She Wants to Move

Einige Stunden später stand ich vor meinem Kleiderschrank und beäugte meine Kleidung abschätzig.

Meine Tanzschuhe?

Tanzen war eine sehr breit gefächerte Aussage, ich meine, wenn es jetzt Line Dance wäre, bräuchten wir ein ganz anderes Outfit als wenn wir, sagen wir, zum Gesellschaftstanz gehen würden. Ich schüttelte den Kopf über meine melodramatische Ader, wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass wir entweder zum Line Dance oder zum Gesellschaftstanz gingen?

Sehr gering.

Ich hörte auf, mir den Kopf zu zerbrechen und entschied mich für einen knielangen, mehrlagigen roten Rock und ein enges schwarzes Oberteil mit einem sehr weiten Ausschnitt. Das Oberteil war gut, denn es konnte durchaus seriös sein, aber wenn es die Situation erforderte, konnte es auch sexy sein, denn eine Seite konnte von der Schulter rutschen und etwas mehr Haut entblößen. Ich vervollständigte das Outfit mit einem Paar schwarzer, hochhackiger Riemchenschuhe.

Okay, es waren nicht gerade Tanzschuhe und ich wusste, dass meine Füße mich am Ende des Abends umbringen würden, aber verdammt, sie sahen einfach gut aus.

Ich zog mich in meinem Zimmer um und hörte Matt im Wohnzimmer herumhüpfen und wusste, dass auch er sich zum Ausgehen fertig machte. Wie richtig, ich damit lag, erwies sich einen Moment später, als er rief:

"Ich bin weg, Leute. Wir sehen uns morgen."

"Bye.", rief ich und hörte, wie Jack dasselbe tat.

Wir waren allein.

Ich spürte, wie die Schmetterlinge in meinem Bauch ihren inzwischen sehr vertrauten Tanz begannen, trug einen tiefroten Lippenstift auf und tuschte meine Wimpern kräftig, bevor ich mein Haar, das ich leicht gelockt und zu einem Marilyn-Monroe-Look zerzaust hatte, ein letztes Mal durch wuschelte, bevor ich beschloss, dass ich bereit war. Ich schnappte mir eine kleine, rote, perlenbesetzte Tasche und verließ mein Zimmer genau in dem Moment, als Jack aus seinem Zimmer kam.

Einen Moment lang starrten wir uns einfach nur an. Er trug eine schwarze Hose und eines seiner blauen Hemden mit hochgekrempelten Ärmeln. Sein Haar sah so unordentlich aus wie immer und seine Augen, wenn das möglich war, noch blauer als zuvor. Kurz gesagt, er sah zum Anbeißen aus, und ich schluckte und fühlte mich wie ein Mädchen aus der siebten Klasse, das zum ersten Mal dem heißesten Typen der Schule begegnet.

Um zu verhindern, dass ich ihn einfach nur anglotze, vollzog ich einen kleinen Knicks und stellte mich mit einer Hand in der Hüfte in Pose. "Na?", fragte ich und schmollte dabei leicht. "Was sagst du?"

Ich war erfreut zu sehen, dass er ebenfalls schwer schlucken musste. Er trat vor, nahm eine meiner Hände und drehte mich herum, so dass sich der Saum meines Rocks etwas hob. "Natalia Jane Davenport", begann er, indem er meine Angewohnheit kopierte, ihn bei seinem vollen Namen zu nennen, "du siehst zu heiß aus, um legal zu sein."

Das ist genau das, was ein Mädchen an einem Samstagabend hören möchte.
Ich lachte und tanzte von ihm weg. "Gut! Dann lass uns gehen!"

Wir fuhren über eine halbe Stunde lang zu einem Club, von dem ich noch nie gehört hatte. Ich vermutete, dass Jack ihn ausgesucht hatte, weil es unwahrscheinlich war, dass wir dort jemanden von der Uni treffen würden, oder zumindest niemanden aus unserer Gruppe. Es gab keine lange Schlange, und es dauerte nicht lange, bis wir drinnen waren.

Es war dunkel, wie in den meisten Nachtclubs, und die Musik war so laut, dass die Wände vibrierten. Ich war froh zu sehen, dass die Lichter zwar ständig blinkten und die Farbe wechselten, sie das aber ohne diese Ruckartigkeit machten, die einem sonst so unglaubliche Kopfschmerzen bescherte.

Obwohl er nicht so hardcore war wie andere Clubs, konnte ich feststellen, dass es die Art von Ort war, die ich in einer anderen Nacht hassen würde. Ich war der Meinung, dass, wenn man sich nicht unterhalten konnte, weil die Musik so laut war, und man niemanden sehen konnte, weil die Lichter so schummrig waren, die beiden einzigen Gründe, auszugehen, irgendwie sinnlos waren. Die beiden Gründe waren natürlich, um mit Freunden abzuhängen oder um Jungs abzuschleppen.

Doch heute Abend, während ich mit Jack an meiner Seite neben der Tanzfläche stand, begann ich einen dritten Grund zu sehen: mit deinem Date auszugehen und niemand anderen mehr sehen oder sprechen zu müssen.

Die Musik, die gespielt wurde, war von der Art, die in der Brust pochte und im ganzen Körper widerhallte, und einem eher das Gefühl gab, Teil der Musik zu sein und nicht nur Zuschauer. Selbst die tanz unfähigsten Menschen können sich zu dieser Art von Musik bewegen, da sich der Körper von selbst bewegte, mit wiegenden Hüften und wippenden Kopf. Und wer brauchte bei einer Kommunikationsmethode wie dem Tanzen schon ein Gespräch?

Die Leute mussten sich an uns vorbeidrängen, um auf die Tanzfläche zu gelangen, und Jack schien im selben Moment wie ich zu erkennen, dass unsere Wahl des Ortes nicht besonders spektakulär war, und rief mir ins Ohr: "Sollen wir?" Er deutete auf die Masse der sich bewegenden Körper vor uns.

Ich atmete tief durch und nickte.

Er nahm sanft meine Hand und führte mich zu einem Platz in der Nähe der Wand, wo wir nicht ganz so erdrückt werden würden.

So dumm es klingt, aber sobald wir auf der Tanzfläche waren, hatte ich ein Gefühl in der Magengrube, das mit Angst vergleichbar war. Es war viel intensiver hier oben, als von dort unten zuzuschauen. Ich versuchte, mich auf Jack zu konzentrieren, aber es gab zu viele andere Menschen, die sich um mich herum drängten und schubsten. Das Gedränge der Körper, der Anblick und die Gerüche der anderen Menschen schienen so ursprünglich zu sein, dass sie mir fast Angst einjagten. Es war, als ob mein Körper von Sinnen überflutet wurde und sich überlastet hatte. Es war ähnlich dem Gefühl der Klaustrophobie, und mein Tanzen geriet ins Stocken, als es mich erfasste.

Ich wollte Jack gerade fragen, ob wir eine Verschnaufpause einlegen könnten, als mich starke Hände von hinten packten und mich gegen einen fremden Körper zogen. Bevor Jack oder ich reagieren konnten, glitten die Hände tiefer, bis sie gegen mein Becken drückten und die Person hinter mir begann, seine Hüften stetig gegen mich zu pressen und sich an mir zu reiben. Und ich meine wirklich reiben, denn ohne die Gnade der Kleidung hätte ich durchaus schwanger werden können. Eiskalte Schauer liefen mir über den Rücken, und meine ganze Unsicherheit, berührt zu werden, flog mit einer solchen Wucht in meine Brust, dass ich nicht mehr atmen konnte.

Meine Tortur dauerte jedoch weniger als ein paar Sekunden, da Jack nach vorne Schritt und den Typen wegschubste, während ich strampelte um mich aus den Armen des Kerls befreien wollte.

"Hey, entspann dich!", lachte der aufdringliche Tänzer. "Ich habe ihr nur ein paar Moves gezeigt."

Ich war immer noch nicht ganz frei von dem Fremden und ich spürte, wie Jack ihm einen weiteren Schubs gab, was dazu führte, dass die Arme des Kerls mich ganz losließen und ich nach vorne fiel. Jack fing mich geschickt auf und knurrte den Kerl an: "Ja, zeig sie ihr noch einmal und ich zeige dir meine Moves."

Hätte ich mich besser gefühlt, hätte ich über seinen abgedroschenen Spruch gelacht, aber so ließ ich mich einfach von Jack zu einem Hocker an der Bar führen und mir eine Flasche Wasser holen, nachdem ich mich erleichtert hingesetzt hatte.

"Hier, trink das.", murmelte er und drehte den Verschluss ab, als wäre ich ein Kind. Ich war ihm jedoch dankbar dafür, denn meine Hände zitterten so sehr, dass ich den Verschluss wohl kaum hätte aufschrauben können, wenn ich es versucht hätte.

Während ich an dem Wasser nippte, spürte ich, wie meine Panik nachließ und ich stattdessen begann mich äußerst beschämt zu fühlen. Warum musste ich immerzu so ausflippen? Ein Schritt aus meiner Komfortzone heraus und Bäm, erstarrte ich sofort. Das war so nervig.

Als die Wasserflasche fast halbleer war, sah ich endlich auf. Jack stand schweigend neben mir, fast so, als würde er Wache halten, und ich spürte einen plötzlichen Anflug von Zuneigung für ihn, sowie Wut auf mich selbst, weil ich eine tolle Nacht ruiniert hatte.

"Jack, es tut mir so leid.", sagte ich kläglich. "Ich weiß nicht, was passiert ist."

"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.", sagte er grimmig. "Ich hätte dich nicht hierher bringen sollen, Berührungen sind in den Clubs an der Tagesordnung und ich hätte das bedenken sollen. Mir tut es leid."

Ich wusste, wenn ich nichts tun würde, würden wir in einem dieser endlosen Verwirrspiele enden, in denen jeder versuchte, den anderen davon zu überzeugen, dass er im Unrecht war. Unfähig, in Worte zu fassen, was ich meinte, meine Dankbarkeit, Scham und Schuld, stand ich auf und warf meine Arme um seinen Hals.

Einen Moment lang schwankte er erschrocken zurück, dann legten sich seine Arme fest und stark um mich. Ich vergrub mein Gesicht in seinem Nacken und atmete seinen vertrauten Duft ein, der mich an zuhause und Geborgenheit erinnerte und beruhigte, aber auch an etwas würziges und Kribbeln im Bauch. Wir blieben lange so, bewegten uns nicht, sondern hielten uns einfach nur fest umschlungen, aber schließlich zog Jack sich ein wenigzurück, um mir ins Gesicht zu schauen.

"Alles in Ordnung?", fragte er und ich nickte, denn das war es dann auch.

Er ließ mich los und trat einen Schritt zurück, und für eine Sekunde fühlte es sich an, als würde jeder Zentimeter meines Körpers danach schreien, den Kontakt zu ihm wieder herzustellen. Sie verging, aber die Intensität meiner Reaktion hinterließ in mir das Gefühl, als hätte man mir einen kalten Fisch ins Gesicht geschlagen. Mein Gesichtsausdruck zeigte offensichtlich auch etwas davon, denn Jack lachte und streckte seine Hand nach mir aus.

"Komm her.", sagte er, und als ich seine Hand nahm, zog er mich zu sich heran. Wir erstarrten einen Moment lang, während er immer noch eine meiner Hände festhielt und ich mein Kinn anhob, um sein Gesicht zu sehen, und dann lächelte er, seine Zähne leuchteten im hell blinkenden Licht.

"Tanzt du mit mir?", fragte er, und ich lächelte ebenfalls und nickte.

Wir gingen zurück zum Rand der Tanzfläche. Dort angekommen ließ er meine Hand los und stützte seine Hände auf meine Hüften. Zögernd legte ich meine Handflächen auf seine Brust und sah ihm in die Augen, während wir uns gemeinsam wiegten. Wir tanzten nicht annähernd so eng wie die anderen Leute um uns herum, aber es gab verschiedene Arten von Nähe, und wir mussten uns nicht wie wild aneinander reiben, um unsere zu erreichen.

Nach einer Weile wurde ich mutiger und drehte mich um, sodass mein Rücken an seiner Brust lag. Einen Moment später schlangen sich seine Arme um mich und hüllten mich in seine Umarmung, ohne zu zögern, schmiegte ich mich an ihn.

Ich merkte, dass der Club und das Tanzen jetzt gar nicht mehr so beängstigend waren. Es war privat, dunkel und persönlich.

Ich spürte, wie Jacks Herz gegen mich schlug, und ich konzentrierte mich darauf, bis es wie die Musik wurde, zu der wir uns wiegten. Ich schloss meine Augen und schmiegte mich an ihn, indem ich meine Arme auf seine legte. Das Lied war ziemlich sanft, aber langsam wurde es schneller, und ich ertappte mich dabei, wie ich mich im Rhythmus gegen Jack bewegte. Verloren im Takt hob ich meine Arme und schlang sie um seinen Kopf, während ich mich leicht drehte, sodass eines seiner Beine zwischen meinen lag. Ich weigere mich zuzugeben, dass ich mich an ihm rieb, aber so weit davon entfernt konnte ich nicht sein.

Als ich merkte, was ich da tat, keuchte ich auf und spürte, wie sich mein Gesicht erhitzte. "Tut mir leid.", sagte ich, ließ meine Arme sinken und drückte mich so weit von seinem Körper weg, wie es seine Arme zuließen. "Ich habe nicht gemerkt, was ich da mache, ich höre auf."

Ich versuchte, mich noch weiter von ihm zu entfernen, aber seine Umarmung wurde fester. "Wage es ja nicht.", sagte er mit einer Stimme, die ich fast nicht wiedererkannte, so tief und schroff war sie. Es jagte mir Schauer über den Rücken und meine Knie wurden weich, und ich hatte Glück, dass er mich im Grunde stützte, denn ich hätte in diesem Moment leicht zu Boden gleiten können.

"Lektion fünf.", sagte er und strich einige Haare zur Seite, damit er direkt in mein Ohr sprechen konnte. "Wenn du mir ... ihm ... dem Kerl, mit dem du zusammen bist, vertraust, ist es in Ordnung, sich zu entspannen und sich gehen zu lassen. Körperlicher Kontakt muss nicht immer beängstigend sein und er muss auch nicht immer von dem Typen ausgehen."

Ich lächelte, als er sich versehentlich selbst in die Lektion einbezog, aber der Humor verflog, als ich verstand, was er wirklich damit sagen wollte. Auf Umwegen hatte er mich gefragt, ob ich ihm genug vertraute, um mich völlig gehen zu lassen. Und im nächsten Moment wusste ich, dass ich das tat.

Ich gab mich wieder der Musik hin und spürte diesmal, wie er sich auch gegen mich bewegte. Es war nicht wie bei dem Kerl von vorhin, es war nicht grob oder pervers, sondern eher so, als wären wir perfekt aufeinander abgestimmt, fast so, als könnten wir vorhersehen, was der andere tun würde. Nach einer Weile schien es nicht mehr so, als wären wir zu zweit, sondern als wären wir eine Einheit geworden, so kitschig und abgedroschen das auch klingen mag.

Ich verstand vielleicht zum ersten Mal, dass Musik ein sehr primitiver Instinkt ist. Als wir nur mit einem Lendenschurz bekleidet waren, nahmen wir uns die Zeit, am Lagerfeuer einen Takt zu stampfen. Musik war notwendig, und wenn man es zuließ, konnte man in eine andere Sphäre eintreten, in der nichts anderes zählte als der Rhythmus. Und das von jemandem, der nicht auf Drogen war.

Die Zeit verging wie im Flug und ich glaube, wir hätten die ganze Nacht tanzen können, wie es in dem Lied hieß, aber wir wurden unsanft aus unserer eigenen kleinen Welt geholt, als eine Stimme rief: "Jack!"

Jack ließ mich los und ich taumelte in meinen schmerzenden Schuhen zur Seite und fühlte dieses benommene, müde Gefühl, das man bekommt, wenn man nach einem langen Film, das Kino verließ.

Ein Mädchen bahnte sich einen Weg durch die Menge zu uns, und mir wurde ganz mulmig, als ich erkannte, wer es war. Kristin Bayers. Wunderbar. Jacks Ex-Freundin, genau die Person, die ich in diesem Moment unbedingt sehen wollte, zusammen mit dem wiedergeborenen Hitler und seinem Kumpel Mussolini.

Kristin war extrem kurvenreich und liebte es, das allen zu zeigen, indem sie die knappsten Sachen trug, die sie finden konnte. Ihr Haar war lang und eindeutig nicht in der Farbe, mit der sie geboren wurde, und sie hatte ein Lächeln, das so breit und Zahnreich war, dass man das Gefühl hatte, sie könnte einen mit einem Bissen verschlingen, wenn ihr danach war.

„Dachte ich mir doch, dass du es bist.", kreischte sie, als sie endlich bei uns ankam. Sie warf ihre Arme um Jack, und zu meiner großen Verärgerung erwiderte er die Umarmung.

"Wie geht es dir, Kris?", fragte er mit seiner tiefen, ruhigen Stimme, die in völligem Widerspruch zu ihren hohen Tönen stand.

„Jetzt wo ich dich sehe, gleich viel besser. Wir haben uns schon ewig nicht mehr gesehen. Warum haben wir uns nicht mehr getroffen? Wo bist du gewesen? Was hast du gemacht?"

"Verdammt, ich habe nicht mit der spanischen Inquisition gerechnet.", sagte Jack gut gelaunt und ich murmelte aus Gewohnheit:

"Niemand erwartet die spanische Inquisition."

Kristins Blick fiel auf mich und sie lächelte, wie ich glaube, nicht sehr aufrichtig, "Natalie, ich habe dich gar nicht gesehen. Bist du mit deinem Bruder hier?"

Miststück.

Am liebsten hätte ich gesagt: 'Nein, eigentlich bin ich mit deinem Ex hier, und wir hatten eine verdammt gute Zeit, bevor du mit deiner hässliche Visage aufgetaucht bist. Und im Gegensatz zu dem, was viele Leute glauben, hänge ich mit mehr Leuten ab als nur mit meinem Bruder!'

Trotzdem beschränkte ich mich darauf zu sagen. "Nein, Kristy, ich bin nicht mit Matt hier."

"Kristin.", korrigierte sie mich und ich schenkte ihr ein kühles Lächeln.

"Oh, tut mir leid.", erwiderte ich und meine Stimme klang mehr als nur ein wenig affektiert. "Ich weiß, wie ärgerlich es sein kann, wenn die Leute deinen Namen falsch sagen."

Es entstand eine kurze Pause und dann, als Kristin sich umdrehte, um jemandem zuzuwinken, den sie kannte, murmelte Jack:

„Beruhig dich, Mädchen." Und ich fletschte ihn meine Zähne entgegen, wie ein bissiger Hund.

Als Kristin sich uns wieder zuwandte, setzte ich ein strahlendes, aber ach so falsches Lächeln auf und gestikulierte in Richtung der Toiletten.

"Ich gehe nur kurz aufs Klo, ihr zwei redet über versäumtes und wir treffen uns in ein paar Minuten an der Bar."

Ihrer Reaktion nach zu urteilen, hielt Kristin das für die beste Idee, die sie je gehört hatte, und klammerte sich sofort an Jacks Arm. Kurz bevor sie in der Menge verschwanden, drehte Jack seinen Kopf und rollte mit den Augen in Kristins Richtung, bevor er mir zuzwinkerte.

Alle Schmetterlinge, die durch Kristins Erscheinen so grausam vertrieben worden waren, kehrten mit aller Macht zurück und schlugen mit aller Kraft ihre kleinen Flügel. Ein echtes Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus und ich machte mich auf den Weg zur Toilette, wobei ich wegen meiner Absätze unsicher schwankte.

Es dauerte ziemlich lange, bis ich endlich eine leere Kabine betrat, aber dafür freundete ich mich mit meinen Partnerinnen in der Warteschlange an. Sie waren äußerst gesellig, obwohl das vielleicht nicht ganz natürlich war, wenn ihr wisst, was ich meine. Ich sag nur übermäßiger Alkoholkonsum.

Als ich wieder in den Hauptbereich des Clubs kam, fühlte ich mich ziemlich gut. Mein Ausrasten war völlig vergessen, und ich bewegte mich zur Musik und schlängelte mich ohne zu zögern durch die Menge. Ich hatte gerade Jack erblickt und hob die Hand, um ihm zuzuwinken, als ich einen Typen schreien hörte:

"Nimm deine Hände von meiner Freundin!"

Wie alle anderen im Club schaute ich mich um, um zu sehen, was es mit der ganzen Aufregung auf sich hatte und sah ein nur allzu vertrauten Idioten antworten:

"Entspann dich, ich habe ihr nur ein paar Moves gezeigt."

Oh-oh, Testosteron-Explosion in 3,2, 1 ..Bäm.

Eine Faust ins Gesicht.

Nicht besonders originell, aber offensichtlich effektiv, und Angesichts meiner Vergangenheit mit demTypen, der geschlagen wurde, ein rundum gelungener Schachzug.

Und los ging's.

Ist euch schon einmal aufgefallen, dass Schlägereien überhaupt nicht so ablaufen wie in den Filmen? Kaum jemand schafft einen Treffer, außer natürlich ganz am Anfang. Danach wird es ein einziges Geschiebe und Geschubse, bei dem sich die Hände am Hemd des Gegners festhalten. Ich habe schon heftigere Kämpfe zwischen Frauen in einem Schuhgeschäft gesehen, die die gleiche Größe haben wollten.

Trotzdem war es vielleicht nicht die beste Idee, sich in unmittelbarer Nähe von so viel roher Aggression aufzuhalten, und ich schlängelte mich um einige Zuschauer herum, um mich zu Jack und Kristin zu gesellen. Ich dachte gerade, ich sei aus der Gefahrenzone heraus, als sich plötzlich die Menge neben mir teilte, und bevor ich Zeit hatte, aus dem Weg zu taumeln, stürzte eine zwei Meter große, betrunkene Masse auf mich zu. Da ich in diesen blöden Schuhen beim besten Willen kein gutes Gleichgewicht hatte, spürte ich, wie mein Knöchel abrollte, und im nächsten Moment fiel ich um, und der Kerl krachte auf mich drauf.

Mit einem großen zischen wurde mir die Luft aus den Lungen gepresst, aber atemlos zu sein, war noch das geringste meiner Probleme, denn mein Knöchel war in einem ungünstigen Winkel unter uns beiden eingeklemmt und sandte Wellen von extremen Schmerz an mein Gehirn.

„Runter von mir, du riesen Vieh.", keuchte ich, aber bei all dem Lärm um mich herum bezweifle ich, dass mich jemand gehört hatte.

Allerdings glaube ich auch nicht, dass es im Umkreis von zehn Kilometern jemanden gab, der das Gebrüll nicht hörte, das einen Moment später folgte.

"Runter von ihr!"

Das schwere Gewicht auf mir verschwand plötzlich, und ich konnte sehen, wie Jack mit angespannten Armmuskeln den Kerl von mir herunterzog. Die Bewegung erschütterte meinen Knöchel und ich stieß einen kleinen Schmerzensschrei aus, meine Augen füllten sich mit Tränen. Trotz des Lärms im Club schien Jack mich gehört zu haben, und er warf den Kerl zur Seite, bevor er sich besorgt neben mich hockte.

"Tally, bist du in Ordnung?"

Ich richtete mich auf und achtete darauf, meinen schmerzenden Knöchel nicht zu bewegen. "Nun", seufzte ich, "so ungern ich auch wie ein erbärmliches Mädchen in einem Action- oder Horrorfilm klingen möchte, aber ich habe mir den Knöchel verstaucht."

Ich ließ zu, dass Jack mir vorsichtig aufhalf, und stützte mich schwer auf ihn, um mein rechtes Bein nicht zu belasten.

"Du, hol ihr etwas Eis von der Bar.", wies Jack den Kerl an, der auf mich gefallen war, und mit erstaunlich wenig Gegenwehr huschte er davon, um seinen Befehl auszuführen.

Kristin zeigte sich überraschend besorgt und scheuchte ein Mädchen von einem Hocker in der Nähe, und Jack trug mich quasi zu ihm hinüber. Der bestellte Eisbeutel erschien einen Moment später, und Jack kniete sich vor mich, als wollte er mir einen Antrag machen, und hob mein rechtes Bein hoch, sodass mein verletzter Knöchel in seinen kräftigen Händen lag. Langsam und mit großer Sorgfalt zog er meinen dämlichen Schuh aus und wickelte das Eis um meinen Knöchel. Die Kälte ließ mich zusammenzucken.

"Deine Tanzschuhe, habe ich gesagt." Jack beäugte den Schuh, den er mir ausgezogen hatte, mit Verachtung. "Du kannst mir nicht erzählen, dass das deine Tanzschuhe sind."

"Na ja, Ballarinas passen nicht wirklich zu diesem Outfit.", schmollte ich und setzte meine beste "Snob"-Stimme auf, die unheimlich nach Haley klang.

"Es sind tolle Schuhe.", fügte Kristin hinzu, die eindeutig am Gespräch teilnehmen wollte. "Die Schmerzen wert, würde ich sagen."

Jack sah sie an, als wäre sie verrückt geworden, und sah mich dann auf die gleiche Weise an, während ich mit den Schultern zuckte, als wollte ich sagen: 'Ja, so ziemlich'.

"Ihr Mädels seid verrückt.", murmelte er, bevor er mir direkt in die Augen schaute. "Und bevor dir noch mehr Missgeschicke passieren, bringe ich dich nach Hause." Er sah wieder zu Kristin auf und lächelte. "Es war schön, dich wiederzusehen."

"Ja, dich auch. Grüß Matt von mir.", lächelte sie und zeigte dabei all ihre großen, glänzenden weißen Zähne.

Oh, Raubtierblick.

Trotzdem war ich es, mit der Jack nach Hause gehen würde, also leck mich am Arsch, Kristin! Okay, es stimmt, wir leben zusammen, aber ich würde jeden Sieg über so eine Sexbombe wie sie es ist, nehmen.

*****

Wir taumelten aus dem Club und zum Auto, das zum Glück nicht allzu weit entfernt geparkt war. Jack half mir auf den Beifahrersitz und stützte mein Bein auf dem Armaturenbrett mit dem Eis ab, bevor er sich auf die Fahrerseite begab.

"Nun, das war ereignisreich.", sagte ich, als wir aus der Parklücke fuhren und die Heimfahrt antraten. "Und Kristin zu sehen, war eine kleine Überraschung. Müssen wir uns Sorgen machen, dass sie jemanden erzählt, dass sie uns zusammen gesehen hat?"

Jack schüttelte den Kopf. "Nein, ich habe so getan, als hätten wir nur zusammen abgehangen, und außerdem war unser Tanz im Vergleich zu dem der andere Leute, relativ zahm."

Bei diesen Worten trafen eisige Blitze des Schmerzes meine Brust. Ich war auf einer Welle von Gefühlen und Sehnsüchten durch die Galaxis geschwebt, und er fand unseren Tanz zahm?

Ich war so in meinen verletzten Stolz vertieft, dass ich fast überhörte, wie er leise vor sich hinmurmelte: "Zumindest äußerlich."

Ich grinste verlegen und sah aus dem Fenster, zufrieden damit, dass auch er von unserem engen Kontakt vorhin berührt worden war.

Dann schwiegen wir, und ich blickte aus dem Fenster auf die vorbeiflitzenden Lichter und fühlte mich trotz meines pochenden Knöchels glücklich und zufrieden.

"Warum warst du mit Kristin zusammen?", fragte ich plötzlich, nachdem ein paar Minuten vergangen waren. Ich hatte auf der Toilette über diese Frage nachgedacht und mir viel einfach keine Antwort darauf ein. Ich hätte nie gedacht, dass sie sein Typ war, sie war eher die Art von Mädchen, für die Matt sich interessieren würde, laut, frech und ohne Scheu, ihre, ähm, weiblichen Attribute zur Schau zu stellen.

Er antwortete lange Zeit nicht, und ich schaute zu ihm, um zu sehen, warum nicht. Er schaute konzentriert aus der Windschutzscheibe und sein Kiefer war angespannt.

"Jack?", fragte ich verwirrt.

Er schaute kurz zu mir und schüttelte dann den Kopf. "Meine Antwort wird dir nicht gefallen, und ich bin auch nicht besonders stolz darauf." Er atmete einmal tief durch und fuhr sich mit der Hand durch sein kurzes Haar. "Um es einfach auszudrücken, ich war mit Kristin zusammen, weil der Sex gut war." Ich gab ein angewidertes Geräusch von mir und er zuckte leicht mit den Schultern. "Ich habe dir gesagt, dass dir die Antwort nicht gefallen wird."

"Du hättest lügen können!", rief ich aus. "Jetzt habe ich wirklich schlimme Bilder im Kopf." Ich schüttelte den Kopf, um sie zu vertreiben, und sah dann interessiert zu ihm. "Weißt du, ich hätte dich nie für jemanden gehalten, der seine Freundin nach ihren sexuellen Fähigkeiten aussucht. Matt, ja, du, nein."

"Matt ist nicht so oberflächlich wie das.", verteidigte er meinen Bruder. "Und Kristin hat ein bisschen mehr drauf als das durchschnittliche Betthäschen, sie hat unsere Abmachung ganz gut verstanden. Die letzten Jahre war sie für mich da, wenn ich mich ablenken musste. Sie war nie wirklich meine Freundin, und wir haben uns nie in dem Sinne verabredet, dass wir ausgegangen wären..."

"Ja, danke.", unterbrach ich ihm schnell. "Ich denke, ich habe eine ungefähre Vorstellung davon, worum es bei euren Treffen ging." Ich rückte das Eis an meinem Knöchel zurecht, das etwas verrutscht war, als wir um eine Ecke bogen, und fuhr dann, etwas zögerlicher, fort: "Und mit dem Bedürfnis, sich abzulenken, meinst du wohl, dass eure Verabredungen am 19. September stattfinden. "

Jacks Hände verkrampften sich am Lenkrad, und dann war er ganz still, bis auf einen Nerv, den ich in der Nähe seines Kiefers zucken sehen konnte. Ich wünschte, ich könnte meine unbedachten Worte zurücknehmen. Der 20. September war der Tag, an dem seine Mutter einen Unfall mit dem Auto gehabt hatte, in dem auch die Zwillinge Paul und Lizzie gesessen hatten, und jedes Jahr am 19. verschwanden Jack und Matt für einen ganzen Tag und eine ganze Nacht. Ich weiß nicht genau, was passiert, aber ich denke, dass es viel Alkohol und Ausschweifungen gibt, während Jack versucht, sich in die Vergessenheit zu stürzen, wo er nicht von schlechten Erinnerungen geplagt werden konnte.

Als ich sah, dass er sich nicht entspannte, legte ich sanft meine Hand auf seinen Arm und sah traurig zu ihm auf. "Es tut mir leid, Jack.", sagte ich kläglich. "Ich hätte nicht..."

"Nein.", sagte er ausdruckslos und schien wieder zu sich zu kommen, obwohl sein Griff um das Lenkrad nicht nachließ. "Nein, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es ist keine große Sache."

Es war eindeutig eine große Sache, und obwohl ich normalerweise einen großen Bogen um das Thema machte, wollte ich es plötzlich nicht mehr auf sich beruhen lassen.

"Willst du nicht mit mir darüber reden?", fragte ich leise. "Sich zu betrinken und mit Leuten wie Kristin zu schlafen, kann nicht wirklich helfen, oder?"

"Hör zu, lass es einfach sein." Er sprach leise, Jack hatte nie wirklich seine Stimme gegen mich erhoben, aber ich hätte Schreien vorgezogen, als die seltsame Intensität, die in seinen Worten lag und die die Lautstärke Lügen strafte, mit der sie gesprochen wurden.

Ich überlegte wirklich, ob ich das Thema beibehalten sollte, aber ich schreckte davor zurück, etwas zu sagen, was ihn zumindest dazu veranlassen würde, wieder mit dieser intensiven, flachen Stimme zu sprechen, oder bestenfalls die seltsame Art von Beziehung, die wir hatten, zerstören würde.

Verärgert über meine Feigheit löste ich meine Hand von ihm und schaute wieder aus dem Fenster. Den Rest der Heimfahrt sprachen wir nicht mehr miteinander, und als wir auf den Parkplatz fuhren, öffnete ich meine Tür und versuchte, ohne seine Hilfe einen würdigen Abgang zu machen. Leider erwies sich dies als unmöglich, und bevor ich mich aus dem Sicherheitsgurt befreien und mein Bein vom Armaturenbrett nehmen konnte, war Jack auf seiner Seite ausgestiegen und zu mir herübergekommen.

Ein Blick auf ihn brachte mich dazu, mein Gefummel zu unterlassen, aber als hätte er Angst, ich würde versuchen wegzurennen, oder besser gesagt zu humpeln, legte er seine Hände auf meine Schultern und drückte mich zurück in den Sitz.

"Hör mir zu.", sagte er und ich konnte totale Frustration in seiner Stimme hören. "Ich bin verkorkst, das weiß ich, aber sich am 19. zu betrinken und Sex mit Frauen wie Kristin zu haben, ist der Weg, den ich gefunden habe, um damit umzugehen. Ich weiß, dass du es nicht verstehst, aber wenn ich nicht reden will, geht es nicht um dich, okay? Wenn ich reden wollte, würde ich mich an dich, Matt oder deine Eltern wenden. Aber im Moment bin ich einfach..."

Er stockte, und ich legte meine Hände auf seine und hielt sie fest.

"Ist schon gut.", sagte ich und wollte, dass er aufhörte, weil es ihn offensichtlich verletzte, so zu sprechen.

Die Anspannung schien von ihm abzufallen, und er ließ mich los und trat einen Schritt zurück. "Nein, ist es nicht, aber es ist schon nach Mitternacht und jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt", sagte er, griff an mir vorbei, löste meinen Sicherheitsgurt und half mir aus dem Auto.

Mit meinem Arm um ihn herum konnte ich über den Asphalt hüpfen, obwohl jeder, der einmal versucht hat, in High-Heels zu hüpfen, weiß, dass das keine leichte Aufgabe war. Die Treppe war das Schwierigste und schien ewig zu dauern, sie war mein eigener Mount Everest. Als wir unsere Tür erreichten, ließ ich mich schwer schnaufend dagegen sinken und schenkte Jack ein kleines, verlegenes Lächeln.

"Also, das war sicherlich das interessanteste Date, das ich je hatte.", sagte ich und blickte durch meine Wimpern zu ihm auf. "Alle Höhen und Tiefen einer Achterbahn."

Jack lächelte traurig und trat von mir zurück, als hätte er Angst, mir zu nahe zu kommen. "Es war nicht ganz so, wie ich es geplant hatte, nein.", stimmte er zu.

Ich blies mir ein paar Haare aus dem Gesicht und zuckte mit den Schultern. "Wann ist es das jemals? Ich kann ehrlich sagen, dass ich trotz allem eine tolle Zeit hatte." Zögernd trat ich einen Schritt vor, legte meine Hände auf seine Schultern, stellte mich ein wenig auf meine Zehenspitzen und küsste ihn leicht auf die Wange. Ich lehnte meine Wange kurz an seine und fügte hinzu: "Lektion fünf könnte sogar mein bisheriger Favorit sein."

Ich wich zurück und wir sahen uns einen langen Moment lang an. Dann hustete Jack verlegen und deutete mit einer Geste in Richtung unserer Wohnung. "In Ordnung, dann wollen wir mal.", sagte er unwirsch. "Das Bein sollte hochgelagert werden." Und ohne weitere Umschweife öffnete er die Tür und führte mich hinein.



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