metall gekratzt wurde. Also bin ich ihnen doch nicht so egal. Ein komisches Glücksgefühl durchflutet mich und meine Tränendrüsen melden sich natürlich wieder, da ich mich viel zu sehr darüber freue, dass sie sich für mich eingesetzt haben. Ich bete zu einem der Götter, dass sie es auch ernst meinen.
„D-Danke, dass ihr mich da rausgeholt habt", sage ich ihnen und lächle sie leicht an.
„Nichts zu danken. Du hast den anderen Jungs so oft geholfen. Nun waren wir mal dran, dir zu helfen", meint Namjoon und klopft mir auf die Schulter.
Ich will gar nicht wissen, was passiert wäre, wenn ich nach diesem Alptraum im schwarzen Raum aufgewacht wäre. Die Schuldgefühle fressen mich heute noch total auf und dieser ganze emotionale und psychische Stress in den letzten Tagen hat mir überhaupt nicht gutgetan. Manchmal habe ich selbst vor meinen eigenen Gedanken Angst, weil ich schon oft in den letzten Jahren meinem Leben ein Ende setzen wollte. Wenn ich dann auch noch diese Glasscherben im Kasten gesehen hätte, wäre ich bestimmt auf dumme Ideen gekommen. Ein Schauer läuft mir bei dem Gedanken den Rücken runter und ich fahre unbewusst über meine Unterarme. Dieses Experiment zeigt mir deutlich, dass ich psychisch absolut instabil bin und immer noch nicht mit meiner Vergangenheit klarkomme. Wenn ich hier jemals rauskomme, gehe ich erst mal zu einem Therapeuten.
„Hey, alles gut?", fragt mich Jimin besorgt, als er meinen verängstigten Gesichtsausdruck sieht.
„Kann man dieses Experiment wirklich nicht früher abbrechen?", stelle ich eine Gegenfrage und beiße mir nervös auf die Unterlippe.
„Leider nicht", antwortet Yoongi seufzend.
„Wir werden dieses Experiment auch nicht früher abbrechen! Sie alle werden bis zum Schluss teil daran nehmen. Ich hätte auch nicht erwartet, dass Sie es schon am dritten Tag wagen würden, gegen zwei ganze Regeln zu verstoßen. Nummer 1, 2, 3, 4, 5 und 6, sie haben schon ihre erste Strafe bekommen, da sie den Namen von Nummer 7 ausgesprochen haben und tragen nur die Elektroschocker an ihren Handgelenken. Es folgt nun ihre zweite Strafe für das Zerstören der Möbel. Ich bitte Sie sechs in den schwarzen Raum zu kommen. Nummer 7 bleibt im Wohnraum und ruht sich bitte aus, da wir vermeiden wollen, dass sie komplett durchdrehen", sagt der Professor mit einer strengen Tonlage, die uns alle zusammenzucken lässt.
Genervt stöhnen die anderen Jungs auf und erheben sich von ihren Sitzplätzen oder laufen schon zur Luke, die sich eben geöffnet hat. Hilflos sehe ich ihnen nach und will hier nicht alleine bleiben. Jimin streichelt mir behutsam über den Kopf, bevor er den anderen hinter her läuft, die alle nacheinander durch die Luke gehen. Der große Bildschirm schaltet sich wieder ein, als sie sich im Raum befinden und die Luke schließt sich. Der Kasten und die silberne Stange wurden weg geräumt, aber dafür stehen nun sechs Stühle dort.
„Nummer 7, wir schalten nun das Licht bei Ihnen aus. Es tut uns leid, dass wir Sie so verstört und verschreckt haben", höre ich plötzlich die Stimme von Frau Choi, die sich auch noch bei mir entschuldigt.
Danach schaltet sich das Licht aus und der große Bildschirm wird dunkler gestellt, sodass ich fast im Dunkeln sitze. Die Jungs setzen sich auf die sechs Stühle und sehen alle nicht sehr begeistert aus, dass sie nun da sitzen. Ich ziehe meine Schienbeine an meine Brust und umarme diese. Plötzlich öffnet sich die Eingangstür des Wohnraums und eine fremde Frau betritt den Raum. Ich versteife mich sofort, als sie zielstrebig mit einem Tablett in ihren Händen auf mich zu kommt und mir anschließend dieses auf das Bett legt.
„Was ist das?", frage ich die Dunkelhaarige, nachdem ich die kleine Tablette erkenne.
„Eine Schlaftablette, damit Sie einschlafen können", antwortet sie und lächelt mich freundlich an.
„Ich will keine Schlaftabletten nehmen", erwidere ich unruhig.
„Tut mir leid, Nummer 7. Aber ich werde solange hierbleiben müssen, bis Sie die Tablette eingenommen haben. Wenn Sie sie trotzdem nicht nehmen, dann dürfen die anderen Versuchspersonen nicht aus dem schwarzen Raum", sagt sie mir und setzt sich auf Taehyungs Bett.
„Ich glaube ihnen nicht, dass das eine Schlaftablette ist. Das könnte sonst was sein", meine ich sauer und drehe mich von ihr weg.
„Jeongguk, nimm einfach die dumme Tablette. Soll ich etwa die Packung holen und dir zeigen, dass ich nicht lüge? Ich bin Krankenschwester", flüstert sie plötzlich gereizt.
Warum darf die meinen Namen sagen und wieso wird sie auf einmal so zickig? Was macht überhaupt eine Krankenschwester hier? Das macht überhaupt keinen Sinn in meinen Augen. Aus Trotz schaue ich sie immer noch nicht an und verschränke die Arme vor der Brust.
„Du bist genauso eine Nervensäge wie damals. Erkennst du mich etwa nicht wieder? Ich bin die Krankenschwester, die dich damals zusammengeflickt hat, als du den Autounfall hattest", keift sie mich leise an.
Augenblicklich drehe ich meinen Kopf in ihre Richtung und analysiere ihr Gesicht, um festzustellen, dass sie wirklich die Krankenschwester von damals ist. Kein Wunder, dass ich zuerst nicht erkannt habe. Sie hat total abgenommen und gleicht nun einem Strich in der Landschaft.
„Stimmt, du bist die dumme alte Kuh. Äh-.. Sorry. Ich habe keine Ahnung, wie du heißt. Was machst du überhaupt hier?", flüstere ich automatisch total abgeneigt, jedoch entschuldige ich mich sofort bei ihr, bevor ich noch eine Strafe bekomme.
„Meine Chefin hat mich hier eingestellt. Ich habe selbst keine Ahnung, was hier abgeht. Aber ich weiß, dass ich übelst Ärger bekomme, wenn du die Tablette nicht nimmst, du Rotzlöffel", wispert sie mir zu und grinst mich am Ende an, als sie mich wie früher einen Rotzlöffel nennt.
„Was gibt es denn da so viel zu besprechen?", fragt der Professor und uns beiden vergeht uns das Lachen.
„Ich musste Nummer 7 nur davon überzeugen, dass das keine Drogen sind, Professor", antwortet sie schnell und schiebt mir das Tablett vor die Füße.
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