What's My Age Again?
Am nächsten Morgen wachte ich spät auf und hätte noch länger geschlafen, wenn mein Knöchel nicht so sehr geschmerzt hätte. Offenbar hatten mich all die Dramen und Späße der Samstagnacht völlig erschöpft.
Nun, das und die Tatsache, dass ich in der Nacht wieder von Jack geträumt hatte, und sagen wir einfach, meine Träume waren nicht gerade jugendfrei.
Vielleicht noch ärgerlicher als die Müdigkeit war, dass sie mir das Gefühl gaben, unerfüllt und unzufrieden zu sein, und, um ehrlich zu sein, erschreckte es mich ein wenig, wie sehr sie mich beeinflussten. Ich hatte noch nie an die Theorie geglaubt, dass Träume besonders bedeutsam sind, aber wenn ich dieses Mal auf mein Unterbewusstsein hörte, würde es nicht lange dauern, bis ich mich auf Jack stürzte und ihm alle Kleider vom Leib riss.
Den ganzen Tag über kamen mir die Träume in den Sinn, was bedeutete, dass ich plötzlich nervös und verlegen wurde. Die Jungs müssen gedacht haben, ich sei in den frühen Wechseljahren, so wie ich immer wieder errötete und seltsame Dinge sagte, um mein Unbehagen zu überspielen.
Um die Tatsache zu erklären, dass ich humpelte und Jack mir einen Knöchelverband anlegte, sobald ich aus meinem Zimmer kam, erzählte ich Matt, dass ich mit dem Knöchel umgeknickt war und dann beim Sturz unglücklich auf ihm gelandet war. Das war eigentlich keine Lüge, aber ich gehörte zu den Menschen, für die das Weglassen bestimmter Teile bereits als einfaches Lügen galt, was meine Schuldgefühle nicht gerade verringerte.
Mein lieber, ahnungsloser Bruder schien jedoch überhaupt nicht misstrauisch zu sein und war den ganzen Tag über erstaunlich nett. Er versorgte mich ständig mit Erfrischungen und der einen oder anderen Schmerztablette, wenn ich sie brauchte, und sorgte dafür, dass ich meinen Knöchel so weit wie möglich schonte.
Am Ende des Tages war der Schmerz in meinem Knöchel so weit abgeklungen, dass ich mein rechtes Bein ein wenig belasten konnte, und ich wusste, dass er nach einer weiteren Nacht Ruhe fast wieder wie neu sein würde. Jacks schnelles Handeln, das Anlegen von Eis und das Hochlegen meines Beins hatten die Schwellung auf ein absolutes Minimum reduziert, und so hatte er einen großen Anteil an meiner raschen Genesung.
Als Dankeschön für meine beiden fürsorglichen Gefährten kümmerte ich mich an diesem Abend um das Abendessen; Lasagne und Salat, nichts Ausgefallenes, aber eines ihrer Lieblingsessen. Wir waren gerade dabei, die Reste der Lasagne mit etwas Knoblauchbrot von den Tellern zu wischen, als das Telefon klingelte. Matt ging ran, und ich konnte an seinem sofortigen Augenrollen erkennen, dass es unsere Mutter war.
Jack und ich spülten das Geschirr ab, während Matt sich mit gelegentlichen Schnauben und Seufzen durch ein Gespräch mit Mum quälte, das immer sehr einseitig war. Dann warf Matt mir das Telefon zu, und ich ließ mich auf der Couch nieder, um mir den Monolog meiner Mutter anzuhören. Sie plapperte etwa fünfzehn Minuten lang, dann sagte sie plötzlich:
"Und, kommst du nächstes Wochenende?"
Hüten euch stets vor Mutters Guerilla-Angriffen. In dem Moment, in dem man sich entspannt, schlägt sie zu. Lasst euch nicht von ihr in falscher Sicherheit wiegen.
"Oh... äh ...", begann ich nervös. "Ich werde die Jungs fragen."
Es gab eine lange Pause, die nichts Gutes verhieß.
"Habe ich eine Tochter großgezogen, die sich erst bei Männern erkundigen muss, bevor sie eine Entscheidung trifft?", fragte sie mit gefährlicher Stimme, und ich schlug mit dem Kopf gegen die Couchlehne, als ich meinen taktischen Fehler erkannte.
„Nein.", stöhnte ich.
„Also gehe ich davon aus, dass du deine Eltern nicht alleine besuchen willst. Das du tatsächlich Angst hast, ohne einen Männer Puffer nach Hause zu kommen?"
"Nein.", antwortete ich erneut, frustriert über ihre gespielte verletzte Stimme.
"Nun dann", sagte meine Mutter, jetzt ganz geschäftsmäßig, "sehen wir uns am Freitag."
Ich starrte verärgert auf das Telefon, aber auch, das muss ich zugeben, mit einem kleinen Funken Bewunderung. Wie hatte sie das nur geschafft? In der einen Minute plante ich noch fröhlich ein weiteres Wochenende in unserer Wohnung, um hoffentlich mehr Zeit mit Jack zu verbringen, und in der nächsten bin ich zu der vier Stunden Fahrt nach Hause verpflichtet. Sie ist das böse, das pure böse!
„In Ordnung, war auch nett mit dir zureden, Mum.", gab ich sarkastisch von mir. „Gibst du das Telefon an Dad weiter?"
Als ich hörte, wie mein Vater den Hörer entgegennahm, jammerte ich: "Daddy, sie hat mich in die Falle gelockt!"
Ich hörte sein tiefes Lachen und fühlte mich wie immer gezwungen, mit einzustimmen. „Du musst ständig auf dich aufpassen und darfst ihr keine Angriffsfläche bieten, das weißt du doch.", belehrte er mich. Es gab eine Pause und dann fügte er hinzu: "Wenn du herausgefunden hast, wie das geht, sagst du mir Bescheid, ja?"
Wir unterhielten uns eine Weile, bis Mum ihm das Telefon entriss und ich unser Telefon zu Jack hinüberwarf.
Matt kam herüber, ließ sich neben mir nieder, und schaute extrem mürrisch drein.
„Ich hatte Pläne für dieses Wochenende.", seufzte er. „Gute Pläne."
„Aber dich hat sie auch erwischt." , bemitleidete ich ihn und er nickte.
„Aber nicht nur ich. Anscheinend hat Mum Tommos Mum getroffen und sie haben sich darüber unterhalten, dass sie uns jetzt, wo wir an der Uni sind, so selten zu sehen bekommen."
„Uh oh.", kommentierte ich und Matt lächelte traurig.
„Ja, genau, jetzt muss ich Tommo sagen, dass er sich dieses Wochenende auch auf dem Mutterschiff melden muss."
„Elend liebt Gesellschaft.", lachte ich. „Ich schätze, wir machen einen Road Trip daraus."
Matts Schultern sackten in sich zusammen. „Also, auf Wiedersehen zu dem Sex mit einem willkürlichen heißen Girl, hallo langweiliges Wochenende in der Mother Zone."
Jack legte den Hörer auf und warf sich in einen Sessel, wobei er über Matts und meine niedergeschlagene Einstellung die Augen verdrehte.
„Ach, stellt euch nicht so an.", begann er. „So schlimm ist eure Mutter gar nicht."
Matt tauschte einen verärgerten Blick mit mir aus, und dann blickten wir beide ungläubig zu Jack.
„Was?", fragte dieser.
„Du verstehst es einfach nicht. Mum denkt, dass dir die Sonne aus dem Arsch scheint. Du kannst nichts falsch machen.", sagte Matt geduldig, als würde er es einem Kind erklären, das ein bisschen schwer von Begriff ist.
„Du bist so voller Scheiße.", spottete Jack, aber ich konnte sehen, dass er ziemlich zufrieden war. Er wusste, dass er in Mums Augen das Wertvollste war, aber ich glaube, dass er das immer gerne gesagt bekam.
Matt seufzte laut und stand auf. „Gut, da wir das jetzt geklärt haben, gehe ich in den Pub, ihr könnt mitkommen, wenn ihr wollt."
„Nee." Jack schüttelte den Kopf. „Talia und ich sind nur noch Stunden davon entfernt, den ganzen Kram aus dem ersten Jahr fertigzubekommen."
„Ich hoffe, die Sache mit dem Stipendium ist es wert, denn du bist ein langweiliger Bastard geworden.", scherzte Matt.
„Ach ja?" Jack streckte ein Bein aus, als Matt vorbeikam, und mein Bruder fiel direkt über das ausgestreckte Bein. Prompt riss er an dem Bein, über das er gestolpert war, und zog Jack mit sich auf den Boden.
Im nächsten Moment rollten die beiden lachend über den Teppich, während sie miteinander herumtollten.
Ich stieß einen großen, übertriebenen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. „Es wurde bereits gesagt und es wird wieder gesagt werden –Jungs!"
Ich stand auf und wollte über sie hinweg gehen, aber ich hätte es besser wissen müssen. Ich hörte Matt kaum fragen:
„Was glaubst du, wo du hingehst?" Bevor er meine Beine packte und mich auf ihn und Jack herunterzog. Ich kreischte, als ich fiel, und dann noch etwas mehr, als Matt begann, mich zu kitzeln.
„Jack! Rette mich!", schrie ich durch mein Lachen hindurch, während ich versuchte, meine kitzeligen Stellen und meinen wunden Knöchel zu schützen.
„Ich weiß nicht.", sagte er langsam. „Vielleicht lasse ich dich leiden."
„Nein.", schrie ich, und Lach Tränen stiegen mir in die Augen. „Bitte hilf mir!"
„Nun, da du so nett gefragt hast." Jack griff um mich herum und begann, Matt zu meiner Verteidigung anzugreifen. Wir drei lachten so sehr, dass wir nicht hörten, wie die Tür geöffnet wurde.
„Kümmert euch nicht um uns, wir warten einfach, bis ihr fertig seid."
Beim Klang von Sams Stimme, sahen wir drei von unserer verknoteten Position auf dem Boden auf.
„Äh, hi.", sagte Matt. „Gebt mir eine Minute, während mein Klotz von einer Schwester und mein bester Kumpel von mir heruntersteigen, dann können wir los."
„Ein Satz, den man nicht allzu oft hört.", bemerkte Tommo und bot mir eine Hand an, um mir auf die Beine zu helfen.
Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich, wenn ich Tommos Hand gehalten hätte, entweder einen Schwindelanfall oder eine Panikattacke bekommen, aber jetzt lächelte ich einfach und bedankte mich, ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden.
Nachdem Matt seine Brieftasche und seine Jacke geschnappt hatte, verließe nalle Jungs außer Jack die Wohnung, und ich schnappte mir das gewaltige Erst-Semster- Textbuch. Ich machte es mir auf einem Sessel bequem und legte das geöffnete Buch über meine Knie, bevor ich meinen Kopf darüber beugte.
*****
Drei Stunden später klappte ich den schweren Wälzer zu und lehnte mich zurück.
„Ich bin erledigt!", stöhnte ich. „Können wir eine Pause machen, bevor wir mit dem zweiten Jahr anfangen?" Meine Augen, müde vom Lesen des Kleingedruckten, schlossen sich vor Erschöpfung. „Ich glaube nicht, dass ich heute Abend noch mehr verkrafte."
„Dabin ich ganz deiner Meinung.", seufzte Jack und streckte sich auf der Couch aus.
Wir entspannten uns ein paar Minuten lang schweigend und genossen das Gefühl, das erste Jahr des Lehrplans hinter uns gebracht zu haben, und Jack kaum Fehler dabei gemacht hatte. Dann setzte er sich auf und klopfte auf das Kissen neben sich und lud mich ein, mich zu ihm zusetzen. Ohne zu zögern erhob ich mich von meinem Sessel und ließ mich neben ihn plumpsen.
„Zeit abzuschalten.", verkündete Jack und schaltete den Fernseher an. Irgendein Film begann, und weil ich so müde war, fand ich mich trotz der etwas lustlosen Handlung völlig in den Film vertieft. Im Laufe des Films rückte ich immer näher an Jack heran, zum Zeitpunkt des Abspanns, lehnte ich bereits gegen ihn und mein Kopf ruhte auf seinem Arm, der locker auf der Rückenlehne der Couch lag.
Während wir den Worten auf der Leinwand zusahen, gefangen in der Pause, die am Ende eines jeden Films eintritt, begann Jack abwesend mein Haar zu streicheln, und ich lächelte bei diesem Gefühl.
„Hey, darf ich dich etwas fragen?", fragte er schläfrig und schaltete mit seiner freien Hand den Fernseher aus.
„Abgesehen davon, dass du es bereits getan hast, sage ich ja.", erwiderte ich frech.
Ich spürte, wie sich sein Brustkorb neben mir ausdehnte, als er tief einatmete und seine Hand ihre streichelnde Bewegung unterbrachte. "Warum glaubst du, wirst du bei Körperkontakt so nervös?"
Ich erstarrte und mein Herz begann, ein wenig schneller zu schlagen. „Oh....ähm.", stotterte ich, unfähig, eine bessere Antwort zu formulieren, weil die Frage so plötzlich kam. Jack war normalerweise niemand, der direkt auf den Punkt kam, was mich total verwirrte.
„Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst.", sagte Jack schnell, offensichtlich hatte er bemerkt, wie sehr mich seine Frage aus der Fassung gebracht hatte.
„Nein, ist schon okay.", sagte ich und drückte mich auf der anderen Seite der Couch, gegen die Rücken- und Armlehne. „Gib mir nur eine Minute."
Er nickte und wartete geduldig, während ich die Gedanken zusammensuchte, die ich im Laufe der Jahre über den Auslöser meiner Phobie gehabt hatte.
„Ich denke, es war irgendwie ein schleichender Prozess.", begann ich zögernd. "Es ist nicht so, dass ich eines Tages aufgewacht bin und dachte: 'Wenn mich noch ein Typ anfasst, flippe ich aus! Am Anfang war ich wohl das, was man einen Spätzünder nennen würde, weil ich mich bis weit nach meinem vierzehnten Geburtstag überhaupt nicht für Jungs interessiert habe. Alle anderen Mädchen waren verrückt nach diesem oder jenem Jungen, und ich kam nach Hause zu dir und Matt, die rülpsten und stritten und sich generell idiotisch verhielten, und dachte: 'Das wollen die?'"
Jack lächelte über den letzten Teil, sagte aber nichts, was mich ermutigte, weiterzumachen.
„Ich hatte auch nie das Gefühl, einen Freund zu brauchen. Sie schienen nur im Weg zu sein. Dann fragten plötzlich alle, warum ich keinen Freund habe, ich war doch nicht unattraktiv und ich war ziemlich beliebt, wo war also das Problem? Wenn ich zurückdenke, war das so dumm. Ich meine, kaum jemand in der Highschool hatte einen Freund, also warum gingen mir die Leute deswegen auf den Sack?" Ich wurde von der restlichen Frustration aus der Vergangenheit überflutet. „Es war so unfair." Als ich merkte, dass ich genau so jammerte wie das Kind aus der 9. Klasse, das ich gewesen war, änderte ich meinen Tonfall.
„Dann war da dieser Typ in der 10. Klasse, Rhys, von dem alle sagten, dass er mich mochte, und so ließ ich mich von meinen vermeintlichen Freunden überreden, mit ihm auszugehen. Natürlich stellte sich dann heraus, dass er nur mit mir ausging, um dich und Matt kennen zu lernen und..."
„In das Footballteam zu kommen.", beendte Jack den Satz für mich und ich nickte.
"Ja, sein Plan war nach einer Weile ziemlich klar: mit mir Ausgehen, euch kennenlernen, ins Team kommen, mit mir schlafen, mich abservieren. Nett, nicht wahr?" Trotz meines leichtfertigen Tons tat die Erinnerung immer noch weh.
„Hmm, aber ein guter Footballspieler.", sagte Jack nachdenklich, und ich schlug ihm entrüstet auf die Schulter. „Das war ein Scherz.", lächelte er und hob kapitulierend die Hände. „Verdammt, obwohl er so gut war, haben Matt und ich ihn aus dem Team geworfen, sobald wir herausgefunden hatten, was er vorhatte, oder nicht?"
„Und das sollte ich doch wohl auch meinen." Ich verschränkte abwehrend die Arme. „Trotzdem war ich es, die fast die ganze 9. Klasse mit ihm zusammen war, kannst du das glauben?"
Es war eine rhetorische Frage, aber Jack beantwortet sie, bevor ich Zeit hatte, weiterzusprechen.
„Nein. Ich konnte es damals nicht glauben, und es ergibt auch jetzt keinen Sinn. Er war ein totales Arschloch."
„Also, ich kann mich nicht erinnern, dass du das damals gesagt hast.", warf ich ihm vor, ziemlich überrascht von seiner Vehemenz bei diesem Thema.
Er zuckte mit den Schultern. „Natürlich habe ich nichts gesagt. Du hattest gerade so eine Phase, in der du genau das Gegenteil von dem getan hast, was Matt oder ich dir geraten haben, nur um zu zeigen, dass du es kannst. Wir dachten, wenn wir etwas Schlechtes über ihn sagen würden, würdest du länger mit ihm zusammenbleiben, nur um uns zu ärgern, also haben wir beschlossen, einfach zu warten, bis du darüber hinweg bist."
Ich starrte ihn an. Wie herablassend. Ich spürte einen kleinen Wutausbruch in meinem Magen bei der Vorstellung, dass Matt und Jack über meine erbärmliche kleine Teenager-Rebellion diskutierten und beschlossen, dass ich da herauswachsen würde. Okay, es stimmte, dass ich in diesem Alter unbedingt zeigen wollte, wie unabhängig ich war, und dass ich, entschlossen, mich von Matts Schutz zu lösen, begonnen hatte, absichtlich das Gegenteil von dem zu tun, was er mir riet. Aber trotzdem... Ich überlegte lange, bevor ich meine Antwort formulierte.
„Obwohl das fast schon zu herablassend für Worte ist, stimme ich dir zu, dass du wahrscheinlich recht hattest, nichts zu sagen."
„Wie diplomatisch von dir.", grinste Jack, und ich streckte ihm die Zunge heraus, bevor mir klar wurde, dass diese Aktion die Reifem eines vorherigen Satzes so ziemlich zunichte machte.
„Ich weiß noch, wie ich Mum erzählt habe, was zwischen Rhys und mir vorgefallen war, und nachdem sie mich umarmt hatte, hielt sie mich auf Armlänge fest und sagte streng: 'Also wirklich, Liebling, was hast du denn von jemandem erwartet, der keine Vokale in seinem Namen hat?'!", fuhr ich fort und Jack brach in Gelächter aus.
„Das war einer ihrer besten Momente.", gab ich zu und stimmte in sein Lachen ein. „Wie auch immer, dann war ich in der 10. Klasse und die Leute fingen an, mich aufzufordern, Rhys zu vergessen und es im Grunde noch einmal zu versuchen, und da kam Stuart ins Spiel." Ich lächelte liebevoll bei der Erinnerung. „Ah, der gute alte Stuart. Er war der beste Freund, den ich je hatte."
„Er war schwul.", wies Jack darauf hin.
„Ich weiß, ich habe ihm geholfen, sich zu outen, schon vergessen? Ziemlich großmütig von mir, wenn man bedenkt, dass ich damit meinen Schutzschild gegen meine Freunde verlor, die versuchten, mich zuverkuppeln!" , scherzte ich, aber Jack sah mich ernst an.
„Er war dein Liebling?", fragte er, und ich nickte.
„Nun ja. Er hat nie vor seinen Kumpels damit geprahlt, dass er mich durchgenommen oder befummelt hat, oder hat mit einer meiner Freundinnen rumgemacht."
„Vielleicht lag das daran, dass er schwul war.", sagte Jack verärgert, und ich warf ihm einen bösen Blick zu.
„Du sagst das, als ob das etwas Schlechtes wäre!", schnauzte ich.
„Was die Tatsache angeht, dass er mit dir zusammen war, ist das eine schlechte Sache, und ich glaube nicht, dass mir jemand vorwerfen wird, ich sei homophob, weil ich das gesagt habe."
Er hatte recht, wie er es ärgerlicherweise immer zu haben schien.
„Okay, wie auch immer. Er war technisch gesehen nicht gerade ein hervorragender Kandidat für meinen Freund, aber er war trotzdem einer der nettesten und liebenswertesten Kerle, die ich je getroffen habe.", gestand ich und fuhr unbekümmert fort: „Danach habe ich mich ernsthaft in Tommo verknallt, was bis zum Ende der 10. Klasse angehalten hat."
Sobald die Worte meinen Mund verlassen hatten, erstarrte ich und Jack gab einen komischen erstickten Laut von sich.
„Du hast dich bitte in wen verknallt?", sagte er laut und mein Brustkorb krampfte sich komisch zusammen bei seinem Tonfall, der gleichzeitig Erstaunen, Belustigung und .... Wut ausdrückte. „Tommo? Wie in unserem Tommo?", stellte er sicher und sah dabei so entsetzt aus, dass ich nicht verhindern konnte, dass sich ein kleines Lächeln auf meinen Lippen ausbreitete.
„Was ist daran so schlimm?", fragte ich zögernd. „Er war mir gegenüber immer schon so ein Schatz und seine Tattoos sind ... naja, ich fand sie schon immer ziemlich sexy."
Jacks Blutdruck schien mit jedem Wort, das ich sagte, zu steigen, aber beim letzten lächelte er leicht und hob fragend die Augenbrauen.
„Du findest Tattoos sexy?", fragte er und ich nickte etwas verlegen. Meine Güte, aber ich lud heute alle meine Geheimnisse auf einmal bei ihm ab.
„Nun, das ist gut zu wissen.", sagte er leise, aber bevor ich fragen konnte, warum das so war, fuhr er fort. „Du hast dich also in Tommo verknallt, was dann?"
„Was die Sache mit Tommo angeht, nichts.", sagte ich und konzentrierte mich wieder auf meine Geschichte. „Ich bin in der 10. Klasse jedes Mal knallrot angelaufen und über meine eigenen Füße gefallen, wenn er einen Raum betrat, und niemand außer Simone hat es bemerkt. Tommo hat es jedenfalls nicht mitgekriegt. Dann zogen du und Matt in diesem Sommer weg, Simone hatte ihren ersten festen Freund und Rhys gab eine Party, zu der er mich nicht einlud, weil ich ein 'frigides Miststück' war."
Ich verzog das Gesicht und erinnerte mich daran, wie sehr ich diese Zeit gehasst hatte. In jenen Ferien war ich verzweifelt einsam gewesen, denn obwohl Simone mich immer einlud, wenn sie und Dean zusammen ausgingen, hatte ich keine Lust, das fünfte Rad am Wagen bei ihren Verabredungen zu sein. Dann hatte Rhys so ziemlich eine Kampagne gestartet, die mich zur Außenseiterin machen sollte, und irgendetwas in mir war durchgebrannt.
„Da ich das Gefühl hatte, dass sich etwas ändern musste, beschloss ich, mich dazu zu zwingen, gerne mit Jungs zusammen zu sein, und wurde ein Partygirl. Das Trinken hat mir sehr geholfen und ich hatte eine sehr erfolgreiche Strategie, mich zu besaufen und dann den nächstbesten Kerl abzuknutschen." Ich versuchte, es wie einen Witz klingen zu lassen, aber es war nicht lustig, und weder Jack noch ich lachten. „Ich gebe zu, dass es nicht der beste Plan war, und obwohl einige von ihnen gar nicht so übel waren, bekam ich bei den meisten dieser Typen eine Gänsehaut, wenn sie mich berührten."
Da ich wusste, dass ich zum schlimmsten Teil der Geschichte kam, hielt ich inne und begann mit der Ecke eines Kissens zu spielen. „Dann spitzte sich alles zu, als dieser Typ meinte, ich sei eine Schwanzverarscherin, der 'eine Lektion erteilt werden müsse'.", sagte ich mit leiser Stimme und schaffte es nicht, diese Worte, die fast genau die waren, die vor fast zwei Jahren auf der Geburtstagsfeier eines Freundes zu mir gesagt worden waren, auszusprechen, ohne zu erschaudern.
Jack sah aus, als wollte er mich entweder umarmen oder etwas zerbrechen, und da ich in beiden Fällen den Mut verloren hätte, weiterzuerzählen, fuhr ich schnell fort. „Er setzte seine Kraft gegen mich ein und drückte mich an die Wand, bevor ich überhaupt merkte, was er vorhatte. Er schaffte es nicht, mehr als ein paar Mal an meine Brüste zu fassen, bevor ich mich befreien konnte, aber..." Meine Stimme brach und meine Augen füllten sich mit Tränen. Jack schien zu spüren, dass ich mich ohne seine Hilfe zusammenreißen musste und saß wie eine Statue da, während ich mir die Augen abwischte und meine Atmung unter Kontrolle brachte.
Als ich aufblickte, war sein Gesicht wie versteinert, und ich wusste, dass er all seine Selbstbeherrschung aufbrachte, um nicht von der Couch aufzuspringen und den Kerl zu jagen, der mir vor so langer Zeit Unrecht getan hatte.
„Also", fuhr ich fort, wobei meine Stimme nur ein wenig schwankte, „danach ging ich den Jungs natürlich wieder eine Zeit lang aus dem Weg. Und ich bekam das Gefühl, als hätte ich wieder alles unter Kontrolle, aber es stellte sich heraus, dass ich die Wahrheit nur verdrängt hatte. Ich begann nicht nur zu vermeiden, dass ich mich mit Jungs traf, sondern auch, dass sie sich mir überhaupt näherten. Ich verdrängte alle Gedanken an Freunde, Verabredungen und Romantik und was nicht alles, und konzentrierte mich darauf, die Highschool zu beenden und aus dieser Stadt zu verschwinden."
Ich hatte das Gefühl, dass die ganze Sache ein bisschen zu dramatisch klang, und zuckte mit den Schultern. „Jeder hat seine Unsicherheiten, oder?", fragte ich. „Nun, das war halt meine. Dann traf ich Brad und, na ja, den Rest kennst du ja."
Es herrschte einen Moment lang Schweigen, nachdem ich meine Erzählung beendet hatte, dann räusperte sich Jack und sagte:
„War?"
„Wie bitte?", fragte ich, weil ich nicht verstand, was er meinte.
„Du hast gesagt, 'jeder hat seine Unsicherheiten und das war meine'."
Ich starrte ihn schockiert an. Er hatte recht. Ich hatte von meiner Phobie in der Vergangenheitsform gesprochen.
Es war mir nur so rausgerutscht, ich hatte es nicht bewusst gesagt, aber als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass ich wirklich glaubte, dass ich darüber hinwegkommen würde. Nicht nur das, ich glaubte auch, dass ich meine Ängste vollständig überwinden und damit fertig werden würde.
„Du wirst es schaffen.", sagte ich erstaunt. „Wir werden es schaffen. Oh mein Gott Jack, das wird funktionieren.", schrie ich vor Begeisterung, bevor ich mich auf ihn warf und meine Arme um seinen Hals schlang. Jacks Brust rumpelte unter mir, als er leise lachte, und dann schlang er seine Arme fest um mich, und ich spürte, wie mir eine neue Ladung Tränen in die Augen schoss.
„Du bist unglaublich.", murmelte ich in sein Ohr und genoss das Gefühl meiner Wange an seiner, trotz des leichten Kratzens seiner Bartstoppel.
„Ich bin nichts Besonderes.", sagte er barsch, und ich lehnte mich zurück, und setzte mich mit gespreizten Beinen auf seine Oberschenkel und sah ihm direkt in die Augen.
„Doch, das bist du.", beharrte ich und unterstrich jedes Wort mit einem leichten Schlag gegen seine Brust. „Und es wird Zeit, dass du es zugibst."
„Oh, ich weiß nicht.", sagte Jack mit einem verschmitzten Lächeln. „Ich glaube, ich mag es lieber, wenn du mir sagst, wie perfekt ich bin."
Ich hob kokett eine Augenbraue und realisierte mit Schrecken, dass ich in Wahrheit flirtete. Na ja, wenn ich schon dabei war, konnte ich auch gleich aufs Ganze gehen ... Ich beugte mich wagemutig vor, bis unsere Körper von der Taille bis zum Nacken vollständig aneinander gepresst waren und unsere Gesichter so nah beieinander lagen, dass er seinen Kopf leicht neigen musste, damit unsere Nasen nicht zusammenstießen.
„Wer hat etwas von perfekt gesagt?", schnurrte ich und ließ meine Stimme absichtlich tief und sexy klingen. Ich hörte, wie sein Atem kurz stockte, und stellte mit einer gewissen Genugtuung fest, dass ich auch auf etwas anderes von ihm eine Wirkung hatte. Ich fühlte mich nicht peinlich berührt, wie ich gedacht hatte, sondern die Tatsache, dass er offensichtlich erregt war, gab mir ein großes Gefühl der Macht.
Es war sogar ziemlich berauschend.
Wir waren uns so nahe, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Wenn einer von uns beiden auch nur einen Muskel bewegt hätte, hätten wir uns geküsst, aber wir waren nur eine Haaresbreite voneinander entfernt eingefroren.
Sei nicht so ein Feigling! schrie eine Stimme in meinem Kopf, küss ihn doch einfach! Und ich wusste, dass ich das tun würde, ich genoss nur diesen Moment vorher, indem wir beide wussten, was passieren würde. Meine Augen hatten sich gerade in Erwartung seiner Lippen auf meinen geschlossen, als es laut an der Tür klopfte.
„Hallo? Ist jemand zu Hause?", rief Haleys Stimme von draußen.
Ich war dermaßen versucht zu schreien: "Nein, also verpiss dich!", aber tat stattdessen, was sich gehörte. Ich setzte mich auf und streckte den Mittelfinger gegen die geschlossene Tür, um meine Wut zu zeigen.
„Einen Moment, Haley.", rief Jack und ich schaute ihn böse an. Was genau dachte er, was er da tat?
„Komm schon Tally, lass uns einfach mal sehen, was sie will.", flüsterte er, während er sich vorsichtig unter mir hervormanövrierte. Ich saß völlig fassungslos da, als er sich auf den Weg zur Tür machte und sie öffnete. Da stand Haley in ihrer ganzen spärlich bekleideten Pracht, Haare und Make-up makellos, wie nur sie es an einem Sonntagabend zu Hause haben konnte.
„Es tut mir leid, dass ich so hereinplatze.", sagte sie mit ihrer atemlosen kleinen Stimme.
Ja, ich wette, das tut es, dachte ich sarkastisch.
„Aber das Auto meiner Tante springt nicht an und sie will unbedingt zum Bingo gehen. Könntest du mitkommen und es dir ansehen? Ich meine, wenn du beschäftigt bist, dann..."
„Nein, schon Okay.", unterbrach Jack sie. „Ich habe einen Werkzeugkasten im Auto und ein paar Überbrückungskabel, wahrscheinlich ist die Batterie wieder leer, wie beim letzten Mal."
Okay? Das war ganz sicher NICHT Okay! Als Jack zum Tisch ging, um seine Autoschlüssel zu holen, stand ich auf und packte ihn am vorderen Teil seines Pullovers.
„Kann ich dich mal kurz sprechen?", knurrte ich und zog ihn in die Ecke, wo der Kühlschrank Haleys Blick auf uns versperrte. „Was glaubst du, was du da tust?", zischte ich wütend.
„Sei nicht unvernünftig, Tally.", sagte er ruhig. „Ihre Tante möchte zum Bingo gehen."
„Dann kann sie ja den verdammten Bus nehmen!", schnauzte ich und vergaß zu flüstern, woraufhin Jack mir einen gequälten Blick zuwarf.
„Es wird nicht lange dauern.", sagte er leise, bevor er meine Hand sanft von seinem Pullover löste und mit Haley die Wohnung verließ.
Ich konnte es nicht fassen. Er hatte sie mir vorgezogen. Okay, vielleicht war das ein bisschen zu dramatisch, aber es fühlte sich auf jeden Fall so an. Wutentbrannt stieß ich einen frustrierten Schrei aus, marschierte in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu.
Ihre Tante wollte Bingo spielen gehen. Ich konnte mir gut vorstellen, wie Haley das Licht am Auto absichtlich anließ, damit die Batterie leer war und sie zu Matt oder Jack rennen konnte, um sie zu retten.
Ich schob mein Bücherregal vor die Tür, ließ mich dann auf mein Bett fallen und schrie in meine Kissen.
Als Jack eine halbe Stunde später wieder in die Wohnung zurückkehrte, lag ich immer noch mit meinem Kopf im Kissen vergraben auf dem Bett. Ich hörte, wie er seine Schlüssel auf den Tisch fallen ließ und ins Badezimmer ging, um sich die Hände zu waschen. Dann endlich kamen seine Schritte auf meine Tür zu und er klopfte leise an. Ich setzte mich auf und drückte ein Kissen an meine Brust, sagte aber nichts.
„Tally, darf ich reinkommen?", fragte er. Ich sagte wieder nichts. Er versuchte die Tür zu öffnen und stieß auf den Widerstand, den das Bücherregal bot.
Er seufzte. „Du weißt schon, dass ich stark genug bin, um die Tür einfach aufzustoßen, mitsamt dem Bücherregal und allem."
Ja, aber das wirst du nicht, dachte ich.
„Aber das werde ich nicht.", sagte er nach einem Moment. "Sieh mal, sie brauchte Hilfe. Dafür sind Nachbarn da, und ich werde nicht aufhören, ihr zu helfen, nur weil du beschlossen hast, dass du sie nicht magst."
Ich presste meine Lippen fest aufeinander.
„Na schön, schmoll, wenn du willst.", sagte Jack scharf, nachdem sich das Schweigen fast eine Minute lang hingezogen hatte. „Aber schieb das Bücherregal von der Tür weg, wenn es brennt, will ich nicht, dass du wegen deiner Unreifen Art stirbst."
Und damit stapfte er wieder davon.
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