Who's Gonna Save Us?
Bevor wir zu Jacks Reaktion aufmeinen plötzlichen Ausruf kommen, muss ich wohl erstmal noch ein paar Dinge klären. Nämlich, wer Jack ist.
Ihn zu erklären, wird ziemlich schwierig sein. Das ist so, als würde man gebeten, ein Familienmitglied oder seine besten Freundin zu beschreiben, man kennt sie so gut, dass es einem unglaublich vorkommt, dass jemand ihre Geschichte nicht so gut kennt wie man selbst.
Solange ich mich erinnern kann, war Jack einfach immer da. Wie die hässliche Lampe im Wohnzimmer, die jahrein, jahraus Teil der Einrichtung bleibt, weil sich niemand die Mühe macht, sie loszuwerden.
Okay, das ist nicht sehr nett, Jack ist nicht die hässliche Lampe, er ist wie .... der Teddybär, den man schon als Baby hatte und der jetzt in einer Schachtel auf dem Dachboden liegt. Man braucht diesen Teddy nicht jeden Tag, aber es ist trotzdem beruhigend zu wissen, dass er da ist, wenn man ihn braucht.
Mein Bruder lernte Jack bei den 'Kleinen Athleten' kennen, als sie beide 8 Jahre alt waren. Jack war die erste Person, die Matt jemals bei irgendetwas geschlagen hatte, ein Ereignis, das meiner Meinung nach sehr gut für ihn war. Mein Bruder, Gott segne ihn, hatte den Hang, sich die Dinge zu Kopf steigen zu lassen, und wenn man nicht auf ihn aufpasste, hatte er die lästige Angewohnheit, sich mit Ja-Sagern zu umgeben, die Lobenshymnen auf ihn sangen und sein ohnehin schon großes Ego noch weiter aufpumpten. Matt hatte jedoch zwei gute Seiten: erstens seine Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, und zweitens seine Freundschaft mit Jack.
Nachdem Matt ungläubig zugesehen hatte, wie der Neue seinen Hochsprungrekord gebrochen hatte, ging er zu Jack, um ihm zu gratulieren, und da sie nun mal Jungs waren, gerieten sie in eine Rangelei im Schlamm, an deren Ende sie beste Freunde waren. Ich tue nicht mal so, als ob ich die Bindungsrituale von Männern verstehe; ich weiß nur, dass die stärksten Bindungen normalerweise nur dann entstehen, wenn vorher eine Art von Gewalt stattgefunden hat.
Ich erinnere mich, dass ich als Kind gefragt habe, wer die Prügelei gewonnen hatte, die ihre Position als beste Kumpel zementiert hat, und erhielt nur verächtliche Blicke ob meiner Unwissenheit. Offenbar war das nicht der Sinn der Übung, vielleicht gab es auch keinen Gewinner, ich weiß es nicht.
Aber wenn ich raten müsste, wer gewonnen hat, wüsste ich nicht, auf wen ich setzen sollte. Sie sind einander so ebenbürtig, das ist Wahnsinn. Sie sind beide große Kerle (von der Körpergröße her, versteht sich), etwa einen Kopf größer als ich, und sie spielen beide in der Footballmannschaft der Universität, den Grove Rovers, also sind sie ziemlich gut gebaut. Dies ist übrigens eine rein klinische Analyse, dürfte klar sein, dass ich Matt und Jack nicht abchecke, aber die Tatsache, dass sie groß sind und Footballerarme haben, sind offensichtliche Dinge, die, da es sich um eine Erklärung handelt, nicht ausgelassen werden sollten.
Matt hat eine ähnliche Haarfarbe wie ich, obwohl seine definitiv mehr zum braunen Ende der Skala tendiert und seine Augen sind mehr oder weniger Hellbraun. Er trägt sein Haar in einem zotteligen Durcheinander, was meiner Meinung nach auf dem Football-Oval ein Nachteil sein könnte, aber das scheint ihn nicht zu stören. Ich glaube, er versucht, es als Frisur auszugeben, aber ich und alle, die ihn gut kannten, ließen sich da nicht täuschen und wussten, dass es nur so aussah, weil er zu faul war, etwas damit zu machen. Einschließlich Bürsten.
Jack hingegen trägt sein dunkelbraunes Haar recht kurz, obwohl er Matts Beispiel folgte, sich nicht viel Mühe damit zu machen, ließ er es stattdessen in allen möglichen Winkeln abstehen. Zu besonderen Anlässen benutzt er Gel, um ... genau den gleichen Effekt zu erzielen, also weiß ich nicht, warum er sich die Mühe überhaupt macht. Seine Augen haben dieses erstaunliche Hellblau und sind einfach der Wahnsinn. Das soll nicht heißen, dass ich Zeit damit verbracht habe, seine Augen bewundernd anzustarren oder so etwas Ekliges, es ist nur so, dass sie so blau und durchdringend sind, dass man blind sein müsste, um sie nicht zu bemerken.
Nun mal ehrlich. Das sind mein Bruder und sein bester Freund, über die wir hier reden. Ich werde sie nicht als gut aussehend bezeichnen, sie sind nicht schrecklich deformiert und sie scheinen die Dates zu stapeln, also müssen sie irgendwie gut aussehen. Ich glaube, es ist eher so, dass ihre Persönlichkeit ihr Aussehen korrumpiert.
Das klingt seltsam, also werde ich versuchen, es etwas besser zu erklären. Kennt ihr das, wenn ihr einen gut aussehenden Typen seht und dann herausfindet, dass er ein komplettes Arschloch ist und plötzlich anders "aussieht"? Seine Gesichtszüge haben sich nicht verändert, aber ihr fangt an, alle Fehler zu bemerken, und seine Persönlichkeit ist irgendwie auf sein Aussehen übergesprungen und macht ihn unglaublich hässlich.
Matt undJack sind das Gegenteil von diesem Typ. Sie sind einfach gute Menschen und scheinen überall Freunde zu finden, wo sie hingehen. Sie sind freundlich und umgänglich, und die Jungs und Mädels lassen sich von ihrem Charme überzeugen. Glaubt mir, ich habe es selbst erlebt. Die Mädchen sind zu Beginn des Gesprächs nur mittelmäßig interessiert, aber ein paar Minuten später sind sie völlig begeistert.
Wenn ihr jetzt denkt, dass sie Womanizer sind, dann habe ich sie völlig falsch beschrieben. Sie sind keine Figuren aus einem amerikanischen Teenie-Film. Zunächst einmal sind sie 20 Jahre alt und, obwohl sie in mancher Hinsicht unglaublich unreif sind, sind sie, wenn es um Mädchen geht, etwas gefestigter. Sie behandeln sie nicht wie Dreck, aber die ganze Dating-Sache wurde auch noch nie besonders ernst genommen.
Matt und ich sind uns näher als alle anderen Geschwister, die ich kenne. Das soll nicht heißen, dass wir die ganze Zeit über unheimlich gute Kumpel sind. Das wäre ja verdammt lächerlich. Oh nein, wir streiten uns genauso oft wie jedes andere Geschwisterpaar, aber unterm Strich würden wir absolut alles füreinander tun.
Meine Beziehung zu Jack ist schwieriger zu beschreiben. Seit ich sechs Jahre alt bin, ist er ein fester Bestandteil meines Lebens, eine tröstende und solide Präsenz, aber niemand, über den ich wirklich viel nachdenke. Ich weiß, das klingt pathetisch und kitschig, aber anders kann ich ihn nicht beschreiben. Ich verweise auf das Teddybärgleichnis, denn es ist die beste Erklärung, die mir einfällt.
Als die beiden achtzehn geworden waren, zogen sie zusammen in eine Wohnung in der Nähe der Universität und begannen ihr Leben als beliebte, alleinstehende "It-Boys" auf dem Campus. Ein paar Jahre später, bevor sie es sich in ihrer Junggesellenbude zu gemütlich gemacht hatten, beendete ich die 12. Klasse und begann, dieselbe Universität wie sie zu besuchen. Meine Eltern meinten, es sei ganz klar, dass ich zu den Jungs ziehen sollte. Ich wette, sie haben sich über den Anruf gefreut.
Aber ehrlich gesagt, waren sie wirklich Okay mit der ganzen Sache und hatten innerhalb von ein paar Wochen ihren ganzen Krempel aus dem dritten Schlafzimmer, das sie als Abstell-/Arbeits- oder sonstiges Zimmer nutzten, entfernt und alle Pornos versteckt. Das heißt, ich habe zwar noch keine schmutzigen Zeitschriften gefunden, aber ich bin nicht so naiv anzunehmen, dass sie hier nicht irgendwo zu finden sind.
Wenn ihre Zustimmung dazu, dass die jüngere Schwester bei ihnen einzieht, nicht deutlich macht, was für durch und durch anständige Kerle sie sind, dann gebe ich auf. Für einige Leute schien mein Zusammenziehen mit zwei älteren Männern etwas Außergewöhnliches zu sein, aber da wir sowieso schon fast unser ganzes Leben lang zusammenlebten, schien es mir das Richtige zu sein.
Ich liebe unsere Wohnung. Sie ist etwas beengt, mein Zimmer ist das kleinste und es gibt so ziemlich nur Platz für mein Bett, meinen Nachttisch, ein kleines Bücherregal und meinen CD-Player, aber sie scheint genau die richtige Größe für uns zu haben. Sie hat die Form eines einfachen Rechtecks, in dem Esszimmer, Wohnzimmer und Küche zu einem großen Raum zusammengefasst sind und die vier anderen Zimmer an der hinteren Wand liegen.
Das Badezimmer ist am weitesten links, dann kommt Jacks Zimmer, dann Matts und schließlich meine kleine Box ganz rechts in der Ecke, gleich neben der Wohnungstür. Möbel und Dekoration sind ziemlich spärlich, aber wir haben unser Bestes getan, und das zufällige Durcheinander, das hier herrscht, sorgt dafür, dass es sich immer wie "bewohnt" anfühlt.
Wie auch immer, zurück zu der Stelle, an der ich in Jacks Zimmer geplatzt bin. Er saß auf dem Bett, den Rücken an die Wand gelehnt, und hatte ein Buch auf dem Schoß. Er hob eine Augenbraue leicht an und schaute langsam auf, ein Ausdruck totaler Verwirrung, belohnte meine Ankündigung, dass ich ihn brauchte. Sein Gesichtsausdruck änderte sich jedoch schlagartig, als er mich erblickte, er ließ sein Buch fallen und stand in einer Weise auf, die man nur als alarmiert bezeichnen konnte.
"Tally, was ist los? Was ist passiert? Ist alles in Ordnung mit dir?"
Jack hatte mich schon immer Tally genannt. Ich habe ihn einmal gefragt, warum, und seine Antwort ist mir immer im Gedächtnis geblieben. 'Es liegt daran, weil deine Familie dich Natalia nennt und deine Freunde dich Talia, aber ich stecke irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Gruppen' hatte er gesagt. Er hatte sich eine ganz neue Gruppe geschaffen, in die er sich einordnen konnte, wenn es um mich und um einen passenden Spitznamen dazu ging.
"Wow, du bist gut!", sagte ich überrascht, beeindruckt von seiner Fähigkeit zu erkennen, dass etwas nicht in Ornung war. "Ich habe dir noch gar nicht erzählt..."
Er unterbrach mich und deutete auf mein Gesicht. "Du siehst furchtbar aus! Warum hast du geweint?"
Ah, jetzt verstand ich. Okay, ich bin keine Schauspielerin. Wenn ich weine, dann weine ich richtig. Nicht dieser, Tränen tropfen aus der Mitte meiner Augen und kullern dann hübsch meine Wangen hinunter, Unsinn. Nein! Wie bei jedem anderen normalen Menschen auf der Welt strömen meine Tränen aus den Seiten und der Mitte in alle Richtungen. Sie tropfen hinunter, und verbünden sich mit meiner Nase, und manchmal, je nach Winkel, fließen sie in die Ohren. Meine Nase läuft wie verrückt und die Haut unter meinen Augen bläht sich auf wie ein Kugelfisch und färbt sich schön rosa, passend zu meiner Nase und den blutunterlaufenen Augen. Habt ihr es kapiert? Ich bin keine hübsch weinende.
Ich ließ mich auf sein Bett plumpsen und begann, ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Angefangen mit meinem schrecklichen Tag an der Uni, bis hin zum eigentlichen Ereignis, ließ ich die ganze Sache einfach raus, ohne mich zurückzuhalten. Er saß neben mir und hörte mir aufmerksam zu, wobei sein Gesicht immer wütender wurde, je weiter ich erzählte.
Als ich ihm erzählte, was auf Rorys Party vorgefallen war, fluchte er leise vor sich hin, und als ich wieder anfing zuweinen (wir waren bei dem "Was ist los mit dir?"-Teil der Geschichte angelangt), reichte er mir wortlos eine Schachtel mit Taschentüchern, löste seinen Blick aber nicht von meinem Gesicht.
Kurzum, er war der aufmerksamste und netteste Zuhörer, und ich fühlte mich durch seinen Ärger meinetwegen sowas von bestätigt, dass ich ihn kurz umarmte, als ich meine Geschichte beendet hatte. Er drückte mich ebenfalls kurz und ließ mich dann wieder los. Mich so lange zu kennen, bedeutete natürlich, dass er sich meiner Berührungsphobie bewusst war, und wann auch immer die Situation einen sentimentalen Moment rechtfertigte, war er stets darum bemüht, mir immer nur einen leichten Klaps auf den Rücken oder eine kurze Umarmung zu geben, aber nicht mehr.
Ich starrte auf die benutzten Taschentücher in meiner Hand und überlegte, wie ich ihm beibringen sollte, dass seine freundliche Rücksichtnahme auf mein Bedürfnis nach Abstand auf den Kopf gestellt werden musste.
Offensichtlich deutete er meine stille Nachdenklichkeit als Verzweiflung und fuhr sich frustriert mit der Hand durch die Haare und sagte:
„Hör mal Tally, ich weiß, dass du dich gerade elend fühlst und so, aber ehrlich gesagt bist du ohne ihn besser dran. Er ist ein kompletter Idiot und verdient niemanden, und am wenigsten dich. Das weißt du doch, oder?"
Ich nickte stumm, hob meinen Blick aber nicht und er seufzte unbehaglich. Ich dachte, ich hätte ihn "Das ist Matts Job." murmeln hören. Doch im nächsten Moment gab er mir einen sanften Stoß mit der Schulter, woraufhin ich zu ihm aufsah. "Komm schon, Soldat. Kopf hoch.", begann er freundlich. "Morgen ist ein neuerTag, morgen früh sieht alles besser aus, und all die anderen optimistischen Klischees."
Ich nutzte die Gelegenheit, packte seinen Arm und sah ihn mit großen Augen an, in denen zum Glück für meine Darbietung immer noch Tränen schimmerten. "Jack", krächzte ich, "du musst mir einen Gefallen tun."
Er wirkte etwas verblüfft, ließ sich aber nicht zu dem Versprechen hinreißen, alles zu tun, was ich verlangte, wie ich es mir eigentlich erhofft hatte. Stattdessen sagte er vorsichtig:
"Ich werde tun, was ich kann."
Das war er. Der Moment, in dem ich meine Würde in den Wind schießen würde. Ich atmete tief durch und blickte zu Boden, nicht weil ich versuchte, süß und unschuldig zu wirken, sondern weil ich ehrlich gesagt seinen Gesichtsausdruck nicht ertragen konnte, wenn ich ihm meine Idee mitteilen würde.
„Ich muss es lernen.", begann ich mit sehr kleiner, leiser Stimme. „Du musst mir beibringen ..." Ich stockte hier, weil die ganze Sache wirklich einfah zu erbärmlich war, um sie in Worte zu fassen. Ich dachte, ich würde die deutsche Sprache gut beherrschen, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich ihm mein Dilemma erklären sollte.
„Was beibringen?", hakte er nach.
„Bring es mir bei.", würgte ich schließlich hervor. „Was passiert, wenn man ... man das ... das Berühren und das ... Streicheln und den .... und es, du weißt schon, wirklich mag." Ich war noch nie in meinem Leben so verlegen gewesen. Aber könnt Ihr es glauben? Jack hatte immer noch nicht begriffen, worum es mir ging. Er sah mich völlig ausdruckslos an, und ich konnte fast sehen, wie sein Verstand schwirrte, als er versuchte, die Zusammenhänge zu verstehen.
"Ich kann nicht loslassen!", schrie ich schließlich hysterisch. "Du musst mir beibringen, loszulassen. Sex, Jack, Sex und alles, was davor und danach kommt, verstehst du mich?"
Und schließlich verstand er mich.
"Mein Gott, Tally!", er sprang vom Bett auf und stellte sich in die hinterste Ecke des Zimmers, sein Gesichtsausdruck grenzte an Entsetzen. "Das kann doch nicht dein Ernst sein!"
Ich stand ebenfalls auf, aber ich ging nicht auf ihn zu, denn angesichts seiner Reaktion auf meine Idee, könnte er in Panik geraten und aus dem Fenster springen, wenn ich ihm zu nahe kam.
"Hör mir einfach zu, bitte.", flehte ich, "Es ist nicht so schrecklich, wie es klingt." Eine verdammte Lüge, nur so nebenbei bemerkt, es war genaso schlimm, wie es sich anhörte. „Die ganze Zeit Angst vor körperlichen Kontakt zu haben, hält mich immer zurück. Ich möchte es genießen, mit Jungs zusammen zu sein, aber in Moment kann ich das nicht. Die einzige Möglichkeit die ich sehe das ganze zu überwinden, ist, gezeigt zu bekommen wie es ist, von jemanden dem ich vertrauen kann."
"Wenn du mit dem richtigen Mann zusammen bist, bin ich mir sicher, dass es von ganz alleine passieren wird. Erzwing es nicht.", sagte Jack, ziemlich vorhersehbar. Der arme Kerl sah genauso unbehaglich aus, wie ich mich fühlte. Tussi-Ratschläge in Oprah-Qualität zu erteilen, war sicher nicht gerade förderlich für sein männliches Ego. Allerdings konnte ich in diesem Augenblick kein Mitleid für ihn aufbringen. Ich musste meine ganze Energie darauf verwenden, ihn zu überzeugen.
"Ich will nicht so lange warten!", erwiderte ich gereizt. "Und was ist, wenn ich nie den Richtigen finde, weil ich zu feige bin, ihm nahe zu sein? Ich könnte meinen Traummann verscheuchen, weil ich so prüde bin."
Ich konnte sehen, dass ich ihn nicht überzeugen konnte. Es war an der Zeit, den Einsatz zu erhöhen.
"Gut!", begann ich erhitzt, holte mein Handy aus der Tasche und scrollte durch das Adressbuch, bis ich Brads Nummer gefunden hatte. "Dann rufe ich eben meinen Ex an und sage ihm, dass ich es mir anders überlegt habe, und er nun doch seinen Spaß mit mir haben kann."
Jacks Gesicht verfinsterte sich und er machte einen zögernden Schritt auf mich zu. "Du hast mehr Selbstrespekt als das, Tally.", sagte er ernst.
„Habe ich das?", fragte ich schrill, mein Finger schwebte immer noch über der Anruftaste. „Denn ich bin mir da nicht mehr sicher. Ich bin so verzweifelt, Jack, ich werde in eine Kneipe gehen und mir irgendeinen Kerl schnappen. Ich bin sicher, dass da draußen jemand bereit ist, mir beizubringen, was ich wissen will."
"Gib mir dein Handy.", sagte er ernst und fügte einen Moment später hinzu: "Und deine Autoschlüssel. Du wirst Brad nicht anrufen und du wirst auch keinen Kerl in einer Bar aufgabeln."
Ich umklammerte mein Handy fest mit meiner Hand und funkelte ihn herausfordernd an: „Du scheinst die Situation nicht ganz zu verstehen. Entweder du oder der nächste Typ, den ich sehe. Ich wäre heute Abend jedermanns, aber ich hatte genug Verstand, um zuerst zu dir zu kommen."
Jack zog sich in seine Ecke zurück und sah aus, als wäre die Welt, wie er sie kannte, gerade um ihn herum zusammengebrochen. Er musterte mein Gesicht aufmerksam, wohl auf der Suche nach einem Anzeichen dafür, dass ich einen Scherz machte. 'Das hättest du wohl gern, Kumpel', dachte ich grimmig und brachte meinen Finger noch näher an die Anruftaste
"Du meinst es ernst, nicht wahr? Das ist so surreal! Was ist mit Matt?"
"Ja, ich meine es ernst, und ich bin nicht nur ein Nebenbestandteil meines Bruders. Bitte Jack."
Er stieß einen tiefen Seufzer aus und schloss resigniert die Augen. "Gib mir dein Handy und deine Schlüssel.", wiederholte er. Als ich zögerte, fuhr er fort: "Geh, und wasch dir das Gesicht, und dann beruhige dich erstmal. Wenn du dich morgen früh immer noch so fühlst, dann...", er hielt inne und der Augenblick zog sich hin, die Luft knisterte vor Spannung. "... dann werde ich es mir überlegen", beendete er schließlich.
Am liebsten wäre ich in die Luft gesprungen und hätte meine Faust jubelnd in die Luft gehoben, aber ich hielt mich zurück und überreichte ihm stattdessen wortlos mein Handy und meine Schlüssel. Als ich sie in seine offene Handfläche legte, drückte ich kurz meine Finger gegen seine und flüsterte: "Danke."
"Ich habe noch nicht gesagt, dass ich es definitiv tun werde.", mahnte er, aber wir wussten beide, dass er den Kampf verloren hatte.
Plötzlich erschöpft, befolgte ich seine Anweisung und ging ins Bad, um mir das Gesicht gründlich abzuschrubben. Als ich mich im Spiegel sah, stellte ich fest, dass ich wirklich schrecklich aussah: blass, hier und da hatte ich rote Flecken im Gesicht und wässrige, blutunterlaufene Augen. Wie hatte er mir nur so lange widerstehen können?!
Ich taumelte in mein Schlafzimmer, zog meinen Schlafanzug unter dem Kopfkissen hervor, warf meine Klamotten auf den Boden und schlüpfte schnell in die flauschige Wärme meines Pyjamas. Ich löste mein Haar aus dem Pferdeschwanz und kroch zwischen die Decken und kuschelte mich in die weiche Matratze.
Ich war erschöpft.
Körperlich und emotional erschöpft.
Als ich so dalag, hörte ich die Haustür zuschlagen und die schweren Schritte meines Bruders. Einen Moment später hörte ich wie der Wasserhahn in der Küche anging und musste lächelte, als ich mir vorstellte, wie er seine Hände unter den Wasserhahn hielt, so wie ich es vor nicht allzu langer Zeit bei Brad getan hatte.
Der Gedanke an Brad ließ eine große Welle der Traurigkeit in meiner Brust aufsteigen und schnürte mir die Kehle zu. Ich drehte mein Gesicht in das Kissen und wimmerte vor Kummer gegen das weiche Material.
Leise hörte ich, wie Jacks Tür aufging und die Jungs sich begrüßten. Matt fragte, ob ich zu Hause sei, und als Jack dies bejahte, hörte ich die vertrauten Schritte auf meine Tür zukommen. Sie hielten jedoch abrupt inne, als Jack rief, dass ich bereits schlafen würde.
"Sie schläft schon?", fragte Matt ungläubig. "Es ist noch nicht mal 8."
"Ja, ich weiß, aber sie sah ziemlich fertig aus, als sie nach Hause kam, und sie sagte, dass sie gleich ins Bett wollte."
Oh, wie sehr ich Jack in diesem Moment liebte, was für ein Kumpel. Ich wusste, dass es ihn sehr viel Mühe kostete, seinen besten Freund so anzulügen, und ich hatte ihm nicht ausdrücklich gesagt, dass er Matt nichts von meiner Trennung von Brad erzählen sollte, aber er wusste, dass es besser wäre, es mir zu überlassen, damit umzugehen.
Ja, ich hatte mir definitiv den richtigen Kerl als meinen Lehrer ausgesucht.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top